Arbeiter:innenmacht

Pakistan: Asad Umars Rücktritt ebnet den Weg zu einer großen Wirtschaftsoffensive

Shahzad Arshad, Revolutionary Socialist Movement, Infomail 1054, 13. Mai 2019

Zu den wichtigsten Entwicklungen bei der Umbildung des pakistanischen Kabinetts am 18. April gehörten der Rücktritt Asad Umars als Finanzminister und die Ernennung des pensionierten Brigadegenerals Ijaz Shah zum Bundesminister für Inneres. Asad Umar war das Aushängeschild von Imran Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit, PTI). Die PTI präsentierte ihn als frischen Wind in der Politik und Premierminister Imran Khan behauptete gar, dass Asad Umar die Lösung für die Wirtschaftskrise in Pakistan verkörpere.

Asad Umar wurde schon vor Bildung der PTI-geführten Regierung im Schattenkabinett als Finanzminister gehandelt. Jetzt wurde er durch Abdul Hafeez Shaikh ersetzt, der das Privatisierungsressort unter dem Regime des Militärdiktators Pervez Musharraf leitete und auch unter Asif Ali Zardari bereits Finanzminister war.

Das „ehrenwerte Gesicht“ …

Imran Khan erklärte, dass gute Regierungsführung und ein Ende der Korruption alle Probleme Pakistans lösen könnten. Sein Team sei so hoch qualifiziert, dass es diese Versprechen, insbesondere im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise, einhalten könne. Asad Umar war das ehrenwerte Gesicht dieses „Naya Pakistan“ (neues Wirtschaftsprogramm) und seiner Versprechen, 10 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen und 5 Millionen Häuser zu bauen. Viele weitere solch ambitionierter Ziele wurden formuliert. Tatsache ist jedoch, dass Umar trotz der unsicheren Situation und noch, bevor die PTI an die Macht kam und er das Amt des Finanzministers übernahm, angekündigt hatte, dass er zum Internationalen Währungsfonds (IWF) gehen würde.

Nachdem die von der PTI geführte Regierung die Macht übernommen hatte, wurde schnell klar, dass Imran Khans Beharren auf Einfachheit und Opferbereitschaft dazu führen sollte, die Kosten der Systemkrise von der herrschenden Klasse auf die Schultern der ArbeiterInnenklasse abzuwälzen. Vorgeblich zum Schutz der Interessen der Volkswirtschaft wurden brutale Angriffe auf die einfachen Leute verübt. Sie waren es, die durch steigende Inflation und Arbeitslosigkeit am meisten belastet wurden. Der Wert der Rupie wurde um 35 % gesenkt, Steuerbefreiungen in Milliardenhöhe wurden KapitalistInnen gewährt, während Entwicklungsprojekte weitgehend gestoppt wurden. Die Privatisierungspolitik wurde in „Vermögensfonds“ umbenannt, unter dem mehr als 200 Institute privatisiert werden sollen. Im Rahmen des gleichen Fonds wurde auch beschlossen, Zehntausenden von ArbeiterInnen ihre Stellen zu streichen. Es wurden Instruktionen erteilt, TagelöhnerInnen zu feuern.

Dennoch ist es der Regierung nicht gelungen, ihre Politik umzusetzen, da sich Tausende von ArbeiterInnen wehrten. Ihre brillante Demonstration von Widerstand gegen Entlassungen in den Versorgungsbetrieben und Privatisierung zwang die Regierung, vorerst davon Abstand zu nehmen. Obwohl Asad Umar und die von der PTI geführte Regierung den IWF vor der Machtübernahme abgelehnt haben, waren sie nun gezwungen, auf dessen Politik einzugehen.

… und die Krise

Die Blamage, mit der die Regierung derzeit konfrontiert ist, ist jedoch auch auf das imperialistische Tauziehen zwischen den USA und China zurückzuführen. Mit der zunehmenden Macht Chinas übt es immer mehr Einfluss aus, was aufgrund der bisherigen Verbindungen Pakistans zu den USA und ihrem militärischen Sicherheitsapparat zu Spannungen innerhalb der herrschenden Klasse des Landes führt. Diese internen Konflikte werden noch verschärft durch die Notwendigkeit, vom IWF ein Rettungspaket erbitten zu müssen. So zahlen die Armen und die ArbeiterInnenklasse Pakistans den Preis der globalen Finanzkrise und ihrer Widersprüche.

Die Wirtschaftskrise Pakistans beruht daher nicht nur auf dem Unvermögen der herrschenden Klasse des Landes. Sie wurzelt auch in der sich verschärfenden Krise des globalen Kapitalismus und der Position Pakistans als Halbkolonie, die das Land in den Bankrott geführt hat. Nach Angaben des IWF wird die Wachstumsrate Pakistans im nächsten Jahr auf 2,4 % sinken, während in diesem Jahr 1 Million Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben und weitere 4 Millionen gezwungen sind, unterhalb der Armutsgrenze zu leben.

Aus diesem Grund nimmt die Popularität der PTI unter den einfachen Leuten ab, während die Widersprüche innerhalb der kapitalistischen Klasse in Bezug auf wirtschaftliche und politische Entscheidungsfindung zunehmen. In diesem Szenario offenbart der Rücktritt von Asad Umar zum einen die Verschärfung der Regierungskrise. Andererseits zeigen die Ernennungen von Abdul Hafeez Shaikh und dem pensionierten Brigadier Ijaz Shah deutlich die Einmischung des Repressions- und Beamtenapparates in die Regierungsgeschäfte. Diese fordern noch strengere Maßnahmen. Die Aufnahme von nicht gewählten BeraterInnen und TechnokratInnen in das Kabinett ist ein Schritt in Richtung eines noch autoritäreren Systems. Erhöhte Befugnisse für den Regierungschef erlauben es ihm, jede/n seiner Wahl zum/r MinisterIn oder BeraterIn zu ernennen. Dies zeigt, dass die herrschende Klasse die Wirtschaftskrise nun für derart bedrohlich hält, dass sie nur durch diktatorische Maßnahmen gelöst werden kann.

Das ist sicherlich das, was Hafeez Shaikh meint, wenn er verlangt, dass ihm „freie Hand“ gewährt wird. Die PTI-geführte Regierung hatte diesen Prozess bereits eingeleitet, aber es gibt Widersprüche bei der Umsetzung. Wirtschaftlich befürwortet sie die gleiche Lösung, die IWF und Weltbank in den letzten drei Jahrzehnten vorgeschlagen haben: neoliberale Reformen, die bereits umgesetzt werden. Ihr Zweck ist es, optimale Rahmenbedingungen für die globalen kapitalistischen Klassen zu schaffen, die Ressourcen der halbkolonialen Staaten auszuplündern, wobei der lokalen herrschenden Klasse einige Brosamen zugestanden werden.

Dennoch bröckelt Pakistans Wirtschaft weiter, anstatt aus der Krise herauszukommen. In den letzten drei Jahrzehnten waren verschiedene AkteurInnen an diesem großen Spiel beteiligt. Alle paar Jahre wird im Namen der Volkswirtschaft das gleiche Spiel wieder aufgenommen und VerliererInnen sind abermals die ArbeiterInnen wie die Armen in Stadt und  Land. Unabhängig davon, was die offiziellen Zahlen sagen, ändert sich für die ArbeiterInnenklasse und die einfachen Menschen nichts zum Besseren, im Gegenteil wird für die meisten Menschen das Leben noch schwieriger.

Die bürgerlich-populistische Regierung der PTI versprach, wie auch schon alle früheren Regierungen, die wirtschaftliche, soziale und politische Krise des Landes zu überwinden, für Wachstum und Investitionen zu sorgen und hoffte, die Widersprüche innerhalb der herrschenden Klasse einzudämmen. Obwohl dieses Ergebnis alles andere als sicher ist, wie die jüngsten Regierungswechsel zeigen, ist klar, dass Angriffe auf ArbeiterInnen sowie auf demokratische Rechte einen wesentlichen Teil ihrer Politik ausmachen werden.

Die letzten Wochen haben bereits gezeigt, wie die Regierung und die herrschende Elite dies tun wollen. Die Pashtun Tahafuz Movement (PTM, Bewegung zur Verteidigung der PaschtunInnen) ist zum Ziel von Drohungen der Behörden geworden. Ihr wurde mit Eingreifen gedroht, falls sie ihre Kampagnen nicht beendet. Die verleumderischen Anschuldigungen, dass die PTM im Namen afghanischer und indischer GeldgeberInnen handelt, sollen den Boden für ein Durchgreifen im Namen der „Landesverteidigung“ bereiten und die nationalistische und chauvinistische Unterstützung dafür schüren.

Deshalb müssen die Linke und die ArbeiterInnenklasse zwar einen Plan für den Widerstand gegen die Politik Hafeez Shaikhs aufstellen, sie müssen sich aber gleichzeitig mit der Bewegung für demokratische Rechte zusammenschließen und einen gemeinsamen Kampf führen, damit die anstehenden Herausforderungen bewältigt werden können. Das bedeutet, dass der Kampf gegen imperialistische Widersprüche sowie die Krisen der pakistanischen herrschenden Klasse mit dem Kampf der ArbeiterInnenklasse gegen Inflation, Arbeitslosigkeit und Privatisierung verbunden werden müssen.

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