Helga Müller, Neue International 285, September 2024
Die Umverteilung geht weiter: Die Unternehmen werden entlastet, der Rüstungsetat wächst – zahlen sollen die Lohnabhängigen, Erwerbslosen, Sozialhilfeempfänger:innen, Geflüchteten, Jugendliche und Kinder!
Deutschland rüstet sich auf Kosten der arbeitenden und arbeitslosen Bevölkerung im Kampf um die Neuverteilung der Ressourcen und Absatzmärkte! So weit die Kurzfassung des „nachgebesserten“ Haushaltsentwurfs 2025.
Der neue Haushaltsentwurf für 2025 der Koalitionsspitzen ist zum einen davon geprägt, die Einschnitte in die sozialen Bereiche und Erhöhung der Ausgaben für die Aufrüstung – wobei die Erreichung des 2 % BIP-Anteils nicht zur Disposition steht – nicht zu extrem werden zu lassen. Damit soll versucht werden, möglichen Widerstand abzumildern und Deutschland innenpolitisch zu stabilisieren.
Auf der anderen Seite soll – wie Habeck es mehr oder weniger deutlich auf der Pressekonferenz ausgedrückt hat – Europa in einer instabiler werdenden Welt unabhängiger von den USA gemacht werden. Wobei Deutschland hier seinen Führungsanspruch auch deutlich wieder anmeldet. Dabei spielt Aufrüstung die essentielle Rolle. Auch mit militärischen Mitteln sollen wichtige Ressourcen für Zukunftstechnologien (neues Akkumulationsregime), Absatzmärkte und Billiglohnländer in einer multipolaren Welt für Europa und Deutschland als führende Wirtschaftsnation gesichert werden.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll mit diesem Haushalt begonnen werden, die wirtschaftliche Stagnation Deutschlands (dieses Jahr prognostiziert die Bundesregierung einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von schwachen 0,3 %, was eigentlich ein Nullwachstum darstellt) zu überwinden. Die Stagnation ist ein Indiz dafür, dass die BRD als das wirtschaftlich dominierende Land in Europa ins Hintertreffen geraten ist und sich in den kommenden Jahren anschickt, dies überwinden zu wollen. Dazu dient u. a. letzten Endes das Aufrüstungsziel von mind. (!) 2 % des BIP mit der Option, dies auch zu erhöhen.
Der neue Entwurf des Bundeshaushalts für 2025 ist laut Finanzminister Lindner angeblich kein Sparhaushalt. Bei näherem Hinsehen ist dies aber sehr wohl der Fall: Die Verteilung zugunsten der Konzerne auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung, Erwerbslosen, Kinder, Rentner:innen u. a. wird weiter vorangetrieben. Zudem steht der Entwurf von der Finanzierungsseite her auf äußerst wackligen Füßen. So sollen mit der sog. Wachstumsinitiative und den Investitionen von insgesamt 57 Mrd. Euro ein bescheidenes zusätzliches Wirtschaftswachstum von mehr als einem halben Prozent erreicht und außerdem „’globale Mehreinnahmen’ von 14,27 Mrd. Euro“ generiert werden (Junge Welt: „Alles Soziale einstellen“ vom 18.7.2024). Zudem gibt es trotz mehrerer Versuche der „Koalitionspartner:innen“, die finanzielle Lücke von 17 Mrd. auf 9 Mrd. zu drücken, immer noch ein Defizit von 12 Mrd. Euro. Dieses Loch soll angeblich durch Nichtausgaben in den verschiedenen Ressorts in den nächsten Jahren geschlossen werden können. Anders ausgedrückt heißt das, es ist jetzt schon damit zu rechnen, dass es weitere Einschnitte im sozialen Bereich geben wird. Zudem gibt es immer noch Verschuldungstricks, die zwar im Gegensatz zum ersten Entwurf etwas entschärft wurden, wo aber sich doch die Frage stellt, ob nicht doch noch juristisch geprüft werden muss, ob der Entwurf mit der Schuldenbremse kompatibel ist. Auch von daher ist die Finanzierung des Haushaltes für 2025 in Frage gestellt.
Zu einigen der einzelnen bisher bekannten Maßnahmen:
Was bedeutet das für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen Anfang 2025?
Besondere Bedeutung erhält dieser Bundeshaushalt gerade für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen, die Anfang nächsten Jahres starten wird. Gerade geht es um die Forderungsaufstellung.
Nicht nur, dass die Forderungen so ausfallen müssten, die Reallohnverluste und Inflation der letzten Jahre wirklich auszugleichen, es gilt in dieser Tarifrunde noch mehr als in der letzten, auch gegen den Sparhaushalt zu mobilisieren und hier die Frage zu stellen: Wer soll zahlen? Sollen wir mit noch weniger Geld auskommen – wie es Verteidigungsminister Pistorius schon anlässlich der Aufrüstung bei der letzten Tarifrunde im öffentlichen Dienst von den Gewerkschaften und Kolleg:innen gefordert hatte? Oder ist es nicht sinnvoll aufzuzeigen, dass gerade die weltweit agierenden Konzerne und Banken trotz Krise Milliardengewinne einfahren und vor allem die Rüstungsindustrie – dank der Milliardenaufrüstung – an Krieg und Verwüstung verdient? Statt Milliarden für die Rüstung brauchen wir Milliarden für Umwelt, Bildung, Gesundheit und vieles mehr. Zahlen sollen die weltweit agierenden Konzerne und die Rüstungsindustrie!
Um die massiven Angriffe abzuwehren, die mit dem Haushalt einhergehen, brauchen wir mehr als tarifliche Mobilisierungen. Gegen den Haushalt zu stimmen, wäre ein erster Schritt, den wir von den Abgeordneten der Linkspartei, SPD und BSW sowie allen Gewerkschafter:innen fordern. Aber das kann nur ein Schritt sein.
Wir brauchen ein Bündnis sämtlicher Organisationen der Arbeiter:innenklasse, allen voran der Gewerkschaften, um gegen die Kürzungen mobilzumachen. Dazu schlagen wir folgende Forderungen vor:
Als Auftakt gegen Sparprogramm, Aufrüstung und Abwälzung der Krisenlasten auf unseren Rücken organisieren der ver.di-Bezirk München und GEW München in Zusammenarbeit mit Aktiven aus den Betrieben und vielen Organisationen und Initiativen – darunter auch die Münchner Gewerkschaftslinke/Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften –, eine Kundgebung und Demonstration „Soziales rauf – Rüstung runter“ am 12. Oktober, 14 Uhr am Münchner Odeonsplatz. Mehrere Gliederungen von Gewerkschaften aus Bayern, Friedensbündnisse, aber auch bundesweit – z. B. ver.di-Bezirk Stuttgart – mobilisieren auch dorthin.
Mehr Infos: https://muenchen.verdi.de/++co++91fc000e-1daa-11ef-85cb-90b11c4f1b2d