Arbeiter:innenmacht

TV-L: Richtig kämpfen statt alter Rituale!

Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften Berlin, Flugblatt zur Tarifrunde Länder vom 26. Oktober, Infomail 1235, 30. Oktober 2023

Wir sind mitten drin: Der TV-L und damit verbunden der bundesweite Kampf um den TVStud haben angefangen. Doch bei Bund, Ländern und Kommunen heißt es: „Die öffentlichen Kassen sind leer!” Tarifforderungen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst werden als „unrealistisch” abgebügelt. Doch während man von „leeren Kassen” redet, stehen für einen Rüstungshaus- halt 71 Milliarden bereit und Industriestrom wird subventioniert, während die Übergewinne der Energieriesen nicht angetastet werden. Geld ist also genug da. Die brennende Frage ist: Wie wird es tabellenwirksam?

Nicht klein reden lassen!

Der ver.di-Vorstand und die Spitzen der anderen Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst setzen nicht auf Konfrontation, sondern auf Tarifrundenritual mit Verhandlungen. Zugleich soll dem Vor- gehen ein möglichst demokratischer Anstrich gegeben werden. Daher organisierte ver.di eine Umfrage zu den Forderungen unter den Mitgliedern, deren Fragestellungen jedoch vom Apparat vor- gegeben worden sind.

Statt großer gemeinsamer Mobilisierungen gibt es für jeden Teilbereich eigene Aktionstage – ganz so als ob man vermeiden möchte, dass man auf uns aufmerksam wird. Denn ausbrennen würden wir uns nicht, wenn wir mehrfach auf die Straße gehen. Vielmehr würde das den bisher nicht organisierten und unentschlossenen Kolleg:innen zeigen, dass wir wirklich bereit sind zu kämpfen.

Bei der Umfrage ist das rausgekommen, was die Gewerkschaften auch im TVÖD forderten. Überraschung. Weitergehende Forderungen, wie sie beispielsweise Kolleg:innen der ver.di-Betriebs- gruppe der FU Berlin aufgestellt haben, wurden ignoriert. Wichtig ist vor allem, dass sich der weit hinter den Forderungen zurück- bleibende Abschluss der Kolleg:innen des TVÖD nicht wiederholt. Konkret stehen wir deswegen vor allem für Folgendes ein:

1. Reallohn sichern!

Nach dem heftigen Reallohnverlust der vergangenen Jahre brauchen wir eine kräftige tabellenwirksame Entgelterhöhung, die das ausgleicht und insbesondere die überproportionale Belastung niedrigerer Einkommen durch Inflation, hohe Energiepreise sowie Mieten berücksichtigt. Am 11. Oktober hat die Große Tarifkommission von ver.di die Forderung von 10,5 % bei mindestens 500 Euro aufgestellt.

Wenn die ver.di-Spitze jetzt die gleiche Forderung für den TV-L

aufstellt, wie sie für den TVÖD aufgestellt wurde, kann man davon ausgehen, dass sie auch einen ähnlichen Abschluss anstrebt bzw. damit zufrieden sein wird. Angesichts des schlechteren Organisationsgrades bei den Ländern haben die Bürokrat:innen an der Spitze auch schon ein wohlfeiles Argument, um die Verantwortung für einen noch schlechteren Abschluss abzuwälzen.

2. Tabellenwirksam statt Einmalzahlungen!

Sozialversicherungsfreie Einmalzahlungen als „Ersatzlohn“ („Inflationsausgleichsprämie“) lehnen wir ab, da sie sich auf das Tabellenentgelt nicht auswirken und außerdem die Kolleg:innen benachteiligen, die z.B. über die Hausverträge an den TV-L nur „angedockt“ sind und diese Zahlungen nicht erhalten. Da die Höhe der in Zukunft zu erwartenden Inflation nicht vorherzusagen ist, fordern wir einen automatischen Inflationsausgleich (gleitende Lohnskala), damit der Reallohn mit den steigenden Preisen, die die Beschäftigten in „Echtzeit“ treffen, Schritt halten kann.

Erst recht dürfen wir uns auf keine Zugeständnisse bei der Laufzeit einlassen. 10,5 %/500,-Euro müssen auch wirklich 10,5%/500,- Euro sein. Außerdem bedeutet eine Laufzeit von einem Jahr auch, dass wir rascher auf veränderte Bedingungen reagieren können, ohne dass wir für zwei Jahre oder noch länger wehrlos in der Friedenspflicht hängen.

3. Schluss mit der prekären Beschäftigung Studierender!

Wir unterstützen zugleich die bundesweite TV-Stud-Kampagne für einen Tarifvertrag für die studentischen Beschäftigten an den Hochschulen. In Berlin gibt es zwar schon einen Tarifvertrag, nichtsdestotrotz ist die Lage der studentischen Beschäftigten prekär und sie sind gegenüber TV-L-Beschäftigten benachteiligt. Deshalb fordern wir die Überführung des TV-Stud in den TV-L bzw. TVÖD, um einer Spaltung der Beschäftigten entgegenzuwirken.

Umsetzung erkämpfen!

Wir müssen auch dafür kämpfen, dass die Umsetzung der Forderungen durchgesetzt wird und dass wir nicht wie unsere Kolleg:innen mit TVÖD mit faulen Kompromissen abgespeist werden, die für viele Beschäftigte einen weiteren Reallohnverlust bedeuten.

Dafür ist es notwendig, dass sich die Kolleg:innen, die dafür kämpfen wollen, über die Betriebe, Dienststellen, aber auch über die Bezirke und Länder hinweg enger zusammenschließen. Als Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften wollen wir dafür einen Rahmen bieten, also setzt euch mit uns in Verbindung!

Gleichzeitig müssen die streikenden Kolleg:innen die Möglichkeit erhalten, über Streikmaßnahmen zu diskutieren und zu entscheiden und zwar auf Streikversammlungen, in denen alle zusammengefasst werden. Um dies zu organisieren und damit die Kolleg:innen die Kontrolle über ihren Streik erhalten, ist der Aufbau von Streikkomitees notwendig. Diese sollten z. B. aus demokratisch gewählten Tarifbotschafter:innen der Abteilungen bestehen und auch wieder abgewählt werden können, wenn sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. Darüber hinaus brauchen die Kolleg:innen die volle Transparenz über die Verhandlungen statt Geheimabsprachen der Bundestarifkommission mit den Arbeit„geber“:innen. Uns ist bewusst, dass es sehr schwer wird, die Forderungen im Öffentlichen Dienst durchzusetzen. Warnstreiks und ein paar Verhandlungsrunden werden nicht ausreichen. Notwendig ist es, dass wir unsere gesamte Kampfkraft in die Waagschale werfen und so schnell wie möglich die Urabstimmung über einen Vollstreik einleiten. Gegen die mediale Hetze und das Märchen von den leeren Kassen müssen wir gemeinsame Aktionen mit anderen Gewerkschaften und Solidaritätskomitees mit dem Kampf aufbauen. Wenn Geld für Kitas, Schulen, öffentliche Verwaltung angeblich nicht vorhanden ist, dann müssen wir es bei den Reichen, bei den großen Konzernen und Banken holen.

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