Arbeiter:innenmacht

Komödiant:innenstadl Ampelkoalition: das Gebäudeenergiegesetz

Quelle: https://pixnio.com/de/objekte/rot-gruen-gelb-zahlen

Gerald Falke, Infomail 1226, 28. Juni 2023

Nachdem die Grünen ein Markenzeichen – die Ablehnung militärischer Mittel zur Konfliktlösung – längst abgelegt haben, sie gewissermaßen mittlerweile olivgrün geworden sind, konzentrieren sie sich auf das Thema Klimawandel. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sollte den ramponierten Ruf der Ökopartei aufpolieren. Raus kam ein Rohrkrepierer.

Kosten

Immerhin kann sich eine Klasse der Gesellschaft über die Maßnahmen der Ampel freuen. Begleitend zu den mit dem GEG verbundenen Kosten erfolgte eine deutliche Senkung der Energiepreise für die Industrie.

Nachdem die durch den initiierten Wirtschaftskrieg gegen Russland verstärkte Inflationswelle eine erhebliche Verarmung der Bevölkerung erzwang, wurde jetzt auch eine finanzielle Entlastung der Industriebetriebe durchgesetzt, für deren Ausgleich letztlich wieder die Bevölkerung wird zahlen müssen. Kam also erst der Angriff auf die Einkommen und Ersparnisse durch die erhöhten Energiepreise, so wurde jetzt mit Verweis auf die international gefallenen eine weitere finanzielle Belastung ermöglicht. Solche Geschenke fördern freilich neue Begehrlichkeiten, weshalb jetzt die Wirtschaftsministerien der Länder eine weitere Senkung des Industriestrompreises von 6 auf 4 Cent pro Kilowattstunde fordern.

Das GEG, das von Beginn an heftigst kritisiert und unter dem Druck verschiedener gegensätzlicher Interessen immer wieder modifiziert wurde, gilt offenbar als so bedenklich, dass es inzwischen sogenannte „Leitplanken“ mit „angemessenen Übergangsfristen“ erhielt. In diesen Auseinandersetzungen verdeutlichte sich für die Grünen die Schwierigkeit, aus einer scheinbar klassenunabhängigen Perspektive heraus eine gesamtbürgerliche Strategie umzusetzen. Angesichts dieser erlebten realen Machtverhältnisse räumte die Fraktionschefin Britta Haßelmann vorweg noch weitere Veränderungsmöglichkeiten in den Fachausschüssen ein. Die Regierungsvorlage, die diese Woche verabschiedet wurde, unterscheidet sich kaum noch vom Entwurf der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Dennoch bemühte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch um beruhigenden Optimismus und sieht die Koalition in „neuem Schwung“.

Der Druck aus der Basis kommt mittlerweile auch eher von außen und versuchte nur noch beim Thema der europäischen Asylpolitik ein Aufständchen. Die Kritik daran erfolgte auf einem kleinen Parteitag zunächst schriftlich, dann moderat mündlich und letztlich praktisch eher unerheblich.

FDP

Die FDP zeigt sich in ihrem typischen Pragmatismus, frei nach dem Motto: Wahr ist, was mir nützt. Dazu wurde zunächst die Koalitionsvereinbarung zum GEG schlichtweg ignoriert.

Scheinbar überrascht nannte der Abgeordnete Frank Schäffler, seinerzeit Kritiker des „Eurorettungsschirms“, dieses Gesetz eine „Atombombe für unser Land“ und forderte eine grundlegende Revision nach dem Motto: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Und der bayerische FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen sprach auch auf einer Demo in Erding gegen (!) die Heizungspläne.

Hintergrund dafür war vermutlich ein befürchtetes Absinken der Liberalen in die Bedeutungslosigkeit. Während andere Parteien ihre Größe als Druckmittel verwenden, ist es bei der FDP ihre Kleinheit. Immerhin würde aus ihrem Untergang auch der der Regierung resultieren. Damit sieht sie sich offenbar in der Position, in der Ampel eine Oppositionsrolle einzunehmen – noch dazu eine mit der Finanzhoheit. Und weil ja ohne Geld alles nichts ist, wähnt sie sich auch in der Rolle einer Regierung in der Regierung.

Nachdem die Ignoranz nicht nachhaltig wirksam war, ist die bevorzugte Technik jetzt die der Verzögerung: Wie Finanzminister Lindner den Haushalt für das nächste Jahr blockiert und fordert, dass sich die Ministerien einmal zusammenreißen sollen, so wird auch der von den Koalitionspartner:innen angestrebte Zeitplan für unhaltbar erklärt.

Für diese Unhaltbarkeit bürgt freilich vor allem die eigene Rolle. Erst wenn die an Habeck gestellten 100 Fragen beantwortet wurden, können Beratungen beginnen.

SPD

Die SPD wiederum fällt in diesem Streit durch ihre verhältnismäßige Unsichtbarkeit und ihre zwangsläufige Vermittlungsrolle auf. Gegenüber den Ansprüchen seitens der Industrie machte sich beispielsweise Olaf Lies, Wirtschaftsminister aus Niedersachsen, stark für eine staatliche Hilfe bei den Stromkosten der Wirtschaft zur Standortsicherung.

Gegenüber den kritischen Stimmen aus der übrigen Bevölkerung bemüht sich die SPD vor allem um Beschwichtigung: So schlug sie vor, das Gesetz auf Neubauten und den Austausch defekter Heizungssysteme zu beschränken. Fraktionschef Rolf Mützenich räumte zusätzlich ein, dass die Wärmepumpe auch nicht überall funktionieren werde.

Mittlerweile wurde dank der reformistischen Weitsicht auch deutlich, dass damit die Misere im Bereich der Wohnungsmieten noch drastisch verstärkt zu werden droht. Da hatte die Bundesbauministerin Klara Geywitz wohl die Dimension einer vorprogrammierten Schwierigkeit übersehen: der Modernisierungsumlage von 8 % jährlich, die den Mieter:innen auch nach Amortisation der neuen Heizung erhalten bleibt. Jetzt ereifert sich das Führungspersonal umso mehr mit einer sozial akzentuierten Haltung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plädiert für eine sozial darstellbare Lösung und Co-Vorsitzender Lars Klingbeil möchte, dass die Modernisierungsumlage nicht vollständig auf die Mieten umgelegt werden soll. Jetzt wird über zumutbare Eigenanteile und eine gestaffelte soziale Unterstützung diskutiert. Beispielsweise meint Daniel Keller, SPD-Landtagsfraktionsvorsitzender in Brandenburg, dass eine finanzielle Förderung durch den Bund nicht auf 30 bis 50 % begrenzt werden soll.

Solche Initiativen drücken aber insgesamt mehr den Druck der eigenen Basis aus als eine Bemühung um eine Gesamtkonzeption, in der sowohl die gesellschaftlichen Ursachen der ökologischen Krise verstanden als auch ein sozial angemessenes Programm ausgedrückt werden.

Außerhalb?

Die CDU wiederum hat ihre innere Führungskrise auch unter Merz nicht überwunden. So ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass vor allem die AfD weitere Zugewinne verzeichnen kann. Während nämlich die Ampelkoalition den vernünftigen politischen Weg in den objektiven Tendenzen sieht, die das Kapital vorgibt, präsentiert sich die AfD als Sammelbecken aller bürgerlichen und kleinbürgerlichen wirklichen und vermeintlichen Opfer diese Politik – verbindet sie mit Populismus, Nationalismus und Rassismus.

DIE LINKE ist hingegen hilflos und paralysiert, nachdem sie große Teile des Gesetzentwurfs prinzipiell akzeptiert und lediglich eine „sozial gerechte“ Finanzierung als größtes Problem versteht. Im Übrigen ist sie am meisten mit ihrer Selbstzerfleischung beschäftigt.

Wer die AfD wirklich stoppen will, darf sich nicht wie die Gewerkschaften als bessere Sozialpartner:innen oder wie DIE LINKE opportunistisches Anhängsel im Bund der „Demokrat:innen“ betätigen, die gerade die Festung Europa dichtmachen und einen neuen Kalten Krieg forcieren. Nur wenn die Arbeiter:innenbewegung unabhängig von den Rechten und der Regierung agiert, kann sie Anziehungskraft für die gesamte Klasse der Lohnabhängigen entwickeln.

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