Peter Königsberg, Karl-Heinz Hermann, Infomail 1264, 187. September 2024
Kolleg:innen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen versammelten sich am 14.09.2024 bei der Auftaktveranstaltung zu den kommenden Lohnkämpfen des IG-Metall-Bezirks Berlin-Brandenburg-Sachsen in Potsdam.
Um 10 Uhr hatte die IGM-Jugend auf dem Stadtplatz am Neuen Lustgarten mit dem Motto „170 BPM für 170 Euro“ ihre Forderung mit lautstarker Musik untermalt und den Auftakt für die anschließende Demonstration mit lauten Sprechchören und Trillerpfeifen durch die Innenstadt der brandenburgischen Metropole geliefert. Die IGM sprach von 1.500 Teilnehmer:innen.
Die Abschlusskundgebung fand ab 12:30 Uhr auf dem Bassinplatz statt. Anwesend waren ca. 300 – 400 Leute. Ausgangslage war ja, dass die erste Tarifverhandlung für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin, Brandenburg und Sachsen keine Annäherung gebracht hatte. Die IG Metall legte eine Forderung nach Erhöhung der Entgelte um sieben Prozent bei 12 Monaten Laufzeit und der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro plus Nachbesserungen bei den freien Tagen, die als Alternative zu einem tariflichen Zusatzentgelt genommen werden können, vor. Siehe dazu:
Die Arbeit„geber“:innen legten bei dem Treffen in Berlin am Freitag, den 13.09.2024, gar kein Angebot vor. IG- Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze rief sie auf, schnell in ernsthafte Verhandlungen einzutreten und ihren Beschäftigten ein deutliches Entgeltplus anzubieten. Er sagte auch: „Dies ist die falsche Zeit, um mit Hinhalten und Verzögern zu taktieren. […] Die Arbeitgeber müssen jetzt schnell mit einer deutlichen Entgelterhöhung Sicherheit für die Beschäftigten schaffen. Zur ersten Runde haben sie nichts mitgebracht als völlig überzogene Untergangszenarien und Endzeitvisionen. Das muss sich rasch ändern.“
Der IG-Metall-Verhandlungsführer für Berlin und Brandenburg erklärte weiter: „Eine deutliche Entgeltsteigerung ist notwendig, ökonomisch sinnvoll und wirtschaftlich machbar. Die Beschäftigten brauchen die Lohnsteigerung genau wie der Standort Deutschland, der auf einen Konjunkturschub durch eine höhere Kaufkraft angewiesen ist. Mehr Nachfrage kurbelt die Wirtschaft an und trägt zur Belebung der Konjunktur bei. Noch immer erzielt die Branche dank der guten Arbeit in ihren Betrieben hohe Gewinne und Renditen. Wenn einzelne Unternehmen in Schwierigkeiten stecken, sind dafür nicht die Arbeitskosten verantwortlich. Um die Transformation erfolgreich zu gestalten, muss Deutschland auf Entlastungen bei den Energiekosten und eine aktive Industriepolitik setzen. Ein Lohnverzicht hat noch nie für einen Aufschwung gesorgt. Für die Beschäftigten ist klar: Die Einmalzahlungen zum Ausgleich der Inflation sind längst durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten aufgebraucht. Völlig zu Recht fordern sie nach der massiven Geldentwertung eine dauerhafte Erhöhung ihrer Entgelte.“
Außerdem will die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen eine soziale Komponente für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen und mehr Zeitsouveränität für ihre Beschäftigten durchsetzen. Die Metall- und Elektroindustrie verzeichnet in Berlin-Brandenburg rund 100.000 Beschäftigte, in Sachsen 69.000.
Kolleg:innen aus den sächsischen VW-Werken (Motorenwerk Chemnitz, Gläserne Manufaktur Dresden, Fahrzeugwerk Zwickau) demonstrierten ebenfalls mit, obwohl sie gar nicht von dieser Tarifrunde betroffen sind, sondern einem Haustarif unterliegen. Am Freitag gab der Autobauer laut „Freier Presse“ bekannt, die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung zu kündigen. Daneben war Sachsen mit Belegschaften aus Bautzen, Görlitz (Schienenfahrzeugproduzent Alstom) und Accumotive (Batteriehersteller für Elektrofahrzeuge) aus Kamenz vertreten. Die Ankündigung des Autogiganten dürfte auch Auswirkungen auf Zulieferbetriebe haben. ZF plant die Streichung von 14.000 Stellen deutschlandweit. Produziert wird u. a. in Brandenburg/Havel.
Dazu Schulze: „Hände weg von den Arbeitsplätzen, Hände weg von den Standorten! Bei VW, bei ZF und bei allen anderen Unternehmen.“
Doch bleibt dies ein leerer Appell an die „Vernunft“ der Bosse. Wie aber sollen die Arbeiter:innen handeln, Kollege Schulze? Wir haben dazu Position bezogen:
Doch von Funktionär:innen ist wohl nicht mehr zu erwarten, als sich zu gar nicht so kritischen Ratgeber:innen „ihrer“ Kapitalist:innen aufzuschwingen. Besonders peinlich wird’s immer dann, wenn Lohnerhöhungen gemäß neokeynesianischer Doktrin mit steigender Endnachfrage als Heilmittel für den Aufschwung an die Unternehmer:innen verkauft werden sollen. Die IG Metall übt sich hier nutzlos als vernünftige Unternehmer:in. Der Klassenstandpunkt des Proletariats gerät gar nicht erst ins Blickfeld. Und den des Kapitalismus kennen die Bosse allemal besser. Wir Marxist:innen auch, denn es ist die sinkende Profitabilität, die geschwundenen Profitaussichten, die die Krise heraufbeschwören und Investitionen drosseln.
Die laufende Tarifrunde und das Gespenst drohender Massenentlassungen in der Metall- und Elektroindustrie bieten eine gute Gelegenheit, diesen Standpunkt in Herzen und Hirne der kämpfenden Kolleg:innen zu tragen!
In München waren am Mittwoch, den 11.09.2024, laut IGM 5.000 auf der Straße. In der vergangenen Woche wurde neben Bayern in Baden-Württemberg, Niedersachsen/Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen verhandelt, am 16.9.2024 zum bundesweiten Abschluss der ersten Verhandlungsrunde im Tarifgebiet Küste. Die nächsten Beratungen sind für Mitte Oktober geplant. Die Friedenspflicht endet am 28. Oktober, danach sind Warnstreiks möglich.
Es gibt keine bevorstehenden Veranstaltungen.
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Südamerika: Politik, Gesellschaft und Natur
Ich reise ein Jahr durch Südamerika und versuche in dieser Zeit viel über die Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und natürlich auch die Landschaften zu lernen und möchte euch gerne daran teilhaben lassen