Arbeiter:innenmacht-Flugblatt zur Mobilisierung gegen den AfD-Parteitag, Infomail 1273, 10. Januar 2025
Hunderttausende gingen gegen den Rechtsruck Anfang 2024 auf die Straße, Zehntausende demonstrieren gegen den AfD-Parteitag. Das ist gut so! Aber das reicht offenkundig nicht, wenn wir die AfD erfolgreich stoppen wollen. Es ist daher wichtig, den Protest kritisch zu bilanzieren, denn die AfD existiert nicht seit ein paar Monaten, sondern seit fast 10 Jahren und der Rechtsruck erfasst die ganze Gesellschaft. So fordern fast alle Parteien im Parlament mehr Abschiebungen, die Union unter Merz gibt sich Mühe, die AfD rechts zu überholen. Doch warum ist das so und was können wir dagegen tun?
Initiativen gegen rechts gab es in den letzten Jahren viele. Nehmen wir kurz die bisherigen Versuche, den Rechtsruck zu stoppen, unter die Lupe. Denn wenn wir die Rechten bremsen wollen, müssen wir schauen, was in der Vergangenheit nicht so gut gelaufen ist:
Le Pen in Frankreich, Meloni in Italien, Orbán in Ungarn, Kickl in Österreich oder Trump in den USA – die Liste von Rechten, die in den letzten Jahren immer mehr Stimmen bekommen haben, ist lang. Deutschland stellt keinen Einzelfall dar, wir haben es mit einer internationalen Verschiebung nach rechts zu tun. Diese hat zwei zentrale, miteinander verbundene Ursachen: die Krise des Kapitalismus und verschärfte globale Konkurrenz zwischen alten und neuen imperialistischen Mächten. Diese bedrohen nicht nur die Lebenslage der Lohnabhängigen, sondern auch von Teilen des Kleinbürger:innentums, der Mittelschichten und selbst der Kapitalist:innen. Die Verschlechterung der Lebenslage der Massen, die verschärfte Konkurrenz, explodierende Preise im Supermarkt und Mieten, Kriege und Aufrüstung sind real. Verantwortlich gemacht werden dann andere, frei nach dem Motto: „Ja, dir steht das Wasser bis zum Hals, aber schau mal, den anderen – Geflüchteten, Arbeitslosen, Queers – machen wir das Leben jetzt noch schwerer!“
Die Rechten nutzen das für sich: Klimakatastrophe, Flucht, Militarismus und Krieg erscheinen als Verschwörung einer quasi kosmopolitischen „Elite“, die sich gegen das „Volk“ richte. Rassismus, Sexismus, Nationalismus werden in der rechtspopulistischen Demagogie zum Widerstand gegen „die da oben“ verklärt. Doch der Aufstieg der Rechten wird auch befeuert durch die Mitverwaltung der Misere durch die Führungen und Organisationen der Arbeiter:innenbewegung – und die Passivität einer Linkspartei, die gleichzeitig mitregieren und opponieren will. So erscheinen diese als politische Verbündete von Grünen, FDP, Unionsparteien und Unternehmer:innenverbänden. Diese haben in den letzten Jahren eine Politik auf Kosten von Millionen für die Milliarden der Reichen betrieben. Und sie haben Stück für Stück die rechte Rhetorik übernommen und demokratische Rechte massiv eingeschränkt. Man kann an dieser Stelle zu Recht sagen: Die AfD inszeniert die Hetze, die Regierung macht die Gesetze. Und Gewerkschaften und Linkspartei schauen zu. Genau das hat auch Auswirkungen auf die Form des (Pseudo-)Widerstands. Es sind Kürzungen bei Bildung, Gesundheit, Klima und Sozialem, die die Menschen im Angesicht einer tristen Zukunft und mangels einer klassenkämpferischen, wirklich oppositionellen linken Alternative zur AfD treiben.
Wer wirklich etwas bewegen will, muss für ernsthafte Veränderung kämpfen – auch gegen Regierung und Kapital. Wer von der Brandmauer spricht, darf also zur Ursache des Rechtsrucks nicht schweigen und muss einen klaren Klassenstandpunkt vertreten. Deshalb braucht es statt einer Einheit der Demokrat:innen ein Bündnis aus Gewerkschaften, Linkspartei, SPD und anderen Organisationen der Arbeiter:innenklasse, also eine Arbeiter:inneneinheitsfront. Es muss deren Führungen in Zugzwang bringen, mit der Politik der Klassenzusammenarbeit und Sozialpartner:innenschaft zu brechen, wenn es die Impulse der Massen gegen das Erstarken der AfD in effektive Politik umsetzen will. Dabei reichen einfache Demos jedoch nicht aus, notwendig ist vielmehr:
Mitglieder dieser Organisationen müssen aufgerufen und unterstützt werden, Versammlungen und Infoveranstaltungen zur Mobilisierung in ihren Betrieben, an Schulen und Universitäten zu organisieren und aktiv die Debatte um Rassismus und die ökonomische Krise, die diesen befeuert, zu führen. Demos – wie die Mobilisierung gegen den AfD-Parteitag – können dabei als Aufhänger genutzt werden. Ziel muss es aber sein, in derem Zuge Aktionskomitees aufzubauen, um so jene zu überzeugen, die bisher schweigen.
Um sich positiv abzugrenzen, bedarf es klarer Forderungen. Auch wenn es die ökonomische Krise ist, die den Rechten Aufwind gibt, so sollte man nicht glauben, dass es ausreicht, sich auf Verbesserungen auf dieser Ebene zu beschränken. Mögliche Forderungen können sein:
Darüber hinaus ist es Aufgabe von Revolutionär:innen, dafür zu kämpfen, dass die Forderung nach demokratisch organisiertem Selbstschutz gegen rassistische Angriffe auf die Tagesordnung gesetzt wird. Die mittlerweile regelmäßigen Angriffen auf Politiker:innen bei Wahlkämpfen zeigen, dass das keine tollkühne Fantasie ist, sondern bittere Notwendigkeit, wenn man – insbesondere auf dem Land und im Osten der Republik – linke Politik auch tatsächlich auf die Straße tragen will.
Forderungen müssen nicht nur aufgestellt werden, man muss auch für diese aktiv kämpfen. Derzeit sind die Gewerkschaften eher Teil des Problems. Ihre Führungen sind personell eng mit SPD und Linkspartei verwoben und decken zum Selbsterhalt ihres bürokratischen Apparats wie eh und je deren Politik. Damit muss Schluss sein! Wenn wir den Kampf gegen rechts stoppen wollen, müssen wir dafür eintreten, dass diese sich nicht länger an der sozialpartnerschaftlichen Verwaltung der Krise mitbeteiligen! Sie müssen stattdessen für echte Verbesserungen kämpfen, gegen Sparpolitik und Sozialabbau und diesen Kampf aktiv mit jenem gegen Rassismus verbinden. Das bedeutet auch, dafür einzustehen, dass Geflüchtete in die Gewerkschaften integriert werden, und sich offen gegen alle Abschiebungen und Abkommen, die die Festung Europa aufrechterhalten, auszusprechen oder nicht davor zurückzuscheuen, Enteignung unter Kontrolle der Beschäftigten als Perspektive auf die Tagesordnung zu setzen, wenn einem/r entgegnet wird, dass leider kein Geld da ist für Sozialausgaben. Doch sowas fällt nicht einfach so vom Himmel, es muss praktisch erkämpft werden. Wir treten daher für den Aufbau einer klassenkämpferischen, revolutionären Organisation ein. Wenn Ihr Interesse habt, für so eine Politik einzustehen, dann meldet Euch bei uns!