Arbeiter:innenmacht

Die EU in der Krise – nicht erst an der Wahlurne

Wilhelm Schulz, Neue Internationale 282, Mai 2024

Auch in der Europäischen Union wird im Superwahljahr 2024 gewählt. In einem anderen Artikel dieser Ausgabe widmen wir uns der vorgeschlagenen Wahltaktik für die Wahl des Europäischen Parlaments. In diesem Text sollen die Stabilität und Widersprüche der Europäischen Union heute diskutiert werden.

Wunsch und Wirklichkeit seit der Wahl 2019

2019 wurde auf europäischer Ebene letztmals gewählt. Die Kommissionspräsidentin wurde damals Ursula von der Leyen. Sie rief zwei zentrale Ziele aus: erstens einen europäischen Green New Deal und zweitens eine gemeinsame europäische Asylregelung. Beide sind durch die politischen Kräfteverhältnissen verwässert oder verschoben worden.

Spätestens angesichts der Energiekrise inmitten des Ukrainekriegs durch die Russlandsanktionen wurde das Wirtschaftsförderprogramm für regenerative Energieprojekte und ökologisch nachhaltigere Produktion ad acta gelegt. Mit dem EU-Taxonomie-Abkommen aus dem Herbst 2023 wurden Atomkraft und Erdgas als saubere Energien definiert. Auch nach dem Verbrenner-Aus 2035 dürfen weiter Fahrzeuge mit sogenannten synthetischen Kraftstoffen zugelassen werden. Woraufhin Frans Timmermans, der sozialdemokratische EU-Klimakommissar, zurücktrat. Er wurde ersetzt durch Wopke Hoekstra, der bereits für den Ölkonzern Shell und die Beratungsagentur McKinsey tätig war. In seiner Funktion als Vizepremier der Niederlande stellte er deren Klimaziele infrage und subventionierte in der Pandemie die Fluggesellschaft KLM. Denn letztendlich ist die EU und allen voran die in ihr dominante Nation, Deutschland, massiv abhängig von einer globalisierten Wirtschaft mitsamt internationalen Wertschöpfungsketten, zusammengefasst unter dem Schlagwort „Exportweltmeister“. Speziell bei Energieträgern ist dieses Verhältnis jedoch prekär, auch beispielsweise bei Halbleitern, wie Chips. Die Nachhaltigkeitsziele, die auch ein massives Konjunkturprogramm für einen Teil des Kapitals bilden, wurden schnell aufgegeben. Die Umstellung auf den Binnenmarkt trifft die EU folglich härter als andere imperialistische Großmächte. Sie ist zugleich eine wesentliche Triebkraft, die die EU-Politik der vergangenen Wahlperiode bestimmte und mit größter Wahrscheinlichkeit die kommende prägen wird.

Zur Asylregelung: Als im September 2020 das Geflüchtetenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos durch Brandstiftung abbrannte, wurde die sozialdemokratische Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, bekannt durch den Ausruf „No more Morias“. Mit dem „Gemeinsamen Europäischen Asylsystem“ (GEAS) hat sich die Situation geflüchteter Menschen effektiv verschlechtert. Sie sollen nach der Ankunft in Lager in Grenznähe gesteckt werden und als bisher nicht eingereist gelten, sodass ihre direkte Abschiebung erleichtert wird. Flankiert werden soll dies durch sogenannte Drittstaatenregelungen, die vor Ort Rückführung  und Übernahme garantieren sollen. Im Extremfall soll die Inhaftierung zur Identitätsprüfung 20 Wochen andauern dürfen. Diese Entwicklung hängt stark mit dem Erstarken der europäischen Rechten und dem generellen politischen Rechtsruck zusammen. Die Auseinandersetzungen um die Ukrainepolitik innerhalb der EU zeigen, dass kein Frieden mit den Kräften, die die dominierende EU-Politik von rechts herausfordern, durch die Asylrechtsverschärfung erreicht wurde. Dies deutet auf den Grundkonflikt der EU hin, dass sie ein Staatenbund ist mitsamt unterschiedlichen herrschenden Klassen und teilweise in Konflikt stehenden Interessen.

Die Entwicklung dieser beiden Zielsetzungen (Green Deal und europäische Asylregelung) verdeutlicht den Kurs der EU, ihre Krisengeschütteltheit und die Richtung, in welche sich die Regierungsprogramme bewegen.

EU – der schwächelnde Riese in der Runde der Großmächte

Die politischen Zerwürfnisse, die ökonomische Schwäche ihrer dominanten Nationen und die militärische Stellung machen deutlich: Die EU ist eher eine Akteurin, auf die Einfluss genommen wird, als andersherum. In diesem Sinne ist sie ein getriebenes Projekt. Ihr fehlt die einheitliche Perspektive (Strategie). Die Verträge von Lissabon 2009 und die Einführung des Euro erzeugten damals den größten Binnenmarkt weltweit und strebten dessen Vereinheitlichung an, scheiterten aber zugleich an ebenjenem Ziel, einen gemeinsamen Kapitalblock zu erzeugen. Eine Perspektive, die bis heute als strategische Zielsetzung besteht, auch wenn diese als immer unrealistischer erscheint. Die EU hat selbst kaum supranationales Kapital hervorgebracht und reibt sich stetig in diesem Widerspruch auf. In diesem Sinne ist die Krise der EU immer auch die der dominanten imperialistischen Nationen in ihr. Als größter Binnenmarkt der Welt stellte sie eine Art Hinterhof für ihre dominierenden Kapitale dar, zugleich aber auch einen Widerspruch wegen ihrer Konkurrenz untereinander. Die strategische Sackgasse des deutschen Imperialismus als Vermittler zwischen beiden widerstreitenden Kräften wird besonders in dessen Krise augenfällig.

Sie ist durch politische, wirtschaftliche und militärische Dominanz des deutschen Imperialismus im Schulterschluss mit dem französischen innerkapitalistisch unüberwindbar, selbst im Aufschwung. Mit dem Scheitern der Integration zu einem einheitlichen Blockgesamtkapital steht die EU als schwächstes Glied unter den Großmächten da. Der Term schwächstes Glied der imperialistischen Kette stammt von Lenin und dessen Analyse der Widersprüche im System der imperialistischen Großmächte vor dem ersten Weltkrieg – damals auf den russischen Zarismus bezogen. Die Kategorie hat er entwickelt, um zu diskutieren, wo die Möglichkeiten revolutionärer Politik bestehen, die Herrschenden im Scheitern ihrer Politik herauszufordern, sie zu stürzen. Die EU und damit verbunden der deutsche und der französische Imperialismus können nicht ohne weitere ökonomische, politische oder militärische Rückschläge so weitermachen. Diese geostrategische Sackgasse kann explosiv auf die Klassenbeziehungen im Inneren wirken. Die europäischen Spardiktate und der Brexit waren Ausdruck dieser verlorenen Integrationskraft. Die immer heißer werdenden Kriege, die treibende Inflation und der Aufstieg der neuen Rechten zeigen, dass diese Entwicklung sich fortsetzt. Um die Entwicklung der EU im Zusammenhang mit dem Niedergang der Globalisierungsperiode zu betrachten, wird im Nachfolgenden kurz ihre Entwicklung in diesem Jahrtausend besprochen.

Eine kurze Geschichte des europäischen Niedergangs

Die europäische Union rief im Jahr 2000 bei einem Sondergipfel in Lissabon aus, dass Europa bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden würde. Das Projekt selbst lässt sich als historischer Kompromiss zwischen den Parteien der europäischen Sozialdemokratie (S&D) und den sogenannten europäischen Volksparteien (EVP), den zumeist dominanten bürgerlichen Parteien, verstehen. Heute im Jahr 2024 ist von einem sozialen Europa kaum noch die Rede, selbst von einem aufstrebenden Wirtschaftsraum spricht niemand mehr.

Der Sondergipfel stellte einen Abgesang dar für ein Mindestmaß sozialer Zugeständnisse an die die europäische Arbeiter:innenklasse, einen Bruch mit dem sozialdemokratischen, keynesianischen Wirtschaftsprogramm. In der Sozialdemokratie wurde dies damals durch eine Politik der sogenannten „Neuen Mitte“ salonfähig gemacht, wie beispielsweise Schröders Hartz-Gesetze. Auch der Leitslogan des europäischen Green Deal kann hier nicht als Wiederaufnahme dessen verstanden werden, sondern v. a. als Konjunkturprogramm für Teile des Kapitals.

Zugleich nahm sich der Sondergipfel weitaus mehr vor. Allem voran eine EU-Verfassung. Das Ziel scheiterte 2005 an Referenden in den Niederlanden und Frankreich. Um diese zu umgehen, wurde ein sogenannter Vertrag eingeführt anstelle einer Verfassung. Mit den Verträgen von Lissabon 2009 wurde der Versuch erneut aufgenommen, der jedoch bis heute in seiner Umsetzung scheiterte, ein gesamteuropäisches Kapital mitsamt einer geeinten Außenpolitik herauszubilden. Dieser Prozess bildet einen Teilaspekt der Legitimationskrise, in der die EU heute steckt.

Dieser Kompromiss ist spätestens im EU-Spardiktat v. a. zwischen 2012 und 2015 verpufft, zeitigte jedoch auch für das deutsche Exportkapital und seinen Binnenmarkt Konsequenzen. Letzterer wurde zwar weiter dominiert, jedoch durch die Sparpolitik der sogenannten Schwarzen Null von ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) und ESFS (Europäisches Finanzaufsichtssystem) ausgehöhlt und führte zu einem Ausverkauf und Kaputtsparen weiter Teile des öffentlichen Sektors. Die gemeinsame Währungsunion erzeugt hier eine besondere, ungleichzeitige und kombinierte Krisenentwicklung im Euroraum in Gestalt einer Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der Arbeiter:innen und südeuropäischen Volkswirtschaften.

Der historische Kompromiss des sozialen Europa fiel ebenso dem Neoliberalismus zum Opfer, wie dies auch die Stärkung für die größeren Kapitale angesichts der Finanzkrise 2007/08 in sich trug. Die Krisenpolitik spitzte die soziale Spaltung, aber auch die zwischen den europäischen Nationen zu: durch Abwälzung der Kosten der Krise auf Teile Südeuropas, allen voran Griechenland, das mit drakonischen Sparmaßnahmen ausgequetscht wurde. Eine Krisenpolitik, die bis heute auf Eurozone und EU wie eine Last liegt. Die massiv steigenden Fluchtbewegungen nach Europa als Folge von Krieg und Krise, rassistischer Chauvinismus gegenüber den „faulen Griech:innen“ und Vertrauensverlust in die EU-Institutionen entluden sich in einer Welle antimuslimischen Rassismus v. a. gegen Geflüchtete und einer demokratischen Krise der EU, speziell herausgefordert von nationalistischen und populistischen Ideologien. Stimmen unter den Herrschenden und dem vor sozialem Abstieg verängstigten Kleinbürger:innen organisierten sich seitdem verstärkt und spitzen diesen inneren Widerspruch zu. Er zeigt auch auf, die EU ist kein geeinter Nationalstaat, sondern primär eine Sonderwirtschaftszone konkurrierender nationaler Gesamt- und Einzelkapitale. Die Klassenkämpfe in Griechenland trugen exemplarisch einen gesamteuropäischen Charakter. Die Niederlage der griechischen Arbeiter:innenbewegung, herbeigeführt durch den Verrat Syrizas an ihrer Basis durch die Kapitulation von dem europäischen Sparregime, brach das Vertrauen in reformistische Politik weit über die griechischen Staatsgrenzen hinaus und konnte nicht von revolutionären Kräften gewinnbringend aufgegriffen werden.

Zugleich: Die EU verblieb im Vergleich zu anderen imperialistischen Großmächten, wie China und den USA aber auch Russland, geopolitisch und militärisch schwach. Ihre Ukrainepolitik stellt in diesem Sinne sowohl Ausdruck dieser Schwäche als auch einen möglichen Wendepunkt für ebenjene dar. Jedwedes diplomatisches Vorhaben Frankreichs und Deutschlands, allen voran das Minsk-Abkommen, scheiterte über kurz oder lang, ausgehöhlt von Russland, spätestens mit dem Einmarsch vom 24.02.2022. Wie die US-Diplomatin Nuland bereits 2014 über die Abkommen gegenüber dem US-Botschafter in Kiew sagte: „Fuck the EU“. Für Deutschland ging durch den Krieg um die Ukraine mitsamt der Wirtschaftssanktionen ein strategischer Wirtschaftspartner verloren: Russland. Die Rolle der EU-Mitglieder hierin, allen voran Polens und der baltischen Staaten, lässt sich jedoch nicht auf populistische Politik reduzieren. Sie haben durch die militärische fehlende Eigenständigkeit der EU deutlicher zur Stabilisierung der Nato beigetragen und agieren mehr oder minder als Juniorpartner des US-Imperialismus in der EU. Sie treten zugleich für eine heißere Kriegspolitik gegenüber Russland ein als auch gegen eine schnelle Integration der Ukraine in die EU, da sie eher das Abwandern von Investitionen dahin aufgrund der dort geringeren Kosten der Ware Arbeitskraft fürchten. Für die europäischen Imperialist:innen hingegen bedeutet es sowohl eine Erweiterung des Binnenmarktes als auch ein Investitionsfeld für das Exportkapital, das sich produktiv im Wiederaufbau und der EU-Integration verwerten möchte. Den Halbkolonien Osteuropas soll dementsprechend für das Zugeständnis von EU-Subventionen und die Freizügigkeit der Arbeitskraft das Vetorecht im europäischen Rat genommen werden, um die EU entscheidungsfähiger im Sinne ihrer vorherrschenden Nationen zu machen. Dass diese Ziele nicht ohne weitere Zerwürfnisse umsetzbar sind, liegt auf der Hand. In den vergangenen Jahren waren für dieses Spannungsverhältnis immer wieder Polen und Ungarn passende Beispiele.

Während der Kampf um die Neuaufteilung der Welt außenpolitisch die bisherige strategische Orientierung der EU infrage stellt, bildet die Stärkung des Rechtspopulismus im Inneren eine Herausforderung für das bisher etablierte Programm des deutschen Imperialismus und – mit Abstrichen – des französischen. In diesem Zusammenhang kann dementsprechend die immer mehr Einfluss nehmende Rolle des deutschen Imperialismus im Kampf um die Ukraine und seiner Politik der Kriegstüchtigkeit im Inneren verstanden werden: als Reaktion einer imperialistischen Großmacht, deren zentrales Projekt zu scheitern droht, auch weil sie nicht fähig ist, ihre Ziele zu einer gesamteuropäischen Strategie zu machen. Es handelt sich dabei um die schwerste Krise der Europäischen Union seit ihrer Existenz und der ihrer Vorläuferorganisationen EWG und EG.

Die Umstellung des europäischen Binnenmarktes

Die Coronapandemie und der damalige Impfnationalismus, also die global ungleiche Verteilung der vorliegenden Impfstoffe, lieferten schon eine Blaupause für die Umstellung der europäischen Wirtschaft. Hier wurden in Europa und bei den eigenen politischen Blockpartner:innen Impfstoffinfrastrukturen aufgebaut und Wirkstoffe wie die russischen und chinesischen nicht zugelassen. Mittlerweile hören wir häufiger Debatten um Medikamentenengpässe und Renationalisierung von Produktionsstätten (Stichwort: Arzneimittel für Kinder). Eine durch die Sanktionen getriebene Entwicklung stellt die Verschiebung der Energieimporte weg von Russland hin zum US-Imperialismus und den Golfstaaten dar. Das jüngste Beispiel sind die Joint-Venture-Halbleiterfabriken gemeinsam mit US-amerikanischen und chinesischen Konzernen. Die EU ist also getrieben von einer Umordnung des Weltmarktes. Deutschland hatte durch die Währungsunion in der Globalisierung doppelt profitiert: einerseits durch einen zollschrankenbefreiten europäischen Binnenmarkt, andererseits durch eine schwächere Währung als die Deutsche Mark, welche Exportvorzüge versprach.

Mitgliedsländer – von Abstellgleisen und Überholspuren

Der Krieg auf europäischem Boden spitzt logisch auch die Blockkonfrontation zu. Im Zuge dessen sind die Ukraine und Moldawien im vergangenen Jahr EU-Beitrittskandidat:innen  geworden. Entsprechend stellten sich die Westbalkanstaaten (Albanien, Nordmazedonien, Kosovo, Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina), die teilweise seit über 18 Jahren als Beitrittskandidatinnen gelten, nach hinten an. Das Projekt einer wirtschaftlichen Integration, das vor allem unter Merkel betrieben worden war, ist reduziert auf ihre Nutzung als Reservoir billiger, rechtloser Arbeitskräfte. Die Arbeitsvisa wie die Westbalkanregelung ermöglichen für die EU eine kapitalkonformere Regelung als das Schengen-Abkommen. Dafür sollen die Staaten die Migration bekämpfen und sich militärisch unterordnen. Hierfür sind die NATO-Beitritte Montenegros (2017) und Nordmazedoniens (2020) Sinnbild. In diesem Sinne stellen die Beitrittspläne eher eine Blockstrategie mit ihnen als Peripherie denn eine Stärkung des Projektes EU in seiner ursprünglich beschrieben Konzeption dar.

Arbeiter:innenklasse und -bewegung

Wie stehen die Organisationen der europäischen Arbeiter:innenklasse diesen Herausforderungen gegenüber? Bei der Europawahl scheinen den Prognosen zufolge nur die Parteienbündnisse rechts der Europäischen Volksparteien an Stimmen zu gewinnen. Stellen doch schlussendlich die europäischen Sozialdemokratien eher einen Flügel dar, der die proeuropäischen Teile der Bourgeoisie integrieren möchte. So orientiert sich die sozialdemokratische S&D auf eine Reform der EU-Institutionen, um blockierende Vetos zu verhindern. Gemeinsam will man sich gegen die EU-Kritiker:innen im Osten stellen, während die Europäische Linke (EL) zurück zum sozialen Europa will, ohne die Frage aufzuwerfen, welche Klasseninteressen dem entgegenstehen. Wie das selbst bei einem – unrealistischen – Wahlerfolg der EL (Fraktion im Europaparlament: GUE/NGL) erreicht werden kann, darüber hüllt sie sich in Schweigen. In Deutschland hat sich mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine populistische Partei aus der LINKEN herausentwickelt, die eine alternative Ausrichtung für das deutsche Kapital vorschlägt, die sich auch an der Perspektive des Europas der Vaterländer orientiert. Hinter dieser vermeintlichen Flucht vor undemokratischen EU-Institutionen, wie berechtigt die Kritik auch sein mag, steckt die Unterordnung unter die herrschende Klasse im Nationalstaat als Ausweg. All diese Parteien versagen also darin, eine Alternative gegen das Programm der imperialistischen Vereinigung oder nationalen Abschottung zu formulieren und deren Widersprüche dabei zuzuspitzen.

Die Europäische Linke ist unter den antretenden Kräften bei der EU-Wahl, jene, die dem Bedürfnis der Ausgebeuteten und Unterdrückten nach einer Perspektive gegen den aktuellen Kurs am ehesten in größerer Masse zum Ausdruck bringt. Die EL bietet dabei jedoch eine Perspektive, die programmatisch auf die Transformation sozial wie politisch der Gesellschaft mitsamt der EU, wie sie im Grunde ist, orientiert. Laut Gründungsmanifest von 2004 wollte man der EU einen anderen Inhalt geben. Alle diese Formationen setzen sich kurzum für eine Umwandlung der EU ein, eines Projekts, das jedoch in seiner Konstitution bereits undemokratische Fallstricke eingebaut hat.

  • Undemokratisch: So sind weite Politikbereiche selbst im bürgerlichen Sinne nicht durch Wahlen beeinflussbar, das EU-Parlament ist verglichen mit EU-Kommission und Europarat das schwächste Organ.
  • Neoliberal: Ihr Aufbau ist historisch vielleicht ein Kompromiss gewesen, der auch soziale Zugeständnisse beinhaltete, krisengetrieben bleibt hierfür jedoch kein Spielraum, da der Binnenmarkt nicht viel mehr ist als der Hinterhof des deutschen Exportkapitals.
  • Militaristisch: Spätestens angesichts massiver Aufrüstung droht die EU, vermittelt über die Nato, als koordiniertes Militärprojekt auf den Schlachtfeldern dieser Welt deutlicher mitmischen zu wollen.

Für uns wird daraus deutlich: Das Europa des Kapitals kann nicht reformiert werden. Der kapitalistischen Europäischen Union halten wir die Losung der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa entgegen.

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