Dave Stockton, Infomail 1253, 2. Mai 2024
Die Welt ist sich der „eisernen Unterstützung“ der Vereinigten Staaten unter Präsident Joe Biden für Israel nur allzu bewusst. Es war eine F-35 aus amerikanischer Produktion, die es Israel ermöglichte, das iranische Konsulat in Damaskus zu bombardieren und damit die Gefahr eines regionalen Krieges heraufzubeschwören. Von den USA gelieferte Bunkerbomben haben Israel geholfen, mehr als die Hälfte der Häuser im Gazastreifen zu zerstören. Ein überparteilicher Gesetzesentwurf hat gerade den Kongress passiert, der Israel weitere 26 Milliarden US-Dollar an militärischer Ausrüstung und Munition schickt, um den Völkermord in Gaza fortzusetzen, wo 34.000 Menschen, hauptsächlich Zivilist:innen und viele Kinder, bombardiert oder verbrannt wurden.
Aber es gibt auch ein anderes Amerika. Anfang November letzten Jahres versammelten sich 300.000 Menschen auf dem Freedom Plaza in Washington, D.C. zu einem nationalen Marsch für Palästina, dem größten Protest dieser Art in der Geschichte des Landes.
Und eine weitere Welle von Massenmobilisierungen findet zur Zeit statt. Am 15. April protestierten Tausende von Menschen überall in den Vereinigten Staaten gegen die Aufrüstung Israels und Belagerung des Gazastreifens. Zu den Aktionen gehörten die Schließung von Flughäfen, darunter O’Hare in Chicago und Seattle-Tacoma. In Städten von New York bis San Francisco kam es zu Verkehrsblockaden auf wichtigen Straßen und Brücken. In New York wurden die Brooklyn Bridge und in San Francisco die berühmte Golden Gate Bridge während der morgendlichen Hauptverkehrszeit blockiert. In Eugene, Oregon wurden 52 Demonstrant:innen verhaftet, weil sie die Autobahn 5 an der Pazifikküste gesperrt hatten.
Tausende von Student:innen haben an über 50 US-Universitäten protestiert, darunter einige der international bekanntesten Einrichtungen wie Columbia und Yale, Berkeley, das Massachusetts Institute of Technology (MIT), die University of Michigan, das Emerson College und Tufts. Auch Schüler:innen sind auf die Straße gegangen.
An der New York University lösten NYPD-Beamt:innen einen Protest von Hunderten von Student:innen auf, rissen Zelte ab und misshandelten sie, und an der Columbia University verhafteten sie über hundert. Das dortige Solidaritätscamp für Gaza war von der von Student:innen geführten Koalition Columbia University Apartheid Divest (CUAD), Students for Justice in Palestine und Jewish Voice for Peace organisiert worden.
Ein neues Camp ist wieder entstanden, und Hunderte von Fakultätsmitgliedern haben die Universitätsbehörden wegen des Einsatzes der Polizei angezeigt. Und Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University, prominenter Wirtschaftswissenschaftler und Autor über nachhaltige Entwicklung, erklärte, dass die „USA am israelischen Völkermord mitschuldig sind“ und dass der Krieg in Gaza heute beendet werden könnte, wenn sie die Waffenlieferungen an Israel einstellen würden.
Präsident Joe Biden verurteilte „die antisemitischen Proteste“ und behauptete, es gebe „einen alarmierenden Anstieg des Antisemitismus an unseren Schulen, in Gemeinden und im Internet“.
Republikanische Senator:innen forderten Biden auf, die Nationalgarde zu entsenden. Dies mag gefährlich erscheinen, wenn man an die historische Situation an der Kent State University in Ohio denkt, als die Nationalgarde im Mai 1970 vier Student:innen tötete und neun unbewaffnete verwundete und damit eine weitere Welle von Protesten gegen den Vietnamkrieg auslöste.
Der Vorwurf des Antisemitismus ist die übliche Antwort der Apologet:innen der ungeheuerlichen Kriegsverbrechen Israels und wird immer wieder verwendet, um die großen Bewegungen, die sich in Europa und Nordamerika entwickelt haben, zu verleumden. Die Columbia Students for Justice in Palestine haben erklärt, dass sie „jede Form von Hass oder Fanatismus entschieden zurückweisen“. Tatsächlich nehmen an den Protesten, vor allem in New York, zahlreiche jüdische Menschen teil, insbesondere junge Menschen. Die Jüdische Stimme für den Frieden, eine wichtige Mobilisatorin gegen den israelischen Völkermord, hat eine Erklärung abgegeben:
„Anstatt auf die Forderungen der Columbia- und Barnard-Student:innen zu hören, sich von dem von der israelischen Regierung begangenen Völkermord zu distanzieren, hat die Universität die New Yorker Polizei eingeschaftet, um Student:innen zu suspendieren und sogar von der Universität zu verweisen. Derzeit sind 85 Student:innen, darunter 15 jüdische, suspendiert.“
Besorgniserregend für Amerikas Zionist:innen ist, dass die jüngsten Umfragen auf einen Einbruch der Unterstützung für die israelische Politik in der Bevölkerung hindeuten. 55 Prozent missbilligen derzeit das Vorgehen Israels in Gaza, während nur 36 Prozent es gutheißen.
Wie in Deutschland bei der Schließung des Palästinakongresses in Berlin am 12. April versuchen Regierungen, Polizeikräfte und Universitätsbehörden, Proteste zu kriminalisieren, je mehr die Menschen die Ungeheuerlichkeit der Handlungen des zionistischen Staates erkennen, wobei wahrscheinlich noch Schlimmeres bevorsteht.
Die Camps in den USA werden nun weltweit kopiert. In allen Ländern, vor allem aber in denjenigen, die an Israels Taten mitschuldig sind, brauchen wir Massenmobilisierungen zur Unterstützung der Opfer des israelischen Völkermords, die sich noch verstärken müssen, wenn Israel einen totalen Krieg mit dem Iran provoziert und die USA und ihre NATO-Verbündeten sich daran beteiligen. Wenn der seit langem angedrohte Bodenangriff auf die mehr als eine Million Flüchtlinge in Rafah erfolgt, müssen die Proteste und direkten Massenaktionen das derzeitige Ausmaß ebenfalls weit übersteigen. Antiimperialist:innen und Antizionist:innen auf der ganzen Welt sollten ihre Solidarität nicht nur mit den Menschen in Gaza und im Westjordanland zeigen, sondern auch mit denen, die mutig im „Herzen der Bestie“ protestieren.
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