Arbeiter:innenmacht-Flugblatt zum globalen Klimastreik, Infomail 1264, 20. September 2024
Der VW-Konzern hat ausgeholt zu einem großen Schlag gegen seine Beschäftigten. Weltweit sollen zehntausende Jobs gestrichen werden. Allein in Deutschland geht es um mehr als 10.000, die Schließung ganzer Werke droht. Grund dafür: VW kann seine Autos nicht mehr so profitabel verkaufen, wie es die Aktionär:innen gerne hätten, und während diese weiter fette Dividenden bekommen, sollen die Arbeiter:innen dafür bezahlen. Während sich manch eine/r vielleicht denken mag: „Weniger Autos sind doch was Gutes!“, sagen wir ganz klar: Gegen jede Werksschließung, gegen jede Kündigung – für Umstellung der Produktion!
Für VW, den größten Autokonzern der Welt, läuft es nicht gut, wenn auch die Krise nicht so scharf ist wie dargestellt. Der Konzern steht keinesfalls kurz vor der Pleite. Letztes Jahr machte er über 20 Milliarden Gewinn! Davon wurden jedoch 16 Milliarden direkt als Dividenden ausgeschüttet, weshalb das Geld für Forschung und Neugestaltung der Produktion fehlt. Geholt werden soll dieses nicht bei denen, die massig Geld kriegen, ohne zu arbeiten, sondern bei denen, die hart arbeiten und dafür überdurchschnittlich hohe Facharbeiter:innenlöhne erhalten.
Das will VW ändern, die Löhne drücken und so die Profitrate erhöhen. Außerdem soll durch die Werksschließung eigenes fixes Kapital (Produktionsstätten, Maschinen) vernichtet und dadurch ebenfalls die Gewinnrate pro Produkt (in diesem Fall Auto) erhöht werden. Eines plant VW dabei sicherlich nicht: weniger Autos produzieren. Diese sollen entweder im Inland zu schlechteren Arbeitsbedingungen und mit noch höherer Produktivität in weniger Werken hergestellt werden oder im Ausland, wo die Löhne niedriger und die Arbeitsbedingungen noch schlechter sind. Und ob der SUV aus Wolfsburg rollt oder beispielsweise der Türkei, das interessiert die Umwelt nicht.
Viele sagen nun, sowohl im Konzern als auch außerhalb, schuld an der Misere sei, dass VW die Umstellung zur E-Mobilität verschlafen habe. Und es stimmt sicherlich, dass VW von Konkurrent:innen wie Tesla mit dessen neu entstandener Fabrik in der Grünheide sowie aus China stark in Bedrängnis gebracht wird. Doch während Forderungen nach einer Rückkehr zum Verbrenner von uns nur energisch zurückgewiesen werden können, muss klar sein, dass auch niemandem/r geholfen ist, wenn statt VW in Zukunft Tesla den Markt für Autos dominiert. Denn die E-Autos helfen zwar dabei, Elon Musk das Geld zu geben, Bullshit auf Twitter zu verbreiten, aber nicht, die Umweltkrise zu lösen. Was es stattdessen braucht, ist eine viel grundlegendere Wende der Funktionsweise des Verkehrs und nicht nur des Antriebs. Eine Wende, bei der weder VW noch Tesla unsere Verbündeten sein können, die dort Beschäftigten es aber, um Erfolg zu haben, sein müssen!
VW will Werke schließen und somit Produktionsmittel vernichten, die es nicht mehr sinnvoll profitabel verwerten kann. Der Konzern will die Arbeiter:innen entlassen, die er dafür nicht mehr braucht. Wir aber brauchen alle Lohnabhängigen, ihr Wissen und ihr Know-how, die wir bekommen können, um die Mammutaufgabe zu bewältigen, die vor uns liegt: die ökologische Umstellung der gesellschaftlichen Produktion!
Denn eine Sache muss klar sein, das haben uns die 5 Jahre vom 20. September 2019 bis heute nun wirklich gezeigt: Dieser ökologische Wandel wird nicht durch den Markt geregelt, nicht durch einen „Green New Deal“ und nicht durch unsere Appelle an Politiker:innen, doch bitte etwas zu tun. Diesen Wandel müssen und können wir selber regeln! Doch bei diesem „Wir“ darf es nicht bei der Klimabewegung bleiben. Um Erfolg zu haben, muss die Masse der Arbeiter:innen, ob bei der Deutschen Bahn oder VW, Vattenfall oder RWE zu diesem „Wir“ gehören!
Denn diese Arbeiter:innen, ihre Arbeitskraft und ihre Expertise, sind es, die es braucht, um die Produktion umzustellen. Und ihre Kampfkraft ist es auch, die wir brauchen, um die Gelegenheit dafür zu bekommen! Denn wen wir dafür nicht gebrauchen können, wer im Weg steht für eine Lösung der Umweltkrise, das sind die Manager:innen und Aktionär:innen, die sich, ohne sinnvolle Arbeit für die Gesellschaft zu leisten, Milliarden in die Taschen stecken. Und deren einziges Interesse es ist, die neun- bis zehnstellige Zahl des jährlichen Profits so hoch wie möglich zu treiben, auf Kosten von Umwelt und Beschäftigten! An diese Gauner:innen können wir uns nicht richten, denn unsere Appelle à la „Wir wollen eine Zukunft!“ lassen sie völlig kalt. Wir müssen ihnen das Handwerk legen! Mit symbolischen Klima„streiks“ können wir das nicht, mit echten Streiks der Arbeiter:innen hingegen sehr wohl!
Doch wenn wir die Arbeiter:innen davon überzeugen wollen, sich mit der Klimabewegung zusammenzuschließen gegen ihre Bosse, dann müssen wir zunächst einmal zeigen, dass wir zuverlässige Verbündete sind. Aussagen, wie man sie 2019 teilweise gehört hat, dass es ja gut sei, wenn die Produktion zurückgeht, die Arbeiter:innen sich nicht so anstellen sollen und das große Ganze ihren kurzfristigen Interessen vorzuziehen hätten, sind dabei komplett fehl am Platz! Und auch nicht in unserem Interesse, denn wie bereits erwähnt: Auch für ökologische Produktion, für den Ausbau von Bahn und öffentlichen Nahverkehr brauchen wir Fabriken wie die von VW und Co.
Was es stattdessen zu tun gilt, wenn es tatsächlich mal keinen Sinn macht, bestimmte Teile zu produzieren, haben uns die Arbeiter:innen im GKN-Werk in Florenz demonstriert. Dort wollte der Automobilzulieferer GKN das Werk schließen, da es für seinen Profit nicht mehr zu gebrauchen war. Die dort produzierten Teile werden auch tatsächlich nicht mehr in der Menge benötigt, wie sie es einmal wurden, und werden es in Zukunft noch weniger. Doch die Arbeiter:innen entschlossen sich, nicht einfach zu akzeptieren, dass der Konzern ihr Werk achtlos einstampft und sie nach Hause schickt. Sie übernahmen ihr Werk selbst und stellten die Produktion auf Produkte um, die auch in Zukunft gebraucht werden, die im Zuge einer ökologischen Transformation nötig sind!
Dieses Beispiel zeigt, was im Kleinen möglich ist. Wir wissen jedoch auch, dass die Umstellung eines einzelnen Betriebes in einem System der Konkurrenz nicht reicht. Es geht vielmehr um die Enteignung der kompletten Automobil- und Verkehrsindustrie samt den großen Zulieferunternehmen.
Nur auf diese Grundlage können sie gemäß eines gesellschaftlichen Plans, organisiert und koordiniert umstrukturiert werden. Dabei reicht die bloße Verstaatlichung nicht aus. Auch wenn VW, Mercedes, BMW und viele andere in Staatshand wären, würde das noch nicht sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Beschäftigten, der zumeist lohnabhängigen Konsument:innen und Nachhaltigkeit im Zentrum stünden.
Der Kampf bei VW kann aber die Chance eröffnen, die Beschäftigung zu sichern durch den Bau von Fahrzeugen und Transportsystemen, die klimaschonend und zukunftstauglich sind: Schienenfahrzeuge im Nah- und Fernverkehr, kleine leichte Stadtfahrzeuge oder intelligente Lösungen für den Stadtrandbereich.
Dafür sollten in einem ersten Schritt alle Werke, die VW nicht mehr will, entschädigungslos enteignet werden und zusammen mit denen anderer Konzerne (z. B. Ford Saarlouis, Werke von ZF, Bosch, Continental, Mahle, GKN …) die Entwicklung und Produktion solcher Systeme beginnen, finanziert vom Staat, kontrolliert von den Beschäftigten und Fachleuten aus der Klimabewegung.
Denn wenn es uns gelingt, das Beispiel aus Florenz zu verallgemeinern, die Kontrolle über die Produktion den Händen der Bosse und Aktionär:innen zu entreißen und in die der Arbeiter:innen zu legen und demokratisch zu verwalten, dann können wir siegen, dann können wir den Kurs noch wenden! Weg vom Abgrund zur Klimakatastrophe und hin zu einer besseren Welt für alle!
Es gibt keine bevorstehenden Veranstaltungen.
Südamerika - Politik, Gesellschaft und Natur
Ein politisches Reisetagebuch
Südamerika: Politik, Gesellschaft und Natur
Ich reise ein Jahr durch Südamerika und versuche in dieser Zeit viel über die Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und natürlich auch die Landschaften zu lernen und möchte euch gerne daran teilhaben lassen