Jahreskonferenz der Gruppe Arbeiter:innenmacht, Januar 2024
Abschnitt 1: Eine Welt in der Krise
Abschnitt 2: Zeitenwende? Zeit zu handeln! Für ein Programm von Übergangsforderungen!
Abschnitt 3: Zur Lage der Klasse
Abschnitt 5: Gegen Militarismus und Rechtsruck!
Abschnitt 6: Gegen soziale Unterdrückung!
Abschnitt 7: Gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen!
Abschnitt 8: Nein zum Europa der Imperialist:innen: Für ein sozialistisches Europa!
Während die Welt sich dreht, scheint das Geschehen aus den Fugen zu geraten – Pandemie, Krieg, Naturkatastrophe – eine Krise scheint hinter der anderen herzujagen. Dabei wird deutlich, dass die Zeiten des mehr oder minder „partnerschaftlichen“ Austauschs zwischen den Herrschenden vorbei sind. Wir erleben ein internationales Wettrüsten, einen Aufschwung des Nationalismus und eine immer klarer werdende Blockbildung. Kurzum: Das Zeitalter der Globalisierung geht seinem Ende entgegen.
Dabei entfalten die inneren Widersprüche der imperialistischen Epoche wieder einmal ihren explosiven Charakter. Während die internationalen Produktions- und Lieferketten nicht einfach so aufgelöst werden können, werden Zölle und Steuern bei Handelskriegen zur Waffe. Gleichzeitig liegen die internationalen Institutionen der Herrschenden brach und von Gipfeltreffen zu Gipfeltreffen wird es schwieriger, gemeinsame Antworten zu finden und verbindliche Pläne zu verabschieden. Protektionismus und Nationalismus bestimmen das Geschehen, zudem wird deutlich dass Auseinandersetzungen zwischen den Imperialist:innen drohen, wobei der Hauptantagonismus sich zwischen USA und China abspielt.
Doch woher kommen diese Entwicklungen? Die Finanzkrise und globale Rezession von 2007 – 2009 markieren den Beginn einer neuen, weltgeschichtlichen Periode. Verursacht durch fallende Profitraten und die Überakkumulation von Kapital folgten eine tiefe Rezession sowie der Rückgang der Produktion in allen tradierten imperialistischen Staaten. Doch mittels der Politik des lockeren Geldes sowie des Abwälzens der Kosten auf die Lohnabhängigen konnte die Krise abgefedert werden. Doch damit wurde nichts anderes getan, als die Überwindung ihrer Ursachen und mit ihr die notwendig gewordene Vernichtung von Kapital aufzuschieben.
So ist es nicht verwunderlich, dass vielerorts das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung selbst 10 Jahre nach der Krise nicht erreicht wurde. Stattdessen formten sich neue Blasen im Finanzsektor und die globale Verschuldung nahm massiv zu. Die Coronapandemie brachte dann die internationalen Produktionsketten zum Erliegen und eine synchronisierte Rezession erfasste die gesamte Weltwirtschaft. Auch wenn sie sich danach kurzzeitig stabilisiert hat, so ist sie nicht mehr als ein fragiles Kartenhaus, was jederzeit einstürzen kann. Der Krieg um die Ukraine und die Sanktionen führten zu Inflation und Stagnation. Der Weltmarkt fragmentiert sich weiter, wird zu einem Schauplatz des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt, und der Verteilungsspielraum ist geringer geworden. Zugleich schreiten wir immer rascher einer ökologischen Katastrophe entgegen. Angesichts der globalen Konkurrenz erweist sich die kapitalistische Weltgemeinschaft als unfähig, auch nur gemeinsame Absichtserklärungen zu beschließen, so dass das 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels faktisch kaum noch einzuhalten sein wird. Andere Belastungsgrenzen des ökologischen Erdsystems sind mittlerweile erreicht, oder sie stehen an der Schwelle zu Kipppunkten (z. B. Versauerung der Ozeane, Artensterben, Übernutzung von Land und Trinkwassersystemen).
Die Überakkumulationskrise ist das Brennholz, das die aktuellen Entwicklungen, also den globalen Rechtsruck, die zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen und die internationale Aufrüstung befeuert, denn innerkapitalistisch kann sie nur durch zwei miteinander verbundene Wege gelöst werden: einerseits die Vernichtung „überschüssigen“ Kapitals, andererseits durch eine Neuaufteilung der Welt, bei der auch entschieden wird, wessen Kapital zerstört wird, welcher Imperialismus (oder Block) sich letztlich durchsetzt. Dies befeuert die Konkurrenz nicht nur zwischen unterschiedlichen Nationen, sondern auch zwischen den unterschiedlichsten Kapitalfraktionen, die alle versuchen, ihre Stellung zu erhalten und nicht unterzugehen.
Der Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen um Führungsfiguren wie Trump, Meloni oder Modi verdeutlicht die inneren Krisen der herrschenden Klassen und die Auswirkungen der Krise auf die Mittelschichten und das Kleinbürger:innentum. Ihr Aufstieg geht mit einer Krise der tradierten Herrschaftsformen einher, der westlichen, bürgerlichen Demokratie – und schließt auch Angriffe auf errungene Stellungen der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten ein. Aufgrund der Schwäche und Führungskrise der Arbeiter:innenklasse erscheinen umgekehrt „demokratische“ bürgerliche Regierungen der Mitte als einzige Alternative zur Rechten. Die Unterordnung der Arbeiter:innenbewegung unter bürgerliche Regierungen (wie, insbesondere im Krieg, unter „ihre“ Nation) schwächt die Arbeiter:innenbewegung weiter.
Inmitten globaler Instabilität wird der deutsche Imperialismus vom globalen Geschehen vor sich hergetrieben. Aus der Krise des deutschen Imperialismus selbst entstanden, hat sich die Ampelregierung zuerst als „Fortschrittskoalition“ schmücken wollen. Doch nach kurzer Zeit ist wenig davon übrig geblieben: Statt Verbesserungen für alle gab es ein historisches Sondervermögen für die Bundeswehr und Steuergeschenke für Reiche. Statt demokratischer Rechte für alle wurden die Mauern der Festung Europa gestärkt und die Hetze gegen Migrant:innen und Geflüchtete auf ein neues Hoch gebracht. Statt Klimaschutz gab es den Ausbau der Kohleförderung und halbgare Kompromisse, die nichts bringen. Gleichzeitig demonstrierten Debatten um Heizungsgesetz, Schuldenbremse oder Kindergrundsicherung die Instabilität der Koalition. Doch der Wille zum Regieren – und somit zum Umsetzen der Kapitalinteressen – seitens Grünen und SPD hält sie zusammen. Kurzum: Der versprochene Fortschritt bestand eher darin, die Ausrichtung des deutschen Imperialismus unter Führung der USA zu verfestigen.
Der deutsche Imperialismus wird als Exportkapital stärker von den Entwicklungen des Weltmarktes getroffen. Denn im Gegensatz zur Konkurrenz durch andere imperialistische Staaten wie USA oder China ist die Europäische Union zwar ein riesiger Binnenmarkt, aber ein überaus brüchiger und instabiler Block. Eine erneute deutsch-französische Achse ist vielleicht die letzte Chance, die Formierung der EU substanziell voranzubringen und den weiteren Rückfall in der Weltmachtkonkurrenz gegenüber China und den USA zu stoppen. Um im Weltgeschehen weiter eine aktive Rolle zu spielen, muss der deutsche Imperialismus also seine eigenen Interessen sichern. Das beinhaltet:
Dies wiederum bringt eine Reihe von Angriffen mit sich, gegen die wir uns wappnen müssen. Diese werden vor allem jene Lohnabhängigen treffen, die schon heute am meisten ausgebeutet und unterdrückt sind – Frauen, Jugendliche, Migrant:innen, Alte, Menschen mit Behinderungen. Gegen diese Politik braucht es organisierten Widerstand, den Aufbau einer Massenkraft, die Kapital und Kabinett Paroli bieten kann. Diese Angriffe sind unter anderem:
Während die ersten Jahre der Krise 2008 – 2010 von einer Erschütterung des bürgerlichen Systems gekennzeichnet waren, die die Legitimität der kapitalistischen Ordnung in Frage stellte, verloren die Linke, die Arbeiter:innenbewegung, die sozialen Proteste ihre Dynamik. Doch warum? An Mobilisierungen und Massenkämpfen hat es nicht gefehlt. Im Gegenteil: Bewegungen wie Blockupy, die Platzbesetzungen im Süden Europas, der Arabische Frühling oder Widerstand in Griechenland gegen die Austeritätspolitik der EU-Troika artikulierten eine tief sitzende Unzufriedenheit und bei großen Teilen der Bevölkerung den Willen zu handeln. Ganz zu schweigen vom Erwachen von hunderten Million Lohnabhängigen in Indien oder China zum gewerkschaftlichen und politischen Leben.
Die meisten dieser Bewegungen – insbesondere der Arabische Frühling, der Widerstand in Griechenland, die antirassistische Solidarität – endeten jedoch in bitteren Niederlagen. Diese verdichteten sich 2016 und haben nicht nur viele Aktivist:innen verwirrt, sondern das Kräfteverhältnis auf der ganzen Welt zugunsten der herrschenden Klassen oder gar Elementen der extremen Reaktion, zu rassistischen, rechtspopulistischen, autoritären und diktatorischen Regimen und Kräften, verschoben. Der Rechtsruck begann – eine Phase, die vom Vormarsch der Reaktion, der Konterrevolution auf allen Ebenen und einer weiteren dramatischen Verschärfung des Kampfes um eine Neuaufteilung der Welt gekennzeichnet ist.
Diese Entwicklungen haben die gesellschaftlich linken Kräfte und die Organisationen der Arbeiter:innenklasse nicht unberührt gelassen. In den letzten Jahren erlebten wir eine Planlosigkeit sowie Passivität gegenüber dem Weltgeschehen. Ob Pandemie, Ukrainekrieg, Inflation oder zunehmender Rassismus: Es gelang nicht, eine linke Alternative aufzuzeigen oder gar neue Schichten der Klasse für die eigene Politik zu gewinnen. Zwar konnten in den letzten Jahren Tausende Beschäftigte neu für die Gewerkschaft gewonnen werden, doch der grundlegende Trend – die Abnahme ihrer Mitglieder seit den 1990er Jahren – wurde dadurch nicht gebrochen.
Auch Parteien wie Die LINKE haben an Mitgliedschaft verloren; und es kam zu Brüchen wie beispielsweise die Gründung des populistischen Projekts „Bündnis Sahra Wagenknecht“, das vorgibt, der AfD „entgegenzutreten“, indem es sich an Rassismus, Nationalismus und binnenmarktorientiertes Unternehmer:innentum anpasst.
Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Der für Deutschland entscheidende besteht im eisernen Festhalten an der Sozialpartner:innenschaft und Klassenzusammenarbeit. Die SPD hat ihr politisches Schicksal mit der Ampelkoalition verknüpft und präsentiert sich als bessere, wenn auch glücklose Sachwalterin des deutschen Imperialismus. Die Gewerkschaftsführungen bilden für diese eine politische Flankendeckung und verfolgen seit der Pandemie und während des Ukrainekrieges eine Politik der Konzertierten Aktion mit Regierung und Unternehmer:innenverbänden. Die Partei DIE LINKE schwankt zwischen verbaler Kritik und faktischer Mitverwaltung der Krise in den Landesregierungen, bildet damit selbst einen Teil der Problems der politischen Krise der Arbeiter:innenbewegung.
Die Politik der Mitverwaltung unterstützte die Abwälzung der Krise auf den Rücken der Bevölkerung und erlaubte so, dass sich rechtspopulistische Kräfte als Alternative gegen das „Establishment“ inszenieren konnten. Die Politik der Konzertierten Aktion befördert zugleich eine zunehmende reale oder befürchtete Deklassierung des Kleinbürger:innentums, der Mittelschichten, aber auch der Arbeiter:innenaristokratie und der Masse der Lohnabhängigen.
In der radikalen Linken mangelte es an Verständnis ebendieser Sozialpartner:innenschaft, oftmals wurde sie mitgetragen. Außerdem wurde die sich veränderte Weltlage nicht erkannt, und es fehlte an Klarheit, wie man auf die aktuellen Fragen der Zeit reagiert. Vielmehr herrschte Planlosigkeit, wie man eigentlich zum Umsturz der bestehenden Verhältnisse kommen könne, und man hielt an Mobilisierungskonzepten der Vergangenheit fest.
Gerade weil die strukturellen Probleme der kapitalistischen Weltwirtschaft ungelöst sind, müssen sich sowohl die Angriffe auf die Massen wie auch die innerimperialistische Konkurrenz weiter verschärfen. Die gegenwärtige Krisenperiode umfasst alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens und des Mensch-Natur-Verhältnisses. Sie wirft im geschichtlichen Maßstab erneut die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ auf. Sie kann nicht durch eine „Reformstrategie“ oder ein „Transformationskonzept“ gelöst werden, geschweige denn nur national überwunden werden.
Die Weltwirtschaft ist längst ein Ganzes geworden, die ökologischen Probleme können nur global gelöst werden. Zugleich sind grundsätzlich auch die Mittel zur Lösung auf globaler Ebene vorhanden. Die Produktivkräfte, die menschliche Technik, die Möglichkeiten zur Überwindung der „Menschheitsprobleme“ sind vorhanden. Sie stoßen aber täglich an die Schranken einer Produktionsweise, einer Gesellschaftsformation, in der diese Kräfte nicht als Mittel zur Lösung, sondern zur Bereicherung weniger, zur Profitmacherei dienen und damit als destruktive Kräfte in Erscheinung treten müssen. Diesen gordischen Knoten zu zerschlagen, gibt es nur ein Mittel: die globale, sozialistische Revolution. Eine andere Welt ist möglich, und es ist an uns, eine Alternative, die das umsetzen kann, aufzubauen!
Eine solche Revolution kann nicht improvisiert, willkürlich oder voluntaristisch vom Zaun gebrochen werden. Denn die inneren Widersprüche der Gesellschaft bringen immer wieder Situationen hervor, die die Machtfrage aufwerfen, also (in)direkt fragen: Wer zahlt? Wem gehören die Produktionsmittel? Wessen Interesse wird letzten Endes umgesetzt? Es ist die Aufgabe von Revolutionär:innen, diese Kämpfe zu nutzen, in ihnen zu intervenieren und die Frage der zukünftigen entscheidenden Umwälzungen hervorzuheben und Selbstermächtigungsorgane der Klasse zu schaffen. Um solch eine revolutionäre Umwälzung Wirklichkeit werden zu lassen, reichen jedoch keine Kleingruppen und losen Bewegungen aus. Es braucht eine starke, kampffähige Partei, die bedingungslos das Interesse der gesamten Arbeiter:innenklasse vertritt. Der Aufbau einer solchen Alternative – einer revolutionären Arbeiter:innenpartei – muss deswegen das zentrale Anliegen von Kommunist:innen, von Revolutionär:innen in Deutschland sein.
Eine solche Organisation kann nur auf der Basis einer klaren Analyse der Lage bestehen. Sie braucht eine klare Vorstellung des Ziels, davon, wie die Arbeiter:innenklasse zu diesem gelangt, welche Kampfmethoden, welche Forderungen, welche Taktiken dazu notwendig sind. Dabei muss sie ihre Politik in der Praxis prüfen und die Augen vor eigenen Fehlern nicht verschließen. Denn ihr Ziel ist nicht, in Parlamenten zu versauern und in Sonntagsreden vom Sozialismus zu erzählen. Ihre Aufgabe ist, im gemeinsamen Kampf die Arbeiter:innenklasse von der Klasse an sich zur Klasse für sich aktiv voranzutreiben.
Eine Arbeiter:innenpartei zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass Vertreter:innen der Arbeiter:innenklasse im Parlament sitzen,deren Einkünfte an das Durchschnittseinkommen von Beschäftigten gebunden sind.
Entscheidend ist vielmehr, dass sie eine organische Verbindung zur Avantgarde darstellt und politische Kämpfe zur Verbesserung der Klasse (mit) anführt. Seit Jahrzehnten gibt es jedoch in Deutschland keine organisierte und politisch formierte revolutionäre Avantgarde der Arbeiter:innenklasse im eigentlichen Wortsinn, also eine politische Kraft, die Kommunismus und die aktivsten und kämpferischsten Teile der Arbeiter:innenklasse verbindet. Wenn wir von einer Vorhut der Arbeiter:innenklasse sprechen, so beziehen wir uns einerseits auf eine mittlerweile selbst fragmentierte gewerkschaftlich-betriebliche Avantgarde, auf kämpferische Schichten, die für andere Lohnabhängige einen Bezugspunkt darstellen und oft mit dem linken Reformismus und dem linken Flügel der Gewerkschaftsbürokratie verbunden sind.
Anderseits beziehen wir uns auf subjektiv antikapitalistische und kämpferische Schichten sozialer Bewegungen und der klassenpolitisch ausgerichteten Linken. Diese ist selbst politisch heterogen und in der Krise. Die Neuformierung einer kämpferischen Avantgarde und die Herausbildung einer revolutionären Alternative – das heißt letztlich einer revolutionären Partei – wird sich in den kommenden Jahren nur aus einer Kombination von Formierung in Klassenkämpfen und der Gewinnung deren fortgeschrittenster Elemente für ein revolutionäres Programm entwickeln.
In Deutschland stellt dabei für Revolutionär:innen, für Antikapitalist:innen, für alle klassenkämpferischen Kräfte die Dominanz des Reformismus das entscheidende Hindernis für die Mobilisierung und Gewinnung der Arbeiter.innenklasse dar. Denn auch wenn diese Kräfte in den vergangenen Jahren an Mitgliedern verloren haben, so ist ihr Niedergang kein Automatismus, da der Kapitalismus selbst ihre inhaltliche Grundlage und augenscheinliche Daseinsberechtigung reproduziert.
Ohne Verständnis also der sozialen Ursachen für die Stärke der Arbeiter:innenaristokratie im imperialistischen Deutschland, des sozialdemokratischen Reformismus und seiner verschiedenen Spielarten, ohne Kenntnis der Gewerkschaften, der Rolle der Bürokratie wie der Betriebsräte, ist die Einwicklung einer revolutionären Arbeiter:innenpolitik, einer revolutionären Organisation unmöglich. Ohne ein solches Verständnis ist es auch unmöglich, politische Taktiken wie die verschiedenen Formen der Einheitsfront zu entwickeln, zu propagieren oder anzuwenden, die es ermöglichen, Arbeiter:innen die Unzulänglichkeiten, Fehler, ja den bürgerlichen Charakter des Reformismus in der Praxis zu verdeutlichen und sie für eine revolutionäre Alternative zu gewinnen.
Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass eine künftige revolutionäre Partei nicht einfach durch die individuelle Gewinnung von Mitgliedern für unsere Organisation geschaffen werden kann. Heutzutage ist die „radikale“ Linke hierzulande (wie auch international) zersplittert und oft genug politisch desorientiert. Links von der Linkspartei finden sich stalinistische und halbstalinistische Kräfte und zahlreiche von Auflösung und Neuzusammensetzung geprägte (post-) autonome u. a. Gruppierungen.
Es wird dazu vielmehr einen Prozess der Umgruppierung und Neuformierung der antikapitalistischen und klassenkämpferischen Linken erfordern. Es wird Brüche in den Gewerkschaften, innerhalb und weg von den reformistischen Parteien, bedeuten, aber es braucht immer einen programmatisch klaren politischen Pol, um diesen Prozessen eine Richtung zu geben. Deshalb arbeiten wir eng mit der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION zusammen, zu der wir in politischer Solidarität stehen und mit der wir gemeinsame methodisch-programmatische Grundlagen teilen. Deshalb haben wir uns in der Vergangenheit an Umgruppierungsprojekten beteiligt, und deshalb halten wir auch für die Zukunft ein Eingreifen in die Diskussionen in der „radikalen“ Linken mit dem Ziel einer politischen Klärung und Überwindung ihrer Schwächen für unerlässlich. Dabei muss auch für kleine revolutionäre Gruppierungen das Programm die Richtschnur der Positionierung und des praktischen Handelns auf allen Ebenen des Klassenkampfes, der ökonomischen, politischen und der theoretisch/ideologischen darstellen. Es muss die aktuellen und historischen Aufgaben der Klasse zum Ausdruck bringen, um in der kommenden Periode deren Avantgarde oder wenigstens Teile davon für eine größere Organisation zu gewinnen oder um die Basis für die revolutionäre Vereinigung bestehender Gruppierungen zu legen.
Die Schaffung einer revolutionären Organisation ist jedoch nicht nur eine Frage der Sammlung von Genoss:innen. Denn die Frage ist ja: Wofür organisieren wir uns, wofür kämpfen wir gemeinsam? Deswegen ist für die Schaffung so einer Organisation vor allem auch die Sammlung um ein gemeinsames politisches Konzept vordringlich: ein Programm.
Das ist eine Lehre aus den Bewegungen der Vergangenheit, die ins Leere gelaufen sind, eben weil ihnen der Plan fehlte, wie man die Klasse mobilisiert und die aktuellen Kämpfe mit dem Eintreten für die sozialistische Revolution verbindet. Deswegen brauchen wir ein Programm. Dieses ist jedoch nicht nur ein abstraktes Schriftstück, das alle Jahre halbverstaubt aus der Ecke herausgeholt wird. Ein revolutionäres Programm muss eine Anleitung zum Handeln sein, einen Plan zeichnen vom Sturz des Kapitalismus durch die sozialistische Revolution, die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparats, die Enteignung der herrschenden Klasse und die Errichtung einer demokratischen Planwirtschaft, die Machtergreifung der Arbeiter:innenklasse, die Errichtung ihrer Herrschaft, gestützt auf Räte und Milizen. Es muss zudem eine klare internationale Ausrichtung haben auf die europäische und internationale Revolution. Zugleich muss es natürlich auch alle wichtigen, aktuellen Tagesforderungen beinhalten. solche nach sozialen Verbesserungen, elementaren Arbeiter:innenrechten, für die Verteidigung und Ausweitung demokratischer Rechte. Revolutionär:innen unterscheiden sich von Reformist:innen keineswegs dadurch, dass sie den Kampf um solche Forderungen ablehnen. Sie betrachten solche Forderungen jedoch nur als Teilschritte, deren Wert weniger in dieser oder jener Verbesserung liegt, sondern vielmehr in der Vorbereitung auf weitergehende, das System selbst in Frage stellende, revolutionäre Kämpfe besteht.
Es gilt also, eine Brücke zu schlagen und aufzuzeigen, wie man die aktuellen Tageskämpfe nutzen kann, um die Gesellschaftsordnung umzuwälzen. Daher schlagen wir ein Programm von Übergangsforderungen vor, das eine solche Verbindung schaffen soll.
Wenn Ihr diese Ziele, dieses Programm teilt, tretet mit uns in Kontakt, schließt Euch der Gruppe Arbeiter:innenmacht an!
Der Kampf gegen die permanenten Verschlechterungen der Lebensbedingungen von Millionen Lohnabhängigen bildet eine Schlüsselfrage für jedes Programm. Der gemeinsame Kampf gegen Lohnverlust, Kürzungen und Inflation, Prekarisierung und Arbeitslosigkeit, Personalabbau, Umstrukturierungen, Privatisierungen und Betriebsschließungen ist unerlässlich, damit die Arbeiter:innenklasse als Kraft in Erscheinung treten kann, die der Krise, der Militarisierung und der zunehmenden Spaltung der Klasse wie überhaupt der Verarmung der unteren Schichten etwas entgegensetzen kann. Wo solche Maßnahmen der herrschenden Klasse und ihrem Staat abgerungen werden, ist voraussehbar, dass Kapital und Regierung rasch versuchen werden, diese zu unterminieren und rückgängig zu machen.
Das macht aber den Kampf für unmittelbare, defensive Forderungen gegen die Angriffe nicht überflüssig, sondern umso dringender. Wir unterstützen alle diese Kämpfe, versuchen aber, sie mit deren Vorbereitung auf den Sturz des Systems der Lohnarbeit selbst zu verbinden. Darin – nicht in der Ablehnung von Teil- oder Reformforderungen als solchen – besteht der grundlegende Unterschied zur Strategie der Reformist:innen. In der aktuellen Krisenperiode bedingen sogar Forderungen, die „nur“ die Existenz der Arbeiter:innenklasse als Klasse gewährleisten sollen, z. B. nach Mindestlohn, Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich, entschiedene Formen des Klassenkampfes und der Massenmobilisierung wie politische Massenstreiks, Großdemonstrationen, Besetzungen.
Unser Programm zielt darauf, die Möglichkeiten zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse der lohnabhängigen Massen zu verteidigen und zu sichern. Wenn die Kapitalist:innen, ihre Regierung oder die Reformist:innen sagen, dass das „nicht finanzierbar“ oder nicht „durchsetzbar“ sei, ohne die Interessen der Wirtschaft zu gefährden, sagen wir, dass diese Wirtschaft nicht die unsere ist, dass die Unternehmer:innen unter „Finanzierbarkeit“ v. a. ihre Profite verstehen. Sollten beispielsweise Firmen pleitegehen, so müssen sie verstaatlicht und unter Kontrolle der Arbeiter:innen reorganisiert werden – im Rahmen eines Programms gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, sei es für Sozialleistungen, öffentlichen Verkehr, Gesundheitswesen, Bildung oder Umweltschutz! So kann jeder Abwehrkampf zu einem Ausgangspunkt für weitere Auseinandersetzungen werden, die Selbsttätigkeit und Selbstorganisation der Lohnabhängigen stärken und die Möglichkeit bieten, von der Defensive zur Offensive überzugehen.
Ob Lebensmittel oder Energie- und Heizkosten: Während die Lebenshaltungskosten, angetrieben durch die Inflation, massiv anstiegen, haben sich die Reallöhne, wenn überhaupt, nur minimal angepasst. Darüber hinaus dienten in der Rezession während der Coronapandemie Kurzarbeit, auch von Leiharbeiter:innen, die damit an die Grenze zum Mindestlohn gerieten, und Entlassungen dazu, die Unternehmen über Wasser zu halten und so Profite und Marktanteile zu sichern. In Wirklichkeit sind es also die Lohnabhängigen, die die Krise finanzieren müssen. Deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, auch künftigen Schwankungen entgegenzutreten:
Die Durchsetzung der Agenda 2010 hat nicht nur Hartz IV (heute Bürgergeld) geschaffen, sondern den Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet. Rund ein Drittel aller Beschäftigten arbeitet in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, also unter prekären Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus spalten bis heute die bestehenden Stunden-, Lohn- und Rentenunterschiede in Ost- und Westdeutschland die Arbeiter:innenklasse. Der Kampf gegen diese Prekarisierung und Arbeitslosigkeit, gegen die Spaltung der Klasse bildet ein Schlüsselelement jedes Programms.
Ob Firmenkrisen oder Umstrukturierung der Produktion wie beispielsweise in der deutschen Autoindustrie: Entlassungen stehen auf der Tagesordnung. Auch wenn wir wissen, dass „Vollbeschäftigung“ im Kapitalismus nicht möglich ist, so ist es unsere Aufgabe, Widerstand gegen Entlassungen auf die Agenda zu setzen. Dabei geben wir uns nicht mit Scheinkompromissen zufrieden, bei denen nur ein Teil der Belegschaft gerettet wird, sondern setzen uns für die Interessen aller Beschäftigten ein:
Die Angriffe der Kapitalist:innen erstrecken sich nicht nur auf Löhne, Einkommen, Arbeitsplätze und Arbeitslosengeld und -rechte. Die Sparprogramme bedeuten massive Kürzungen bei den Kommunen und Ländern gerade für die Ärmsten und die Arbeiter:innenklasse, aber selbst für die Mittelschichten. Die Regierung plant letztlich die Zerschlagung des Sozialversicherungssystems. Kranken- und Altersversorgung für Millionen stehen zur Debatte.
Die „Schuldenbremse“ dient dazu, diesen „Sparzwang“ bei den Kommunen durchzusetzen und damit eine weitere Welle von Privatisierungen und der Zerschlagung öffentlicher Dienste einzuläuten. Die „Reformen“ des Kapitals schaden also Millionen und dienen der Bereicherung der Milliardär:innen durch Privatisierungen wie öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP, Public-Private-Partnerships) und führen zu einer Verschlechterung und Verteuerung von Dienstleistungen und Vorsorge. Dabei liegt die öffentliche Infrastruktur seit Jahrzehnten brach. Insbesondere bei Kitas, Krankenhäusern und im Bildungsbereich wird gespart.
Trotz hoher Staatsschulden werden im Namen der „Standortsicherung“ und „Konkurrenzfähigkeit“ Steuererleichterungen für Vermögende und Unternehmen veranlasst. Wenn es darum geht, die Verluste der Banken und Aktionär:innen auszugleichen, verschuldet sich der Staat für Rettungspakete und Konjunkturprogramme in Höhe dreistelliger Milliardenbeträge – während bei uns gespart wird. Kurzum: Die Lohnabhängigen kommen dafür auf – obwohl sie schon jetzt den Preis in Form von Privatisierung und Verteuerung (ehemals) öffentlicher Dienstleistungen bezahlen!
Der mit dem KI-Hype einhergehende Investitionsrun auf solche Technologien soll einigen wenigen großen Tech-Konzernen einen neuen Boom bescheren, entgegen der Gesamttendenz einer stagnierenden Weltkonjunktur. Dieser Boom kann im Kapitalismus nur zulasten der Lohnabhängigen gehen. Die Digitalisierung von Produktionsabläufen ist für das Kapital eine Chance zur weiteren Verdichtung oder Verlängerung des Arbeitstages, zur Verdrängung von Arbeiter:innen aus der Produktion und zur Schaffung von Niedriglohnjobs in neuer Akkordarbeit, deren Takt von der Maschine vorgegeben wird, etwa in Logistikzentren, Lieferdiensten oder Clickworker-Agenturen. Die umfassende Kontrolle der Unternehmen über Daten ihrer Beschäftigten, ihrer Anwender:innen oder Kund:innen ermöglicht diesen Kapitalen ein Ausmaß an Überwachung, das in einigen Aspekten weit über die Möglichkeiten staatlicher Repressionsorgane hinausgeht. Zugleich ist der Zugriff auf diese Daten, die die Grundlage vieler KI-Anwendungen sind, monopolisiert, was eine weitere Tendenz der Zentralisation des Kapitals darstellt.
Die Kontrolle über diese Technologien ist also zu einem Faktor im Kräfteverhältnis der Klassen geworden, sie muss damit auch Gegenstand des Klassenkampfes sein. Unter Kontrolle der Arbeiter:innenklasse beinhalten diese auch das Potential, die notwendige Arbeitszeit für alle gleichermaßen zu reduzieren und viele technologische Errungenschaften zugänglicher und effizienter zu machen.
Alle diese Forderungen werfen die Frage auf, wie sie umgesetzt werden können. Für uns ist klar: Die Angriffe der Unternehmer:innen und Regierungen, also der wirtschaftlichen wie staatlich-politischen Organisationen der Kapitalist:innenklasse, können nur durch große gemeinsame Aktionen der Lohnabhängigen, durch die Kampfeinheit der Arbeiter:innenklasse abgewehrt werden. Warum? Weil es sich nicht um einzelne Angriffe, sondern um einen politischen Generalangriff des Kapitals handelt, dem daher nur gemeinsam begegnet werden kann, auch wenn die Attacken nicht alle auf einen Schlag umgesetzt worden sind bzw. werden. Doch bei der Formierung von Widerstand müssen wir als Revolutionär:innen nicht nur die unmittelbaren und kurzfristigen Interessen unserer Klasse im Auge haben, sondern vor allem auch deren langfristigen Ziele vertreten und deren Klassenbewusstsein heben.
Die reformistischen Politiker:innen in den Führungen der Gewerkschaften, der Betriebsräte in den Großkonzernen, der SPD, aber auch der Linkspartei setzen in ihrer Politik auf die Strategie der Zusammenarbeit mit vermeintlich „vernünftigen“ Teilen der herrschenden Klasse. Dieses Konzept der Sozialpartner:innenschaft führt zu Demobilisierung, Demoralisierung und zur Niederlage, selbst wenn es Momente gibt, in denen sie gezwungen sind, zu mobilisieren und radikal aufzutreten. Letzten Endes versprechen die Reformisten, wenn sie erst einmal an der Regierung sind, „das größere Übel“, also noch mehr Entlassungen und Sozialabbau, zu verhindern – und bereiten damit nur ebendieses größere Übel vor, indem sie die Klasse spalten und ihre Kampfkraft schwächen.
Die Gewerkschaftsführungen und Betriebsräte spielen dasselbe Spiel in der Hoffnung, dass Lohnverzicht und Kurzarbeit Arbeitsplätze sichern. In Wirklichkeit sichern sie die Profite der Kapitalist:innen und erleichtern diesen die nächsten Angriffe. Deswegen müssen wir uns gegen jede Politik der Einbindung in die Verteidigung des „Standorts Deutschlands“, wie sie von allen Flügeln der reformistischen Arbeiter:innenbürokratie betrieben wird, stellen. Diese Politik der „Standortsicherung“ und Sozialpartner:innenschaft ist Klassenverrat, bindet die Arbeiter:innen an „ihre“ Unternehmer:innen, spaltet sie und schürt Rassismus. Wir fordern von den jeweiligen Führungen einen Bruch mit dieser Politik! Wir fordern von ihnen das Ende jeder direkten oder indirekten Koalition mit den offen bürgerlichen Parteien (CDU/CSU, FDP, Grüne). Wir fordern von Regierungen der SPD/LINKEN wie in Mecklenburg-Vorpommern oder von Rot/Rot/Grün in Thüringen den Bruch mit ihrer neoliberalen Politik und Unterordnung unter das Kapital. Doch das allein wird nicht dafür sorgen, dass Kämpfe geführt werden. Wir fordern von den Gewerkschaftsführungen, von SPD und Linkspartei, den Aufbau einer Bewegung gegen die Angriffe der Regierung und den Rechtsruck und von Aktionsbündnissen zu unterstützen!
Diese Kräfte aktiv anzusprechen und zu versuchen, in Bewegung zu zwingen, dient nicht dazu, Illusionen in die bestehenden Organisationen zu verfestigen. Vielmehr ist es ein unerlässliches Mittel, um bereits organisierte Teile der Klasse in Aktivität zu bringen und im gemeinsamen Kampf die Begrenztheit der Politik ihrer Führungen aufzuzeigen, um sie von dieser zu brechen. Das geht nicht, wenn wir nur im Abseits warten oder Kleinstaktionen organisieren, die keine realen Verbesserungen erkämpfen können. Als Revolutionär:innen brauchen wir Taktiken gegen den Einfluss dieser Reformist:innen. Die Einheitsfront ist eine davon.
Solche Bündnisse dürfen jedoch keine diplomatischen Abkommen sein, keine leeren „gemeinsamen“ Plattformen von Revolutionär:innen und Reformist:innen zur Propagierung von hohlen Versprechungen. Sie müssen um konkrete Forderungen für konkrete Aktionen (Demos, Streiks, Besetzungen, Blockaden) herum gebildet werden. Dabei ist es wichtig, für gegenseitige Kritik- und Propagandafreiheit einzustehen, sowie auf Mobilisierung der gesamten Mitgliedschaft auf der Straße, in den Betrieben zu drängen, nicht nur das Logo unter einen Aufruf zu setzen. Denn das Ziel besteht darin, durch die Organisierung des Kampfes die Bewegung an die Orte zu bringen, an denen wir uns tagtäglich aufhalten müssen, um dadurch auch neue, bisher unorganisierte oder passive Schichten in die Aktion ziehen.
Vor allem aber dürfen wir mit dem Aufbau solcher Bündnisse nicht warten, bis die reformistischen Apparate und Bürokratien „bereit“ sind. Wir wirken auch heute schon dabei mit, in allen Städten, Kommunen und Landkreisen Bündnisse gegen die Angriffe der Regierung aufzubauen und deren bundesweite Koordinierung zu stärken.
Das Eintreten für politische Forderungen, die Verteidigung sozialer Leistungen, der Kampf gegen Arbeitslosigkeit u. a. Angriffe erfordern eine politische Antwort – politische Streiks bis hin zum Generalstreik. Diese Mittel sind notwendig, um unsere Ziele gegenüber der Regierung durchzusetzen. Diese Kämpfe müssen von der Basis in den Betrieben kontrolliert und bestimmt werden! Es müssen also bestehende Formen der Organisationen der Arbeiter:innenklasse in den Betrieben – Gewerkschaften und Betriebsräte – aus ihren gesetzlichen Einschränkungen durch den bürgerlichen Staat wie ihrer politischen Umklammerung durch die Bürokratie befreit werden. Deswegen gilt es, in allen Mobilisierungen für die Schaffung von Streik- und Aktionskomitees an Schulen, Universitäten und in Betrieben einzutreten. Denn sie verweisen auf weitergehende Formen proletarischer Selbstorganisation und von Kampforganen gegen die Staatsmacht – auf Räte und Arbeiter:innenmilizen. Diese bilden zentrale Übergangsformen im Kampf, die der Klasse sowohl die Kontrolle über ihre eigenen Aktionen ermöglichen als auch die politische Fähigkeit zur Teilnahme an der Arbeiter:innendemokratie schulen.
Dabei sind Streik- und Aktionskomitees elastische Formen, die auch zur Einbeziehung der proletarischen Anwohner:innen (z. B. beim Kampf gegen die Schließung öffentlicher Einrichtungen, um Arbeiter:inneninspektionen in der chemischen und Atomindustrie) oder nicht-proletarischer Schichten notwendig sind.
In den letzten Jahren wurde das Streikrecht systematisch ausgehöhlt, trotz relativen Klassenfriedens. Dabei haben Restrukturierungen und Privatisierungen dazu geführt, dass die gewerkschaftliche Kampfkraft zersetzt wird und in manchen Branchen selbst DGB-Gewerkschaften gegeneinander konkurrieren. Um die Kampfkraft zu schwächen, wurden vor allem durch das „Tarifeinheitsgesetz“ kleinere Spartengewerkschaften aufs Korn genommen, aber auch Abkommen wie die Schlichtungsvereinbarungen erfüllen dieses Ziel. Wir treten entschlossen gegen die Angriffe seitens des Kapitals ein, aber in den Gewerkschaften gleichzeitig für die Ausweitung zur Branchengewerkschaft.
Die Erfahrungen von Fusionen und bürokratischen Umstrukturierungen wie bei ver.di haben gezeigt, dass die Bürokratie weder fähig noch willens ist, diese Frage gemäß den Erfordernissen der Verteidigung der Interessen der Mitglieder zu lösen (geschweige denn der Nicht-Organisierten). Eine Reorganisation gemäß den Prinzipien des Klassenkampfes und eine Beendigung der absurden Konkurrenz zwischen Gewerkschaften kann nur von unten erzwungen werden.
Darüber hinaus besteht für Revolutionär:innen eine zentrale Aufgabe in Deutschland darin, das Streikrecht nicht nur vor weiteren Angriffen zu schützen, sondern das Recht auf politischen Streik zu erkämpfen. Denn auch wenn ein Großteil der Tarifkämpfe auf den ersten Blick nur die ökonomische Sphäre betrifft, so sind viele Auseinandersetzungen in Zeiten der Verteilungsknappheit auch politische Fragen wie beispielsweise die Forderungen nach höheren Löhnen im öffentlichen Dienst, während zeitgleich das Militärbudget erhöht wird, oder auch Auseinandersetzungen um höhere Personalschlüssel im Carebereich. Es ist an uns, diese Verbindung aktiv aufzuzeigen und den Kampf auf die nächste Stufe zu heben.
Gewerkschaften bedienen eine grundlegende Form des Klassenkampfes zwischen Lohnarbeit und Kapital, den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die Konkurrenz unter den Lohnabhängigen. Sie dienen als Sammelbecken für die Arbeiter:innenklasse und sind Ausdruck des kollektiven Widerstands dieser. Gleichzeitig drehen sich rein gewerkschaftliche Kämpfe um bloße Verteilungsfragen, reproduzieren dabei häufig die Idee eines „gerechten Lohnes“ und stellen nicht das System der Lohnarbeit insgesamt infrage. Kurzum: Der rein gewerkschaftliche Kampf um den Preis der Ware Arbeitskraft bewegt sich im Rahmen dieses Verhältnisses und überwindet aus sich heraus notwendigerweise nicht bürgerliches Bewusstsein. Der Mitgliederrückgang bei den DGB- Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten ist dabei nicht nur Resultat von falschen Methoden, sondern wurzelt in der politischen Idee der kapitalistischen Mitverwaltung und Sozialpartner:innenschaft.
Die Sozialpartner:innenschaft wird von der Gewerkschaftsbürokratie getragen. Sie stützt sich dabei auf Schichten der Arbeiter:innenaristrokatie und beeinflusst diese. Als bürokratische Schicht entwickelt Erstere selbst ein materielles Interesse, ihre Rolle als Vermittlerin zwischen Lohnarbeit und Kapital zu verewigen – und damit auch, die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse zu verteidigen. Sie ist historisch gewachsen und trägt Interessen der Kapitalist:innen in die Organisationen der Arbeiter:innenklasse hinein. Als Revolutionär:innen ist es unsere Aufgabe, die Gewerkschaftsbürokratie zu entlarven und zu entmachten. Das heißt, dass wir bei ökonomischen Kämpfen nicht einfach im Abseits stehen dürfen, sondern dementsprechende Taktiken entwickeln sowie politisch zentrale Fragen in gewerkschaftliche Kämpfe hineintragen müssen.
In den letzten Jahren sind die Gewerkschaften außerdem immer stärker von Interessen der Betriebsräte der großen Konzerne dominiert, die ihrerseits einen immer wichtigeren Teil der Bürokratie darstellen. Hinzu kommt, dass solcherart die reaktionären Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und der sog. Mitbestimmung noch stärker verfestigt werden. Gleichzeitig verhindern die Unternehmen in anderen Branchen immer systematischer gewerkschaftliche und betriebliche Organisierung. Daher müssen wir einerseits das Recht auf Betriebsratsgründung gegen reaktionäre Angriffe aufs bestehende Mitbestimmungsrecht verteidigen, andererseits aber gegen alle gesetzlichen Beschränkungen der Aktivität von Betriebsrät:innen und das Verbot politischer Betätigung im Betrieb kämpfen.
Zur Demokratisierung und Durchsetzung einer klassenkämpferischen Politik der Gewerkschaften ist eine organisierte Kraft nötig, die diese Ziele gegen die Bürokratie und deren Widerstand durchsetzt! Dabei setzen wir nicht darauf, Posten im Apparat zu besetzen, sondern müssen eine Basisbewegung auf Grundlage eines antibürokratischen, oppositionellen Klassenkampfprogramms schaffen, die die aktivsten und bewusstesten Gewerkschafter:innen sammelt und organisiert. Aufgabe dieser Basisbewegung muss sein, im Klassenkampf und in innergewerkschaftlichen Konflikten zum Attraktionspol für die Lohnabhängigen zu werden und als Alternative zur Bürokratie für eine klassenkämpferische Gewerkschaftsführung zu kämpfen.
Die kommunistische Gewerkschaftsfraktion, d.h. alle Mitglieder sowie Nichtmitglieder der kommunistischen Organisation, die das revolutionär-kommunistische Gewerkschaftsprogramm unterstützen, müssen bestrebt sein, zum Kern dieser Basisbewegung zu gehören und deren Mehrheit für ein kommunistisches Gewerkschaftsprogramm und die Partei/Organisation zu erobern.
Mit AfD, Pegida und deren Ablegern sind offen rassistische Parteien und rassistische Mobilisierungen auf den Plan getreten, die nicht nur eine ultrareaktionäre Politik vom Staat fordern, sondern auch gemeinsam mit anderen rechten bis hin zu faschistischen Kräften gegen Unterkünfte mobilisieren, Migrant:innen und Flüchtlinge überfallen und in einzelnen Landesteilen ein Klima des Terrors verbreiten. Doch mittlerweile hetzen nicht nur Faschist:innen und Rechte, sondern auch die „Mitte“ der Gesellschaft. Alle bürgerlichen Parteien sowie die SPD sind auf den Zug mit aufgesprungen. Vom „Willkommenssommer 2015“ bleibt nichts. Abschiebungen, Ausgrenzung und antimuslimischer Rassismus stehen auf der Tagesordnung. Während die staatliche Politik in Wirklichkeit auf Abschreckung und Nichtintegration, Stigmatisierung und Ausgrenzung der Masse der Flüchtlinge und Migrant:innen zielt, wird von diesen zynisch eine „Integrationsbereitschaft“ gefordert. Der selektive Charakter der Migrationspolitik soll Bedürfnissen der Unternehmen gerecht werden, während an den Außengrenzen der Festung Europa tagtäglich Menschen in Elend leben und sterben. Die Bundesregierung droht mit einer Obergrenze als „Richtwert“ für schärfe Beschränkungen, Verweigerung des Familienzuzugs und einer Abschiebewelle.
Die reaktionäre Stimmung trifft aber nicht nur Geflüchtete, sondern alle Migrant:innen. Vor allem der antimuslimische Rassismus wird befeuert. Dabei sind sie zentraler Teil der Arbeiter:innenklasse. In der Gesellschaft, oft auch in den Arbeiter:innenorganisationen, werden sie jedoch wie Bürger:innen zweiter Klasse behandelt. Vielen von ihnen werden demokratische Rechte vorenthalten, z. B. das Wahlrecht. An Schulen, Unis, in der Ausbildung werden sie benachteiligt. Auch bei gleicher Qualifikation sind sie stärker von Arbeitslosigkeit, Gewalt und Armut bedroht.
Bei den letzten Wahlen konnte die rassistische AfD erschreckend viele Arbeiter:innen, Arbeitslose und auch Gewerkschaftsmitglieder gewinnen. Dies kann nur durch eine offensive Aufklärungskampagne in der Klasse und eine Politik der Klassensolidarität wirksam bekämpft werden. Die Krise des Kleinbürger:innentums und der „Demokratie“ bilden den Bodensatz für das Wachstum der Rechten, von Rechtspopulismus, völkischem Nationalismus und selbst Faschismus. Diese bilden auch die reale Basis und Gefahr für wachsenden Antisemitismus und Irrationalismus, die sich mit einem pseudoradikalen, reaktionären kleinbürgerlichen „Antikapitalismus“ verbinden. CDU/CSU und die gesamte bürgerliche „Mitte“ verharmlosen diese Gefahr, wenn sie in rassistischer Manier Muslim:innen und arabische Migrant:innen als eigentliche Quelle des Antisemitismus ausmachen, während „die Aiwangers“ weiter Ministerposten bekleiden.
Wer Rassismus und Antisemitismus sowie der Demagogie der AfD den Boden entziehen will, darf nicht gleichzeitig die Konzerne in der Weltmarktkonkurrenz unterstützen. Gegen solche Aufmärsche, Bündnisse und Angriffe helfen keine klassenübergreifenden Allianzen oder Appelle an Staat und Polizei. Die „Einheit der Demokrat:innen“ wird uns nicht retten. Vielmehr verkennt diese Ausrichtung, dass es genau dieses System ist, das die Verschiebung nach rechts mit hervorgebracht hat. Deswegen braucht es eine antirassistische Aktionseinheit, die Straßenmobilisierungen, Aufmärschen und Überfällen direkt entgegentritt. Der Kampf gegen den Rechtsruck muss konsequent mit dem für den Sozialismus verbunden werden!
Die Krise und sozialen Verwerfungen führen auch zu einem Anwachsen rechtsextremer, rassistischer und faschistischer Organisationen. Der Niedergang des Kapitalismus bietet immer größeren Bevölkerungsschichten keine Zukunft, so dass Teilen des Kleinbürger:innentums, der Mittelschichten, aber auch politisch rückständigen Arbeiter:innenschichten Fremdenhass, Nationalismus, Rassismus und Faschismus als Alternative erscheinen. Die Nazidemagogie will dabei nichts wissen vom Klassenkampf, sondern behauptet, dass „fremde“ Kräfte – Migrant:innen, Jüd:innen, Internationalist:innen – an der Misere des „Volkes“, also aller Klassen vom/von der „produktiven“ deutschen Unternehmer:in bis zum/r „anständigen“ Malocher:in, schuld wären. Selbst dort, ja gerade dort, wo sie sich „antikapitalistisch“ und „sozial“ geben, setzt ihre Ideologie auf nationale Mystik.
Der Klassenkampf der Arbeiter:innenbewegung gegen das Kapital ist dem direkt entgegengesetzt. Daher ist die Arbeiter:innenbewegung auch die Todfeindin der Faschist:innen. Deren Ziel besteht darin, die Arbeiter:innenbewegung zu zerschlagen und atomisieren. Kommunist:innen, Sozialist:innen, kämpferische Gewerkschafter:innen, Migrant:innen – alle, die sich nicht der vermeintlichen „Einheit der deutschen Nation“ fügen – gelten als Feind:innen. Entsprechend müssen Nazis von der Arbeiter:innenbewegung, von der Linken, von Migrant:innnen behandelt werden!
Mit der Verabschiedung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro hat die Ampelregierung ein neues Kapitel in der Geschichte des deutschen Imperialismus aufgeschlagen. Vorbei die Zeiten der „friedlichen“ Versuche, sich andere Kräfte unterzuordnen. Es gilt, die „demokratischen Werte“ und die deutsche Sicherheit andernorts zu verteidigen mittels Milliardenhilfen, Sanktionen und Waffenlieferungen.
Der nächste Schritt wird dabei sein, selbst als kämpfende Kraft einzugreifen, um die deutschen geostrategischen Interessen sowie Profite zu verteidigen. Deswegen treten wir bei Kriegen zwischen Imperialist:innen konsequent für die Inkaufnahme der Niederlage der „eigenen“ Bourgeoisie und Regierung ein, während wir das Recht auf Selbstverteidigung der unterdrückten Nationen und der vom Imperialismus beherrschten, halbkolonialen Länder verteidigen.
Wir stellen uns gegen jede Politik des Burgfriedens und lassen uns auch nicht gegen andere ausspielen, um den Klassenkampf im Innern hintanzustellen. Im Krieg gegen Halbkolonien treten wir für die Niederlage Deutschlands und des Imperialismus ein! Dabei unterstützen wir militärisch im Rahmen der antiimperialistischen Einheitsfront Kräfte des Widerstands aufseiten der Halbkolonie[M1] , ohne die Kritik und politische Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse gegenüber bürgerlichen Führungen des Befreiungskampfes aufzugeben!
Doch wir richten uns nicht nur in Kriegszeiten gegen die Ziele und Interessen des deutschen Imperialismus. Ob unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe oder Formulierungen wie „Partnerschaft auf Augenhöhe“ bei Projekten wie „Pro! Afrika“ wird versucht, die Interessen der deutschen Bourgeoise auf dem Weltmarkt zu verteidigen. Als Revolutionär:innen stellen wir uns gegen solche Projekte und die Überausbeutung der halbkolonialen Welt. Der Kapitalismus in seinem jetzigen Stadium – dem des Imperialismus – hat internationale Wertschöpfungsketten geschaffen und somit auch eine internationale Arbeiter:innenklasse. Wir vertreten nicht nur das Interesse einer einzigen nationalen Arbeiter:innenklasse, sondern das Gesamtinteresse der Arbeiter:innenklasse im internationalen Rahmen.
Die Umstrukturierung der Bundeswehr, deren Umrüstung zu einer schnellen, flexiblen Eingreiftruppe bilden zentrale Ziele des deutschen Imperialismus, die auch durch NATO und europäische Kampfverbände im Rahmen der Gemeinsamen (europäischen) Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) vorangetrieben werden. Die verschärfte globale Konkurrenz bedeutet aber auch, dass die Bundeswehr aktiv den Personalstand erhöhen und schweres Gerät für einen konventionellen Krieg beschaffen will. Unter dem Deckmantel „internationaler Verantwortung“ soll der Verteidigungsetat massiv ausgeweitet werden.
Dabei kann die Bundeswehr nicht „abgeschafft“ werden, wie bürgerliche Pazifist:innen glauben. Sie muss zerschlagen werden! Unsere Politik zielt darauf, die Befehlshierarchie, die Kommandostrukturen zu schwächen und zur Zersetzung der Armee beizutragen. Eine solche Politik ist unumgänglich, da auch die entschlossenste Arbeiter:innenmiliz der Welt nicht die bürgerliche Armee und vergleichbare Bürgerkriegsabteilungen rein militärisch schlagen kann. Es ist notwendig, die bewaffneten Organe des bürgerlichen Staates zu paralysieren, einfache Soldat:innen und, im Fall eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, Wehrpflichtige auf die Seite der Revolution zu ziehen oder zu neutralisieren. Auch wenn wir das Recht auf Kriegsdienstverweigerung verteidigen, so treten wir für revolutionäre Arbeit in der Armee ein.
Ebenso ist es notwendig, die Belegschaften von Herstellern, Transport- und Wartungsunternehmen für die Ausrüstung des bürgerlichen Gewaltapparats zu Aktionen (Streik, Boykott, Sabotage) gegen die (Bürger-)Kriegsmaschinerie des Klassenfeinds zu gewinnen. Wir unterstützen Forderungen nach demokratischen Rechten für Soldat:innen.
Militarisierung bedeutet nicht nur mehr Geld für Militärbudget und Aufrüstung. Mit ihr einher geht eine Welle von Nationalismus und Autoritarismus, die die Auswüchse des Rechtsrucks befeuert. Ob Polizeiaufgabengesetze in einzelnen Bundesländern oder Einschränkungen des Versammlungsrechts während Pandemie und Gazakrieg: Die letzten Jahre haben eine Aushöhlung demokratischer Rechte, Militarisierung der Polizei sowie Ausweitung ihrer Einsatzrechte mit sich gebracht. Dieser zunehmende Autoritarismus ist Konsequenz des Rechtsrucks. Polizist:innen sind für uns dabei keine Kolleg:innen und Arbeiter:innen in Uniform, denn in ihrer Funktion dienen sie zur Umsetzung des Gewaltmonopols des Staates. In der Praxis bedeutet dies, dass wir alle Forderungen nach parlamentarischer Kontrolle über die Sicherheitsorgane unterstützen, aber keine Illusionen in ihre Benutzung als Instrumente der Werktätigen haben: Polizei, Armee und Geheimdienste müssen zerschlagen werden!
Nein zur Einschränkung politischer Aktivität und Organisierung im öffentlichen Leben, am Arbeitsplatz, an Universitäten und Schulen! Nein zu allen Einschränkungen des Demonstrationsrechts! Nein zur Kriminalisierung von Straßenblockaden, Besetzungen und anderen Formen des zivilen Ungehorsams sowie deren Aktivist:innen!
Doch der Kampf für demokratische Rechte beinhaltet nicht nur die Abwehr von Angriffen. So verlangen revolutionäre Kommunist:innen unmittelbare Kontroll- und Entscheidungsrechte für die Bevölkerung, also politische Schritte hin zur Selbstverwaltung. Sie nutzen Parlamente und Medien als Tribünen revolutionärer Agitation und Propaganda, v. a. unter Arbeiter:innen. Sie kämpfen für die Einführung ihrer demokratischen Elemente (Wahl der Richter:innen, Offizier:innen und Beamt:innen, Milizsystem, Rechenschaftspflicht und jederzeitige Abwahlmöglichkeit von Abgeordneten u. a.). Bei alldem betonen sie jedoch beharrlich, dass der Übergang zum Sozialismus nur über die gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparats zur Rätediktatur des Proletariats führen kann.
Die Krise verschärft die Frauenunterdrückung. Millionen Arbeiterinnen werden in Billigjobs sowie Teilzeitarbeit gedrängt und verdienen systematisch weniger als Männer – selbst im gleichen Beruf. Andere Frauen verlieren sogar ganz ihre Arbeit. Gemeinsam haben sie aber alle die Doppelbelastung der Hausarbeit. Denn noch immer liegt die Hauptlast der Reproduktionsarbeit bei den Frauen. Das schließt nicht nur die Hausarbeit und die Kinderbetreuung ein, sondern auch die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger. Angesichts der demografischen Entwicklung in Verbindung mit dem Sparkurs im Sozialsystem wird in Zukunft noch mehr Arbeit auf die privaten Haushalte verlagert werden – auch weil die professionelle Pflege an Qualität verliert, wenn sie sich an den Markt anpassen muss.
Parteien wie die AfD stärken diese Tendenz und versuchen unter dem Tarnmantel der Frauenrechte, Rassismus zu verbreiten. Dabei liegt ihnen nichts ferner, als tatsächlich für die Interessen von Frauen einzutreten. Sie propagieren veraltete Geschlechterrollen und setzen sich gemeinsam mit sogenannten Lebensschützer:innen gegen das Recht auf Abtreibung ein, also auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper.
Gewalt gegen Frauen, die allgegenwärtig ist, interessiert sie nur, wenn sie von geflüchteten Männern und Migranten ausgeht – und das, obwohl beinahe jede Frau sexuell belästigt wurde oder sexistische Gewalterfahrung erlebt hat sowie jeden 3. Tag eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland aufgrund ihres Geschlechts umgebracht wird.
Flächendeckende Anlaufstellen zur Meldung von sexueller Gewalt sowie sofortige, kostenlose psychologische Betreuung, wenn gewünscht! Kampf der Diskriminierung an Schule, Uni und im Betrieb! Für breite Aufklärungskampagnen für Konsens und gegen Sexismus, organisiert von Gewerkschaften!
Neben all diesen Dingen offenbaren Prostitution, Frauenhandel und Pornoindustrie den destruktiven Charakter des Kapitalismus. Einerseits werden immer mehr Menschen, v. a. Frauen, gezwungen, so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten; andererseits werden die menschlichen Beziehungen dem Profit unterworfen und dadurch abgewertet und lassen ein verzerrtes Bild [M3] entstehen. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass wir die Kriminalisierung von Sexarbeit fordern. Freie Sexualität und vollständige Befreiung der Frau ist nur im Sozialismus/Kommunismus möglich, doch der Kampf dafür beginnt für uns schon im Hier und Jetzt!
Freie Gesundheitsuntersuchungen und Verhütungsmittel! Organisierter Ausstieg aus der Prostitution durch alternative Angebote von gesellschaftlich nützlicher Schul-, Berufsausbildung und/oder Beschäftigung, bezahlt aus Unternehmerprofiten! Für die gewerkschaftliche Organisierung von Sexarbeiter:innen!
Insbesondere die Doppelbelastung im Haushalt führt dazu, dass die Teilnahme von Frauen am politischen, gewerkschaftlichen und betrieblichen Kampf massiv behindert ist. Der existierende Chauvinismus innerhalb der Arbeiter:innenklasse verstärkt dies. Als Revolutionär:innen wissen wir, dass es nicht möglich sein wird, innerhalb des kapitalistischen Systems sichere Schutzräume zu schaffen. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, in den Organisationen der Arbeiter:innenklasse dafür einzustehen, dass Methoden gefunden werden, die gesellschaftlich Diskriminierten erlauben, aktiv an den Kämpfen der Klasse teilhaben zu können, und gemeinsame Kämpfe ermöglichen!
Auch wenn in den letzten Jahrzehnten viele Rechte erkämpft wurden, sind sexuell Unterdrückte in Deutschland und der EU rechtlich noch immer nicht gleichgestellt. Im Alltag, am Arbeitsplatz oder im Wohnviertel sind Menschen, die von geschlechtlicher Unterdrückung betroffen sind, nach wie vor diskriminiert, chauvinistischer Hetze und physischen Angriffen ausgesetzt.
Der Rollback verschlechtert dabei die Situation – gerade gewährte Rechte drohen zurückgenommen zu werden, und Gewalt nimmt zu. Dabei sind insbesondere trans Personen von der aktuellen Entwicklung betroffen. Ihnen werden durch den Staat, Gesetze und reaktionäre Institutionen oftmals das Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper verweigert, und insbesondere Jugendliche, die ihr Geschlecht angleichen wollen, sind von massiven Einschränkungen betroffen und oft von der Entscheidung ihrer Erziehungsberechtigten abhängig.
Die Ursache der Unterdrückung von LGBTIA+ liegt in der kapitalistischen Gesellschaft, die die geschlechtliche Arbeitsteilung sowie private Organisation der Hausarbeit ideologisch und staatlich absichert. Dies sorgt für die beständige Reproduktion reaktionärer Geschlechterrollen, und alles, was von diesen abweicht und dem Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie widerspricht, wird im Kapitalismus unterdrückt und allenfalls geduldet. Der Kampf für die Befreiung von LGBTIA+ ist somit eng verbunden mit der Notwendigkeit, die Reproduktionsarbeit zu vergesellschaften und die kapitalistische Gesellschaft zu zerschlagen!
Im heutigen Kapitalismus wird der Jugend die Zukunft genommen. Arbeitslosigkeit, Selektion, Ausgrenzung, Unterdrückung und Bevormundung sind das tagtägliche Schicksal der Jugendlichen aus der Arbeiter:innenklasse, aber auch aus Teilen des Kleinbürger:innentums und der Mittelschichten. Die meisten sehen heute einer schlechteren Zukunft entgegen als ihre Eltern. Kein Wunder, dass junge Menschen oft enormen politischen Elan beweisen – z. B. in den Bildungsstreiks, in der Solidaritätsbewegung mit den Refugees, beim Kampf gegen Nazis oder beim Revolutionären Ersten Mai. Doch dieser Elan verpufft oft, weil es keine revolutionäre, kommunistische Jugendorganisation gibt.
Daher unterstützen wir den Aufbau einer solchen Jugendbewegung und -organisation, von REVOLUTION. Die soziale Hauptstütze einer revolutionären Jugendbewegung muss die Arbeiter:innenjugend bilden – freilich ohne administrative Hindernisse oder künstliche „Quoten“ für Studierende und Schüler:innen. Sie muss besondere Anstrengungen unternehmen, die am stärksten unterdrückten Teile der Jugend, v. a. proletarische Migrant:innen und Frauen, zu gewinnen. Arbeitslosigkeit und die Misere des Ausbildungssystems stellen heute zentrale Probleme dar. Die Unternehmer:innen müssen gezwungen werden, genügend Ausbildungsplätze zu schaffen und alle Auszubildenden zu übernehmen.
Die Beschleunigung der globalen Erwärmung, der Verlust an Biodiversität, die Entkopplung von Nährstoffkreisläufen, globale Landnutzungsänderungen und die Zunahme von anthropogenen Stoffeinträgen in die Umwelt stellen die Menschheit vor schwerste Herausforderungen. Gleichzeitig rückt der Zeitpunkt näher, ab dem das Überschreiten von „Kipppunkten“ im Weltklimasystem nicht mehr verhindert werden kann. Die Einhaltung des 1,5 °C-„Ziels“ ist faktisch kaum noch möglich.
Die Zeit rennt also davon und seit Jahren schreiben deutsche Regierungen die „ökologische Transformation“ auf ihre Fahnen und proklamieren für Deutschland und die EU eine „Vorreiterrolle“. Doch mittlerweile glauben wohl selbst ihrer Vertreter:innen diese selbstgefälligen Lügen nicht mehr. Weder Green Deal der EU noch „Fortschrittskoalition“ haben entscheidende Schritte im Kampf gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen getätigt. Vielmehr ergreifen sie Maßnahmen zur staatlichen Stützung grüner Investitionen und für eine Erneuerung des Kapitalstocks wie beispielsweise den sog. Kohleausstieg oder die massiven Subventionen der E-Mobilität.
Das ist kein Wunder: Die Kapitalakkumulation drängt nach ständigem Wachstum zur Sicherung der Profite und damit zu Ressourcenverschwendung. Der bürgerliche Staat muss unter den Bedingungen der Konkurrenz die Profite „seiner“ Konzerne schützen. Bessere Umweltstandards, welche die Profite schmälern, sind da nachteilig. Diese Logik unterminiert jede „Ökologisierung“ der Marktwirtschaft. Der Zwang, möglichst viel Neuproduktion zu sichern, erzwingt eine Art von Produkten und eine Lebensweise, die unnötig Ressourcen und menschliche Arbeit verbrauchen. Im Kapitalismus stellt die Umweltzerstörung die Basis für „Umweltreparaturen“ dar, die selbst wieder dem Verwertungszwang unterliegen. Er ist also zu nachhaltigem Wirtschaften unfähig. Seine Grundlagen (Privateigentum, Konkurrenz, Profitmaximierung) bewirken, dass die Erfordernisse der menschlichen Reproduktion weitgehend ignoriert und die natürlichen Bedingungen und Zusammenhänge untergraben werden. Im Gegenteil, die kapitalistische Entwicklung hat im letzten Jahrhundert auch ein System des ökologischen Imperialismus hervorgebracht, der auch auf dieser Ebene die Auswirkungen und Kosten der drohenden Katastrophe vor allem den vom Imperialismus beherrschten, halbkolonialen Ländern aufzwingt.
Als Teil der Klimabewegung ist es für uns unabdinglich gegen alle Illusionen in die bürgerlichen Regierungen zu kämpfen. Dabei ist es wichtig, zwischen den unterschiedlichen Akteur:innen zu unterscheiden. Grüne, SPD und Gewerkschaftsführungen setzen zwar auf gesetzliche Vorschriften und entwerfen gewisse ökologische Planungsziele, solange diese nicht Profitinteressen und globale Konkurrenzfähigkeit des Großkapitals beschränken, doch sind ihre Vorschläge somit entweder wirkungslos oder müssen von den Lohnabhängigen und vom Kleinbürger:innentum finanziert werden. Die Unionsparteien und Liberalen leugnen zwar den Klimawandel (noch) nicht, die Bekämpfung soll jedoch „maßvoll“ sein und vor allem „den Markt“ nicht einschränken, der auf wundersame Weise auch die Umwelt wieder in Ordnung bringen soll.
Das Abwälzen der Kosten des Klimaschutzes auf Lohnabhängige und Kleinbürger:innentum begünstigt das dramatische Anwachsen des Irrationalismus und der „Klimaskepsis“, vor allem in den kleinbürgerlichen und Mittelschichten, aber auch unter Teilen des Kapitals und rückständigen Schichten der Arbeiter:innenklasse. Die AfD macht sich zum zentralen Sprachrohr dieser Stimmungen, in denen sich reale und berechtigte Existenzangst mit Irrationalismus, Leugnung des Klimawandels und nationalen Abschottungsphantasien zu einem reaktionären Programm verbinden.
Die Arbeiter:innenbewegung und die Linke stehen daher vor eine doppelten Aufgabe: einen unermüdlichen Kampf gegen diesen Irrationalismus und einen nicht minder entschiedenen gegen die (noch) vorherrschende bürgerliche Umweltpolitik zu führen. Dabei ist entscheidend, dass wir gegen die Finanzierung des Umweltschutzes aus den Taschen der Arbeiter:innenklasse kämpfen. Es müssen die Reichen zahlen!
Die dramatische Lage verlangt gerade auf dem Gebiet des Kampfes gegen die drohende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit nach einem sozialistischen Übergangsprogramm. Die Lösung der ökologischen Krise liegt nicht allein im technischen Fortschritt, sondern wesentlich in der Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Alle Bemühungen zum Umweltschutz müssen in eine revolutionäre Strategie zur Ersetzung der kapitalistischen Produktionsweise durch eine demokratisch geplante Gebrauchswertproduktion eingebettet sein. Das entscheidende Subjekt dieser Veränderung kann nur die Arbeiter:innenklasse sein, u. a., weil sie am engsten mit der modernen Produktion verbunden ist und zugleich die Masse der Konsument:innen stellt.
Durch die Entwicklung der Produktivkräfte im internationalen Maßstab, die Internationalisierung der Konkurrenz und Kapitalbewegungen wurde die Europäische Union ins Leben gerufen. Geplant als Projekt, um sich gegenüber dem US-Imperialismus zu stärken sowie die eigene Stellung auf dem Weltmarkt zu behaupten, ist sie ein Produkt zunehmender Blockbildung geworden, das vor allem seiner Führung – dem deutsch-französischen Kapital – nützt. Doch die anfängliche Euphorie über die EU als Friedens- und Demokratieprojekt ist längst verflogen. Während an den Außengrenzen der Festung Europa massenweise Menschen sterben, steckt die Bastion im Inneren in der Krise. Die Führung durch einzelne Kapitalfraktionen bedeutet zwangsläufig die Unterordnung anderer, wie man am Beispiel der Austeritätspolitik nachvollziehen kann – und es ist genau diese Konkurrenz, die die Spaltungslinien im Innern befeuert und einen friedvollen „europäischen“ Kapitalismus verunmöglicht. So kommen immer mehr Stimmen auf, die sich gegen das Projekt der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion stellen. Die abgehängten nationalen Kapitalfraktionen verkörpern sich in rechtspopulistischen Kräften wie der AfD, dem Front National oder dem zur Realität gewordenen Brexit.
Für uns ist klar: Die Europäische Union ist neoliberal, militaristisch und undemokratisch. Gleichzeitig würden die Arbeiter:innen Europas einer sicheren Niederlage entgegengehen, wenn sie den rechten Parolen, stalinistischen oder „links“sozialdemokratischen Strategie folgten, ihre „eigenen“ Nationalstaaten der EU entgegenzustellen. Der Austritt aus der EU ist keine Lösung! Diese „unabhängigen“ kapitalistischen Staaten würden ähnliche, gar noch schärfere Sparprogramme beschließen. Die Kapitalist:innen würden noch mehr rationalisieren, um am Weltmarkt konkurrieren zu können, während sich die Arbeiter:innenklasse mit ihnen verbündet hat. Chauvinismus und Rassismus würden zunehmen, und sie würde den Angriffen geschwächt gegenüberstehen, statt den gemeinsamen Kampf über die nationalen Grenzen hinaus zu suchen.
Unsere Perspektive muss also eine andere sein. Das europäische Proletariat muss eine neue europäische Arbeiter:innenbewegung als Teil einer weit größeren, globalen Verbindung aufbauen. Nur durch europaweite Aktionen können Megakonzerne daran gehindert werden, Löhne und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, die Rechte oder sogar die Existenz gewerkschaftlicher und betrieblicher Organisationen zu zerstören und die sozialen Sicherungssysteme auszuhebeln. Es ist die Aufgabe von Revolutionär:innen, in Streiks und Bewegungen die Notwendigkeit der Koordinierung von Aktionen, aber auch gemeinsamer politischer Diskussion zu tragen, um die Kämpfe nicht nur zu vernetzen, sondern auch gemeinsam zu führen.
Gegen die Spaltung entlang von Nationalstaaten treten wir für die Schaffung direkter Vernetzungen zwischen den Gewerkschaften und den Belegschaften in der EU und der ganzen Welt ein, so dass die Belegschaften desselben Konzerns nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden und gemeinsam gegen die Angriffe der Unternehmer:innen auf die verschiedenen Standorte vorgehen können. Das bedeutet auch:
Statt auf die bürokratischen Prozesse im EU-Parlament zu vertrauen, müssen wir den Widerstand selber organisieren. Wir fordern von allen Arbeiter:innenparteien und -organisationen, in nationalen Parlamenten und im EU-Parlament gegen arbeiter:innenfeindliche Maßnahmen zu stimmen: gegen Privatisierungen, Massensteuern, Sparpakete, Einreisegesetze, Budgets für Armee, Polizei und Geheimdienste, gegen Diktate der imperialistischen Führungsmächte und des Finanzkapitals wie jene, die sich gegen Griechenland richteten. Wir fordern sie auf, Unternehmen und Dienste unter Arbeiter:innenkontrolle zu verstaatlichen, ein europaweites Programm öffentlich nützlicher Arbeiten unter Arbeiter:innenkontrolle zu beschließen, alle Einreisebeschränkungen aufzuheben und allen, die in Europa leben, gleiche Rechte zu garantieren!
Unsere Forderungen nehmen die aktuellen Bedürfnisse, die sozialen und politischen Forderungen der Arbeiter:innenklasse zum Ausgangspunkt, verallgemeinern und verbinden sie mit dem Kampf für Arbeiter:innenkontrolle und proletarische Selbstorganisation. Wir stellen diese Forderungen nicht auf, weil wir glauben, dass Arbeiter:innenkontrolle und bürgerliche Herrschaft parallel existieren könnten. Wir wissen, dass das unmöglich ist, weil im Kapitalismus nicht Kapitalist:innen und Arbeiter:innen gleichermaßen herrschen können. Solche Versuche oder Programme führen nur zu Niederlagen, wie schon die Politik der USPD, welche die Arbeiter:innenräte mit dem Parlamentarismus „aussöhnen“ wollte, bewiesen hat.
Arbeiter:innenkontrolle bedeutet Eingriff in die Verfügungsgewalt der Kapitalist:innenenklasse über die Produktionsmittel. Einen solchen Eingriff stellt schon jeder Streik dar. Wir wissen, welchen Widerstand größere Streiks bei den Kapitalist:innen hervorrufen. Ihr Recht, die Arbeitskräfte auszubeuten, ist in Gefahr. Die Streikenden und ihre Kampforganisationen (Gewerkschaften, Belegschaftsversammlungen, Streikposten, Streikkomitees) unterbrechen an diesem Punkt die Reproduktion des Kapitals und sei es nur, um bessere Verkaufsbedingungen für die Ware Arbeitskraft herauszuschlagen. Für die Unternehmenseigner:innen ist das eine Kriegserklärung. Wir wissen, dass es keinen größeren Streik gibt, gegen den nicht Streikbrecher:innen angeheuert werden, Aussperrung angedroht oder durchgeführt, die Staatsmacht, Polizei und Gerichte gegen die Arbeiter:innen mobilisiert werden und die Medien gegen Streikende hetzen.
Arbeiter:innenkontrolle über ganze Industrien, Generalstreik, Enteignung des Finanzkapitals – diese Forderungen werfen die Machtfrage in Gesellschaft und Staat auf. So auch unser Programm: Es führt unweigerlich zur Frage der politischen Macht. Es ist in seiner Gesamtheit nicht von einer bürgerlichen Regierung oder einem Parlament durchführbar. Der Grund dafür ist einfach: Die eigentliche Macht im Staat liegt nicht beim Parlament, sondern bei der Exekutive, einer nicht gewählten und nur formal kontrollierten polizeilichen, militärischen und bürokratischen Maschinerie, die fest mit den kapitalistischen Eigentumsverhältnissen und der Bourgeoisie verbunden ist. Gerade in Krisensituationen wird besonders klar, dass parlamentarische Demokratie eben nicht „Volksherrschaft“ verkörpert, sondern nur eine verhüllte Form der Diktatur des Besitzbürger:innentums ist.
Dieses Programm in seiner Gesamtheit ist nur durchsetzbar durch eine Arbeiter:innenregierung, die sich auf Kampforgane der Arbeiter:innenbewegung, auf Fabrik- und Stadtteilkomitees, auf Arbeiter:innenmilizen und Räte stützt und willens und fähig ist, die bürokratische Staatsmaschine zu zerbrechen und durch ein rätedemokratisches System zu ersetzen. Solche Räte stellen nicht nur ein Kampfmittel gegen das herrschende System dar; sie bilden zugleich auch die Form, in der die Arbeitenden die Gesellschaft selbst demokratisch verwalten und die Wirtschaft gemäß den Bedürfnissen der Produzent:innen planen können.
Ob es sich dabei bereits um eine Diktatur des Proletariats handelt, welche die bürgerliche Staatsmaschine schon zerstört hat, oder um eine echte Arbeiter:innenregierung, welche die Doppelherrschaft noch nicht ganz zu ihren Gunsten aufgelöst hat und das Tor zur Diktatur des Proletariates erst aufstößt, ob sie von einer KP allein oder von einer Einheitsfrontkoalition gestellt wird, – in allen Fällen stützen sich diese Regierungen auf die kämpferische Selbstorganisation des Proletariats und führen Maßnahmen gegen die Bourgeoisie durch: Verstaatlichungen, Enteignungen, Arbeiter:innenkontrolle (über Banken, Handel, Industrie, Bildungs- und Gesundheitswesen usw.), Besteuerung der Reichen und ihrer Vermögen, Bewaffnung der Arbeiter:innenschaft und Entwaffnung des kapitalistischen Staates.
Ohne Arbeiter:innendemokratie verkommt eine Planwirtschaft wie in der DDR zu einem wenig effektiven bürokratischen Monstrum. Enteignung der Bourgeoisie, Diktatur des Proletariats, d. h. die Herrschaft der in Räten organisierten Arbeiter:innenklasse in einer Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus – all das ist kein Selbstzweck. Die Gesellschaft muss von Grund auf reorganisiert und revolutioniert werden! Der Kapitalismus ist unfähig, auch nur eines der großen Menschheitsprobleme zu lösen. Unerhörtem Überfluss und riesigen produktiven Möglichkeiten stehen Armut, Unterentwicklung, Abhängigkeit und imperialistische Vernichtungskriege gegenüber.
Der Kapitalismus ist auch keineswegs besonders „effektiv“, sondern eine Gesellschaft der Verschwendung von Ressourcen. An allen Ecken und Enden dieser Gesellschaft wuchern unproduktive Funktionen, die nur Sinn machen im Rahmen eines Systems der Ausbeutung und zur Schlichtung von Konflikten unter den Ausbeuter:innen: Polizei, Armee, Geheimdienste, Rechtsverdreher:innen, Finanzbeamt:innen. Alle mit dem Kauf und Verkauf von Waren verbundenen Funktionen und Institutionen wie Banken und Versicherungen verschlingen enorme gesellschaftliche Mittel, die in einer Planwirtschaft direkt für die Produktion und deren Verwaltung verwendet werden könnten. Auch alle Angehörigen nicht-arbeitender Klassen, also die Kapitalist:innen, mehr oder weniger „dekorative“ Staatsfunktionär:innen, Großgrundbesitzer:innen, Dividendenkassierer:innen würden dann arbeiten müssen.
Damit wäre eine enorme Verringerung der durchschnittlichen gesellschaftlichen Arbeitszeit möglich. Doch der Weg zum Kommunismus, zur klassenlosen Gesellschaft ist nicht einfach Zugewinn an „Freizeit“. Vielmehr geht es um die Überwindung der Trennung von „Arbeit“ und „Freizeit“, die Aufhebung der Trennung von geistiger und körperlicher Arbeit, von Stadt und Land, der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern – um die Entfaltung der geistigen und körperlichen Potenzen jeder/s Einzelnen.
Eine solche Gesellschaftsordnung hat nichts mit der DDR zu tun, wo bürokratische Planung und preußische Staatsauffassung nur als bösartige Karikatur auf den Sozialismus ihr stalinistisches Unwesen trieben. Dass die DDR unterging, lag nicht an Verschwörungen des Westens, am Verrat Gorbatschows oder an der „Überalterung“ Honeckers. Es lag an der bürokratischen Herrschaft in diesem Land, am Ausschluss der Arbeiter:innenklasse von der politischen und wirtschaftlichen Macht und an der Fesselung der produktiven Möglichkeiten der Gesellschaft durch die Herrschaft der Bürokratie.
So wie der Kampf der Belegschaften gegen die unmittelbaren Angriffe des Kapitals immer mehr international geführt werden muss, so kann eine demokratische Planwirtschaft nur überleben und zum Sozialismus voranschreiten, wenn die Revolution internationalisiert wird. Nur so kann der proletarische Rätestaat, eine politische und gesellschaftliche Notwendigkeit, solange die Bourgeoisie noch nicht im Weltmaßstab besiegt ist, absterben und in der Selbstverwaltung der Produzent:innen und Konsument:innen aufgehen. Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts ist international oder gar nicht!
Die globale Krise und der Beginn einer neuen Periode haben die Frage der internationalen Koordinierung, der Bildung einer gemeinsamen Kampffront noch einmal drastisch vor Augen geführt. Während die Imperialist:innen trotz aller Differenzen über internationale Organisationen zur Durchsetzung ihrer Interessen verfügen – UNO, NATO, GSVP, Weltbank, IWF, G7, G20 – haben die Arbeiter:innenklasse, die Bäuerinnen nd Bauern, die Unterdrückten keine effektiven internationalen Kampforgane.
Im Gegenteil: Die Führungen der Gewerkschaften und reformistischen Parteien versuchen, den Kampf im engen nationalen Rahmen zu halten auf der verzweifelten Suche nach Bündnissen mit „ihrer“ Bourgeoisie und „ihrem“ Staat. Die Sozialforen und die antikapitalistische Bewegung sind über unverbindliche Diskussionsgremien trotz der Teilnahme von Millionen nicht hinausgekommen.
Dabei zeigen die Kämpfe der letzten Jahre deutlich, dass die Arbeiter:innenklasse letztlich nur international siegen kann. In diesen Kämpfen wurden auch das Bedürfnis nach und die Notwendigkeit einer neuen Internationale, eines Generalstabs des Klassenkampfes, immer wieder deutlich.
Der Aufbau einer neuen, Fünften Internationale ist entscheidend, um im Kampf gegen die herrschende Klasse effektiv Widerstand leisten und den Kapitalismus, die Wurzel der gegenwärtigen Misere, stürzen zu können. Sie wäre ein entscheidender Schritt dazu, die Führungskrise des Weltproletariats zu lösen. Die bisherigen vier revolutionären Internationalen der Arbeiter:innenbewegung haben viel zur Formierung der Klasse, viel an theoretischen, strategischen, taktischen und organisatorischen Lehren beigetragen, aber sie sind gescheitert, wurden aufgelöst oder degenerierten in reformistische, sozialchauvinistische, stalinistische oder hoffnungslos zentristische Verbände. Daher treten wir für den Aufbau einer neuen, Fünften Internationale ein, die sich auf das revolutionäre Erbe ihrer Vorgänger:innen positiv bezieht, ohne jedoch der Illusion anzuhängen, dass eine neue Internationale einfach aus der „Wiederbelebung“ der Vierten oder einer anderen früheren Internationale entstehen könne.
Für uns ist daher die Losung einer neuen Internationale auch nicht primär auf die bestehenden Überreste der Traditionen der III. oder IV. Internationale bezogen, sondern auf die neu entstandenen Schichten antikapitalistischer Jugendlicher und kämpferischer Arbeiter:innen, die nach einer politischen Strategie, Programmatik und Organisation suchen, um den Kapitalismus zu stürzen.
Um dieses Ziel zu erreichen, kämpfen wir in der Arbeiter:innenbewegung, in den Betrieben und Gewerkschaften, unter der Jugend, in der Antiglobalisierungsbewegung für eine klar antikapitalistische, revolutionäre Orientierung, auf der die neue Internationale basieren soll: kurz, für ein kommunistisches Programm.
Diese revolutionäre Ausrichtung verstehen wir als Vorschlag, nicht als Vorbedingung für Aktionen und die Entwicklung zu einer Internationale. Wir werden aber bei allen punktuellen Übereinstimmungen und gemeinsamen Positionen nicht darauf verzichten, reformistische und zentristische Positionen zu kritisieren und von Beginn an für unsere vollen Auffassungen einzutreten, da eine neue Internationale letztlich eine revolutionäre sein muss, will sie ihren Aufgaben gerecht werden.