Partito Comunista dei Lavoratori – Molise, 11. Dezember 2024, Infomail 1271, 17. Dezember 2024
Am 4. Dezember kündigten CGIL, CISL und UIL1 Abruzzo-Molise2 die Gründung einer interregionalen Koordinierung des Automobilsektors an, um sich den „entscheidenden Herausforderungen“ für die beiden Regionen zu stellen.
Es ist immer ein Schritt nach vorn, wenn die Kämpfe der Beschäftigten zusammengeführt werden. Aber die Arbeiter:innen der Automobilindustrie und verwandten Branchen aus Molise und den Abruzzen müssen dazu beitragen, einen viel weiter gehenden Weg für eine einheitliche Koordination der Arbeiter:innen aller Stellantiswerke in Italien zu finden, beginnend mit der Einberufung einer nationalen Versammlung von Delegierten, die von den Arbeiter:innen der verschiedenen Werke gewählt werden. Dann soll die Einheit des Kampfes auf alle europäischen und außereuropäischen Belegschaften der Branche ausgedehnt werden: Der Besuch italienischer Arbeiter.innen in Deutschland zur Unterstützung des Kampfes der deutschen Arbeiter:innen gegen die Entlassungen bei Volkswagen ist ein erstes wichtiges Beispiel.
Die Krise des Automobilmarktes in Europa ist im Wesentlichen auf die Überproduktion zurückzuführen, die für das kapitalistische System typisch ist. Das Einkommensniveau, die durch die Ausbeutung verursachte Massenverarmung und andere Ursachen lassen den Absatz nicht zu, so dass der Automarkt gesättigt ist oder drastisch zurückgeht, umso mehr im Falle der Umstellung auf Elektroautos, die zwar gut für die Umwelt sind, aber 40 % mehr kosten. Auch die Freigabe öffentlicher Mittel für Kaufanreize kann den Großteil des Problems nicht lösen: Stellantis verzeichnete bis 2023 einen Gewinn von 18 Milliarden (es handelt sich also nicht um einen Mangel an Investitionsmitteln), und es besteht auch keine Unfähigkeit zu produzieren.
Die Konkurrenz seitens des chinesischen nationalen Kapitalismus, auch beim Elektroauto (laut SVIMEZ3 technologisch voraus), und seitens der USA, die beide mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden, verkomplizieren das Bild für die europäischen Kapitalist:innen, die zudem miteinander konkurrieren und sich bei der Subventionierung durch öffentliche Gelder durch Vetos gegenseitig stoppen.
Natürlich müssen die unmittelbaren Bedürfnisse der Arbeiter:innen sofort angegangen werden: von der sozialen Abfederung im Falle einer Suspendierung oder Entlassung über den sofortigen Widerstand gegen diese Entlassungen bis hin zur Forderung nach dem ACC-Gigawerk4 in Termoli, das zur Produktion von Batterien gebaut werden sollte. Dort hätten 2.000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Der Bau ist jetzt gestoppt, da die Regierung Meloni wegen eines Streites mit PNRR (Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza; italienischer Aufbau- und Resilienzplan, wichtiger Teil des EU-Transfomations- und Konjunkturprogramms „Next Generation EU“) die EU-Fördermittel blockiert hat.
Es ist jedoch notwendig, aus der Kette der Anpassung an die Logik der Bosse, die von den Führungen der Gewerkschaftsbünde oder von den rechten Gewerkschaften verfolgt wird, auszusteigen. Diese Logik führt unweigerlich zu einer Demontage aufgrund von Überproduktion sowie zu einem gefährlichen Wettbewerb zwischen den Arbeiter:innen in den verschiedenen europäischen Ländern. Noch weniger können sich die Arbeiter:innen von Termoli auf die Theatralik der Parlamentarier:innen von Molise verlassen, Angehörige einer weiteren Regierung, die sich dem Kapital, den Banken und und den Steuerhinterzieher:innen unterwirft. Das gilt auch für die Arbeiter:innen anderer Regionen.
Deshalb ist es notwendig, die oben genannten und unantastbaren Sofortforderungen in der Automobilindustrie zur Verteidigung der Arbeitsplätze und der Löhne heute mit einer antikapitalistischen Plattform und einer breiteren Perspektive zu verbinden.
Beginnend mit einem Entlassungsstopp mit Umverteilung der Arbeit bei gleichem Lohn für alle; Verstaatlichung ohne Entschädigung der Großaktionär:innen, von Stellantis über Volkswagen bis hin zu allen großen Autokonzernen, die Umstrukturierungen durchführen, mit der Einführung eines neuen Industrieplans unter Kontrolle der Arbeiter:innen.
Die Offensive der Unternehmen auf europäischer Ebene, die auch die Werke Termoli und Atessa betrifft, erfordert eine gleiche und entgegengesetzte Kraft und daher die Einheit der Automobil- und verwandten Arbeiter:innen in ganz Italien und sogar über die nationalen Grenzen hinaus, mit radikalen Formen des Kampfes, sogar bis zur Besetzung aller Werke. Mit Widerstand und echten Streiks, d. h. jenen, die in der Lage sind, die Kapitalist:innen um wichtige Gewinnanteile zu bringen. Selbst die US-Gewerkschaften haben so mehr erreichen können als die europäischen Gewerkschaften im Automobilsektor.
Die Geschichte lehrt uns, wie bei den großen Kämpfen der Arbeiter:innen und Student:innen in den 1960er und 1970er Jahren, dass nur dann, wenn die Bosse Angst haben, alles zu verlieren, eine Bresche geschlagen werden kann, nicht nur um die unmittelbaren Bedingungen zu verteidigen, sondern auch um große Errungenschaften zu erkämpfen.
1) Die drei traditionellen Gewerkschaftsverbände Italiens, die ursprünglich der Kommunistischen Partei (CGIL), der sozialistischen Partei (UIL) und der christdemokratischen Partei (CSIL) zugeordnet waren.
2) Abruzzen und Molise sind zwei benachbarte Regionen südlich von Rom.
3) SVIMEZ (Associazione per lo Sviluppo dell´Industria nel Mezzogiorno; Assoziation zur Förderung der Industrie Süditaliens) ist eine 1949 gegründete Nicht-Regierungsorganisation, die Studien zur Lage des Südens initiiert, regelmäßige Berichte veröffentlicht sowie Vorschläge zur Überwindung der Kluft zwischen Nord und Süd in Italien macht. (Zum Süden gehören die Regionen Abruzzen, Molise, Kampanien, Basilikata, Apulien, Kalabrien, Sizilien, Sardinien und zwei südliche Provinzen des Latium; hier leben ca. 34 % der Bevölkerung Italiens.)
4) ACC (Automotive Cells Company) ist das Batteriezellen-Joint-Venture von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies.