Arbeiter:innenmacht

Der „AUKUS-Pakt“ erhöht die Kriegsgefahr

U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist Seaman Ryan Steinhour (Released), Public domain, via Wikimedia Commons

Dave Brody, Workers Power (Britannien), Infomail 1164, 27. September 2021

Der „AUKUS“-Sicherheitspakt zwischen Australien, Großbritannien und den USA (benannt nach den Initialen der drei teilnehmenden Länder) ist einer der dramatischsten Schritte, den die Vereinigten Staaten bisher unternommen haben, um der Bedrohung ihrer Interessen durch ihren größten imperialistischen Rivalen, China, zu begegnen. Er stellt auch eine brutale Brüskierung Frankreichs und im weiteren Sinne der Europäischen Union und ihrer Nato-Verbündeten dar, von denen keine/r konsultiert worden war. Der Brexit unterstreicht auch die Abkehr Großbritanniens von seinen früheren EU-PartnerInnen und die Hinwendung zu einer Geostrategie mit Nordamerika.

Der Pakt ist einer der bisher deutlichsten Beweise für die Schwächung der US-amerikanischen Hegemonie, die am Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet wurde, und für die wachsenden Spannungen nicht nur zwischen konkurrierenden imperialistischen Blöcken, sondern auch innerhalb dieser. Es zeigt auch – wie schon der überstürzte Abzug aus Kabul –, dass Joe Bidens Multilateralismus und seine Versöhnung mit den Verbündeten mehr eine Sache der Worte als der Taten ist.

Den größte Schock verspürte nicht die chinesische, sondern die französische Regierung,  eine der ältesten Verbündeten der USA. Ein Abkommen zwischen Frankreich und Australien über den Bau der nächsten Generation von U-Booten der Angriffsklasse war ohne Vorwarnung gekündigt worden. Frankreich zog wutentbrannt seine BotschafterInnen aus Washington und Canberra ab, um „Konsultationen“ abzuhalten. Großbritannien wurde nur deshalb ausgeschlossen, weil die französische Regierung vom „perfiden Albion“ (Löwe: englisches Wappentier) nichts Besseres erwarteten. Aber im Beisein der USA gestand der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian Gefühle von „Wut und Bitterkeit“ ein und erklärte.  „Diese brutale, einseitige und unvorhersehbare Entscheidung erinnert mich sehr an das, was Herr Trump zu tun pflegte“, und fügte hinzu: „So etwas tut man nicht unter Verbündeten.“

Inhalt des Paktes

AUKUS ist ein Sicherheitspakt zwischen den drei Ländern, der zunächst auf die Entwicklung und Stationierung einer Flotte australischer Atom-U-Boote im Indopazifik abzielt. Diese U-Boote sind weitaus schwerer zu entdecken und viel schneller als konventionell angetriebene Schiffe. Die Stationierung einer solchen Flotte in Australien wird die Bemühungen der USA unterstützen, der wachsenden Dominanz Chinas in der Region und seiner militärischen und maritimen Aufrüstung entgegenzuwirken. Die Vereinbarung geht jedoch weit darüber hinaus und sieht eine Zusammenarbeit in einem breiten Spektrum militärischer Fragen vor, darunter Cybersicherheit und künstliche Intelligenz.

Die UnterzeichnerInnen des Pakts hoffen, der wachsenden maritimen Herausforderung durch China begegnen zu können. Die Modernisierung der chinesischen Marine hat inzwischen diejenige Japans, Indiens und Australiens überholt, und China konkurriert nun direkt mit Amerika um die Vorherrschaft auf dem Seeweg in der Region. Die USA und Großbritannien sind zunehmend besorgt über Chinas wachsende Fähigkeit, ihre imperialistischen Interessen im Pazifik zu beeinträchtigen.

Obwohl Australien ein wichtiger Handelspartner Chinas ist, macht es sich zunehmend Sorgen über die wachsende Dominanz der chinesischen Flotte und das zunehmend bedrohliche Verhalten des Landes, einschließlich der Errichtung von Marinestützpunkten auf künstlichen Inseln im Südchinesischen Meer. Obwohl AUKUS Australiens Marinekapazitäten massiv erhöhen wird, ist das Abkommen an Bedingungen geknüpft: Australien hat sich in einem künftigen Konflikt mit China fest auf die Seite der USA gestellt. Ein hochrangiger US-Beamter bezeichnete das Abkommen als „eine grundlegende Entscheidung, die Australien für Generationen fest an die Vereinigten Staaten und Großbritannien bindet“.

Wie vorauszusehen, betrachtet China den AUKUS-Pakt als direkten Gegenschlag zu seinen Versuchen, die potenzielle Blockade durch US-Basen, -Verbündete und -Flotten im indopazifischen Raum zu lockern. Der Pakt kommt auch zu einer Zeit, in der die Vereinigten Staaten in demütigender Weise aus Afghanistan abziehen und China mit seiner „Neuen Seidenstraßen“-Initiative vorankommt, die ihrerseits eindeutig darauf abzielt, den potenziellen maritimen Würgegriff der USA zu überwinden.

Die chinesische Regierung hat das Abkommen als „extrem unverantwortlich“ verurteilt und erklärt, dass es „das Wettrüsten verschärft“, was es in der Tat tut. Die Global Times, eine vom chinesischen Staat unterstützte Publikation, ging noch weiter und erklärte, Australien habe sich mit diesem Schritt „zum Gegner Chinas gemacht“, und sagte noch offener, dass „die australischen Truppen höchstwahrscheinlich die erste Gruppe westlicher SoldatInnen sein werden, die ihr Leben im Südchinesischen Meer vergeuden“.

Es waren jedoch der demokratische Präsident Barack Obama und seine  Außenministerin Hillary Clinton, von der Falkenfraktion, die „pivot to Asia“ (Schwenk nach Asien) einleiteten und unter anderem die Transpazifische Partnerschaft (TPP) ins Leben riefen, einen Handelspakt zwischen elf Ländern, der als Mittel zur Eindämmung des wirtschaftlichen Einflusses Chinas im Pazifikraum angesehen wurde, den Trump jedoch später aufgab. Am Tag nach der Ankündigung des AUKUS-Pakts beantragte China den Beitritt zur seltsam umbenannten „umfassenden und progressiven“ TPP, offensichtlich mit dem Ziel, die USA zu überflügeln oder zumindest in Verlegenheit zu bringen.

Weitere Eskalation

Im Grunde ist der AUKUS-Pakt eine weitere Eskalation der zwischenimperialistischen Rivalität und des zunehmenden Wettrüstens zwischen den Großmächten – in erster Linie China und den USA. Aber der Streit mit Frankreich und die Rede zur „Lage der Union“ der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in der sie Europa aufforderte, seine eigenen Verteidigungskapazitäten zu entwickeln, um Expeditionsstreitkräfte zur Verteidigung seiner Interessen ohne die Erlaubnis der USA zu entsenden, werden ein Thema für den neuen deutschen Bundeskanzler sein. Bisher hat sich Deutschland geweigert, sich Macron und früheren französischen Präsidenten anzuschließen und sich für eine von der amerikanischen Führung innerhalb der NATO unabhängige europäische Verteidigungstruppe einzusetzen. Dieser Weg kann nur zur Bildung eines neuen Lagers als Rivalin zu den USA führen – keine leichte Angelegenheit.

Der zunehmende Unilateralismus der USA – sowohl unter Biden als auch unter Trump – ist jedoch ein Faktor, der auf eine künftige transatlantische Konkurrenz hindeutet, eine Rivalität, die das „weltumspannende Großbritannien“ vor harte Entscheidungen stellen wird.

Die Macht der Vereinigten Staaten nimmt sicherlich ab, aber sie sind immer noch die bei weitem höchstentwickelte imperialistische Macht mit enormen militärischen und finanziellen Fähigkeiten. In dem Maße, wie China an Stärke gewinnt und die absolute globale Hegemonie der USA nach 1991 schwindet, wächst die Gefahr eines offenen Konflikts zwischen den beiden Mächten und ihren Verbündeten.

Ein solcher Konflikt wäre verheerend für die ArbeiterInnenklasse und für die gesamte Menschheit und könnte bis zur völligen nuklearen Vernichtung eskalieren. Daher ist es für revolutionäre KommunistInnen in den imperialistischen Zentren, sei es in den USA, Großbritannien, der EU oder China, von entscheidender Bedeutung, eine Bewegung gegen eine Eskalation des Wettrüstens der rivalisierenden imperialistischen Lager zu organisieren, die auf einen Krieg zusteuert.

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