Erklärung der Movimiento Socialista de los Trabajadores (MST) in der FIT-U, ursprünglich veröffentlicht auf https://lis-isl.org/, Infomail 1284, 11. Juni 2025
Das von Mileis Regierung verabschiedete DNU 340/2025 (Decreto de Necesidad y Urgencia; dringend notwendiges Dekret; d. Red.) beschränkt sich nicht darauf, den Abbau der Handelsmarine voranzutreiben, die Arbeitsvorschriften zu deregulieren und die Einbeziehung ausländischer Schiffe in den Personen- und Güterverkehr im Inland zu ermöglichen – Reformen, die wir ablehnen. Darüber hinaus wird in Artikel 3[1] die Einschränkung des Streikrechts in fast allen öffentlichen und privaten Arbeitsbereichen durchgesetzt.
Mit denselben Argumenten wie im für verfassungswidrig erklärten DNU 70/2023 wird erneut versucht, einen Teil der vom IWF (Internationaler Währungsfonds) und den Unternehmer:innen geforderten Arbeitsreform durchzusetzen, deren Umsetzung durch die Krise und den Widerstand der Lohnabhängigen verhindert wurde. Mit diesem Dekret werden bestimmte Tätigkeiten als wesentliche Dienstleistungen [2] eingestuft und ihre Arbeiter:innen und Angestellten werden gezwungen, im Falle eines Gewerkschaftskonflikts die Arbeitsleistung auf 75 % der normalen Arbeitszeit zu erhöhen. Andererseits müssen Tätigkeiten, die als von „wesentlicher“ Bedeutung [3] angesehen werden, eine Mindestversorgung von 50 % gewährleisten. Mit dieser Neuerung wird das Streikrecht in praktisch allen Bereichen der Industrie und des Dienstleistungssektors, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor, eingeschränkt. Es ist das Fundament der von der Arbeiter:innenklasse errungenen Rechte und gleichzeitig das wichtigste Mittel zur Verteidigung der nach mehr als einem Jahrhundert Kampf errungenen Arbeitsbedingungen.
Mit den Euphemismen „wesentlich“ und „transzendental“ versucht Milei, die Lohnabhängigen mundtot zu machen, um die Ausbeutung der Arbeit zu verstärken und die derzeitigen prekären Bedingungen in Richtung Halbsklaverei zu verschärfen. In seiner Rede behauptet er in betrügerischer Weise, dass die Einschränkung des Streikrechts das Funktionieren von Bereichen mit großer Sensibilität in der Bevölkerung garantieren werde, wie Gesundheit, Bildung, Verkehr, Lebensmittelproduktion und viele andere. Im Gegenteil, es ist sein Kahlschlagplan – mit Tausenden von Entlassungen, Haushaltskürzungen und Rezession –, der das größte Hindernis für das normale Funktionieren dieser Bereiche darstellt.
In den regierungsnahen Medien wird vorgeschlagen, registrierte Arbeiter:innen von Selbstständigen, informell Beschäftigten und Angestellten digitaler Plattformen zu trennen, und dabei wird erneut die Lüge verbreitet, dass das Streikrecht ein Privileg einiger weniger sei und angesichts der Veränderungen, die die neuen Technologien auf dem Arbeitsmarkt mit sich bringen, ein überholtes Instrument darstelle. Das ist eine Lüge! Das Streikrecht ist ein Recht der gesamten Arbeiter:innenklasse, unabhängig davon, ob sie in Betrieben oder im Homeoffice, über Apps oder auf andere Weise arbeitet. Keine Innovation auf dem Arbeitsmarkt kann den Widerspruch beseitigt, der diese Gesellschaft zerreißt, den Interessenwiderspruch zwischen Arbeiter:innen und Kapitalist:innen. Wir rufen diese junge prekäre Arbeiter:innenklasse dazu auf, sich zur Verteidigung des Streikrechts zu vereinen und sich die Zukunft zurückzuholen, die Milei und die Bosse ihnen nehmen wollen.
Falsche Alternativen
Gleichzeitig lehnen wir die Vorschläge einer „neuen Staatsform“ ab, die von der peronistischen Opposition propagiert werden, die, als sie an der Regierung war, mehrere Regelungen dieses Rechts vorangetrieben hat. Diese Politik dient nicht dazu, dem schändlichen Dekret von Milei entgegenzutreten.
Ähnlich wie DNU 70/23 und die Ley Bases (Fundamentalgesetze; d. Red.) strebt dieses Dekret einen vollständigen Neustart der Produktionsverhältnisse an, einen echten Sprung in Richtung Autoritarismus und Reglementierung der Arbeitswelt. Durch die Abschaffung der Tarifverhandlungsfähigkeit sollen die Handlungsfähigkeit und die Macht der Arbeiter:innenschaft zersplittert werden. Und wie das DNU ist auch dieses Dekret verfassungswidrig, da es gegen Artikel 14 der Verfassung verstößt, der nach einem Jahrhundert der Kämpfe der Arbeiter:innen und der Massen erreicht wurde. Darüber hinaus stellt es das Arbeitsvertragsgesetz und die internationalen Übereinkommen mit Verfassungsrang in Frage. Dies haben die Arbeiter:innen des Garrahan-Krankenhauses in Buenos Aires in der von der APyT (Asociación de Profesionales y Técnicos del Hospital Garrahan; Vereinigung der medizinisch-pflegerischen und technischen Berufe; d. Red.) eingereichten Verfassungsbeschwerde festgestellt.
Die Umsetzung per Dekret bestätigt den Kurs, den Milei eingeschlagen hat, um wie ein Monarch zu regieren. Die „größte Anpassung der Welt“, wie er selbst sagt, erfordert zusammen mit dem Paket struktureller Reformen, dessen Umsetzung der Internationale Währungsfonds mit seinem neuen Programm fordert, dieses autoritäre Profil und die möglichst vollständige Unterwerfung der Arbeiter:innen und Angestellten.
Zu Beginn seiner Amtszeit hatte die Regierung bereits versucht, mit dem oben genannten Dekret 70/23 eine Arbeitsreform durchzusetzen. Die Mobilisierung aller Arbeitssektoren war der Schlüssel dazu, dass es für verfassungswidrig erklärt wurde. Heute muss die Richtung dieselbe sein. Angesichts dieses heftigen Angriffs ist ein Generalstreik notwendig. Wir brauchen einen starken Kampfplan mit Kontinuität.
Angesichts einer solchen Bedrohung sollten die zentralen Arbeiter:innenorganisationen bereits zu einem Generalstreik und einem Kampfplan aufrufen, um diesen Schritt der libertären Regierung zu stoppen. Aber die CGT (Allgemeine Arbeitskonföderation, größter argentinischer Gewerkschaftsdachverband, peronistisch; d. Red.) und die CTA (Arbeiter:innenzentrale Argentiniens, Gewerkschaftsdachverband; d. Red.) kündigen an, dass sie vorerst nur vor Gericht vorgehen werden, ohne zu Streiks oder Mobilisierungen aufzurufen. Wir warnen davor, dass kein institutioneller Weg funktionieren wird, wenn er nicht mit der Entwicklung einer sozialen Mobilisierung einhergeht, gegen die sich die bürokratischen Führungen so sehr wehren.
Deshalb fordern die Beschäftigten vieler Betriebe einen Generalstreik, und wir müssen dessen Impuls in die Hand nehmen. Entgegen der Stimmung in der Basis verfolgt der CGT-Führer Héctor Daer in dieser Zeit der libertären Regierung weiterhin dieselbe Logik: Er traf sich mit Kabinettschef Guillermo Francos, um die ersten Verhandlungen über das neue Dekret aufzunehmen, und erklärte, er sehe „keine Stimmung für einen Generalstreik“.
Es herrscht nicht nur eine Streikstimmung, sondern es gibt auch wichtige Aufstände. Tierra del Fuego (Feuerland; d. Red.) zeigt, dass wir alle Kämpfe vereinen und unsere Formen des Protests radikalisieren müssen. Letzte Woche haben die Lehrer:innen in der Provinz Buenos Aires ihren Willen und ihre „Streikstimmung“ gezeigt. Das zeigen auch die Fahrer:innen der UTA (Transportarbeiter:innengewerkschaft; d. Red.) und die Rentner:innen jeden Mittwoch – und das Garrahan-Krankenhaus, das gegen die Aushöhlung kämpft. Angesichts dieser Maßnahmen der Regierung fehlt es daher nicht an einer „Streikstimmung“, sondern daran, dass die zentralen Organisationen ihre Komplizenschaft und Passivität aufgeben und zu einem Streik aufrufen. Wie diese siebzehn Monate unter Milei gezeigt haben, als wir eine massive Präsenz auf den Straßen erreichten, haben wir dem ein Ende gesetzt und es geschafft, dass sie zurückrudern mussten.
Wir müssen die Liberfacho-Regierung (Liberfacho: Freiraum für ultraneoliberale Maßnahmen; d. Red.) stoppen. Und anstatt sich ihr entgegenzustellen, gehen die Führer:innen der CGT offene Kompromisse mit ihr ein, und die der CTA gehen nicht über Reden oder vereinzelte und partielle Maßnahmen hinaus. Weder die einen noch die anderen haben die Streiks fortgesetzt, die wir von unten initiiert hatten. Aus diesem Grund fordern wir erneut, dass sie zu einem landesweiten Streik und einem Kampfplan aufrufen, um die Aufhebung dieses reaktionären Dekrets und der gesamten Sparpolitik zu erreichen, und wir müssen dies an der Basis vorbereiten. Während wir für eine neue Führung in den Gewerkschaften kämpfen, um diesen Abschaum von Parasiten loszuwerden und eine neue demokratische Zentrale für den Kampf aufzubauen, müssen wir hinausgehen, um Versammlungen, Plena und Treffen von Aktivist:innen vorzubereiten und einzuberufen, was immer wir an jedem Ort und in jeder Gewerkschaft tun können, um den Kampf zur Verteidigung des Streikrechts, für Löhne und gegen die Sparmaßnahmen zu organisieren.
Der Kampf der Fahrer:innen, von Garrahan, von Tierra del Fuego, der Lehrer:innen von Catamarca (Provinz im Nordwesten; d. Red.) und anderer zeigt uns den Weg. Wir brauchen die größtmögliche Einheit in der Aktion auf den Straßen, um einen Mobilisierungsprozess und einen Kampfplan in Gang zu setzen, um dieser arbeiter:innenfeindlichen, restriktiven und repressiven Regierung, deren Fahrplan vom IWF vorgegeben wird, ein Ende zu setzen.
Nach mehreren Monaten ohne Kontrolle über die Straßen und unter dem Eindruck massiver Mobilisierungen versucht Milei, die politische Initiative zurückzugewinnen, indem er seinen Sieg mit 30 % der Stimmen von Adorni (Manuel Adorni, Politiker der LLA; d. Red.) und LLA (La Libertad Avanza; Die Freiheit schreitet voran, politische Partei Mileis; d. Red.) übertreibt und die PRO (Propuesta Republicana; konservativ-liberale Partei, stellte von 2015 – 19 mit Macri den Präsidenten Argentiniens) bei den Wahlen in der Autonomen Stadt Buenos Aires stürzt. Es muss jedoch gesagt werden, dass diese Wahlen, ebenso wie andere vorgezogene Wahlen in den Provinzen, Phänomene aufwiesen, die von der Regierung in ihrer Selbstbeweihräucherung nicht gewürdigt werden. Die Wahlenthaltung war sehr hoch, was die allgemeine Unzufriedenheit mit dem politischen Regime und die Nichtidentifikation mit irgendeinem Wahlprogramm widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund gelang es der libertären Regierung, nur 15 % der Wählerstimmen in der CABA (Autonome Stadt Buenos Aires; d. Red.) für sich zu gewinnen, was angesichts der Tatsache, dass die Wahlen in der Stadt zu einem landesweiten Ereignis hochstilisiert waren, eine sehr bescheidene Unterstützung darstellt. Deshalb dürfen uns Mileis Übertreibungen in dieser Hinsicht oder die derzeitige Stabilität in wirtschaftlichen Fragen nicht täuschen: Der politische Kurs der Regierung findet relative Akzeptanz, weshalb der Kampf und die Konfrontation auf der Straße ein möglicher Weg sind, um dieser ultrarechten Regierung den Arm zu verdrehen.
Von der MST in der Frente de Izquierda Unidad (Front der Vereinigten Linken) rufen wir zur breitesten Einheit der Aktion auf, um diese neue Provokation zu besiegen und Milei und seine Regierung zu stürzen. Wir rufen zu Versammlungen und Plena an allen Arbeitsplätzen auf. Wir fordern von den zentralen Organisationen den Generalstreik und den Kampfplan und organisieren von unten, um massive Mobilisierungen und den Generalstreik durchzusetzen. Parallel dazu, in Richtung eines linken und antibürokratischen Aktivismus, stellen wir erneut die Debatte über die Notwendigkeit einer massiven und sozialistischen politischen Alternative auf die Tagesordnung, die in ihrer Form und Kühnheit die Wahlpolitik übertrifft und sich selbst die Herausforderung stellt, Zehntausende für die Perspektive einer Regierung der Arbeiter:innen und der unterdrückten Massen zu gewinnen.
[1] Ändert das Kapitel über kollektive Arbeitskonflikte des Gesetzes 25877.
[2] Diese Kategorie umfasst Gesundheits- und Krankenhausdienstleistungen sowie den Transport und die Verteilung von Medikamenten und Krankenhausbedarf und pharmazeutische Dienstleistungen; die Produktion, den Transport, die Verteilung und die Vermarktung von Trinkwasser, Gas und anderen Brennstoffen und elektrischer Energie; Telekommunikationsdienstleistungen, einschließlich Internet- und Satellitenkommunikation; die gewerbliche Luftfahrt und die Luft- und Hafenverkehrskontrolle, einschließlich Befeuerung, Baggerarbeiten, Festmachen, Stauen, Entladen, Schleppen von Schiffen und aller Hafendienstleistungen; Zoll- und Einwanderungsdienstleistungen und andere Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Außenhandel; Kinderbetreuung und Bildung in Kindergärten, Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen sowie Sonderpädagogik; See- und Binnenschifffahrt von Personen und/oder Waren und/oder Fracht, damit verbundene Dienstleistungen und Offshore-Tätigkeiten mit den verschiedenen dafür verwendeten Mitteln.
[3] Diese Kategorie umfasst die Herstellung von Arzneimitteln und/oder Krankenhausbedarf; den Land- und U-Bahn-Transport von Personen und/oder Gütern mit den verschiedenen dafür verwendeten Mitteln; Rundfunk- und Fernsehdienste; kontinuierliche industrielle Tätigkeiten, einschließlich der Eisen- und Stahl- sowie der Aluminiumproduktion, der chemischen Industrie und der Zementindustrie; die Lebensmittelindustrie in ihrer gesamten Wertschöpfungskette; die Herstellung und den Vertrieb von Baumaterialien, Flugzeug- und Schiffsreparaturdienstleistungen, alle Flughafendienstleistungen, Logistikdienstleistungen, Bergbau, Kältetechnik, Post, Vertrieb und Vermarktung von Lebensmitteln und Getränken, landwirtschaftliche Tätigkeit und deren Wertschöpfungskette; Bank-, Finanz-, Hotel- und Gastronomiedienstleistungen sowie elektronischer Handel; und die Produktion von Waren und/oder Dienstleistungen aller Tätigkeiten, die von Exportverpflichtungen betroffen waren.