Arbeiter:innenmacht

Für eine neue revolutionäre Internationale

Liga für die Fünfte Internationale zum Meeting der internationalistischen Kräfte in Paris, Neue Internationale 291, Mai 2025

Der folgende Text ist eine Beitrag unserer internationalen Strömung zum Meeting der internationalistischen Kräfte, das vom 16. – 18. Mai in Paris stattfinden wird. Es ist das dritte Treffen dieser Art, bei dem über 30 Organisationen mit revolutionärem Anspruch die aktuelle Weltlage, Kernfragen des Klassenkampfes und der revolutionären Strategie diskutieren.


Die gesamte internationale Situation ist durch den Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen den Großmächten gekennzeichnet, der alle Formen der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise beschleunigen wird. Die imperialistische Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 markiert einen globalen politischen Wendepunkt. Auch wenn es sich hierbei nicht um einen direkten Krieg zwischen den Großmächten handelt und der Kampf um das Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volkes gerechtfertigt ist, ist der innerimperialistische Konflikt ein zunehmend entscheidender Faktor. Dies gilt umso mehr für einen Waffenstillstand oder „Frieden“, den die USA und Russland in den kommenden Monaten erzwingen könnten, begleitet von einer neuen Qualität des imperialistischen Wettrüstens.

Wirtschaftliche  Wurzeln der Krise

Diese Rivalität wird seit dem Finanzcrash 2008/09 durch die Krise der kapitalistischen Rentabilität angetrieben, die sowohl die imperialistischen Metropolen als auch die meisten halbkolonialen Länder betrifft. Russland hat die Sanktionen aus Europa und den USA überstanden, wird aber durch Putins Ukraine-Abenteuer schwer beschädigt. In China hat der Zusammenbruch hochverschuldeter Baufirmen nicht nur zig Millionen unfertige Gebäude hinterlassen, sondern auch eine zentrale Einnahmequelle des Staates versiegen lassen. Große europäische Volkswirtschaften wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien schwanken zwischen Stagnation und Rezession.

In den meisten halbkolonialen Ländern hält die Krise an – oft in noch dramatischerer Form. Fast eine Milliarde Menschen ist täglich von Hunger und Unterernährung bedroht. Umweltzerstörung, Kriege und Armut treiben Millionen in die Flucht. Wer versucht, Nordamerika oder Europa zu erreichen, steht vor den Mauern der Festung Europa oder der USA – dort, wo rassistische und rechtsextreme Kräfte barbarischere Maßnahmen fordern und Migrant:innen die Schuld an der Krise geben, häufig mit tödlichen Folgen.

Die massive Kapitalakkumulation und der globale Rückgang der Profitrate schüren die Rivalität zwischen alten und neuen imperialistischen Mächten um die Vorherrschaft über Märkte, Rohstoffe und Arbeitskraft. Deshalb droht der neue US-Präsident mit einem Zollkrieg – nicht nur gegen Rivalen wie China, sondern auch gegen Verbündete wie Kanada, Deutschland oder Mexiko. Trumps wirtschaftliche Erpressung zielt darauf ab, China zu schwächen – und gleichzeitig die Kosten seiner „America First“-Politik auf andere imperialistische Mächte abzuwälzen. Sollte er mit Putin ein Abkommen schließen, das Kiew zur Gebietsaufgabe zwingt, wird das die Rivalitäten mit der europäischen Bourgeoisie weiter zuspitzen. Ein Handelskrieg samt Gegenmaßnahmen wird die Weltwirtschaft erschüttern, eine tiefe Rezession auslösen – und die Gefahr noch zerstörerischerer Kriege erhöhen.

Selbst ein imperialistischer „Frieden“ in der Ukraine wird die globalen Konflikte nicht beenden – er wird ihnen nur eine neue Form geben. In allen imperialistischen Zentren und großen halbkolonialen Ländern werden die Militärausgaben steigen, ein neues Wettrüsten einsetzen, Militarisierung und Kriegsvorbereitung intensiviert.

Krieg und Völkermord

Der 7. Oktober 2023 lieferte Netanjahu und seinen faschistischen Koalitionspartner:innen den Vorwand für einen beispiellosen völkermörderischen Angriff. In Gaza wurden mehr als 50.000 Menschen von den israelischen Streitkräften IDF getötet. Im Westjordanland wurden die ethnischen Säuberungen fortgesetzt. Israel weitete seinen Krieg auf den Libanon aus und startete auch Angriffe auf den Iran und den Jemen, um die „Achse des Widerstands“ zu neutralisieren. Der Sturz des Assad-Regimes lieferte Israel zudem den Vorwand, die syrischen Militär- und Seestreitkräfte zu zerschlagen und weitere Gebiete auf den Golanhöhen zu besetzen.

Weltweit haben riesige Demonstrationen, die einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende des israelischen Völkermords forderten, gezeigt, wie groß die Unterstützung für die palästinensische Sache ist. Doch die Beschränkung auf Proteste reichte nicht aus, um den Gräueltaten ein Ende zu setzen oder sie auch nur zu mildern. Die Garantie der bedingungslosen Unterstützung durch die USA hat Netanjahu und seine Verbündeten ermutigt, die gesamte Region in ihrem eigenen Interesse und dem der USA neu zu ordnen. Unterdessen haben prozionistische Regierungen in den USA, Westeuropa oder Argentinien propalästinensische Aktivist:innen verfolgt und sie als Antisemit:innen verleumdet, während ihre Medien wiederholen, dass die Verwüstung von Gaza durch das „Recht auf Selbstverteidigung“ des monströsen Aggressors gerechtfertigt sei.

Es ist die Pflicht von Revolutionär:innen weltweit, sich mit dem Widerstand gegen den Völkermord und Massenbewegungen gegen Diktaturen wie in Syrien zu solidarisieren. Gleichzeitig müssen sie sich für die Mobilisierung echter Kräfte der Arbeiter:innenklasse und eine revolutionäre Alternative einsetzen. Dies wird jedoch von den „Lagerist:innen“ auf der linken Seite behindert, die z. B. die Ereignisse in Syrien einfach als eine Verschwörung Israels und der NATO betrachten, um die „Achse des Widerstands“ auf der Grundlage von Assad, Hisbollah, Hamas und Iran zu zerstören. Wie diejenigen, die den Widerstand der Ukraine gegen die russische Invasion und die Zerstückelung ihres Landes einfach und ausschließlich als einen Stellvertreter:innenkrieg des Westens betrachten, lassen sie die unbestreitbare Tatsache zu, dass die westlichen Imperialist:innen ihre eigenen Ziele im Schilde führen, die schwerer wiegen als das demokratische Recht der unterdrückten Nationen auf Selbstbestimmung.Tatsächlich sind die Ereignisse in Syrien, im Libanon und in Palästina sowie in der Ukraine alle ein Produkt der zunehmenden Rivalität zwischen den alten imperialistischen Mächten, die sich auf die USA und die EU konzentrieren, und den neuen, aufstrebenden Imperialisten China und Russland, die die Hegemonie der USA sowohl wirtschaftlich als auch strategisch herausfordern.

Der Aufstieg der Rechten

Trumps Triumph im November und der Vormarsch rechtspopulistischer Kräfte prägten die globale Situation 2024. Die Regierungen von Milei in Argentinien, Meloni in Italien, Modis Wiederwahl in Indien und der Aufstieg von Le Pens RN in Frankreich zeigen das deutlich. In Deutschland verdoppelte die AfD im Februar 2025 ihren Stimmenanteil.

Gemeinsam ist diesen Kräften die Verbindung aus reaktionärer Politik und verbalen Attacken auf das „Establishment“. Sie präsentieren sich als Retter der Nation und greifen bürgerlich-demokratische Parteien, liberale Medien sowie die bürokratisierten Gewerkschaften und reformistischen Parteien an. Die Bilanz der „Mitte“ liefert ihnen leichtes Futter: So werden minimale Zugeständnisse an antirassistische, feministische oder queere Bewegungen mit „Anti-Wokeismus“ diffamiert, während irrationaler Populismus – Impfverweigerung, Klimaleugnung – Raum gewinnt.

Solche reaktionären Angriffe provozieren Widerstand. Massenhafte Proteste gegen patriarchale Gewalt in den USA, Europa und Indien zeigen das. Gleichzeitig suchen Arbeiter:innen und Jugendliche teils Schutz bei reformistischen Parteien wie Die Linke in Deutschland oder der NFP in Frankreich.

Doch der Vormarsch reaktionärer Politik wurde durch bürgerliche „Zentrist:innen“ selbst vorbereitet – mit repressiven Gesetzen gegen Migrant:innen und Flüchtlinge, demokratiefeindlichen Antiterrorgesetzen oder massiven Aufrüstungsplänen, oft unterstützt von Grünen, Sozialdemokratie und vermeintlich „linken“ Kräften. Die Aufstockung der NATO und Rüstungsausgaben wurden parteiübergreifend beschlossen.

Zugleich setzten dieselben Regierungen Steuergeschenke für Reiche und Konzerne durch, verbunden mit Lohnsenkungen, Sozialabbau und Privatisierungen – meist mit Zustimmung oder nur rhetorischem Widerstand der reformistischen Führungen. Diese Entwicklungen verschärfen die Führungskrise in der Arbeiter:innenbewegung und treiben Teile der Klasse in die Arme rechter Demagog:innen.

Die Führungskrise angehen!

Die sich entwickelnden Aspekte der Krise und die schwachen Reaktionen der offiziellen Arbeiter:innenbewegungen legen den relativ kleinen und geteilten Kräften der Revolutionär:innen auf der ganzen Welt eine enorme Verantwortung auf. Da Kriege, Klimawandel und Angriffe auf die demokratischen Rechte der Arbeiter:innen und der sozial Unterdrückten nur auf globaler Ebene angegangen, geschweige denn gelöst werden können, wird immer deutlicher, dass Revolutionär:innen versuchen müssen, sich international zu organisieren. Sie müssen ein Programm entwickeln und dafür kämpfen, das die Basisaktivist:innen, die aus den Massenkämpfen gegen ihre Ausbeuter:innen und Unterdrücker:innen hervorgehen, vereinen und stärken kann. Ein zentrales Ziel ist es, wie Marx, Engels, Lenin und Trotzki es taten, erneut die Notwendigkeit einer neuen, revolutionären Internationale zu betonen.

Aus diesem Grund haben die Liga für die Fünfte Internationale, die Internationale Trotzkistische Opposition (ITO) und die International Socialist League (ISL) Diskussionen über die brennenden globalen Probleme, mit denen wir alle konfrontiert sind, begonnen, angefangen mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, und gemeinsame Erklärungen zu diesen Themen verabschiedet.
Wir können weitere Kriege, weitere Gewinne der Rechten, aber auch weitere Klassenkämpfe vorhersehen, auch von den Arbeiter:innen Argentiniens, die mit den ultra-neoliberalen „Reformen“ von Javier Milei konfrontiert sind, und deshalb werden wir diese Diskussionen im Jahr 2025 noch energischer fortsetzen. Wir hoffen, eine feste programmatische Einigung zu erzielen, auf deren Grundlage wir unsere Organisationen auf demokratisch-zentralistischer Basis vereinen können. Wir appellieren an alle, die unseren Ansatz teilen und mit den bisher veröffentlichten Erklärungen einverstanden sind, sich ebenfalls mit uns in Verbindung zu setzen.

Es ist klar, dass eine neue Internationale eine notwendige Waffe ist, um an allen Fronten der vielschichtigen Krise zu kämpfen. Die Schwere der sich entwickelnden Krise des Weltkapitalismus macht dies zu einer lebenswichtigen Aufgabe, die in den kommenden Jahren dem historischen Slogan „Proletarier:innen aller Länder, vereinigt euch!“ einen organisierten Ausdruck verleihen muss.

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