Arbeiter:innenmacht

Strategiekonferenz „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ – Wie weiter?

Diskussionsbeitrag zur Strategie von DWe von Wilhelm Schulz (Kiezteam Reinickending-Weddorf, Taskforce Organizing im KT R-W), Petra Hundert (Kiezteam Reinickending-Weddorf, Taskforce Organizing im KT R-W), Tomasz Jaroslaw (Taskforce Strategiekonferenz, Taskforce Argumente), Infomail 1177, 3. Februar 2022

Am 26. September hat „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen (DWE)“ im Volksentscheid mit 59,1 % der gültigen Stimmen einen großen Sieg errungen. Nach Jahrzehnten unternehmensfreundlicher Politik in Richtung Privatisierung, Mietsteigerung und Profitmaximierung wurde mit der Losung der Enteignung und Vergesellschaftung ein großes Statement dagegengesetzt. Die BerlinerInnen machten eine klare Ansage und sprachen sich für die Enteignung der Deutschen Wohnen, Vonovias und Co. aus. Die Eigentumsfrage und damit verbunden die Frage der demokratischen Kontrolle sind die zentralen Fragen der derzeitigen Situation.

In den letzten 3 Jahren wurde viel erreicht:

  • Ein Beschlusstext wurde erarbeitet, der die programmatische Basis der Kampagne bildet. Dieser wurde immer wieder überarbeitet.
  • Ein Treffen verschiedener AktivistInnen hat sich Anfang 2019 zum offenen Plenum als zentrales Organ der Kampagne entwickelt.
  • Zum Tragen der Kampagne wurde ein weitverzweigtes Netz von Strukturen aufgebaut:  Sieben AGen, diverse Taskforces und Unter-AGen, ein Koordinierungskreis und Kiezteams, die sich von einer Struktur zum Sammeln der Unterschriften zur lokalen Basis der Kampagne weiterentwickelten.
  • Hunderte AktivistInnen und noch mehr GelegenheitsaktivistInnen arbeiteten in den heißen Phasen im Sommer und Herbst 2021 für die Kampagne.
  • Viele kleine Initiativen wie auch größere und Massenorganisationen (z.B. Linkspartei, Berliner MieterInnenverein, Gewerkschaften) wurden als UnterstützerInnen gewonnen.

DWE konnte die Debatte in der Stadt auf diese Weise prägen und die Wohnraumfrage als eine zentrale Frage im Wahlkampf zur Berliner Abgeordnetenhauswahl aufwerfen. Die Stärke der Kampagne ist dabei vor allem, dass sie an den Kernproblemen der breiten Bevölkerung ansetzt und objektiv ein Massenpotenzial anspricht. Sie greift politische Elemente und Ziele aus der ArbeiterInnenbewegung auf, und bringt sie in eine Form, die dem aktuellen Bewusstsein und der aktuellen Diskussionskultur entsprechen und macht sie somit einer Vielzahl von Menschen zugänglich. Erreicht wurde dies auch durch die Verwendung von leicht zugänglichen Kommunikationsstrukturen und einer populären Sprache.

Institutionen des bürgerlichen Rechts (§15 GG Vergesellschaftungsparagraph, Volksbegehren) wurden taktisch geschickt verwendet. Aber hier zeigt sich die Problematik, die Grenzen dieser Mittel nicht ausreichend zu reflektieren. Es ist zwar vollkommen richtig im ‚Gegebenen‘ anzusetzen. Wenn es jedoch keine Strategie gibt, aus diesen gegebenen Institutionen herauszufinden und durch eine demokratische Mobilisierung eine außerparlamentarische Gegenmacht aufzubauen, bleibt die Umsetzung in den engen Grenzen der Institutionen stecken und verbleibt bei den politischen Entscheidungsträgern, die seit Jahrzehnten Politik im Interesse der privaten Immobilienkonzerne betrieben haben.

Taktik = Strategie?

Um langfristig bestehen und weiterhin nachhaltig Einfluss nehmen zu können, ist es zentral, dass DWE eine einheitliche strategische Ausrichtung entwickelt. Die Diskussion dazu wurde in den letzten Jahren vernachlässigt, weshalb der Kampagne nach dem Sieg im Volksentscheid ein weiteres zielgerichtetes Handeln fehlt. Dies führt dazu, dass der politische Gegner faktisch über den weiteren Verlauf entscheiden kann und der neue Senat mit der Verschleppungstaktik „ExpertInnenkommission“ initiativ werden konnte.

Ebenso wurde die Frage des Klassenstandpunkts in der Kampagne vernachlässigt. Die hohen Zustimmungsraten unter den Lohnabhängigen zeigen deutlich, dass sich die Kampagne hauptsächlich auf die ArbeiterInnenklasse stützt. Auf der anderen Seite befinden sich die großen Konzerne und Lobbys, deren Interessen von bürgerlichen Parteien (AfD, CDU, FDP, Grüne), der SPD-Spitze sowie staatlichen Institutionen in Gestalt des Senates oder des Verfassungsgerichtes vertreten werden. Das zeigt relativ klar die Klassenlinien in der Mietdebatte. Diese Klassenlinien wurden leider durch Begriffe wie die der „Stadtgesellschaft“ (was ähnlich zum Volksbegriff die Gesamtheit aller Klassen meint) aus taktischen Gründen bewusst vernebelt, um Attraktivität beim linken KleinbürgerInnentum zu erzeugen. Das ging aber auf Kosten einer strategischen Orientierung auf die Schichten, mit denen die Vergesellschaftung langfristig steht oder fällt: einfache MieterInnen und Lohnabhängige. Die Folgen davon waren bzw. sind, dass es keine oder keine ausreichende Debatte in der gesamten Linken, MieterInnen- und ArbeiterInnenbewegung, aber auch in der Kampagne gibt, wie die Vergesellschaftung mit eigenen Mitteln, aus eigener Kraft umgesetzt werden könnte.

Stattdessen wurde die Debatte hauptsächlich auf taktische Fragen des unmittelbaren Wahlkampfs konzentriert. Zwar wurde teilweise und wird versucht MieterInnen und ArbeiterInnen zu erreichen. Aber im Rahmen einer rein-parlamentarischen Strategie muss sich deren Rolle letztlich auf die des passiven, das Kreuzchen setzenden Objekts reduzieren. Das Potenzial dieser sozialen Milieus, als Subjekt die Enteignung selbst durchzusetzen, wird mit dieser Strategie verschenkt.

Natürlich war die Wahlkampforga notwendig. Aber ohne den gemeinsamen Rahmen (Strategie) und ein Ziel, aus dem sich konkrete Werkzeuge (Taktik) ableiten, bedeutet das nun, dass DWE vom Senat übertölpelt wird. Denn wenn man auf der oberflächlichen Ebene der Taktik und technischen Orga verbleibt, wird die Frage der Strategie von außen beantwortet. Dies geschieht jedoch ohne bewussten, demokratischen und selbstbestimmten Prozess innerhalb der Kampagne mit Wirkung auf die gesamte Linke, sondern unbewusst im Rahmen des Gegebenen, also der bürgerlichen Institutionen, ohne Diskussion und Reflexion bezüglich möglicher Alternativen. Ohne Diskussion und ohne Perspektive außerhalb der bürgerlichen Institutionen wird es dem politischen Gegner wie Giffey-Geisel einfach gemacht, DWE die Ebene der politischen Auseinandersetzung und letztlich unsere Strategie zu diktieren.

Verschärft wurde diese strategische Schwäche der Kampagne dadurch, dass systematisch taktische und organisatorische Fragen als Strategie bezeichnet wurden. Planungen waren meist nur kurz- und mittelfristiger Natur und bedeuteten nach dem 26. September: Planlosigkeit. Die Kampagne beschränkt sich seitdem darauf, die Politik des Senates zu kommentieren und im Rahmen einer „Eskalationsstrategie“ Druck auf den Senat aufzubauen. Giffey und Geisel wurde die politische Initiative für die Frage der Umsetzung überlassen. Somit ist der aktuell einzige skizzierte Weg zur Umsetzung des Volksbegehrens an die „ExpertInnenkommission“ gekoppelt, einem Organ was vom SPD-geführten Senat eingesetzt wird. Die Entscheidung zur Besetzung der Kommission und Umsetzung liegt rechtlich und faktisch beim Senat. Die Umsetzung der Vergesellschaftung in diesem Rahmen ist sehr unwahrscheinlich.

Auseinanderdriften

Darüber hinaus führt die strategische Unschärfe zum Auseinanderdriften der Kampagne. Persönliche, politische Konflikte und Polarisierungen zwischen verschiedenen Strukturen innerhalb der Kampagne entwickelten sich daraus (z.B. Kokreisstrukturreform). Das ist unvermeidlich, wo unterschiedliche politische Kräfte aufeinandertreffen. Problematisch ist jedoch, wenn das nur auf einer oberflächlichen, persönlichen oder rein organisationstechnischen Ebene gesehen wird und entsprechend nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben wird. Die Frage, ob die Kampagne eine gemeinsame Strategie hat, die in verschiedenen Arbeitsbereichen umgesetzt wird, oder ob die Kampagne einfach eine Summe völlig unterschiedlicher Unterkampagnen ist, ist weder geklärt noch der Kampagne ausreichend bewusst. Einerseits gibt es die Teile, die mit dem Senat verhandeln wollen, sich in der Kontakt- und Verhandlungsgruppe engagieren und die ExpertInnenkommission bespielen wollen. Andererseits gibt es diejenigen, die ihren Schwerpunkt auf die Kiezteamarbeit legen wollen. Das Fehlen einer gemeinsamen strategischen Ausrichtung bedeutet das Fehlen eines zielgerichteten und wirksamen Handelns der Kampagne. Verschiedene Teile ziehen nicht mehr am gleichen Strang, sondern steuern in unterschiedliche Richtungen.

Der Fokus auf die vom Senat zur Verschleppung des Volksentscheids eingesetzte ExpertInnenkommission befördert den oben erläuterten Zersetzungsprozess. Es besteht die Gefahr, dass sich die politische Führung in der Verhandlungsgruppe konzentriert und verselbstständigt, während die Basis ohne essentielle Bedeutung im Rahmen einer gemeinsamen Strategie zur bloßen „Handarbeit“ herangezogen wird. Diese politisch-strategische Abkoppelung der Kampagnenbasis kann zur Lähmung führen (wie beim Volksbegehren 2015) – trotz einer rein strukturellen Aufwertung im Kokreis. Ohne eine aktivistische Basis gibt es allerdings keine Verankerung der Kampagne bei den MieterInnen vor Ort. Es können weniger AktivistInnen und MieterInnen mobilisiert werden und somit kein Druck auf den Senat ausgeübt werden. Ohne eine aktive Basis verliert die Kampagne an Stärke und die Waffen gegen den Senat und die Immobilienhaie werden noch stumpfer. DWE befindet sich mit dem aktuellen Debattenstand in einer strategischen und strukturellen Sackgasse, die aufgebrochen werden muss, wenn wir den Sieg vom 26. September fortführen wollen. Die Strategiekonferenz am kommenden Wochenende muss hier die notwendigen Weichenstellungen liefern.

Bruch mit ExpertInnenkommission

Unmittelbar notwendig ist es, mit der ExpertInnenkommission des Senats zu brechen. Mit Geisels Klarstellung, dass die Kommission ausschließlich ein Gremium des Senats ist und es keine dem Volksentscheid entsprechende Mehrheitsbeteiligung von DWE in der Kommission geben wird, hat der Bau- und Wohnsenator die Fronten mehr als klar gemacht. Er wird mit der Immobilienlobby reden, es wird nicht öffentlich das „Wie enteignen“, sondern hinter verschlossener Tür das „Ob“ rechtlich und wirtschaftlich geprüft. Das ist die Geisel-Haft für den Volksentscheid! Wir tun uns keinen Gefallen mit dem Geisel-Nehmer zu verhandeln, schon gar nicht zu diesen Bedingungen. Es wäre sogar direkt schädlich. Erhebliche Ressourcen DWEs würden im Rahmen der ExpertInnenkommission gebunden, ohne dass dies zur Vergesellschaftung führen würde. Dafür kann sich der Senat mit unserer Teilnahme profilieren und seine Entscheidungen legitimieren. Ungewollt würden wir zum Teil einer Politik, welche die Vergesellschaftung verhindert und massive Subventionen des privaten Sektors auf Kosten der MieterInnen verfolgt.

Unter diesen Bedingungen ist es eine Illusion, dass wir eine Mitarbeit taktisch ausnutzen könnten. Unsere Teilnahme wären vielmehr ein politisches Feigenblatt für die Politik von Geisel/Giffey. Daher müssen wir unsere Forderungen an die Kommission als rote Haltelinien begreifen und so formulieren, dass wir den Bruch öffentlich vermitteln. Es muss also öffentlich klar gemacht werden, was der Zweck der Kommission ist: Das Scheitern der Umsetzung des Volksentscheids. Wir sollten die wahrscheinlich dennoch stattfindenden Treffen der ExpertInnenkommission dazu nutzen, die UnterstützerInnen des Volksentscheides – über eine Million Berliner MieterInnen! – zu einer Großdemo zu mobilisieren und somit die Wiederbelebung der Kampagne zu starten! Motto: „Umsetzung statt ExpertInnenkommission“.

Auch in Hinblick auf die Gewinnung rechtlicher Expertise wird die ExpertInnenkommission keinen Beitrag leisten. Für die Weiterentwicklung unseres Gesetzesentwurfes müssen wir zusammen mit unseren Verbündeten aus SPD, Linkspartei, Gewerkschaften, Mietverein usw. auf eigene Formate setzen, wie der Vergesellschaftungskonferenz und Vergesellschaftungskommission. Nur so kann mit unseren Verbündeten und vergesellschaftungsfreundlichen ExpertInnen rechtlich substanziell über die Umsetzung diskutiert und unserer Entwurf so weiterentwickelt werden, dass er einer formalen und verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten könnte.

Weg vom Senat – hin zum Stadtteil, Straße und Betrieb!

Der Senat wird die Vergesellschaftung nicht umsetzen. Eine Strategie, die über das Kommentieren der Senatspolitik hinausgeht, ist daher dringend notwendig. Die einzige soziale Größe, die ein Interesse an der Umsetzung hat, sind mind. 1,6 Millionen MieterInnen in Berlin und die einfachen Lohnabhängigen. Anstatt sich auf seine Spielchen und Tricks einzulassen, brauchen wir einen Plan darüber, wie die UnterstützerInnen der Vergesellschaftung politisch zusammengefasst, unterstützende Organisationen gebündelt und ein Weg zur Umsetzung aufgezeichnet werden kann, wo nicht Giffey-Geisel entscheiden, sondern die MieterInnen. Entsprechend muss der Fokus auf Organisierung von MieterInnen und Lohnabhängigen liegen und auf die Einbindung der vorhandenen Massenorganisationen in die außerparlamentarischen Kämpfe. Nur so kann sich die Kampagne zur Erreichung des Ziels sinnvoll einsetzen: die Vergesellschaftung großer privater Immobilienkonzerne unter demokratischer Kontrolle der MieterInnen zur Schaffung einer Gemeinwirtschaft im Wohnungswesen. Dafür schlagen wir folgende Werkzeuge vor:

  • Organizing! Zunächst brauchen wir eine Organizing-Kampagne in den Kiezteams, wo MieterInnen für die Kampagne gewonnen werden. Dabei dürfen MieterInnen und Lohnabhängige nicht als bloßes Mittel zum Zweck (Objekt) begriffen werden, mit denen Druck auf die Regierung geübt werden soll, sondern als das eigentliche, handelnde Subjekt zur Umsetzung der Vergesellschaftung. Nicht der Senat soll über die Vergesellschaftung entscheiden, sondern die MieterInnen selbst!
  • Gemeinschaftlicher Mietboykott! Wir müssen ernsthaft eine Debatte darüber beginnen, mit welchen direkten Mitteln wir die Vergesellschaftung erzwingen können. Zur Umsetzung der Vergesellschaftung sind kollektive Mietboykotte und der Aufbau einer MieterInnengewerkschaft als Massenorganisation notwendig. Dafür müssen existierende Massenorganisationen der MieterInnen und ihre Mitglieder für dieses Vorhaben gewonnen werden. Dafür braucht es die gesamte MieterInnenbewegung und Linke.
  • Kämpfe der ArbeiterInnenklasse! Jeder Erfolg bei Tarifkämpfen wird durch steigende Mieten mehr als aufgefressen. Von daher stellt sich die Frage einer politischen Verzahnung des Kampfes für bessere Lebensbedingungen, gegen Mietwucher und für die Vergesellschaftung der großen privaten Wohnkonzern mit dem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen, gleitende Lohnerhöhungen der Inflation entsprechend und für Vergesellschaftung auch anderer, großer privater Konzerne. Politische Proteste entfalten nur einen beschränkten Druck. Wir müssen daher mit den Gewerkschaften in eine Diskussion treten, wie die Frage der Umsetzung der Vergesellschaftung und Preiskontrolle in die Tarifkämpfe integriert werden kann, wie also aus ökonomischen Kämpfen politische Streiks für die Enteignung werden können. Auch hierbei gilt es: Direkt in den Betrieben, mit der Basis sprechen und sie gewinnen! Die Gewerkschaftsführungen sind aufgrund ihrer privilegierten Position oft genug das, was die SPD-Spitze für die Immobilienkonzerne ist – ein Handlanger der Bosse, die Schiss vor politischen Streiks haben und zu dem sich höchstens auf dem Papier bekannt wird. Wir dürfen daher unsere Bündnispolitik nicht auf Absprachen mit den Führungen beschränken, sondern müssen uns mit den Forderungen, gemeinsam in Aktion zu treten, direkt an die Vorstände und Mitglieder der Gewerkschaften wenden.
  • MieterInnenkontrolle von unten! Eine wirkliche MieterInnenkontrolle würde nicht mal dann entstehen, wenn ein Gesetz zur Einrichtung der AöR beschlossen würde, in die die Wohnungen der privaten Konzerne überführt werden sollen. Diese Struktur wäre „von oben“ installiert. Was das bedeutet? Die BVG ist ebenfalls eine AöR, trotzdem haben weder Beschäftigte noch die NutzerInnen der öffentlichen Verkehrsmittel irgendeine Entscheidungsgewalt bei Fahrpreisen oder Fahrplänen. Deshalb müssen wir Strukturen der MieterInnen- und ArbeiterInnenbewegung „von unten“ aufbauen – und zwar unverzüglich! MieterInnenräte können Kämpfe koordinieren und folgende politische Forderungen eigenständig in einem zielgerichteten Kampf artikulieren und überwachen: Umsetzung der Vergesellschaftung, Kontrolle des Gemeineigentums, der Geschäftsbücher und der Mietpreise, einen bundesweiten Mietenstopp, öffentlich geförderten, sozial gebundenen und unbefristeten Neubau und die Legalisierung von Mietstreiks.
  • Gesetzesvolksentscheid! Seit dem 26. September zeigen sich die engen Grenzen des Beschlussvolksentscheids. Jenseits der Haustürgespräche und der Wahlkampfstände liegt das wahre Schicksal des Volksentscheides aktuell in den Händen von Staat und Senat. In der Frage der Gesetzgebung müssen wir auch auf eigene Formate setzen: einen neuen, diesmal verbindlicheren Gesetzesvolksentscheid! Aber auch einem Gesetzesvolksentscheid alleine sind Grenzen gesetzt: Falls ihn der Senat nicht verschleppt, ist es gut möglich, dass er vom Verfassungsgericht kassiert wird. Daher ist der Aufbau einer außerparlamentarischen Gegenmacht zur Regierung notwendig, die die Umsetzung des Gesetzes erzwingen kann.

Ein Gesetzesvolksentscheid kann helfen, das zu mobilisieren und aufzubauen, was wir im letzten Jahr verpasst haben: Eine MieterInnenbewegung, die die Umsetzung der Enteignung erzwingen kann. Für den Gesetzesvolksentscheid als taktisches Mittel in der aktuellen Legislaturperiode im Aufbau einer MieterInnenbewegung spricht, dass

  • er einen Weg darstellt, den wir stärker selbst beeinflussen können, da sein Inhalt für den Senat rechtlich bindend wäre. Die Wahrscheinlichkeit des Inkrafttretens eines Gesetzes im Rahmen eines Gesetzesvolksentscheids ist größer als im Rahmen einer ExpertInnenkommission. Damit wäre die Vergesellschaftung nicht automatisch umgesetzt, würde aber die Bewegung in eine günstigere Lage bringen und gleichzeitig den Spielraum für Sabotage durch die Regierung verringern.
  • wir im Rahmen eines Volksentscheides UnterstützerInnen, verbündete Initiativen und Organisationen integrieren können und die gesamte Kampagne gefragt ist (im Gegensatz zu Verhandlungen mit dem Senat);
  • ein Volksentscheid Menschen massenhaft in die Bewegung bringen und organisieren kann (auch das können Verhandlungen und ExpertInnenkommission nicht).

Die Schaffung einer sozialen Gegenmacht zur Regierung durch die Organisierung der MieterInnen sollte immer im Zentrum der Strategie stehen. Der Aufbau von MieterInnenräten, die mit Hilfe von Massenprotesten und Mietboykotts dem Unwillen der Immobilienkonzerne und der Regierung etwas entgegensetzen können, in Kombination mit einem Gesetzesvolksentscheid, stellt eine Möglichkeit dar, wie die Vergesellschaftung unabhängig vom Willen des Senats umgesetzt werden kann.

Die Organisierung von MieterInnen bietet einen sinnvollen Rahmen für die gesamte Kampagne und bindet alle AktivistInnen mit ein. Alle Arbeitsbereiche der Kampagne sollen sich aus dieser Strategie ableiten. Beispielsweise sollte die Ressourcenverteilung und technische Organisation streng dieser Strategie folgen. Denkbar wäre, dass ein größerer Fokus auf Arbeitsbereiche wie Kiezteams, der Starthilfe, Aktionen und Bündnisarbeit gelegt wird.

Die Kiezteams müssen anstreben, tatsächlich in Stadtteilen und Betrieben verankert zu sein und MieterInneninitiativen, Gewerkschaften und die Kampagne in MieterInnenräten zusammenführen.  Vertrauen auf die eigene Kraft und Misstrauen in den Staatsapparat, Justiz und Parlament sind angebracht.

Das Mietendeckeldebakel hat außerdem gezeigt, dass eine gut vernetzte, bundesweite MieterInnenbewegung entstehen muss. Notwendig ist dafür, alle bundesweit vorhandenen MieterInnenorganisationen, Initiativen und Vereine, zudem die mit der Regierungs- und Senatsbeteiligung Unzufriedenen aus SPD und LINKE sowie kämpferische GewerkschafterInnen auf der Vergesellschaftungskonferenz zusammenzubringen. So können wir es nicht nur mit dem Geisel-Nehmer, sondern auch der Immo-FDP-Ampel aufnehmen!

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