Aufruf zum Enteignungsblock am 1. Mai in Berlin, Infomail 1147, 24. April 2021
Steigende Mieten und Wohnungsspekulation, Krankenhausprivatisierungen und Gesundheitsnotstand, Massenentlassungen und Kurzarbeit, prekäre Jobs, doppelte Last in der Hausarbeit und knappe Kassen prägen unseren Alltag. Viele fühlen sich nach Monaten eines Zick-Zack-Kurses in der Pandemiebekämpfung, nach überhasteten Öffnungen von Schulen und Kitas sowie ebenso überhasteten Schließungen am Ende ihrer Kräfte. Millionen Menschen drohen Verarmung, Pleiten und Arbeitslosigkeit, während andere Überstunden im Krankenhaus oder in der Exportindustrie schieben müssen.
Dabei hat die Pandemiebekämpfung von Bund und Ländern schon im letzten Jahr Zehntausenden das Leben gekostet. Die Lasten dieser Politik müssen wir Lohnabhängige tragen, während der Lockdown vor den Pforten der großen Konzerne haltmacht, die weiter Milliardenprofite einfahren: seien es Konzerne wie Daimler und Volkswagen; seien es Amazon und die IT-Industrie; seien es BioNtech-Pfizer, Merck und andere Pharmariesen, seien es Deutsche Wohnen, Vonovia und andere.
Auch 2020 bleiben den 100 umsatzstärksten Konzernen in Deutschland noch satte 60 Mrd. Euro an Gewinnen, 32 Mrd. wurden an die Aktionär:innen als Dividenden ausgeschüttet. Krisengeschüttelte Unternehmen wie die Lufthansa wurden mit Milliarden Steuergeldern gerettet, während an den Schulen und Kitas bis heute Luftfilter oder IT-Endgeräte für viele Schüler:nnen fehlen. Die Politik ließ die Corona-Held:innen in den Krankenhäusern und im Einzelhandel zwar hochleben, auf Lohnerhöhungen, Arbeitsverkürzung und mehr Personal warten sie aber bis heute vergeblich.
Seit mehr als einem Jahr ist unser Leben von einer dreifachen Krise geprägt, deren Ende nicht in Sicht ist: der tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg; einer Pandemie, die weltweit schon drei Millionen Tote gefordert hat und einer fortdauernden Umweltkrise, deren Auswirkungen immer deutlicher werden. Und geht es nach denen, die im Kapitalismus das Sagen haben, sollen wir für Krise und Pandemie bezahlen, sollen wir die Staatsverschuldung durch mehr Steuern und Kürzungen finanzieren; sollen wir den Buckel krumm machen, damit Deutschland und deutsche Konzerne den Weltmarkt erobern und beim Kampf um die Neuaufteilung der Welt erfolgreich sein können.
Während der Staat in der Krise mit unzureichenden Hilfen wie Kurzarbeiter:innengeld notdürftig eingesprungen ist, sollen wir in „Eigenverantwortung“ eine Misere ausbaden, für die wir keine Verantwortung tragen. Während viele von uns aus ihren Wohnungen verdrängt werden und ihre Arbeitsplätze zu verlieren drohen, bereichern sich Konzerne auf unsere Kosten. Während wir – und erst recht Millionen auf der ganzen Welt – auf Impfungen und Impfstoff warten, entpuppen sich die Patente der Pharmariesen als Lizenz zum Gelddrucken. Während wir um unsere Arbeitsplätze fürchten, erhöhen die ChefIinnen in den Konzernzentralen den Druck auf uns. Die einen werden gefeuert, die anderen sollen für weniger Geld immer mehr arbeiten, ob nun in den Produktionsstätten, in den Kaufhäusern, im Versandhandel oder im Home-Office.
Sie, die kapitalistischen Ausbeuter:innen, diktieren uns unsere Lebensbedingungen bis in die Freizeit. Sie verdrängen uns aus unseren Wohnungen und Stadtteilen, sie machen Gewinne mit unserer Gesundheit und durch die Ausbeutung unserer Arbeitskraft. Sie bluten soziale Einrichtungen und Sicherungssysteme aus und zwingen vor allem Frauen noch mehr Sorgearbeit im Haushalt auf. Sie verwehren migrantischen Arbeiter:innen und Geflüchteten den Zutritt zum „freien“ Arbeitsmarkt und organisieren die Überausbeutung ihrer Arbeitskraft.
Ein besseres Leben, das frei ist von Existenzangst, das frei ist von der Angst um die eigene Gesundheit, mit der Regierung und Corona-Leugner:innen auf wahnwitzige Weise spielen; ein Leben das frei ist von Sexismus, Rassismus und Kriegstreiberei – all das müssen wir uns selbst erkämpfen. Wir müssen uns fragen: Welche Klasse, welche Kraft, welche Bewegung bestimmt über die Wirtschaft und Politik? Ein besseres Leben können wir nur erkämpfen, wenn wir selbst die Verfügungsgewalt des Kapitals über unsere Arbeit, über unser Leben, über unsere Wohnverhältnisse, unsere Gesundheit, über die soziale Reproduktion in Frage stellen.
Daher wollen wir gemeinsam eine Massenbewegung gegen Krise und Pandemie aufbauen, die vor der Eigentumsfrage nicht haltmacht. Deshalb demonstrieren wir gemeinsam am Ersten Mai. Organisieren wir uns in Kampagnen wie DWE und Co. enteignen, in den Betrieben und Gewerkschaften, an Schulen und Unis, in den Communities und Stadtteilen, in Aktionsbündnissen, so dass nicht wir, sondern die Reichen und Vermögenden die Kosten der Krise tragen müssen!
Unterstützende Gruppierungen: Gruppe ArbeiterInnenmacht, Razem Berlin, REVOLUTION, Revolutionäre Internationalistische Organisation/Klasse gegen Klasse, Sozialistische Alternative (SAV) Berlin, #ZeroCovid Berlin