Arbeiter:innenmacht

Britannien: Streiks an Universitäten ausweiten bis zum Sieg

Dara O’Cogaidhin, Workers Power, Infomail 1178, 15. Februar 2022

Die britische Gewerkschaft der Universitäten und Hochschulen (University and College Union = UCU) hat für Februar und März eine neue Streikwelle an 68 Universitäten angekündigt.

Dies folgt auf den dreitägigen Streik im vergangenen Dezember zur Verteidigung ihres universitären Rentensystems und für bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen. Seitdem haben zwölf weitere Ortsgruppen die gesetzlich vorgeschriebene, gewerkschaftsfeindliche Schwelle von 50 % (von 42 Abstimmungen) überschritten, um mit Ja zu stimmen und sich den Arbeitsniederlegungen anzuschließen, was zeigt, dass Streiks der beste Weg sind, um die Militanz der Beschäftigten zu stärken. Jetzt hat die UCU den Einsatz erhöht und zehn Streiktage im Februar angekündigt.

Rückschläge

Leider erfolgt die Eskalation trotz dieser Schritte nach vorn nicht geradlinig, da die Gewerkschaftsführung von einem gemeinsamen Kampf abgerückt ist. Auf einer Sitzung des Hochschulausschusses (HEC) am 18. Januar wurde ein Antrag, der eine Eskalation und unbefristete Maßnahmen forderte, knapp abgelehnt. Dies geschah, obwohl die Delegiertenversammlungen der Grundeinheiten (Branch Delegate Meetings = BDMs) am Abend zuvor eine Verschärfung des Streiks nachdrücklich befürwortet hatten, was die Haltung der Belegschaft vor Ort sehr viel deutlicher widerspiegelt. Stattdessen setzte sich der HEC darüber hinweg und verabschiedete eine Reihe von Empfehlungen, die den Rentenkonflikt faktisch von dem der „Vier-Kämpfe“ über Löhne, Gleichberechtigung, Arbeitsbelastung und Gelegenheitsarbeit abkoppelten, was einem auf dem Kongress verabschiedeten Antrag zuwiderlief, die Konflikte „gekoppelt“ zu halten.

Diese Entscheidung führte zu einem offenen Brief von Delegierten der UCU-Ortskartelle (zumeist Anhänger:innen der UCU-Left) an die HEC-Mitglieder, in dem sie höflich nachfragten, wie sie über die Anträge abgestimmt hätten, und ihre Besorgnis über den Entscheidungsprozess in der Gewerkschaft zum Ausdruck brachten. In dem Brief wurde auch darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen des HEC nicht die ausdrückliche Unterstützung der BDMs für eine Eskalation und die Zusammenbehandlung der beiden Arbeitauseinandersetungen widerspiegeln.

Im Anschluss an die HEC-Sitzung erläuterte UCU-Generalsekretär Jo Grady eine Reihe neuer Vorschläge, die dem Gemeinsamen Verhandlungsausschuss (GNA) des Universitätsrentensystems einen „Ausweg“ aus dem Streik bieten. Nachdem die Verhandlungen Anfang Februar beginnen sollten, kündigte die Gewerkschaftsführung schließlich zehn Streiktage an, die am 14. Februar losgehen sollten. Viele der Streiktage fallen jedoch in die Vorlesewoche oder die Semesterferien, so dass die Universitätsverwaltung nur minimal gestört wird. Und ohne Eskalation bis hin zu einem unbefristeten Streik können die Universitäten die Dozent:innen umdisponieren und denjenigen, die sich weigern, sogar mit Gehaltseinbußen drohen.

Solidarität wächst

Seit dem Streik im Dezember hat es zwei sehr positive Entwicklungen gegeben.

Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen der Unternehmensleitung und dem Personal über Löhne und Arbeitsbedingungen führte die Gewerkschaft Unison im Hochschulbereich eine Urabstimmung über ein mickriges Lohnangebot von 1,5 % durch – eine Reallohnkürzung, wenn man die Inflation berücksichtigt. Neun Universitäten werden wegen der Gehälter und drei wegen der Renten streiken – die Universität Leeds wegen beidem – und anderswo können UCU- und Student:innenstreikposten die Unison-Mitglieder immer noch dazu ermutigen, nicht die Streikpostenkette zu durchbrechen.

Die Versuche der Universitätsleitung, einen Keil zwischen das Personal und die Studierenden zu treiben, wurden von studentischen Solidaritätsgruppen abgewehrt, und nun hat die Student:innen-Gewerkschaft NUS (National Union of Students) für einen der Streiktage, den 2. März, zu einem landesweiten Student:innenstreik aufgerufen. Wenn Studierende und Personalaktivist:innen zusammenarbeiten, birgt dies das Potenzial, sowohl den Campus zu schließen als auch die Grundlage für künftige gemeinsame Kämpfe gegen das zersetzende Experiment der Bildungsvermarktung zu schaffen.

In der Spur bleiben

Eine Eskalation der Streiks über symbolische Arbeitsniederlegungen von einigen Tagen hinaus bildet den Schlüssel zum Erfolg in diesem Konflikt. Angesichts des versuchten Ausverkaufs des Streiks von 2018, der vielen Mitgliedern noch im Gedächtnis ist, unterstreichen die jüngsten Manöver der Gewerkschaftsführung, wie wichtig die Kontrolle der Streiks durch die Basis ist.

Der jüngste Antrag der UCU-Left in den Grundeinheiten, in dem ihre dringende Versammlung zur Koordinierung und zum Vorschlag von Arbeitskampfmaßnahmen gefordert wird, ist sehr zu begrüßen. Konkret sollten die Aktivist:innen zu der Versammlung aufrufen, um ein abrufbares Streikkomitee zu wählen, das den Konflikt auf Kurs hält und die Gewerkschaftsführung beobachtet, um eine Kapitulation zu verhindern. Die Beschäftigten können die Streikposten nutzen, um selbst die Initiative zu ergreifen und ein Streikkomitee zu wählen, und sich mit anderen Streikkomitees vernetzen, um den Druck auf die UCU-Führungen zu erhöhen, damit sie die Maßnahmen verstärken, oder sich darauf vorbereiten, notfalls auch ohne sie zu handeln.

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