Arbeiter:innenmacht

Solidarität mit dem Massenaufstand im Iran

Martin Suchanek, Infomail 1078, 22. November 2019

Seit Tagen werden das Internet und die elektronische Kommunikation im Iran effektiv blockiert. Bereits am Wochenende, als sich Massenproteste, Demonstrationen und Aufstände nach dem dramatischen Anstieg der Benzinpreise um mindestens 50 % über das ganze Land ausbreiteten, wurden Mobiltelefone, Mail-Verkehr und Nachrichtendienste immer wieder unterbrochen. Seit Dienstag, den 19. November, ist das Land von unabhängigen oder offeneren Formen der Kommunikation effektiv abgeschottet. Auch wenn die Maßnahme als „temporär“ angekündigt wurde und ursprünglich auf 24 Stunden beschränkt sein sollte, wurden die Kommunikationsverbindungen im Land und die „unkontrollierte“ Berichterstattung nach außen weitgehend gestoppt.

Für den 22. November wurde eine teilweise Öffnung des Netzes angekündigt. Die ultrareaktionären RevolutionswächterInnen proklamierten gar ihren Sieg über die Massenbewegung. Ob es der reaktionären Regierung wirklich gelungen ist, diese niederzuschlagen, bleibt abzuwarten – die Ursachen für das Aufbrechen der Unruhen, die bis zu einer Aufstandsbewegung anwuchsen, werden jedenfalls nicht verschwinden.

Abriegelung

Der Grund für die Abriegelung des Landes von der internationalen Öffentlichkeit war klar und einfach. Das iranische Regime hat alle seine repressiven Kräfte versammelt, um eine Massenbewegung niederzuschlagen, die Demonstrationen, Proteste gegen die Kräfte des Regimes, seine Sicherheitskräfte, Marionetten, Symbole und Gebäude umfasst. Im Gegensatz zur Bewegung von 2009 und den Massenprotesten von 2017/18, wo die städtische Mittelschicht, StudentInnen, die Intelligenz zentral waren, obwohl besonders jene von 2017/18 auch rasch die ArbeiterInnenklasse ergriffen, standen und stehen im aktuellen Kampf die am meisten ausgebeuteten Sektoren der Lohnabhängigen und das enorm vergrößerte Subproletariat im Mittelpunkt der Mobilisierungen und Aktivitäten.

Innerhalb weniger Tage, manchmal nur weniger Stunden, hatte sich die Bewegung über das ganze Land ausgebreitet. Am Wochenende waren nicht nur Schulen und Universitäten geschlossen, sondern auch Geschäfte und Fabriken.

Bereits in den Wochen vor dem Massenaufstand konnte man eine Zunahme von Protesten und Streiks beobachten, wie z. B. bei ZuckerrohrarbeiterInnen in Haft Tappeh (Haft Tepe), die eine lange Tradition von ArbeiterInnenkämpfen haben, oder in den Stahlwerken in Ahvaz (Ahwas). Themen wie die monatelange Nichtzahlung von Löhnen lösten auch immer wieder Arbeitskämpfe aus.

Am Wochenende des 16./17. November nahmen die Proteste vielerorts die Form eines spontanen Aufstands an, eines Ausbruchs der Verzweiflung, des Zorns und der Wut der Unterdrückten und Verarmten. Tankstellen, Rathäuser, manchmal auch Polizeiämter und Gebäude der „Revolutionsgarden“, der halbfaschistischen Milizen des Regimes, wurden gestürmt und niedergebrannt. In Schiras, einer Stadt im südlichen Iran, schienen die DemonstrantInnen für einige Zeit die Kontrolle übernommen zu haben.

Angesichts der verzweifelten wirtschaftlichen Situation der Massen, des Niedergangs der iranischen Wirtschaft kommt der Ausbruch wie eine Todeswarnung für das Regime.

Reaktion des Regimes

Aber es kämpft um jeden Preis um sein eigenes Überleben. Die Regierung ließ schon bald keinen Zweifel, dass sie mit allen Mitteln gegen die Bewegung vorzugehen gedenkt und diese, falls notwendig, im Blut ertränken will. Laut Amnesty International wurden bis zum 19. November bereits 106 Menschen bei Zusammenstößen mit der Polizei oder den bewaffneten Milizen des Regimes (Revolutionsgarden und ihre Unterabteilung, die Basidsch-Milizen; Basidsch-e Mostaz’afin: dt. = Mobilisierte der Unterdrückten) getötet. Mitglieder der Protestbewegung berichteten sogar von Zahlen bis zu 200, bevor die Kommunikation weitgehend abgeschottet wurde.

Die Bedrohung durch eine Massenbewegung, die das Regime stürzen könnte, hat vorerst die „HardlinerInnen“ und den „gemäßigen“ Flügel des islamistischen Regimes vereint. Alle verurteilen den Aufstand als „Vandalismus“ oder vom Imperialismus gesponserten „Terrorismus“. Einige der FührerInnen der DemonstrantInnen, die verhaftet und sogar mit der Todesstrafe bedroht wurden, wurden im Fernsehen gezeigt, wo sie „gestehen“, dass sie im Namen der USA, Israels oder Saudi-Arabiens handelten. Solche „Geständnisse“ sind so vertrauenswürdig wie die jedes Schauprozesses.

Seit Dienstag behaupten Rohani und andere VertreterInnen des Regimes sowie die staatlich kontrollierten Medien, dass sich die Situation „normalisiert“ habe. Dies klang und klingt eher nach einer selbstgefälligen Nachrichtenpolitik, wenn man bedenkt, dass die Nachrichtensperre aufrechterhalten blieb, dass jede „unkontrollierte“ Verbindung zur Außenwelt blockiert wurde. Aber es war und ist auch klar, dass das Regime alle Ressourcen mobilisiert, über die es verfügt – sein Monopol auf die Medien, den repressiven Apparat, die Gerichte, die Polizei, die Paramilitärs, die Institutionen der Islamischen Republik, die wie die Moscheen auch mit Teilen der Gesellschaft verbunden sind und die reaktionären Schichten zu Manifestationen für das Regime mobilisieren können. Angesichts der sehr realen Bedrohungen durch den US-Imperialismus, die Wirtschaftssanktionen und das westliche Ziel, einen „Regimewechsel“ durchzusetzen, gelingt es den Mullahs und ihren AnhängerInnen weiter, ihre Politik bei Teilen der Bevölkerung fälschlich als „Antiimperialismus“ zu verkaufen. Folgerichtig versuchen sie, die Massenbewegung als von ausländischen, US-imperialistischen, zionistischen und saudischen Kräften geführt und geleitet darzustellen.

Es liegt auf der Hand, dass diese ebenso wie die „weicheren“ europäischen ImperialistInnen und reaktionäre Kräfte des Exils und der internen „Opposition“, die von MonarchistInnen über Liberale bis hin zu den von den USA gesponserten ehemaligen Linken der Volksmudschahedin (Modschahedin-e Chalgh-e Iran) reichen, die Situation auszunutzen versuchen. Außenminister Pompeo und andere VertreterInnen der US-amerikanischen Regierung werden nicht müde, ihre „Solidarität“ mit dem iranischen Volk zu verkünden und sprechen seit Jahr und Tag offen vom „regime change“.

Wirtschaftliche und soziale Ursachen für die Bewegung

Es ist jedoch einfach eine Lüge, dass die gegenwärtige Bewegung, die Massenaufstände, die wir erlebt haben, von den USA oder anderen imperialistischen oder regionalen Mächten initiiert, orchestriert oder geführt werden. Sie stellen vielmehr den Ausbruch der Wut, Verzweiflung und Verelendung der verarmten Massen gegen ein diktatorisches, klerikales kapitalistisches Regime dar.

Die Bewegung wurde selbst durch Maßnahmen des Regimes ausgelöst, durch die Aufhebung der Subventionen für Benzin. Am 14. November kündigte die Regierung diese Maßnahme an, die innerhalb weniger Stunden auch umgesetzt wurde. Die Menschen hatten daher keine Zeit, sich auf die Rationierung des Benzins und die Erhöhung der Preise vorzubereiten. Diese steigen um 50 % für die ersten 60 Liter, die man kauft, für jeden weiteren Liter werden sie gar um 300 % angehoben!

Während die Benzinpreise im Iran zwar extrem niedrig sind (etwa 7,5 Eurocent/Liter bis letzten Freitag), waren sie eines der letzten Mittel, mit dem das Regime und der iranische Kapitalismus die Masse der Bevölkerung, der ArbeiterInnenklasse und der Armen wirtschaftlich einigermaßen integrierten. Genau dieser Teil der Bevölkerung wird am stärksten vom Preisanstieg und der wahrscheinlichen Zunahme der Inflation betroffen sein, die laut IWF bereits im Oktober 2019 35,7 % erreicht hatte. Noch pessimistischer ist die Einschätzung des Statistischen Zentrums für den Iran (SCI), das eine Gesamtinflationsrate von 47,2 % kalkuliert. Bezüglich der Erhöhung der Preise für Lebensmittel und Treibstoff errechnete es für das letzte Jahr einen durchschnittlichen Anstieg von 63,5 %, für Immobilienpreise einen von 82 % (Zahlen der Deutschen Welle, Iranische Wirtschaft sinkt unter Gewicht von Sanktionen, https://www.dw.com/en/irans-economy-plummets-under-weight-of-sanctions/a-50950471).

Der Grund für den Preisanstieg liegt auf der Hand. Die Krise der iranischen Wirtschaft wurde seit Mitte 2018 durch die US-Wirtschaftssanktionen und das Embargo, dem die europäischen Verbündeten der USA folgten, extrem verschärft. Seither schrumpfte die Wirtschaft nach Schätzungen der Weltbank um rund 8,7 %. Der IWF rechnet sogar mit 9,5 %. Die Ölexporte sanken um 80 % und die Staatsschulden stiegen. Preissubventionen, eindeutig ein Mittel zur Verhinderung sozialer Unruhen und zur Einbeziehung der Masse der Bevölkerung, sind ein Obolus, den das iranische Regime nicht mehr zahlen will und den es sich möglicherweise auch nicht mehr leisten kann. Dabei wurden die Subventionen für Benzin und andere Güter (und die damit verbundenen Umverteilungsmechanismen) bereits in den letzten zehn Jahren reduziert – teilweise als Folge der Forderungen des IWF nach einer „Umstrukturierung“ der Wirtschaft.

Die Situation wurde durch die Embargos, Handelsboykotte und Sanktionen verschärft. Hinzu kommt, dass das fixe Kapital, Maschinen und Infrastruktur des Landes, überaltert ist und kaum noch ersetzt wird. Wir haben es also mit einer chronischen Wirtschaftskrise zu tun.

Lage der ArbeiterInnenklasse

Es sind vor allem die ArbeiterInnenklasse, die Armen, die Landbevölkerung und die national unterdrückten Teile der Gesellschaft, die den Preis dafür zahlen müssen. Bereits in den letzten Perioden war der iranische Kapitalismus von einer dramatischen Verarmung großer Teile der Lohnabhängigen geprägt.

Man vergisst oft, dass der Iran nicht nur eine theokratische Diktatur ist, sondern auch ein kapitalistisches Land, das in den letzten Jahrzehnten eine starke Deregulierung des Arbeitsmarktes und der Arbeitsgesetze durchgesetzt hat, Reformen, die eindeutig der KapitalistenInnenklasse zugutekamen, aber auch wichtigen Teilen der Mittelschicht, der Kleinbourgeoisie und des Staatsapparates.

Nach Angaben des SCI lag die offizielle Arbeitslosigkeit im September bei 10,5 %. Dies verdeckt jedoch die tatsächliche Höhe von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, da nach einer kürzlich erfolgten Neudefinition der Beschäftigung jeder Mensch, der für eine Stunde pro Woche unter Vertrag steht, als beschäftigt gilt!

Dennoch bleibt die Jugendarbeitslosigkeit selbst nach offiziellen Angaben bei 26 %. Wenn man bedenkt, dass die Hälfte der 80 Millionen Einwohner des Iran unter 25 Jahre alt ist, zeigt sich, dass das derzeitige System für die Jugend keine Zukunft bietet.

Darüber hinaus hat die Regierung in den letzten 15 Jahren UnternehmerInnen ermöglicht, ArbeiterInnen nach einer dreimonatigen Probezeit ohne Bezahlung zu entlassen, eine Praxis, die bei Neueinstellungen und jungen Menschen weit verbreitet ist. Insgesamt haben schätzungsweise rund 93 % der Beschäftigten in Industrie und Handel nur befristete Verträge. Kurz gesagt, die Mehrheit der ArbeiterInnenklasse ist verarmt und umfasst ein riesiges Subproletariat.

Noch stärker betroffen sind die Lohnabhängigen in den ländlichen Regionen oder aus national unterdrückten Bevölkerungsgruppen. Kein Wunder, dass der Aufstand der letzten Tage in Regionen wie Chuzestan, Kermānschāh und Fars, alles „unterentwickelte“ Regionen mit großen arabischen und kurdischen Minderheiten, besonders ausgeprägt war.

Was nun?

Angesichts der wirksamen Abschottung des Landes ist es schwierig, die weitere Entwicklung der Bewegung zu beurteilen.

Der schnelle Ausbruch und die Ausbreitung spiegeln das enorme Maß an Wut und Verzweiflung, Entfremdung der ArbeiterInnenklasse, der Bauern-/Bäuerinnenschaft und sogar großer Teile der „Mittelschicht“ vom Regime wider.

Angesichts des diktatorischen Charakters der islamistischen Herrschaft, ihrer Durchdringung aller Bereiche des sozialen, wirtschaftlichen und privaten Lebens wird leicht verständlich, dass diese von Elend und sozialer Entvölkerung getriebene Bewegung schnell einen politischen Charakter angenommen hat.

Dies belegen viele Berichte, in denen DemonstrantInnen den Sturz des Regimes forderten, das Elend mit der islamischen und kapitalistischen Diktatur verknüpften, aber auch die Richtung der gewalttätigen Aktionen. Die Massen plünderten keine kleinen Geschäfte oder „randalierten“ nicht blind. Ihre Aktionen richteten sich gegen Tankstellen, Banken oder Gebäude des Regimes und der Repressionskräfte. Mit anderen Worten, sie richteten sich gegen die herrschende Klasse und ihre Institutionen.

Die rasante Ausbreitung – obwohl die elektronische Kommunikation zunächst sicherlich erleichtert wurde – spiegelt natürlich auch eine weit verbreitete, spontane Wut wider, die  durch steigende Preise nur entfacht werden musste. Es spiegelt möglicherweise auch einige, wenn auch schwache Formen der Verbindung zwischen Teilen der StudentInnen wider, aber auch von GewerkschafterInnen, die unter illegalen oder halblegalen Bedingungen arbeiten. Niemand sollte übersehen, dass gerade kämpferische ArbeiterInnen brutal unterdrückt und verfolgt sind. Allein im Raum Teheran saßen schon vor den Massenprotesten über 700 KämpferInnen der ArbeiterInnenklasse im Knast.

Verbindungen zwischen den Städten und AktivistInnen sind jedoch eindeutig sehr schwach und es fehlt ihnen eine politische und strategische Ausrichtung. Dies spielt in die Hände des Regimes, da es über einen zentralisierten Apparat, nationale Medien, die Kontrolle über die Wirtschaft verfügt – Mittel, die es gezielt zur Zerstörung der Bewegung und jeder organisierten proletarischen Opposition einsetzt. Darüber hinaus ist die Bewegung, obwohl sie eindeutig über starke Wurzeln bei den Armen und der ArbeiterInnenklasse verfügt und in der Lage war, den staatlichen Kräften in einigen Regionen zu widerstehen, nicht in der Lage gewesen, sich mit einfachen Soldaten zu verbinden, um sie an ihre Seite zu bringen und so den Repressionsapparat von innen zu schwächen.

Daher stellt das Fehlen einer landesweiten Organisation und Ausrichtung einen enormen Nachteil, ja eine grundlegende Schwäche dar angesichts der bewaffneten Macht des Regimes und der unmittelbaren Gefahr, die Bewegung im Blut zu ertränken. Deshalb müssen sich die ArbeiterInnenbewegung und die internationale Linke jetzt mit den ArbeiterInnen und Jugendlichen des Iran solidarisieren!

Sie müssen die Lüge zurückweisen, dass diese HandlangerInnen der westlichen imperialistischen Mächte, Israels oder Saudi-Arabiens seien.

Gleichzeitig müssen sie auch vor diesen falschen, heuchlerischen „FreundInnen“ des iranischen Volkes warnen. Sie müssen ihre Heuchelei, ihre eigene Unterdrückung, z. B. von Frauen in Saudi-Arabien, des Volkes im Jemen, der PalästinenserInnen oder die Plünderung der gesamten Welt durch die US-amerikanischen und europäischen Mächte aufdecken. Sie müssen darauf hinweisen, dass die US-Sanktionen gegen den Iran auch eine Ursache für das Elend der Bevölkerung sind, dass der Westen die Bevölkerung für seine Zwecke aushungern lässt. Sie müssen darauf hinweisen, dass die westlichen bürgerlichen PolitikerInnen zwar die Unterdrückung der Bewegung ablehnen, aber über das wirtschaftliche und soziale Elend schweigen. Kein Wunder, denn der IWF rechtfertigte tatsächlich den Anstieg der Benzinpreise, um die Schulden des Iran zu decken und das Land „umzustrukturieren“.

Und natürlich muss man auch vor den liberalen, monarchistischen oder proimperialistischen, fälschlich zur Linken gerechneten Formationen der „Opposition“ warnen und diese bekämpfen.

Politische Ausrichtung

Die iranische ArbeiterInnenklasse wird jedoch nur dann in der Lage sein, das Regime zu besiegen und gleichzeitig zu vermeiden, in die Hände dieser falschen „FreundInnen“ zu fallen, wenn sie sich als politische Kraft versteht, wenn sie die politische Führung übernimmt.

Dies erfordert einerseits in zugespitzten Krisen die Schaffung von Massenorganisation für den Kampf – nicht nur von Gewerkschaften, sondern auch von Aktionsräten, von Milizen zur Selbstverteidigung und von Soldatenräten, um diese auf die Seite der ArbeiterInnen und Jugend zu ziehen. Die Geschichte hat gezeigt, dass das Regime nicht reformierbar ist, dass es eine Revolution braucht, um es zu stürzen. Aber es muss eine Revolution sein, die nicht nur die herrschende politische und staatliche Form verändert. Es muss eine Revolution sein, die nicht nur eine klerikale Diktatur stürzt, sondern auch die KapitalistenInnenklasse und die GroßgrundbesitzerInnen enteignet, die den islamistischen Staatsapparat zerschlägt, ihn durch eine ArbeiterInnen- und Bauern-/Bäuerinnenregierung ersetzt und die Wirtschaft auf der Grundlage eines demokratischen Plans neu organisiert, der die Bedürfnisse der Vielen, nicht der Wenigen befriedigen soll.

Wie die Auswirkungen der imperialistischen Sanktionen gezeigt haben, wäre selbst ein solches Regime der ArbeiterInnenklasse nicht in der Lage, die Dinge in nur einem Land zu ändern. Die iranische Revolution müsste mit den Massenbewegungen im Irak, im Libanon, mit den palästinensischen und kurdischen Befreiungskämpfen verbunden, also über die gesamte Region ausgeweitet werden zum Kampf um eine Sozialistische Föderation des Nahen und Mittleren Ostens.

Es droht, dass die Kräfte der Konterrevolution, dass der iranische Staat den Aufstand zerschlagen werden, bevor sich die ArbeiterInnenklasse politisch so weit entwickelt, dass sie ihren Kampf mit diesen Aufgaben verbindet. Wir müssen unser Möglichstes tun, um die Zerschlagung der Bewegung zu verhindern. Aber selbst wenn es dem Regime gelingen sollte, diese mit brutaler Gewalt niederzuringen, so wird es nicht in der Lage sein, die wirtschaftliche und soziale Grundlage für eine dauerhafte Stabilität zu schaffen. Weitere Ausbrüche wären wahrscheinlich, ja würden unvermeidlich folgen.

Die Bewegungen und Aufstände der letzten 10 Jahre verweisen aber auch auf ein Schlüsselproblem, das alle Bewegungen des Nahen und Mittleren Ostens, ja weltweit betrifft – die Führungskrise der ArbeiterInnenklasse, das Fehlen eines klaren revolutionären Programms und einer Strategie, um die demokratischen, sozialen und wirtschaftlichen Forderungen mit dem Kampf um die Macht verbindet.

Keine spontane Bewegung, keine reine Gewerkschaftsbewegung kann die dafür notwendige Führung schaffen. Die politisch bewusstesten und entschlossensten KämpferInnen und mit der ArbeiterInnenklasse verbundene Intellektuelle müssen den Aufbau einer revolutionären, kommunistischen Partei in Angriff nehmen. Eine solche Partei muss auf einem Programm von Übergangsforderungen beruhen. Sie muss in der Lage sein, unter Bedingungen extremer Unterdrückung, unter Illegalität zu handeln und in Massenbewegungen zu wirken, die aufgrund der tiefen Krise rasch ausbrechen und schnell einen revolutionären Charakter annehmen können. Die Gründung einer solchen Partei, die Klärung ihres Programms und die Verbindung des Kampfes mit dem Aufbau einer neuen revolutionären Fünften Internationale ist eine unverzichtbare Aufgabe – im Iran und darüber hinaus.

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