Arbeiter:innenmacht

Keine Gerechtigkeit ohne ein freies Palästina

Dave Stockton, Infomail 1277, 4. März 2025

Am 1. März endete die erste Phase der Waffenruhe im Gazastreifen. Netanjahus Kriegskabinett hat jedoch die Verhandlungen über die zweite Phase, die am 4. März beginnen sollte, wiederholt verschoben.

Der israelische Premierminister hat auch die Freilassung palästinensischer Häftlinge, von denen viele ohne Gerichtsverfahren inhaftiert sind, hinausgezögert, um der Hamas und ihren Verbündeten demütigende Zugeständnisse abzuringen. Die Zionist:innen hoffen, dass diese Provokation einen Vorwand für die Wiederaufnahme des Völkermords bietet.

Tatsächlich hat Israel die Bedingungen der ersten Phase kontinuierlich verletzt, am schlimmsten im Hinblick auf die Lieferung von mobilen Wohneinheiten und Baumaterialien. Ein Teil dieses Materials passierte den südlichen Grenzübergang auf der ägyptischen Seite, wurde dann aber auf der israelischen Seite für „Sicherheitskontrollen“ aufgehalten. Das Gaza Media Office gab an, dass nur sechs Bulldozer durchgelassen wurden, während es schätzungsweise über 40 Millionen Tonnen Schutt gibt.

Als die Hamas daraufhin die Freilassung der israelischen Geiseln aussetzte, es sei denn, Israel liefert die versprochene Hilfe, drohte Netanjahu mit der Wiederaufnahme der Bombardierungen. Donald Trump unterstützte ihn und versprach, dass „die Hölle losbrechen“ werde, wenn nicht alle Geiseln sofort freigelassen würden. Unterdessen ist Trumps schockierender „Plan“, alle Palästinenser:innen aus Gaza zu vertreiben und den Gazastreifen in einen obszönen Ferienort für die Reichen und Mächtigen zu verwandeln, lediglich eine Ablenkung.

Dieses Theater der Grausamkeit verschleiert die Tatsache, dass Netanjahu nach einem Grund sucht, die zweite Phase des Waffenstillstands zu verzögern oder abzubrechen – die einen vollständigen Abzug der israelischen IDF-Truppen, die Öffnung des Streifens für einen umfassenden Wiederaufbau und die Lieferung von Nahrungsmitteln und medizinischer Hilfe erfordert, während endlich Verhandlungen zur Beendigung des Krieges aufgenommen werden.

Dies wird von den faschistischen Parteien unter der Führung von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir, die damit gedroht haben, Netanjahus von der Likud-Partei geführte Koalition zu stürzen, vehement abgelehnt. Es würde wahrscheinlich auch zu eine politischen Abrechnung für Netanjahus Versagen bei der Verhinderung des Angriffs vom 7. Oktober und die Unfähigkeit der IDF, sein erklärtes Ziel – die vollständige Zerstörung der Hamas – zu erreichen, nach sich ziehen. Es könnte möglicherweise auch dazu führen, dass „Bibi“ Netanjahu wegen Korruption ins Gefängnis kommt.

Ein entscheidender Faktor, der eine vollständige Rückkehr zum Genozid verzögern würde, ist, dass dies Trumps umfassender Agenda im Nahen Osten, für die eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien unerlässlich ist, schaden oder sie sogar zunichtemachen würde. Allerdings können nur Närr:innen darauf vertrauen, dass Trumps Vernunft den fragilen Waffenstillstand aufrechterhalten wird.

Krieg im Westjordanland

Eine weitere wichtige Entwicklung, die von den auf Trumps Gaza-Riviera-Täuschungsmanöver fixierten Medien der Welt ignoriert wird, ist die schleichende Ausweitung der Verhältnisse in Gaza auf die besetzten Gebiete im Westjordanland durch Israel, angeblich um den palästinensischen Widerstand zu brechen. Die Flüchtlingslager Dschenin, Nur Schams und Faraa bilden seit 2021 das Zentrum der palästinensischen lokalen Widerstandskämpfer:innen, eine Einheitsfront national verbitterter rivalisierender politischer Gruppen (Fatah, PFLP und Hamas), die auf der mutigen Jugend basiert, die den Einfällen der israelischen Streitkräfte entgegengewirkt und den Angreifer:innen Verluste zugefügt hat.

Anfang 2022 startete die IDF die Operation „Break the Wave (Brecht die Welle)“ gegen diese Lager und begann im Juli desselben Jahres mit Luftangriffen, zunächst auf Dschenin, dann auf andere Teile des nördlichen Westjordanlands. Seit dem 7. Oktober haben die israelischen Sicherheitskräfte Hunderte zusätzlicher Kontrollpunkte im gesamten Westjordanland eingerichtet und bis zu 5.000 Einwohner:innen festgenommen, von denen über 3.600 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden. Die IDF ließ die Zerstörung von Häusern eskalieren und verteilte Schusswaffen an Siedler:innenmilizen, die bis zu 20 palästinensische Landgemeinden im Westjordanland gewaltsam vertrieben haben.

Unterdessen haben IDF-Soldat:innen Familien aus ihren Häusern geworfen, Männer, Frauen und Kinder in verschiedene Gruppen aufgeteilt und sie mit vorgehaltener Waffe aus ihren Stadtvierteln getrieben. Nach Angaben der UNRWA, der Hilfsorganisation der Vereinten Nationen für palästinensiche Flüchtling, hat dies zur Vertreibung von mindestens 40.000 Palästinenser:innen geführt.

Die aktuelle Offensive, die am ersten Tag der Waffenruhe im Gazastreifen begann und in „Operation Eiserne Wand“ umbenannt wurde, zielt darauf ab, den „Sicherheitsstatus quo“ im Westjordanland zu ändern, indem der bewaffnete Widerstand endgültig zerschlagen wird.

Am 24. Februar behauptete Verteidigungsminister Israel Katz, dass weitere 40.000 Palästinenser:innen aus den Flüchtlingslagern von Dschenin, Tulkarem und Nur Schams evakuiert wurden, die nun keine Bewohner:innen mehr haben. Er fügte hinzu, dass die israelischen Streitkräfte sich auf eine „längere Präsenz in den geräumten Lagern für das kommende Jahr und zur Verhinderung der Rückkehr der Bewohner:innen“ vorbereiten. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren wurden israelische Panzer im Westjordanland eingesetzt.

In Wirklichkeit besteht der Plan darin, genügend Palästinenser:innen aus ihren Häusern zu vertreiben, um eine vollständige Annexion zu ermöglichen, was Trump bald anerkennen wird, so wie er es bei der Eingliederung Ost-Jerusalems in seiner ersten Amtszeit getan hat. Im Mai 2024 hob die israelische Regierung das Rückzugsgesetz von 2005 auf und erlaubte Siedler:innen die Rückkehr in evakuierte Siedlungen in Dschenin und Nablus.

Wie geht es weiter?

Trotz der Ausdauer und des Widerstands der Palästinenser:innen ist dies weit davon entfernt, ein Sieg zu sein, wie einige Befürworter:innen behaupten. Die militärisch-politische Strategie der Hamas lieferte dem Siedler:innenstaat nicht nur den Vorwand, den er suchte, um von der Apartheid zum Völkermord überzugehen. Sie offenbarte auch die uneingeschränkte Unterstützung des westlichen Imperialismus für den Zionismus und ermöglichte es ihm, die Hisbollah zu zerschlagen und den Iran zum Schweigen zu bringen. Kurz gesagt: Die „Achse des Widerstands“ ist irreparabel gebrochen.

Der Gazakrieg hat auch die Komplizenschaft des ägyptischen Diktators Abd al-Fattah as-Sisi und des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman bewiesen, die nie über verbale Verurteilungen hinausgegangen sind. Aber diese Verrätereien und Rückschläge bedeuten nur, dass wir unsere Bemühungen verdoppeln müssen, um Solidarität mit den Palästinenser:innen zu organisieren.

Solange Israel seinen blutrünstigen Amoklauf entweder im Gazastreifen oder im Westjordanland fortsetzt, muss die Solidaritätsbewegung eine ganze Reihe militanter Maßnahmen ergreifen, um Palästina zu helfen, von Massendemonstrationen über Streikposten vor Waffenfirmen wie Elbit bis hin zum Boykott und zur Abkehr vom israelischen Handels- und Kulturaustausch. Die Blockade von Waffenlieferungen durch schwedische Hafenarbeiter:innen muss begrüßt und nachgeahmt werden.

Wir müssen auch Aktivist:innen und Schriftsteller:innen verteidigen, die unter dem Vorwand des Antisemitismus oder Terrorismus vor Gericht gezerrt oder von ihren Universitätspositionen entlassen werden, weil sie den Völkermord Israels aufdecken. Zu guter Letzt müssen wir gegen jeden „Deal“ protestieren, der die gegenwärtige oder zukünftige Vertreibung von Palästinenser:innen beinhaltet, und dürfen keinen Versprechungen vertrauen, dass solche Vertreibungen nur vorübergehend wären.

Wir müssen den Kampf für die Beendigung der jahrzehntelangen Belagerung des Gazastreifens fortsetzen und uneingeschränkte Land-, See- und Luftverbindungen schaffen, einschließlich des uneingeschränkten Zugangs für Journalist:innen, damit diese über das Ausmaß der dort begangenen Verbrechen berichten können. Beendet die zionistische Räumung und Besiedlung des Westjordanlands und Ost-Jerusalems! Räumt die Kontrollpunkte und die bewaffneten Siedlerfestungen auf den Hügeln und zieht alle IDF-Truppen vollständig ab! Einberufung freier und unabhängiger Wahlen für alle Palästinenser:innen in Gaza, im Westjordanland und in den Flüchtlingsgemeinschaften darüber hinaus – sie sollten entscheiden, wer sie regiert, niemand sonst!

Wir revolutionären Kommunist:innen werden weiterhin argumentieren, dass die einzige gerechte Lösung ein Staat in ganz Palästina ist. Sowohl Israelis als auch Palästinenser:innen müssen gleiche politische, wirtschaftliche und soziale Rechte erlangen. Dies könnte nur dann vollständig verwirklicht werden, wenn sich die Arbeiter:innen zusammenschließen, um einen Arbeiter:innenstaat zu schaffen, der auf dem gesellschaftlichen Eigentum an Land, Fabriken und natürlichen Ressourcen sowie auf einer gerechten Verteilung der Arbeit und lebensnotwendigen Güter beruht.

Die Bildung eines solchen Staates muss Teil der revolutionären Umwandlung der durch den Kolonialismus geschaffenen Staaten der Region in eine Föderation sozialistischer Staaten im gesamten Nahen Osten sein.

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