Arbeiter:innenmacht

VKG-Konferenz: Fünf Punkte für ihren Aufbau

Gruppe Arbeiter:innenmacht, Neue Internationale 268, Oktober 2022

Die Preise klettern wie wild in die Höhe – doch es passiert wenig dagegen. Anstatt flächendeckende Proteste gegen die Preistreiberei der Konzerne und die heftige Inflation zu organisieren, sitzen die Topbürokrat:innen des DGB in der „Konzertierten Aktion“ mit Kapital und Regierung an einem Tisch, betteln um Erleichterung aus Steuermitteln und passen zugleich auf, dass die Lohnforderungen in Tarifrunden nicht zu hoch sind und der Kampf für die Forderungen nicht effektiv geführt wird. Die IG Metall hat nur zugeschaut, als die Schließung von Großbetrieben wie Ford Saarlouis oder der Röhrenwerke von Vallourec (ehem Mannesmann) angekündigt wurde. Ausverkauf statt Widerstand!

Kurzum: Seit Gründung der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) vor bald drei Jahren hat sich die Lage für die Arbeiter:innenklasse verschlechtert. Das Versagen der reformistischen Scheinlösungen und das harte Vorgehen der Bürokrat:innen gegen die Aktivst:innen in der Gewerkschaft führt zu Resignation und kann sogar Kolleg:innen nach rechts treiben. Gleichzeitig schafft die fehlende Initiative der Gewerkschaften hinsichtlich der aktuellen Preissteigerungen sowie Krise und zögerlichen Forderungen bei den Tarifrunden eine Lücke. Es ist Aufgabe der VKG, diese mit konkreten politischen Vorschlägen zu füllen!

Die aktuelle Lage bringt auch mehrere Möglichkeiten mit sich: Zum einen kann sie genutzt werden, bundesweit eine einheitliche Kampagne zu fahren, Kontakte zu knüpfen und zu wachsen. Zum anderen bietet sie Möglichkeiten für Auseinandersetzungen mit dem Gewerkschaftsapparat.

Dabei glauben wir, dass nicht nur die Dringlichkeit der Lage uns zum Handeln zwingt. Vielmehr werden die kommenden Monate entscheidend sein für zukünftige Relevanz und Existenz der VKG an sich.

Was konkret braucht es also, damit die VKG ihre Stagnation überwinden und zu einem sichtbaren klassenkämpferischen Pol in den Gewerkschaften werden kann?

1. Gemeinsame politische Forderungen und Intervention in die Tarifrunden

Für den Aufbau der VKG sollten wir uns zu möglichst vielen Tarifrunden positionieren, aber mit knappen, grundsätzlichen gemeinsamen Forderungen, die die Macht der Bürokratie infrage stellen. Mit diesen Forderungen sollten wir auf Streiks anwesend sein und uns auf die Suche nach den kämpferischen Kolleg:innen begeben, die mit der Bürokratie in Konflikt geraten, und ihnen anbieten, auf einer Streikversammlung die VKG vorzustellen.

2. Material, das Mehrwert erzeugt

Neben den bereits veröffentlichten Artikeln zur Inflation und diversen Stellungnahmen gilt es, Material zu erstellen, das von Kolleg:innen direkt genutzt werden kann. Wir müssen Musteranträge zur Verfügung stellen, die sich beispielsweise mit der Enough-is-Enough-Kampagne solidarisieren oder die die verbindliche Teilnahme sowie Mobilisierung an Demonstrationen und Bündnissen einfordern. Zur Unterstützung in der Diskussion mit der Bürokratie bieten sich Argumentationshilfen an, die aufzeigen, wie man nicht nur einzelne Gliederungen, sondern Gesamtstrukturen für Aktivitäten gewinnen kann.

Um Letzteres zu verstärken, müssen wir als VKG einen offenen Brief verfassen, der Aktivitäten wie Massendemonstrationen gegen die Preissteigerungen einfordert und Tarifabschlüsse über der Inflationsrate.

3. Interventionen in die Gewerkschaftsstrukturen

Eigene Veranstaltungen als VKG machen Sinn nach größeren Demonstrationen oder Streiks, wo interveniert wurde. Zentraler ist jedoch, in die Offensive zu gehen: Wir sollten das Angebot machen, als VKG Veranstaltungen bei Gliederungen zum Thema der Inflation und Kampf dagegen abzuhalten sowie zu Gewerkschaftstreffen zu gehen und dort das unter 2. erwähnte Material zu präsentieren und kommende Aktionen vorzustellen.

4. Präsenz in politischen Bündnissen

Positive Beispiele dafür sind in Berlin der klassenkämpferische Erste Mai gewesen sowie aktuell die Intervention in „Brot, Heizung, Frieden“. Alle beteiligten Organisationen sollten dafür einstehen, dass die VKG bei den Bündnissen, an denen sie sich beteiligt, Redemöglichkeiten bekommt. Dahinter steckt aber noch mehr: Die Beteiligung als VKG bei politischen Protesten greift die aktuelle Schwäche der Gewerkschaftsführung auf und zeigt, dass es praktisch anders gehen kann.

5. Klarheit der Gruppen

Aktuell ist die VKG nicht viel mehr als die Summe der beteiligten Gruppen. Streng genommen ist sie nicht mal das, da nicht alle gleichmäßig Ressourcen reinstecken. Auch wenn es nie der Fall sein wird, dass sich alle paritätisch gemessen an der Größe der eigenen Organisation beteiligen, braucht es klarere Vereinbarungen. Ziel sollte es sein, bei den kommenden Protesten Blöcke als VKG zu organisieren, statt als individuelle Gruppen verteilt herumzuspringen. Klar, eigenes Material und Fahnen sollte jede/r mitbringen. Hat die VKG aber keine reale Präsenz, wird sie es schwer schaffen, nur durch das Posten von Stellungnahmen Menschen anzuziehen.

Im Fokus: Kampf gegen die Bürokratie

Wir glauben, dass diese Schritte helfen, die Bekanntheit der VKG zu steigern. Darüber hinaus denken wir jedoch, dass Kernaufgabe der Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen ist. Das passiert unserer Meinung nicht nur dadurch, dass man Linke in Gewerkschaftsfunktionen wählt, da diese Posten Ausdruck eines materiellen Interesses sind – dem zwischen dem „guten“ Standort des deutschen Imperialismus und dem berechtigten Interesse der Kolleg:innen.

Auch einfach nur mehr neue Mitglieder zu gewinnen oder selbst Arbeitskämpfe in den schlecht organisierten Bereichen zu führen, ist keine alleinige Perspektive. Die Schwäche in der Organisierung dieser Bereiche kann wesentlich einfacher aufgehoben werden, wenn man das Problem an der Wurzel anpackt: bei der Bürokratie, die diese Kämpfe oftmals blockiert oder mangelndes Interesse hegt, diese überhaupt zu führen.

Auch das Mittel der Veröffentlichung von Protest ist zwar sinnvoll, aber nicht ausreichend. Denn Empörung alleine zeigt keinen Weg zur Veränderung auf.

Vielmehr müssen wir unsere Ansätze damit verbinden, eine klassenkämpferische Basisopposition zum Apparat aufzubauen. Konkret bedeutet, das Kolleg:innen für die Idee zu gewinnen, nicht nur zu streiken, sondern selbst das Ruder in die Hand zu nehmen: abzustimmen, wofür, wann und wie lange gestreikt werden, an welchen Mobilisierungen teilgenommen werden soll etc.

Statt Gewerkschaftssekretär:innen, die in den Mühlen des Apparat untergehen und sich verselbstständigen, braucht es Gremien, die rechenschaftspflichtig sind, jederzeit wähl- und abwählbar und deren Mitglieder nicht mehr verdienen als das durchschnittliche Arbeiter:innengehalt. Schließlich kritisieren wir nicht nur die Arbeit der Bürokratie, wir wollen sie abschaffen! Längerfristig führt dieses Modell aber dazu, dass man nicht nur in Tarifauseinandersetzungen, sonder auch politischen Kämpfen besser agieren kann – was ein Ziel aller ernsthaften Unterstützer:innen der VKG sein sollte.

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