Arbeiter:innenmacht

„Kallarðu þetta jafnrétti?” (You call this equality?)

Redaktion, Fight! Revolutionärer Frauenzeitung 12, März 2024

Auch in Island fand am 23. Oktober 2023 das erste Mal seit 48 Jahren ein ganztätiger Frauenstreik statt. Unter den 40 isländischen Organisationen, die sich dem Aufruf angeschlossen hatten, befanden sich unter anderem der Verband der isländischen Krankenschwestern, Universitäten und Angestellten im öffentlichen Dienst. Obwohl das Land als weltweit führend bei der Gleichstellung der Geschlechter gilt und die Rangliste des Weltwirtschaftsforums 2023 zum 14. Mal in Folge anführt, beträgt das geschlechtsspezifische Lohngefälle 10,2 Prozent. „Man spricht über uns, man spricht über Island, als sei es ein Paradies für Gleichberechtigung“, sagte Freyja Steingrímsdóttir, eine der Streikorganisatorinnen und Kommunikationsdirektorin des isländischen Verbandes für Beschäftigte im öffentlichen Dienst (BSRB). „Aber ein Gleichstellungsparadies sollte nicht 21 % Lohnunterschied [Anm. der Red.: in bestimmten Industriezweigen] und 40 % der Frauen, die in ihrem Leben geschlechtsspezifische oder sexuelle Gewalt erfahren, aufweisen. Das ist nicht das, wonach Frauen auf der ganzen Welt streben.“

Insgesamt kamen rund 100.00 Frauen, darunter auch nicht-binäre Personen, die auch aufgerufen waren, in der Hauptstadt Reykjavik zusammen, um dagegen zu protestieren. Damit hat die Mobilisierung an den Erfolg von 1975 angeschlossen. Einen Wehrmutstropfen gibt es jedoch: Eine klare Perspektive, wie die Ziele erreicht werden sollen, gibt es auch hier nicht. So kommt es auch zu klassenübergreifender Zusammensetzung. Nicht nur dass die Premierministerin sich am Streik beteiligt hat, auch einige Unternehmen hatten vorab angekündigt den Streik „voll und ganz unterstützen“ – wie die beiden Fluggesellschaften Play und Icelandair. Gleichzeitig haben sie jedoch Maßnahmen ergriffen, dass es nicht zu Betriebsstörungen kommt und ihre Profite somit wenig darunter leiden. Das zeigt deutlich auf, dass es nicht nur ausreicht, eine Bewegung zu schaffen, sondern es darauf ankommt, für welche Forderungen man auf die Straße geht. Denn leere Worte der Unterstützung und halbherzige Vorsätze, in der Zukunft was zu ändern, kennen wir schon seitens der Regierung und Unternehmen in Bezug auf die Umweltfrage. Statt darauf zu hoffen, dass sie Gesetze in unserem Interesse umsetzen, müssen wir dies selber in die Hand nehmen und erkämpfen!

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