Ein Diskussionsbeitrag zu den Aktionen im August & September, Flugblatt der Gruppe Arbeiter:innenmacht, Infomail 1195, 12. August 2022
Es brennt! Ob in sächsischen und brandenburgischen Wäldern oder in der wieder angeheizten Debatte über Neuinvestitionen in alte Energieträger wie Gas, Kohle und Atom. Dabei zeigt der Bericht des Weltklimarats (IPCC) auch dieses Jahr, wie viel brenzliger extremes Wetter auszufallen droht, das mehr als 3,3 Milliarden Menschen in starke Hitze, Dürren und Überschwemmungen stürzen könnte.
Doch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine mitsamt seinen wirtschaftlichen und politischen Folgen erleben wir auch ein massives ökologisches, speziell energiepolitisches Rollback. Die gesteigerte Gefahr eines Weltkrieges, der auch zum ökologischen Flächenbrand werden könnte, zeigt: Die Zeichen der Zeit stehen auf Sturm und Feuer!
Die Aktionen von unzähligen Aktivist:innen der Umweltbewegung zeigen, dass sie bereit sind, gegen dieses von Menschen gemachte Elend zu kämpfen!
Das ist ermutigend. Doch zugleich ist auch unverkennbar: Die Klimabewegung selbst befindet sich trotz gigantischer eintägiger Mobilisierungen wie bei den Klimastreiks, trotz mutiger und spektakulärer direkter Aktionen und symbolischer Besetzungen selbst an einen Punkt, wo sie sich grundlegende Fragen nach der weiteren Strategie, Programmatik, dem Verhältnis von unmittelbaren und längerfristigen Forderungen sowie nach dem Subjekt des ökologischen Wandels stellen muss.
Denn auch wenn die Bewegung erreicht hat, dass die drohende ökologische Katastrophe selbst vom wirtschaftlichen und politischen Establishment längst verbal anerkannt ist, wenn Großkonzerne und fast alle Staaten der Welt auf den „grünen“ Kapitalismus aufgesprungen sind, so verschärft sie sich weiter dramatisch – und zwar nicht erst seit dem Krieg um die Ukraine, der allerdings wie ein globaler Brandbeschleuniger wirkt.
Mittlerweile ist auch die Einsicht, dass die drohende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen mit der kapitalistischen Produktionsweise, dem Heißhunger nach immer mehr Profit – und damit nach immer umfassenderer Ausbeutung von Menschen und Natur – verbunden ist, zu einem Gemeingut vieler Aktivist:innen geworden. Ebenso wird längst allgemein anerkannt, dass ihre Abwendung nur im globalen Maßstab möglich ist. Allein, daraus folgt noch keine politische Strategie oder Programmatik – insbesondere keine, wie, durch was und wen der zerstörerische Kapitalismus zu ersetzen ist.
Als Antwort darauf reicht offenkundig der notwendige Aktivismus nicht aus. Damit er wirklich wirksam wird, muss die Weltbewegung eine Antwort auf entscheidende Fragen finden: Wie kann sie ihre Forderungen durchsetzen? Wie kann sie wirklichen ökologischen Wandel erzwingen, der von der Masse der Gesellschaft, also von den Lohnabhängigen in den kapitalistischen Zentren wie auch von der Masse der Arbeiter:innen, Bauern/Bäuerinnen, der städtischen und ländlichen Armut im sog. globalen Süden, also den von den imperialistischen Mächten und Großkapitalien beherrschten Ländern, getragen wird?
Der reaktionäre, barbarische Angriff des russischen Imperialismus auf die Ukraine hat zur Vertreibung von Millionen und zur Zerstörung ganzer Landstriche geführt. Es handelt sich bei diesem Krieg jedoch nicht nur um einen zwischen der Ukraine und Russland, sondern auch und vor allem um eine globale Blockkonfrontation zwischen den „alten“, westlichen imperialistischen Mächten wie den USA, Deutschland und der EU einerseits sowie neuen wie Russland und China andererseits. Die neue Qualität der Wirtschaftssanktionen, v. a. der Ausschluss aus dem Swiftabkommen, zeigen die Konturen der Neuordnung des imperialistischen Weltsystems mitsamt seinen Liefer- und Wertschöpfungsketten auf.
Der abrupt geplante Ausstieg aus der russischen Energieabhängigkeit durch Deutschland und die EU trifft zwar Russland langfristig, zeitigt aber auch extreme Rückwirkungen auf die EU und speziell den deutschen Imperialismus, der seit Jahrzehnten enge Wirtschaftsbeziehungen mit ihm pflegte. Doch diese gigantische Umstrukturierung findet keineswegs zur Rettung unserer natürlichen Lebensgrundlage statt. Der massive Import von Flüssigerdgas (LNG – Liquefied Natural Gas) und die Investitionen in neue Infrastrukturen zementieren die Gefahr der fortgesetzten Überschreitung planetarer Grenzen. Es geht, wie das Abkommen mit Katar oder die weitere Braunkohleverstromung beispielhaft zeigen, nicht um den forcierten Ausstieg aus Öl, Gas oder Kohle überhaupt, sondern nur um den aus russischem. Der angeblich beschleunigte Ausstieg entpuppt sich als Lüge und ideologische Rechtfertigung für Aufrüstung, NATO-Osterweiterung, westliche ökonomische, politische und geostrategische Ziele.
Und wie steht die Umweltbewegung dazu? Sie schwankt. Mit der Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP steht sie noch deutlicher vor der Herausforderung, sich vom Programm der Grünen abzugrenzen. Schon der Wahl befürworteten diese (wie auch die FDP) eine deutliche Orientierung auf den Ausbau der Atlantikbrücke zu den USA und den Abbruch der Handelsbeziehung mit Russland. In diesem Sinne kommt der deutliche Kurs gegenüber Russland nicht überraschend. Verwunderlich ist allenfalls die Geschwindigkeit, mit der scheinbar unverrückbare Versprechen der Grünen über Bord geworfen werden. So halten sie wie die Bundesregierung eisern an ökologisch zerstörerischen Energieträgern und am Individualverkehr in Form von E-Autos und E-Fuels fest, unterstützen die EU-Taxonomie und forcieren schnelle Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. „Umweltschutz“ und „Green New Deal“ verkommen so vollends zur Farce, zu einem grünen imperialistische Säbelrasseln.
Ende Gelände (EG) bleibt im Aufruf zum Klimacamp bei Hamburg zwar nebulös, aber stellt sich gegen das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung, wenn das Bündnis schreibt: „Wir zeigen, dass wir 100 Milliarden bessere Ideen haben, als Geld in Krieg, Waffen, Gas und weitere klimaschädliche Infrastruktur zu investieren“. Auch wenn daraus eine Ablehnung von Aufrüstung und Krieg deutlich wird, so verhält es sich schon viel weniger klar bei der Frage der Sanktionen gegen Russland, die letztlich selbst nichts sind als ein Mittel im Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Der „radikale“ Flügel der Bewegung offenbart hier eine politische Unklarheit und ein fehlendes Verständnis des Imperialismus, der zu einer falschen Position bzgl. Sanktionen führt.
Fridays for Future (FFF) hingegen befindet sich hier in einem anderen Lager. Ihre Positionierungen stellen einen Versuch dar, als Pressuregroup auf die Grünen zu wirken. Zugleich unterstützen sie deren Neuorientierung als Juniorpartner:in des US-Imperialismus. Denn FFF orientiert sich weiterhin darauf, als moralischer Appell in den Ohren der „demokratischen“ Staaten zu hallen. Das machen die Aktivist:innen in ihrem Statement zur EU-Taxonomie deutlich, der zufolge Gas und Kernenergie als nachhaltig deklariert wurden. Sie schreiben: „Jeder Euro, der in neue Infrastruktur für fossile Technologien wie Kernkraft und Erdgas fließt, fehlt beim Ausbau der Erneuerbaren und sozialen Ausgleichsmaßnahmen. […] Die Taxonomie dient jetzt als Geschenk an Putin und beugt sich den fossilen Narrativen der Gas- und Atomlobby, die ihre Machtinteressen und Profitgier verfolgen“. In diesen Sätzen zeigt sich die Enttäuschung, aber auch die falsche Hoffnung, dass die Staaten nicht eigenständig eine nachhaltige Energiewende vollzogen haben. Christian Lindner (FDP) sprach Ende Februar im Bundestag von erneuerbaren Energien als „Freiheitsenergien“, doch für den Finanzminister der Bosse bedeutet dies die Umschreibung von Investitionen gemäß „nachhaltiger“ EU-Taxonomie und Verlängerung der Braunkohle- und Kernenergieverstromung, auch weit über die Abschreibung hinaus. Sozialisiert werden hier lediglich die Kosten.
Während der grüne Wirtschafts- und Energieminister, Robert Habeck, angesichts möglicher Erdgasknappheit im Herbst und Winter dazu auffordert, den sprichwörtlichen Gürtel enger zu schnallen, platzt es andernorts aus allen Nähten. Die Mineralölindustrie kann sich aktuell kaum vor Gewinnen retten. Shell hat im ersten Quartal 2022 einen Mehrgewinn von 147 % im Vergleich zum Vorjahr erzielt, Total sogar 190 % und Exxon satte 220 %. Doch auch Hersteller:innen von Solar- und Windenergie treiben die Preise nach oben und erzielen satte Extraprofite. Insgesamt wird eine Gewinnsteigerung des Energiesektors in Deutschland um 200 Milliarden US-Dollar für dieses Jahr prognostiziert.
Auch in der Rüstungsindustrie werden schwarze Zahlen geschrieben. So steht die Rheinmetallaktie Anfang August bei knapp 170 US-Dollar, nachdem ihr Kurs in diesem Jahr bereits von 90 auf fast 230 katapultiert worden war. Auch wenn aktuell eine Diskussion um die steuerliche Belastung der Extraprofite von Krisengewinner:innen anläuft (unabhängig davon, dass das mit einem FDP-Finanzminister sehr unwahrscheinlich ist) und angesichts des Krieges die Möglichkeit staatlichen Eingreifens in die Wirtschaft wahrscheinlicher ist, so beweist die Wirklichkeit tagtäglich, dass nicht zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlage, sondern der Wirtschaftsordnung eingegriffen wird. Kartellbildung und Preisabsprache sind im Kapitalismus keine seltenen Ausnahmen, sondern regelmäßiger Ausdruck der „freien“ Konkurrenz.
Deshalb steht die Frage im Raum, welche Kraft fähig ist, das Programm der Umweltbewegung umzusetzen. Für uns ist das die Arbeiter:innenklasse, die fähig ist, dem gesellschaftlichen Elend den Garaus zu machen. Diese Feststellung findet im doppelten Sinne statt. So sind die Arbeiter:innen (1.) in allen Teilen der Welt Hauptbestandteil jener, die in besonderem Maß den Umweltzerstörungen ausgesetzt sind. (2.) können sie durch ihre Stellung im Produktionsprozess das zerstörerische Mahlwerk des Kapitalismus zum Stehen bringen und im eigenen Sinne weiterproduzieren.
Erst vor wenigen Wochen haben die Hafenarbeiter:innen gezeigt, über welche Kraft sie verfügen, auch um für eine Energiewende im Interesse der Menschheit und nicht der Kapitalanhäufung zu kämpfen. Bei ihrem Streik in den Nordseehäfen Emden, Wilhelmshaven, Brake, Bremen, Bremerhaven und Hamburg zeigte sich deren Kampfkraft. Mit 48 Stunden handelte es sich um den längsten Hafenarbeiter:innenstreik in Deutschland seit 40 Jahren. Doch auch wenn Ende Gelände in ihrem Aufruf schreibt: „Mit unserer diesjährigen Aktion leiten wir den sofortigen Gasausstieg ein und stoppen den Bau von LNG-Terminals“, schweigen sie zum gewerkschaftlichen Kampf im Hamburger Hafen.
Anstatt die Arbeitskämpfe positiv aufzugreifen, die Tarifforderungen zu unterstützen, für Arbeiter:innenkontrolle in diesem Sektor einzutreten und die Frage des Zusammengehens von Umwelt- und Arbeiter:innenbewegung aufzugreifen, erleben wir – Schweigen. Zwar lesen wir in den Stellungnahmen des Klimacamps in Lützerath (Rheinland), dass die Verbindung zu Anwohner:innen und der IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) ausgebaut wurde. Dabei bleibt es jedoch. Eine Darlegung, wofür und wie gemeinsam gekämpft werden soll, fehlt leider.
Weder in den Stellungnahmen noch im Workshopprogramm findet sich, jedenfalls bisher, eine gemeinsame Diskussion mit den kämpfenden Hafenarbeiter:innen. Dort, wo über den Hafen gesprochen wird, wird dieser nur als Standort kapitalistischer Verwertungslogik betrachtet. Das ist er natürlich – wie jedes Produktions- oder Transportunternehmen. Doch damit erschöpft sich die Sache nicht. Wie jeder kapitalistische Betrieb ist der Hamburger Hafen nicht nur Ort von Verwertung. Er ist auch einer des Kampfes, des Widerstandes gegen die Ausbeutung der lebendigen Arbeitskraft – und er ist auch ein Ort, wo jene zu Tausenden beschäftigt sind, die diesen nicht nur symbolisch durch eine befristete Blockade, sondern auf Dauer lahmlegen können. Vor allem aber sind die dortigen Arbeiter:innen – und in anderen Unternehmen – jene, die die Wirtschaft und das Transportsystem real im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit und menschlicher Bedürfnisse, also einer rational geplanten Ökonomie, reorganisieren können.
Unglücklicherweise tauchen die Lohnabhängigen in der Politik von EG und FFF wie beim gesamten Mainstream der Umweltbewegung allenfalls am Rande auf. Selbst wo sie sich antikapitalistisch geben, betrachten sie die Arbeiter:innenklasse nicht als das zentrale Subjekt gesellschaftlicher Veränderung.
Der Kampf gegen den Klimawandel wird stattdessen primär als einer um die Köpfe geführt. Fähig, die Klimakrise zu bekämpfen sind jene, die dagegen aktiv werden – so weit, so tautologisch. Nach ähnlicher Logik funktioniert das Konzept des zivilen Ungehorsams, sofern es Herzstück einer Strategie zur Lösung der Klimafrage ist. Insofern bleibt die Aktionsform moralisierend. Die Subjekte des Kampfes sind keine Klassenkräfte, die es in Bewegung zu setzen gilt, sondern Individuen. Die Bewegung kennt keinen Klassenbezug, keine Ausrichtung auf die Lohnabhängigen als strategische Zielsetzung, sondern bildet sich durch die Sammlung möglichst vieler „freier“ Individuen.
Daher müssen Hafen oder Kohlegrube von außen „bestreikt“ oder besetzt werden. Nun lehnen wir keineswegs kategorisch solche symbolischen Aktionen ab, zumal wenn sich beispielsweise Beschäftigte in den Kohlegruben und deren Gewerkschaften eisern aufseiten „ihrer“ Betriebe, genauer der Kapitaleigner:innen stellen. Doch dies kann logischerweise nur ein Notbehelf sein. Letztlich können sie den Kampf um die Gewinnung der Beschäftigten – zumal in einem gesellschaftlich so wichtigen und so großen Betrieb wie dem Hafen –nicht ersetzen.
Gelingt es, gemeinsam mit den Hafenarbeiter:innen zu agieren, braucht der Hafen nicht erst mittels zivilen Ungehorsams zeitweise „erobert“ (in der Realität symbolisch blockiert) zu werden. Daher muss im Gegensatz zur aktuellen Praxis die strategische Ausrichtung einer Umweltbewegung, die wirklich klassenkämpferisch und antikapitalistisch sein will, darin bestehen, eine solche Verbindung zu den Beschäftigen, den streikenden Gewerkschafter:innen und ihren Organen (Vertrauensleute, Betriebsräte) herzustellen und gemeinsam aktiv zu werden für höhere Löhne, internationale Solidarität und ökologische Nachhaltigkeit sowie gegen Überausbeutung. Insbesondere könnte und müsste es dabei sowohl um Kampfformen (Streiks und Besetzungen) wie auch um die Frage der Enteignung und Arbeiter:innenkontrolle gehen, um so auch zu konkretisieren, wie beispielsweise Häfen, Schifffahrt und Transport ins Binnenland für eine ökologische Umstellung des Verkehrs umstrukturiert werden sollten. Doch leider können wir selbst angesichts des Kampfes im Hafen kaum konkrete Angebote seitens der Umweltbewegung erkennen außerhalb allgemeiner Solidarisierungen.
Schafft es die Umweltbewegung nicht, diese Kampfpartner:innenschaft auf- und auszubauen, dann wird’s dunkel und metaphorisch.
Seit 9. August ist der EU-Gasnotfallplan in Kraft getreten. Demnach verpflichten sich die Mitgliedstaaten der EU freiwillig zur Reduktion ihres jeweiligen Gasverbrauchs um 15 %. Auch wenn wir den Ausbau weiterer Infrastruktur im Bereich der fossilen Energie und der Kernspaltung bekämpfen, so stellt ein sofortiger, somit ungeplanter Ausstieg eine katastrophale Verschärfung der sozialen Ungleichheit und ihrer direkten Auswirkungen dar.
Schon jetzt können Staaten wie Pakistan angesichts der gesteigerten Weltmarktpreise kein Öl mehr importieren. Auch wenn laut Plänen Privathaushalte und die sogenannte kritische Infrastruktur besonders geschützt bleiben sollen, so zeigte die Pandemie, wie weit der Begriff ausgedehnt werden kann, wo die Fließbänder der Automobilindustrie nur durch Lieferengpässe zum Stehen kamen. Die Bedeutung der Kontrolle über solche Zwangsmaßnahmen wird hier deutlich.
Weil das Kapital und sein Staat Kontrolle über das Privateigentum ausüben, stellen wir die Forderung der Arbeiter:innenkontrolle dagegen. Gemeinsam mit Vertreter:innen aus Gewerkschaften, Anwohner:innen und Expert:innen, die unser Vertrauen genießen, könnte über die Verwaltung in Notsituationen entschieden werden. Sonst drohen wir, angesichts einer allgemeinen Not passiv zu bleiben und keine andere politische Perspektive als den Verzicht anzubieten. Die Logik eines individuellen Verzichtes entspringt im Kapitalismus aber den „moralischen Höhen“ der Mittelschichten und besser gestellter Lohnabhängiger. Für die Masse erweist sie sich gerade in Zeiten massiver Preissteigerungen und drohender Not nur als zynisch und reaktionär.
Darüber hinaus tendieren alle Verzichtsparolen dazu, das eigentliche Problem zu individualisieren, und ignorieren, dass im Kapitalismus die Masse der Konsument:innen keine Verantwortung dafür trägt und tragen kann, woher die Ressourcen zur Herstellung von Waren stammten und was nach deren Absatz mit ihnen geschieht. Wäre es anders, wären sie keine „freien“ Lohnarbeiter:innen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um überhaupt das Einkommen zu erhalten, damit sie ihre Bedürfnisse befriedigen und ihre Reproduktion sichern können. Weil sie aber Lohnabhängig sind, gehören ihnen die sachlichen Bedingungen, unter denen sie arbeiten, also sämtliche Rohstoffe, Maschinen, Produktionsmittel, eben nicht – und sie haben auch nichts mitzureden, ob, was und wie die Eigentümer:innen eines Betriebes produzieren.
Den Kapitalist:innen wiederum ist es reichlich egal, was mit dem Schrott geschieht. Ihr Privateigentum ist ihre Freiheit.
Wenn die Produktion nachhaltig und die Verteilung gerecht gestaltet sein sollen, so ist dies mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln unvereinbar. Es gibt keinen „grünen“, nachhaltigen Kapitalismus – und es kann ihn nicht geben. Allenfalls können wir Einschränkungen der freien Verfügungsgewalt über die Unternehmen, ökologische, gewerkschaftliche und demokratische Rechte für die Arbeiter:innen – sei es als direkt Beschäftigte oder große Masse der Bevölkerung – erkämpfen.
Auch dies verweist auf die Subjektfrage und auf die enge Verbindung von Umweltbewegung, Antikapitalismus und Arbeiter:innenklasse. Und es zeigt sich dabei, dass der Kampf gegen die ökologische Katastrophe keine vom Klassenkampf losgelöste Menschheitsfrage darstellt, sondern selbst integraler Teil des Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Revolution und eine internationale demokratische Planwirtschaft darstellt.
One thought on “Auf geht’s, ab geht’s: Welche Strategie brauchen wir als Klimabewegung in Zeiten von Krieg & Krise?”