Arbeiter:innenmacht

Aufgaben der GJ-Spitze: „Zeit für was Revolutionäres!“

Jona Everdeen, ursprünglich veröffentlicht auf https://onesolutionrevolution.de/, Infomail 1265, 30. September

Am Mittwochabend, den 25. September, verkündete der Bundesvorstand der Grünen Jugend, die Jugendorganisation der Grünen Partei, geschlossen sowohl seinen Rücktritt als auch den Parteiaustritt. Unter „Zeit für was Neues“ wollen sie nun eine neue „dezidiert linke“ Jugendorganisation schaffen. Die Gründe? Man könne sich mit der Politik der Partei nicht mehr identifizieren. Für uns als Kommunist:innen ist natürlich völlig klar, dass die Partei von Habeck und Baerbock ständig mit bauchlinken Werten in der Widerspruch geraten. Doch während diese normalerweise, mit viel vorherigen Bauchschmerzen, zu Gunsten von Parteikarrieren aufgegeben werden, lief es dieses Mal andersherum. Doch wie kam es dazu? Und welche Perspektive gibt es für ehemalige GJler:innen?

Rüstung, Abschiebungen, Lützerath

Die Ursache für die Entscheidung benannten die ehemaligen Vorsitzenden der Grünen Jugend darin, dass ihnen immer mehr klar geworden sei, dass es nicht möglich sei, gleichzeitig Teil einer Partei zu sein und für eine völlig andere Politik zu werben, als diese vertritt. Vor allem drei Beispiele nannten sie dafür: Das Sondervermögen der Bundeswehr, die Asylrechtsverschärfungen sowie die Zerstörung von Lützerath für RWEs Profitinteressen. Letztendlich kommt hier ein Widerspruch zum Ausdruck, der sich schon länger abgezeichnet hat: So galt die Grüne Partei in den Köpfen vieler, auch und gerade junger Menschen, lange Zeit als Partei für Frieden, für Menschenrechte und insbesondere eben für die Umwelt, das vor allem in Zuge von FFF. All dies tritt die Partei jedoch in der Ampelregierung mit Füßen. Sie wird zur schärfsten Verfechterin der „Zeitenwende“ und somit der Aufrüstung Deutschlands zur militärischen Großmacht, die zusammen mit der NATO gegen Russland (militärische) Stärke zeigen müsse. Sie trug sämtliche Asylrechtsverschärfungen nicht nur der EU mit, sondern setzte sich auch aktiv für weitere in Deutschland ein, teilweise „mit Bauchschmerzen“, in letzter Zeit aber immer mehr auch ganz ohne und dafür mit unverhohlenem Rassismus und Forderungen nach „Grenzen dicht machen“ und „mehr abschieben“, wie sie vor 15 Jahren nur die NPD gehabt hätte. Und einen ganz besonderen Verrat, gerade für die Grüne Jugend, stellte Lützerath dar. Während dort vermutlich hunderte Mitglieder der Grünen Jugend gegen die Zerstörung des Dorfes für Braunkohle protestierten, war es ihre eigene Partei, die für RWEs Profite die Zerstörung des Dorfes durchgewunken hatte und nun die Polizei auf die Klimabewegung hetzten.

Aus all dem folgert die Spitze der Grünen Jugend, dass sie glauben dass es bei den Grünen „mittelfristig keine Mehrheiten für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt“. Das glauben wir allerdings auch nicht! Wobei uns das freilich schon vorher klar war und sich auch ganz logisch aus dem Charakter der Grünen Partei erklärt. Trotzdem finden wir, dass ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, den der Vorstand gemacht hat.

Die Grünen: Partei des Kapitals!

Die Grünen stellen politisch insofern eine gewisse Sonderrolle dar, als dass sie sich anders als die anderen bürgerlichen Parteien wie CDU, FDP und AfD, eine progressive Fassade geschaffen haben. Diese geht stark zurück auf die Geschichte dieser Partei, welche aus den letzten Ausläufern der 68er-Bewegung hervorgegangen ist und ursprünglich als radikale Konkurrenz zu dem verknöcherten Gefüge aus bürgerlich-konservativer (CDU), bürgerlich-liberaler (FDP) und sozialpartnerschaftlich-reformistischer (SPD) Partei auftrat. Diese Radikalität kam jedoch zu keinem Zeitpunkt aus einem proletarischen Klassenstandpunkt, auch wenn im Gründungsprozess der Partei viele subjektive Kommunist:innen beteiligt waren. Sie entstanden als eine Partei des radikalisierten urbanen Kleinbürger:innentums, bzw der urbanen Mittelschichten. Einer Subklasse die im Zuge des langen Nachkriegsbooms entstanden war und zunächst ihren Platz im traditionellen Klassengefüge finden musste. Dies ließ viel Raum führ revolutionäre Träume, auch wenn diese eben nur Träume bleiben sollte. Die Generation „Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch einer ist, keinen Verstand“ war auf der politischen Bildfläche erschienen, und bildete den Kern der Grünen Partei. Inzwischen ist das urbane Kleinbürger:innentum als eine feste, überhaupt nicht mehr rebellische Subklasse fest konstituiert. Andere Teile der ehemaligen urbanen Mittelschichten hingegen sind ins Proletariat abgerutscht und stellen heute nennenswerte Teile der Basis der Linkspartei. Heute bildet das urbane Kleinbürger:innentum einen Block mit den Teilen der deutschen Großbourgeoisie, die vor allem auf Export ausgerichtet sind und von einer Transformation der kapitalistischen Produktion im Sinne des Green New Deal profitieren würden, so wie als gesellschaftspolitisch fortschrittlich und tolerant auftreten, da sie das als vielversprechendste Strategie betrachten, ein Unterdrückungssystem möglichst reibungsfrei laufen zu lassen. Aus dem schnuckeligen Bioladen an der Straßenecke ist dabei die Bio Company geworden, der ehemalige Einwohner der Freien Republik Wendland wohnt jetzt im Loft im Prenzlauer Berg.

Die Politik leistet dabei das Spiegelbild: Aus Pazifismus wurde der Kosovokrieg, aus sozialer Gerechtigkeit wurde die Agenda2010. Die aktuelle Entwicklung, die die Grüne Jugend Spitze zum Bruch mit der Partei brachte, ist also keineswegs ein qualitativer Bruch, sondern die Fortführung einer jahrzehntelangen Entwicklung, jüngst beschleunigt durch die kapitalistische Krise.

Wir begrüßen es daher, dass Teile der Grünen Jugend endlich erkannt haben, dass hinter der sozialen und ökologischen Fassade der Grünen, inzwischen mit Einschusslöchern übersäht und mit Kohlestaub bedeckt, nur eine weitere bürgerliche Partei steht, für die Kapitalinteressen und nicht die soziale Frage und ein „grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem“ im Mittelpunkt stehen!

Welche Perspektive für eine breite, aber kämpferische Jugendbewegung?

Am Ende ihres Schreibens verkünden die Unterzeichner:innen, dass sie gemeinsam mit anderen Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der Grünen Jugend eine neue linke Jugendorganisation gründen wollen, sie verkünden: „Wir wollen dazu beitragen, dass es bald wieder eine starke linke Partei in Deutschland geben kann“. In dieser Partei, schreiben sie etwas zuvor, wollen sie arbeiten mit und für Mieter:innen, Arbeiter:innen, arme Studierende und abgehängte Jugendliche auf dem Land. Das ist sicherlich ein richtiges Ziel und eines, das wir grundsätzlich unterstützen! Letztendlich muss es jedoch darauf hinauslaufen, eine Bewegung zur revolutionären Überwindung des kapitalistischen Systems zu schmieden. Allerdings denken wir, dass es wichtig ist, jetzt Antworten auf die aktuellen Probleme zu finden. Dazu denken wir sind zwei Schritte notwendig:

  • Eine Jugendkonferenz: Dies bietet eine erste Möglichkeit, alle linken Jugendlichen und Jugendorganisationen dazu aufzurufen. Wir glauben, dass dieser Bruch, wenn er mit einer solchen Perspektive verfolgt wird, zu einem Moment der Umgruppierung für die gesamte deutsche Linke werden kann. Derzeit kursiert auch innerhalb der Jusos ein Brief, in dem Juso-Mitglieder Unterschriften sammeln und sich über die aktuelle Politik ihrer Mutterpartei empören. Dies bietet eine gute Perspektive, um in eine Debatte um eine kämpferische unabhängige Jugend zu führen. Auch sollte an die Jugendgewerkschaften herangetreten werden, um auch diejenigen ins Boot zu holen, die von den kommenden sozialen Angriffen direkt betroffen sind. Die letzten FFF-Ortsgruppen, aus denen ein Großteil der GJ hervorgegangen ist, sollten ebenfalls in diesen Prozess einbezogen werden. Auf der Konferenz kann dann gemeinsam entschieden werden, wie der Rechtsruck zurückgedrängt werden kann, wie die Krise des Kapitalismus inklusive der Angriffe auf Soziales und Bildung sowie die Umweltkrise gelöst werden können.
  • Ein auf der Konferenz gemeinsam abgestimmtes Aktionsprogramm: Ein Aktionsprogramm hat die Hauptfunktion, auf aktuelle Krisen und Fragestellungen gemeinsame Forderungen festzuhalten. Dies ist wichtig, um gemeinsam mit geballter Kraft gegen die Krisen zu kämpfen, die auch die Unterzeichner:innen des Schreibens gut aufgelistet haben.

Diese Schritte sind notwendig, um auch große Teile der Linken im weiteren Sinne, vor allem die Unzufriedenen, für das Aktionsprogramm zu gewinnen. Wir sollten es jedoch nicht dabei belassen, sondern die praktische Intervention an all den Orten, wo sich die Arbeiter:innen und Jugendlichen täglich aufhalten, in die Schulen, Unis und Betriebe tragen!

Wir reichen jedem ehemaligen Mitglied die Hand, die über Organisationsgrenzen hinaus gemeinsam kämpfen wollen. Lasst uns gemeinsam Abschiebungen verhindern, die Bundeswehr aus unseren Schulen vertreiben und eine Perspektive aufzeigen, für die ökologische Transformation des Mobilitätsektors unter Kontrolle der Arbeiter:innen! Lasst uns gemeinsam Schulstreiks organisieren und für eine unabhängige Jugendorganisation, die aus einer breiten Masse kämpferisch vorangeht. Es ist höchste Zeit dafür!

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