Arbeiter:innenmacht

Libanon und Gaza: Stoppt Israels blutigen Amoklauf!

Dave Stockton, Neue Internationale 288, Dezember 2024 / Januar 2025

Am 26. November erntete die „lahme Ente“, US-Präsident Joe Biden, die Lorbeeren für den Waffenstillstand zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah. Mike Waltz, der designierte Nationale Sicherheitsberater des gewählten Präsidenten Donald Trump, konterte sofort: „Alle kommen wegen Präsident Trump an den Verhandlungstisch“, und fügte hinzu: „Sein überwältigender Sieg ist eine klare Botschaft an den Rest der Welt, dass Chaos nicht toleriert wird.“

Klar ist, dass Israel gehorcht, sobald der US-Imperialismus nicht mehr durch wahltaktische Erwägungen gespalten ist und mit einer Stimme spricht. Es war eine Sache, Israel zu gestatten, ja es sogar zu ermutigen, die Hisbollah als iranischen Aktivposten zu degradieren, aber als es zur Gazaisierung des Libanon kam, die die strategischen Pläne der nordamerikanischen und europäischen Mächte für den Nahen Osten zu zerstören drohte, konnten die USA nicht zulassen, dass dies weitergeht.

Sicherlich hatte Biden Recht, als er den Konflikt als „verheerend“ bezeichnete, auch wenn natürlich bei weitem nicht so wie der Konflikt im Gazastreifen. Im Libanon wurden Hunderte von Zivilist:innen getötet und weit über eine Million vertrieben, 886.000 innerhalb des Libanon und 540.000 nach Syrien.

Nach Angaben der Weltbank wurden 99.000 Wohneinheiten teilweise oder vollständig zerstört, was geschätzte Kosten in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar verursacht hat. In demselben Bericht wird der Schaden für die Landwirtschaft des Landes auf 1,1 Milliarden US-Dollar geschätzt, der durch die verlorene Ernte, die Zerstörung der angebauten Feldfrüchte und die Vertreibung der Bauern und Bäuerinnen entstanden ist. Die israelischen Streitkräfte IDF haben 39 Dörfer südlich des Flusses Litani zerstört, von denen viele keine Verbindung zur Hisbollah unterhielten, da ihre Bewohner:innen Christ:innen waren.

Das Waffenstillstandsabkommen sieht vor, dass die israelischen Bombardierungen eingestellt werden und sich die israelischen Truppen aus dem libanesischen Gebiet zurückziehen, während die Hisbollah ihre Kämpfer:innen nördlich des Litani abzieht und die libanesische Armee und die Unifil (die UN-Truppe im Libanon) die 20 km lange Zone zwischen der Grenze und dem Fluss besetzen.

Man darf nicht vergessen, dass der verschärfte Krieg begann, als es dem israelischen Geheimdienst Mossad gelang, Sprengstoff in Kommunikationsgeräte wie Pager und Walkie-Talkies einzubauen, wodurch wahllos Männer, Frauen und Kinder getötet und verletzt wurden, nicht nur Hisbollahkämpfer:innen. Die IDF ermordeten daraufhin eine Reihe von Spitzenkräften der Organisation, darunter deren Generalsekretär Hassan Nasrallah, der seit 1992 ihr Anführer war.

Doch der Erfolg war nur von kurzer Dauer. Die Raketenangriffe der Hisbollah hielten an und trafen Tel Aviv und Haifa tief im Inneren Israels, wobei die „Eiserne Kuppel“ (Iron Dome; israelisches bodengestütztes System zur Abwehr von Raketen, Artillerie- und Mörsergranaten) nicht alle aufhalten konnte. Die Bodeninvasion war weit weniger erfolgreich. Die IDF erlitt schwere Verluste und drohte, in eine kostspielige Patsche zu geraten. Netanjahu gab an, sie „fertigmachen“ zu wollen, musste sich aber damit zufriedengeben, sie nur „erheblich zu schwächen“.

Nicht zuletzt war die Ausweitung des Krieges auf libanesisches Gebiet die Idee des Kriegsverbrecherkollegen und Verteidigungsministers Joaw Galant. Netanjahu wollte sich immer auf den Gazastreifen und das Westjordanland konzentrieren. Jetzt, da er Galant von seinem Verteidigungsposten entlassen hat, kann er das Projekt als das alleinige von ihm abtun und zu seinem Hauptziel zurückkehren: dem Völkermord an den Palästinenser:innen.

Der Völkermord in Gaza geht weiter

Dennoch ist Israel von dem Ziel, die „Hamas zu vernichten“, ziemlich weit entfernt. Zwar wurde Israels Krieg in Gaza noch immer von Washington unter dem Deckmantel des Völkermordes gebilligt, wobei es nur milde Tadel wegen der zivilen Opfer und eine kurze Verzögerung bei der Entsendung einiger Bunker brechender Bomben gab. Zwischen dem 7. Oktober 2003 und dem 30. September 2024 hat Washington unter Genozid-Joe Israel allein 17,9 Milliarden US-Dollar an Militärhilfe zur Verfügung gestellt, so viel wie nie zuvor.

Der größte Schaden ist für Israels unberechtigten Ruf als zivilisierter und demokratischer Staat entstanden, der in der Region einzigartig ist. Die Behauptung des Westens, eine „auf Regeln basierende Ordnung“ zu vertreten, wurde als „Regeln für unsere Feind:innen, aber nicht für uns oder unsere Verbündeten“ entlarvt. Die USA wiesen die vom Internationalen Strafgerichtshof ausgestellten Haftbefehle gegen Netanjahu und Joaw Galant rasch zurück und nutzten ihr Veto bei der UNO, um den Sicherheitsrat daran zu hindern, einen Waffenstillstand in Gaza zu fordern.

Am 25. November berichtete die Kinderhilfsorganisation „Save the Children“, dass seit dem 6. Oktober 2024, als die israelischen Streitkräfte den nördlichen Gazastreifen zur militärischen Sperrzone erklärten, 130.000 Kinder unter 10 Jahren seit 50 Tagen ohne Zugang zu Hilfskräften, Nahrungsmitteln, sauberem Wasser oder medizinischer Versorgung eingeschlossen sind, obwohl vor einer Hungersnot gewarnt wurde.

Trump hat mehrfach angedeutet, dass er den Krieg in Gaza bis zu seiner Vereidigung am 20. Januar beendet haben möchte. Wenn dies tatsächlich das ist, worauf Trump drängt, könnte Netanjahu die Zeit nutzen, um die 400.000 Menschen, die sich noch im Norden befinden, zu „räumen“. Jeder Waffenstillstand wird jedoch den Konflikt innerhalb des israelischen Kriegskabinetts verschärfen.

Der Waffenstillstand im Libanon bedeutet aber auch, dass sich die Hisbollah von der Vorstellung verabschiedet hat, sie sei die Nordfront im Kampf für die Befreiung Palästinas. Dieser Richtungswechsel ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass die „Achse des Widerstands“ weniger geschlossen und einheitlich ist, als einige westliche Kommentator:innen meinen.

Auf der 22. nationalen Demonstration für Gaza in London waren erneut 100.000 Menschen auf der Straße und forderten ein Ende des Völkermords und der Aufrüstung Israels. Gleichzeitig muss die Gewerkschaftsbewegung, vor allem die der Labour Party angeschlossenen Gewerkschaften, die ihre Ressourcen noch nutzen können, Druck auf die Regierung ausüben, um einen sofortigen Waffenstillstand, den Abzug aller IDF-Truppen aus Gaza und den ungehinderten Zugang zu Hilfsgütern zu fordern. Darüber hinaus müssen wir die sofortige Einstellung aller Waffenlieferungen an und Investitionen in Israel fordern. Diese Forderungen müssen wir insbesondere auch an die deutsche und US-Regierung als treueste Vasallinnen Israels richten und dafür v. a. in den Gewerkschaften mobilisieren.

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