Flugblatt von ZeroCovid Stuttgart vom 25. März, Infomail 1144, 30. März 2021
Der dritte Lockdown kommt, aber was bleibt, ist unsere „Freiheit“, von Montag bis Freitag zur Arbeit gehen zu “dürfen” und sich dort und auf dem Arbeitsweg einer großen Infektionsgefahr auszusetzen. Während zu Hause, auf öffentlichen Plätzen, in Parks und im Nahverkehr strenge Regeln gelten, entscheiden über die Regeln im Betrieb die Unternehmen selbst. Als Gewerkschafter:innen überrascht es uns deshalb überhaupt nicht, dass Produktionsbetriebe zu Hotspots geworden sind, die die dritte Welle anheizen.
In der ersten Welle wurde die S21-Baustelle zu einem der ersten bekannten Ausbruchsherde in der Region Stuttgart. Es wurde bekannt, dass die Beschäftigten in engen Gemeinschaftsunterkünften wohnten und keine Gesichtsmasken erhielten (und ihnen zudem der gesetzliche Mindestlohn und eine deutsche Krankenversicherung vorenthalten wurde). Im Sommer wurde der große Ausbruch beim Schlachtbetrieb Tönnies mit mehr als 2000 Infizierten bekannt. Die Amazon-Verteilzentren Garbsen und Bad Hersfeld entwickelten sich zu Hotspots, auch bei BASF, Audi Neckarsulm und Thyssen-Krupp wurden Krankheitsausbrüche entdeckt.
Das Problem beschränkt sich nicht auf einzelne Branchen oder besonders beengte Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Im Daimler-Werk Rastatt wurde erst vor einigen Tagen ein Infektionsherd mit 40 Fällen bekannt. Kolleg:innen berichten, dass sie eine weit höhere Dunkelziffer befürchten. Die Forderung von Kolleg:innen, dass Kontaktpersonen von Infizierten in der vorhandenen werkseigenen Teststation getestet werden sollen, wurde von der Werksleitung abgelehnt – stattdessen wurde gedrängt, Kontaktpersonen nicht als solche zu benennen, damit die Produktion nicht durch Quarantäneanordnungen beeinträchtigt wird. Bei Daimler in Untertürkheim war der Inzidenzwert (bis zu 250) im März 2 bis 3 mal so hoch wie landesweit. Das Management nimmt schwere Krankheitsfälle und eine Beschleunigung des Infektionsgeschehens in Kauf, damit das Geschäft weiterlaufen kann und Profite gescheffelt werden können.
Uns empört dieses Verhalten, aber es überrascht uns nicht, solange die Kontrolle des Infektionsschutzes vor dem Werkstor Halt macht. Die bisherige Pandemiepolitik spart einen entscheidenden Infektionsschauplatz von vornherein weitgehend aus. Die Pandemie kann so nicht unter Kontrolle gebracht werden. Stattdessen wird uns die Verantwortung, uns selbst und unsere gefährdeten Angehörigen vor Ansteckung zu schützen, als rein individuelle Aufgabe übertragen. Nur das Leben der Menschen wird drastisch eingeschränkt, während die Arbeit ungehindert weiterläuft.
Unterzeichnet den GewerkschafterInnenaufruf für einen solidarischen europäischen Shutdown!
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Kommt zur Kundgebung für einen solidarischen Shutdown: 10. April 15h Marienplatz Stuttgart!