Arbeiter:innenmacht

Wir wollen die FÜNF! Vom Warnstreik zum Vollstreik!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Infomail 1169, 9. November 2021

Gebt uns fünf! So lautet der Slogan der Gewerkschaften bei den laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst: 5 % mehr Lohn, mindestens 150 Euro und eine Laufzeit von einem Jahr. Zusätzlich zu diesen Hauptforderungen geht es um 100 Euro mehr für alle Auszubildenden, eine stufengleiche Höhergruppierung für die Angestellten, einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte sowie bessere Arbeitsbedingungen für prekär beschäftigte Hochschulangehörige. Nach Jahren des Verzichts stellen diese Forderungen eigentlich das Minimum dessen dar, was uns zusteht. Die Arbeiter„geber“Innen sehen dies aber natürlich anders und sperren sich. Dies sollte uns aber nicht verwundern.

5 % mehr Lohn bei einer Laufzeit von einem Jahr sind mehr als geboten. Wenn wir dies mit der derzeitigen Inflation vergleichen, und gemessen an den Zugeständnissen und Opfern während der Pandemie sind die 5 % viel bescheidener, als sie klingen. Ja, eigentlich sollte unsere Forderung höher ansetzen, um nicht nur unsere Löhne der derzeitigen Inflation anzupassen, sondern sie auch zu erhöhen: 8 – 10 % wären eigentlich angemessen!

Aber eine Forderung ist noch kein Ergebnis. Verhandlungen allein werden die sog. ArbeitergeberInnen nicht beeindrucken, weder bei Prozenten noch der Laufzeit. Die warmen Worte zu Pandemiezeiten zählen am Verhandlungstisch nicht. Egal ob wir 5 % oder mehr fordern, eins ist klar: uns wird nichts geschenkt! Im Gegenteil wir werden Beleidigungen hören wie „irrational“ oder „überzogen“!

Vom Warnstreik …

Warnstreiks sind eine erste Antwort auf die Mauertaktik der Gegenseite. Bisher konzentrieren sie sich aber auf punktuelle Aktionen an einzelnen Tagen in einzelnen Regionen. Doch das kann nur ein erster Schritt sein. Sie erfüllen ihren Zweck, wenn sie genutzt werden, um möglichst viele Kolleginnen und Kollegen zu erreichen, zu informieren und zu aktivieren. Deshalb sollten sie überall stattfinden. Aber um den Widerstand der anderen Seite zu durchbrechen, ist etwas anders nötig!

… zum unbefristeten Vollstreik

Werden einzelne Nadelstiche die Arbeiter„geber“Innen zum Umdenken veranlassen? Sicher nicht. Nur durch Druck auf der Straße und in den Dienststellen werden wir es schaffen können, unsere Forderungen durchzusetzen. Die Verhandlungsrunde hat schon gezeigt, was die Gegenseite von unseren Forderungen hält. Sie verweisen auf leere Kassen und die Schuldenbremse. Und diese politischen Vorgaben der bürgerlichen Politik, der alten Regierung und der neuen KoalitionärInnen sollen wir einfach schlucken?

Dabei hat selbst die Reaktion der Regierungen auf die Pandemie gezeigt, wie schnell und wie viel Geld da ist, wenn es politisch gewollt wird. Da verdienen sich manche Firmen mit Masken oder Impfstoff dumm und dämlich, die Reichen werden noch reicher und die arbeitende Bevölkerung bekommt die Rechnung! Die fünf Prozent sind locker finanzierbar, wenn das Kapital zur Kasse gebeten würde: Spitzensteuersatz hoch, Vermögenssteuer einführen!

Keine Illusionen in die nächste Verhandlungsrunde!

Es ist daher klar, dass bei der nächsten, dritten Verhandlungsrunde kein für uns befriedigendes Ergebnis rauskommen wird, wenn wir den Kampf nicht auf eine höhere Stufe schrauben. Ansonsten droht ein mieser Abschluss wie in Hessen mit vier Prozent bei 28 (!) Monaten Laufzeit. Die Gewerkschaften müssen daher den nächsten Schritt vorbereiten – Urabstimmung und bundesweiten Vollstreik, bis unsere Forderungen voll durchgesetzt sind!

Raus auf die Straße – Aufbau von Streikkomitees

Den obigen Punkten wird als Argument schnell entgegengebracht: „Wie sollen sich denn die VerhandlungsführerInnen neben den Verhandlungen auch noch um das alles kümmern?“ Wir entgegnen: „Das müssen sie gar nicht! Es müssen Basisstrukturen in allen Betrieben, Einrichtungen und Verwaltungen aufgebaut werden.“ Diese könnten nicht nur Streikmobilisierungen für dem derzeit laufenden Tarifkampf vorbereiten und durchführen, sondern auch Solidaritätsarbeit mit der Bevölkerung organisieren: Gespräche mit vom Streik betroffenen Menschen wie z. B. Eltern oder PatientInnen führen und sie für die Unterstützung des Streikes gewinnen. Wenn wir bessere Arbeitsbedingungen haben, können wir auch bessere Leistungen erbringen. Wir können uns ruhig ein Beispiel an der vorbildlichen Öffentlichkeitsarbeit im Berliner Krankenhausstreik nehmen, der zeigte, wo’s langgehen kann.

Gleichzeitig könnten solche, den Mitgliedern verantwortliche und von diesen gewählte Streikkomitees auch den Kontakt zu KollegInnen unterschiedlicher Gewerkschaften innerhalb eines Betriebes bzw. einer Bildungseinrichtung, aber auch darüber hinaus organisieren. So könnten Themenfelder und Forderungen gemeinsam erarbeitet werden, um mobilisierungsstark und dynamisch die Tarifrunde zu führen. Dies sollten wir für unsere Streiks nutzen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt solcher Streikkomitees wäre aber nicht nur, den „Rücken unserer VerhandlungsführerInnen freizuhalten“, sondern auch die Möglichkeit, die Verhandlungsergebnisse und einen Abschluss kollektiv zu diskutieren und zu bestimmen.

  • Volle Erfüllung der Forderungen! Urabstimmung und Vollstreik vorbereiten! Aktionskomitees bilden!
  • Die Reichen sollen zahlen! Höherer Spitzensteuersatz und eine Vermögens- und Erbschaftssteuer!
  • Kontrolle über Verhandlungen und Aktionen durch Vollversammlungen, gewählte Streik- und Aktionskomitees!

Falls Du Interesse an einer aktiveren Gewerkschaft hast und Dich in einer klassenkämpferischen Basisopposition dafür einsetzen möchtest, dass die Gewerkschaftsstrukturen basisdemokratischer und aktiver für unsere Interessen genutzt werden, dann tritt gerne mit uns in Kontakt: mail@arbeiterinnenmacht.de

Anhang: Und was ist mit dem Schutz unserer Gesundheit?

Viele von uns haben sich sicher schon die Frage gestellt. Warum spielen keine Gesundheits- sowie Personalfragen eine Rolle in der jetzigen Tarifrunde? Die ersten zaghaften Mobilisierungen der LehrerInnen in Berlin rund um die Initiative „Tarifvertrag Gesundheit“ sowie die langanhaltenden Arbeitskämpfe im Gesundheitsbereich, u. a. erst zuletzt in den Berliner Krankenhäusern, haben uns gezeigt, dass diese Themen wichtig sind und sich darum KollegInnen in großen Zahlen mobilisieren lassen. Warum wurde dies aber nicht zum bundesweiten Fokus der derzeitigen Tarifverhandlungen gemacht bzw. lokal in die Kampagne integriert? Wieso hält sich die Berliner GEW derzeit mit ihrer Mobilisierung rund um ihre Forderung nach einem „Tarifvertrag Gesundheit“ zurück und verschiebt weitere Aktionen ins neue Jahr?

Das Argument unserer Gewerkschaftsvorstände lautet hier, dass Forderungen nach dem Gesundheitsschutz bzw. zur Entlastung in dieser Tarifrunde nicht verhandlungsfähig wären, d. h. diese „Punkte“ würden derzeit nicht zur Diskussion auf dem Tisch liegen. Jede Seite kann bei Verhandlungen Forderungen einbringen. Das können auch unsere Verhandlungsdelegationen. Die Themen sind alle lange bekannt und die vierte Welle der Pandemie macht viele davon dringend!

Eines ist richtig: Mehr Stellen und mehr Gesundheitsschutz kriegen wir genauso schwer wie eine ordentliche Tariferhöhung. Alle diese Punkte erfordern nicht nur den Willen zur Mobilisierung der ganzen Kraft, sondern auch, dass die Gewerkschaftsführungen mit ihrem Stillhalten im Umgang mit der Pandemie brechen müssen! Sie haben sich im Sinne der SozialpartnerInnenschaft eng an die Seite der Regierung sowie des Kapitals gestellt und malen das Bild einer gemeinsam notwendigen Anstrengung, um die Coronapandemie zu überwinden. Dies bedeutete für die Beschäftigten letztes Jahr absolute Passivität auf der Straße, Nullrunde, erhöhten Arbeitsaufwand bzw. Mehrarbeit im Beruf und gesundheitlich unsichere Arbeitsbedingungen. Jetzt, wo die Regierung den pandemischen Notstand für beendet erklärt, zeigt sich das Fatale dieser Seite der SozialpartnerInnenschaft erneut. Die Beschäftigten müssen sie in Form erhöhter Gesundheitsrisiken und zusätzlicher Belastung nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch in den Kitas oder Schulen ausbaden.

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