Referat von Martin Suchanek, Online-Stream der Gruppe ArbeiterInnenmacht vom 2. April, Infomail1098, 7. April 2020
Hallo, und herzlich willkommen zum wöchentlichen Online-Stream der Gruppe ArbeiterInnenmacht. Mein Name ist Martin Suchanek. Unser heutiges Thema, zu dem ich einleite, ist: „Corona-Gefahr in Pakistan: Wir fürchten zu verhungern“.
Danach wird es bereits bei FB die Möglichkeit für Nachfragen geben. Also schreibt sie uns hier unten in die Kommentare! Dort findet Ihr auch einen Link zu discord, wo wir uns im Anschluss für eine gemeinsame Diskussion mit allen Interessierten treffen.
Die Gruppe ArbeiterInnenmacht ist eine internationalistische und kommunistische Organisation. Wir sind aktiv im Betrieb, in der Schule, Universität und auf der Straße. Wir verbinden den Kampf gegen die täglichen Übel am Arbeitsplatz und Sozialabbau, gegen Rassismus, Sexismus und Krieg mit dem gegen seine Wurzel, den Kapitalismus.
Unterstützt uns, indem Ihr diese Veranstaltung teilt, uns und unsere Seite bekannt macht und gemeinsam mit uns aktiv werdet! Wir möchten Euch auch einladen, vergangene Streams zu hören. Besonders auf unsere Artikel unter www.arbeiterinnenmacht.de, unser Aktionsprogramm und unsere Artikelreihe „Von der Pandemie zur Weltwirtschaftskrise“ möchten wir Euch hinweisen.
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Wir sprachen vergangene Woche zu eben jenem Thema. Eine der zentralen Schlussfolgerungen bestand darin, dass nicht nur die Pandemie, sondern auch die sich entwickelnde Weltwirtschaftskrise die halbkolonialen Ländern, die sog. Dritte Welt, besonders hart treffen. Die Folgen werden deutlich dramatischer als zu der Krise 2007 ausfallen.
Bereits jetzt erreichen uns erste Berichte von Hungerprotesten aus unterschiedlichen Ländern. Pakistan soll hier im Konkreten behandelt werden. Das Land steht aber auch beispielhaft für einige Fragen und Aufgaben sozialistischer Politik in der halbkolonialen Welt.
Mit dem Begriff Halbkolonie wollen wir verdeutlichen, dass es sich um ein formal politisch unabhängiges Land handelt, dessen Ökonomie jedoch aufgrund seiner Stellung auf dem Weltmarkt vom Großkapital der imperialistischen Länder, im Falle Pakistans besonders der USA und Chinas, dominiert wird. Im Rahmen der imperialistischen Weltordnung nimmt Pakistan trotz seiner geografischen und demografischen Größe daher eine den wirtschaftlichen und geostrategischen Großmächten untergeordnete Rolle ein. Diese treten wiederum zunehmend in gegenseitige Konkurrenz auch in der inneren Politik und Wirtschaft Pakistans, hier besonders die USA und China.
Pakistan steht seit Jahren im Zentrum globaler Konflikte – Krieg in Afghanistan; Konflikt um Kashmir; Neuaufteilung der Welt; Privatisierung und neoliberale Ausrichtung der Ökonomie auf den Weltmarkt. Nicht zuletzt ist das Land eines der am stärksten vom ökologischen Kollaps betroffenen Länder.
Wir als Organisation pflegen seit Jahren enge, solidarische und politische Verbindungen zu GenossInnen im Land. Wir stehen im Austausch mit AktivistInnen der politischen Linken, und unterstützen unter anderem die Gewerkschaftsbewegung und die Frauenbewegung im Rahmen unserer Möglichkeiten. Wir halten diesen Austausch nicht nur für eine praktische Pflicht von InternationalistInnen, insbesondere in den Metropolen.
Wir halten auch den Austausch von Informationen und Erfahrungen im heutigen globalen Klassenkampf für zentral. Ebenfalls sind wir der Meinung, durch die gemeinsamen Diskussionen einen Beitrag gegen nationale Engstirnigkeit und Standortlogik zu leisten. Die Erkenntnisse, gewonnen aus den gemeinsamen Debatten, halten wir für eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines revolutionären Programms heute.
Wir möchten hier auch auf einen Artikel zur Corona-Krise in Pakistan verweisen, der von dem pakistanischen Magazin „Socialist Resistance“ stammt und von uns im Deutschen veröffentlicht wurde.
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Ich möchte mich auf vier Fragen konzentrieren:
1. Was droht und warum ist die Bedrohung so akut?
2. Welche Ursachen hat die drohende soziale und medizinische Katastrophe?
3. Wie kann der drohenden Katastrophe vor Ort begegnet werden?
4. Warum ist es wichtig, dass die deutsche ArbeiterInnenklasse Solidarität zeigt, und wie kann diese aussehen?
Am 23. März berichtete „Socialist Resistance“ von 878 positiv auf Corona getesteten Menschen. Heute, am 2. April, sind es bereits 2373. 33 Tote werden offiziell angegeben. (Am 7. April 4.000, darunter 55 Tote.)
Verglichen mit Ländern wie Italien scheinen diese Zahlen weniger bestürzend.
Aber das Dramatische der Situation zeigt sich schon auf den ersten Blick an verschiedenen Faktoren.
Gesundheit ist eine Klassenfrage – das gilt besonders in Pakistan. Dies wurde durch die verstärkte Privatisierung des Gesundheitswesen, von Krankenhäusern und Labors verschlimmert. Eine allgemeine Gesundheitsversicherung gibt es nicht.
Ein praktisches Beispiel. Bereits vor COVID-19 berichteten ArbeiterInne der Textilstadt Faisalabad, dass sie sich einen Test für die weit verbreitete Lungenkrankheit Tuberkulose nicht leisten können. Selbst wenn sie das Geld hätten, sie hätten nicht die Zeit, den Weg zum/r Arzt/Ärztin auf sich zu nehmen, ohne ihren Arbeitsplatz zu riskieren.
Dieser Umstand wird beängstigender, wenn man die Anzahl der Beatmungsgeräte bedenkt. Im ganzen Land stehen bei 220 Millionen Einwohnern knapp 2.500 zur Verfügung. Im Vergleich dazu hat Deutschland bei 80 Millionen Einwohnern 28.000 , 10.000 weitere sind nachbestellt.
Es mangelt auch in den Krankenhäusern an Ausrüstung, Material, Medizin und geschultem Personal. Selbst die Kliniken der wohlhabenden Mittelschicht können sich selbst mit einer heruntergewirtschafteten öffentlichen Klinik in Deutschland nicht messen.
Doch in Pakistan tritt bereits jetzt eines deutlich zutage. Die Krise ist vom ersten Tag an auch eine wirtschaftliche und soziale. In Lahore verließen hunderte Menschen ihre Häuser, um Brot zu fordern. Die Polizei schritt gewaltsam ein.
Die pakistanische ArbeiterInnenklasse steht unter den gegebenen Herrschaftsverhältnissen im Inland und der globalen imperialistischen Ordnung vor der Alternative, zu verhungern oder zu ersticken.
Das Virus trifft auf eine Gesellschaft, in der eine extrem ausgebeutete Masse von ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen einer kleinen Minderheit extrem reicher UnternehmerInnen und GroßgrundbesitzerInnen, sowie einer mächtigen Schicht von BürokratInnen und Generälen gegenübersteht.
Wir wollen dies an einigen Zahlen verdeutlichen. Über drei Viertel der rund 62 Millionen Lohnabhängigen arbeiten im sogenannten informellen Sektor. Oft sind sie TagelöhnerInnen, LeiharbeiterInnen und in der Heimindustrie beschäftigt. Formen der abhängigen Beschäftigung bis hin zur direkten Sklaverei sind insbesondere im ländlichen Raum und in der Landwirtschaft zu finden.
Der offizielle Mindestlohn liegt je nach Provinz zwischen 16.500 (90 Euro) und 17.500 Rupien (95 Euro). Der tatsächliche Durchschnittslohn liegt allerdings bei 13.000 Rupien, also rund 70 Euro. Arbeiterinnen erhalten oft weniger als 5.000 Rupien.
Es gibt keine allgemeine Krankenversicherung. Nur in wenigen einzelnen Fällen gibt es eine Grundversorgung für Arme. Das oben gegebene praktische Beispiel verdeutlicht aber auch hier die tatsächlichen Umstände. Urlaubsgeld, Lohnfortzahlung, Krankengeld existieren nicht. Viele Arbeiterinnen sind tatsächlich SchuldnerInnen ihrer KapitalistInnen, da diese regelmäßig Löhne für bereits verrichtete Arbeit verweigern.
Eine Sozialversicherung haben nur wenige ArbeiterInnen. Wenn, dann im öffentlichen Sektor. Von einer tatsächlichen Altersvorsorge für ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen kann keine Rede sein. Dies betrifft selbst große Teile der lohnabhängigen Mittelschichten und des Kleinbürgertums.
Die Lage der arbeitenden Frauen ist in dieser Situation besonders dramatisch. Bereits jetzt erreichen uns Berichte von der Zunahme häuslicher Gewalt. Insbesondere bäuerliche und proletarische Frauen haben keine Möglichkeit, ihr zu entfliehen oder zumindest dem häuslichen Gewalttäter „aus dem Weg zu gehen“. Frauen sind auch in Pakistan besonders betroffen, sowohl in den Bereichen, wo sie noch arbeiten können, als auch dort, wo die Arbeit eingestellt wird. Lehrerinnen, Krankenschwestern, Pflegerinnen sehen sich außerordentlichen Herausforderungen und Gefahren im Beruf gegenüber, oft ohne Zugang zu Schutzmaterialien. Arbeiterinnen in der Heimindustrie,
Reinigungskräfte und so genannte „Hausmädchen“ sind zu Hunderttausenden, wenn nicht Millionen fristlos entlassen worden – oft selbst unter Vorenthaltung des bereits fälligen Lohns.
Kurzum, die ArbeiterInnenklasse und die Bauern-/Bäuerinnenschaft sind nicht nur in ihrer Gesundheit, sondern in ihrem Überleben bedroht. Sie haben faktisch keinen Zugang zum Gesundheitssystem, oft kein Einkommen, keine Reserven. Die Folgen sind bereits jetzt nicht nur Mangel, sondern bitterer Hunger.
Die Regierungspolitik schwankte zwischen „Herdenstrategie“ (Premierminister Khan) und „Lockdown“ (Militär), also landesweiten Ausgangssperren, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Militär und Teile der bürgerlichen Opposition wie der Pakistani Peoples Party haben sich damit teilweise durchgesetzt. Praktisch herrscht in allen Provinzen ein Lockdown. Offiziell gilt dieser jedoch (bisher) nicht auf nationaler Ebene.
Darüber hinaus kennzeichnet die Politik der herrschenden Klasse:
Besonders deutlich wird es, wenn wir uns vor Augen halten, dass arme Menschen nicht auf die Straße gehen sollen – das Autofahren im eigenen PKW ist jedoch erlaubt.
Social Distancing/Kontaktverbot ist für die Masse Augenwischerei – faktisch läuft es auf die Abriegelung ihrer Wohnviertel hinaus, wo Aus- und Eingang kontrolliert werden.
Als Kommunistinnen und Kommunisten müssen wir darlegen, dass für die Umsetzung dieser Maßnahmen die Regierung und die lokale Bourgeoisie die volle Verantwortung tragen. Gleichzeitig liegt die Ursache nicht nur „in“ Pakistan, sondern v. a. in der Stellung des Landes in der imperialistischen Weltordnung.
Wir kommen daher zum dritten Punkt.
Hier ist nicht die Zeit, ein vollständiges Programm darzulegen, wohl aber einige Eckpunkte.
Die oben dargelegten Faktoren zeigen, dass wir es nicht nur mit einer Pandemie, sondern auch einer drohenden sozialen Katastrophe zu tun haben.
Für Millionen und Abermillionen geht es um ihre Gesundheit und um das unmittelbare Überleben. Der Titel der Veranstaltung „Wir fürchten zu verhungern“ stellt keine Übertreibung dar, sondern verdeutlicht, was Millionen droht, wenn keine wirksamen Maßnahmen im Interesse der ArbeiterInnenklasse durchgesetzt werden.
Zentrale Forderungen und Perspektive
Es ist fruchtlos, diese Forderungen einfach als Bitten oder weise Vorschläge an Staat und Kapital zu richten. Einige dieser Maßnahmen mögen diese unter großem Druck billigen, aber als Gesamtstrategie ist dies für die herrschende Klasse undenkbar.
Es braucht die eigenständige Initiative der armen Bevölkerung unter der Führung der Beschäftigten in den Betrieben und Industrien. Teile der Linken haben unter dem sich entwickelnden Druck zur Gründung von Aktionskomitees aufgerufen. Dies ist außerordentlich wichtig. Sie können sowohl Ansatzpunkte für eine Einheitsfront zwischen Gewerkschaften und linken Organisationen sein als auch die Grundlage für eine Bewegung der Klasse selbst.
Relevant ist hier für uns, dass solche Aktionskomitees oder Ausschüsse, sowohl Kampf- wie Mobilisierungsorgane, aber auch solche der Kontrolle, Selbstverwaltung und Organisation sein können und werden müssen. Aktionskomitees in nicht relevanten Industrien könnten so zu Streikorganen werden, aber auch zu Organen, die die Einstellung der Produktion und vor allem auch ihre Wiederaufnahme ohne Kapitalflucht überwachen. Stadtteilkomitees, die die Verteilung von Spenden organisieren, müssten auch zu Preiskomitees werden, die den Handel überwachen und anfangen einzugreifen, um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern. Kurzum, sie könnten nicht nur, tatsächlich müssten sie bei eigenem Erfolg schnell zu Organen der Gegenmacht zum bürgerlichen Staat werden.
Besonders in Bezug auf materielle Hilfe und Versorgung mit Nahrungsmitteln für die Armen sind viele linke Organisationen bereits aktiv. Doch bei Spendensammlungen soll und darf es nicht bleiben. Vielmehr geht es darum, diese auch zu nutzen, um Verbindung zwischen den eher kleinbürgerlichen AktivistInnen der radikalen Linken, der Frauenbewegung, wie z. B. der Women’s Democratic Front, mit der Klasse, mit Gewerkschaften aufzubauen, um den Kampf für Forderungen wie oben skizziert gemeinsam zu führen.
Die an sich richtige Aktivität steht jedoch nach wie vor zu den strategischen Erkenntnissen im Widerspruch. Ein Teil der GewerkschaftsführerInnen, FührerInnen der Awami Workers Party oder der Haqooq e Khalq Movement (Bewegung für Recht und Zivilität/Zivilgesellschaft) rufen nun zur Gründung von Komitees auf. Besonders die Gewerkschaften und die Awami Workers Party haben sich aber gleichzeitig zentral auf die Forderung nach einer Konferenz zwischen Staat, Kapital und Arbeit fokussiert. Während diese richtigerweise erkennt, dass auch die Arbeit eine Rolle in dieser Krise zu spielen hat, verfehlt sie letztlich aber den Klassencharakter des gesamten Systems und im Konkreten einer Situation, in der Kapital und Staat keine freiwilligen Konzessionen nach einem „Dialog“ machen werden. Solch eine Konferenz wäre im besten Falle ein Zwei gegen Eins, in dem gegensätzliche Positionen artikuliert werden. Die Gefahr ist aber groß, dass die falsche strategische Ausrichtung nicht nur das revolutionäre Potential übersieht, sondern auch die Initiative für die unmittelbare Vorbereitung der Klasse auf die Auseinandersetzungen für Sofortmaßnahmen verpasst. Diese politische Frage ist umso wichtiger, weil der organisierten ArbeiterInnenklasse in der Industrie und im Transport, im Gesundheitswesen eine zentrale Rolle für den Kampf zukommt.
Eine besondere Bedeutung wird auch Frauen aus der ArbeiterInnenklasse zufallen.
Gerade in diesen Teilen der Wirtschaft, wo viele von ihnen arbeiten, war bisher die Klassenorganisation besonders schwach, eine kollektive Antwort daher besonders schwer. Es sind aber auch besonders Frauen, die in Menschenansammlungen der letzten Tage auf die Straßen drängten, um nach Nahrung zu rufen. Und es sind auch Krankenschwestern und junge Ärztinnen, die für Maßnahmen im Gesundheitssektor Proteste angekündigt haben. Arbeitenden Frauen muss und wird daher vermutlich auch in der Entwicklung der aktuellen ArbeiterInnenbewegung eine zentrale Rolle zukommen. Für revolutionäre SozialistInnen gilt es, alles zu tun, um dies zu bestärken, spezielle Forderungen für Arbeiterinnen aufzustellen und dafür einzutreten, dass sie eine gleichwertige Rolle in den ArbeiterInnenkomitees spielen.
Wir schlagen vor, dass sich SozialistInnen positiv auf die Forderung nach Aktionskomitees beziehen. Überall wo sie präsent sind, müssen sie zur gemeinsamen Aktion mit anderen Kräften und der tatsächlichen Schaffung solcher Komitees hinarbeiten. Die nach wie vor legale Verteilung von Essensspenden kann hier auch ein praktischer Anknüpfungspunkt werden, um mit den ArbeiterInnenvierteln unter der Ausgangssperre in Kontakt zu treten. Letztlich wird die gemeinsame Einheitsfront nicht durch Forderungen an den Staat, sondern durch die echte Aktion der Klasse für diese geschaffen.
Es muss uns auch darum gehen, diese entstehenden Gegenmachtorgane auf den Kampf um die Macht, unausweichlichen Widerstand von Kapital und Repressionsapparat vorzubereiten. Dazu sind folgende Schritte besonders wichtig.
Weit hergeholt? Durchaus nicht, wenn wir uns die Ähnlichkeiten mit den Arabischen Revolutionen nach der Großen Rezession vor Augen halten. Diese verweisen zugleich aber auch auf die Notwendigkeit zur Schaffung einer ArbeiterInnenpartei, einer revolutionären Organisation, die diese Bewegung bündeln und führen kann.
Ismat Raza Shahjahan, eine Anführerin der Women’s Democratic Front und der Awami Workers Party, schrieb am 30. März: „Die AWP hat bereits das Abhalten einer ArbeiterInnenkonferenz, nachdem die Ausgangssperre aufgehoben ist und sich die Situation normalisiert (!) hat, angekündigt.“
Wir müssen deutlich herausstellen, dass eine derartige Normalisierung nicht eintreten wird. Es geht im Gegenteil darum, bereits jetzt FührerInnen der ArbeiterInnenbewegung, der Studierenden, Bauern/Bäuerinnen und Frauenorganisationen auf nationaler Ebene online zusammenzuführen – auf lokaler Ebene mit gegebenen Vorsichtsmaßnahmen auch physisch, wo anders nicht möglich.
Dass der Staat sich bewusst ist, dass eine Normalisierung nicht abzusehen ist, zeigt sich an Folgendem. Er schreitet zunehmend zur Repression. So wurde z. B. Beschäftigten im Gesundheitswesen, v. a. ÄrztInnen, jede öffentliche Äußerung, jedes Interview untersagt. AktivistInnen die Hungerproteste filmten, wurden geschlagen und verhaftet.
Der Kampf gegen die Pandemie ist also nicht nur in Pakistan untrennbar mit dem gegen den Kapitalismus verbunden!
Ein erster Punkt besteht darin, dass wir Informationen über die Kämpfe, über Widerstand, Forderungen, Politik der pakistanischen Linken, der Frauenbewegung, der Gewerkschaften, unterdrückter Nationen verbreiten, bekannt machen.
Zweitens geht es aber vor allem um die Schaffung unmittelbarer Unterstützung von Kämpfen und Aktionen, um Proteste gegen Repression, gegen die Einschränkung demokratischer Rechte, gegen Streiks, gegen Angriffe durch den Geheimdienst oder anderer Institutionen des Staates. D. h. dazu müssen auch wir nicht nur Protestnoten und Briefe organisieren, wir müssen auch darum kämpfen, dass wir in Deutschland unsere Solidarität organisiert in die Öffentlichkeit tragen dürfen.
Drittens müssen wir hier gegen die Ausplünderung des Landes durch imperialistische Konzerne wie Adidas usw. und durch die Institutionen des globalen Kapitalismus wie den IWF vorgehen. Wir fordern die Streichung aller Schulden, wir fordern von Konzernen wie Adidas die Fortzahlung der Löhne der ArbeiterInnen in Pakistan – und zwar auch derer, die bei ihren „Subunternehmen“ beschäftigt sind. Schließlich fordern wir von der EU und der Bundesregierung die Lieferung von medizinischen Geräten und Medizintechnik ohne Bedingungen sowie die kostenlose Überlassung von Impfstoffen und Heilmitteln, sobald sie entwickelt sind, so dass diese auch der pakistanischen Bevölkerung zugutekommen.
Viertens findet ein wichtiger Teil des Kampfes auch hier unmittelbar statt. So muss auch hier unsere Solidarität pakistanischen Geflüchteten gelten. Wir fordern das Ende der barbarischen Lagersysteme und generell die vollen StaatsbürgerInnenrechte für alle Geflüchteten und MigrantInnen hier, um die Solidarität gemeinsam zu entwickeln.
Fünftens bedeutet Solidarität mit der ArbeiterInnenklasse in Pakistan wie in allen halbkolonialen Ländern auch, den Klassenkampf hier zu führen. Die Pandemie geht auch hier mit einer historischen Krise des Kapitalismus einher – und daher werden wir hier kämpfen müssen, wollen wir nicht die Last der Krise tragen. Die Streiks der Lohnabhängigen in Italien oder auch erste Kämpfe in den USA zeigen, dass das auch unter den aktuellen Bedingungen nötig und möglich ist. Sie sind aber auch für die Lohnabhängigen in Pakistan eine Inspiration, ein Zeichen, dass ArbeiterInnen nicht nur ähnlichen Problemen und den gleichen GegnerInnen weltweit gegenüberstehen. Sie zeigen auch, dass wir uns wehren können. Solidarität ist für uns kein moralisches, abstraktes Gebot – sie ist ein Erfordernis des Kampfes, sie wird nur im gemeinsamen internationalistischen Klassenkampf wirklich. Lassen wir sie zu einer materiellen Gewalt, zu einem politischen Faktor werden zum Sturz des Kapitalismus, für eine sozialistische Gesellschaftsordnung!
Sechstens sollten wir mit unseren Kräften diese Organisationen und Bewegungen nicht nur ideell, sondern auch materiell unterstützen – z. B. durch Spendenaktionen für sozialistische Frauenorganisationen wie WDF oder linke Gewerkschaften wie LQM, die im Kampf stehen und zugleich auch versuchen, unmittelbare materielle Hilfe für Arbeitslose und Verarmte zu leisten. Wir stehen aktuell im Austausch mit Linken vor Ort, wie dies praktisch organisiert werden kann. Wenn Ihr oder Eure Organisationen sich beteiligen wollen, tretet bitte mit uns in direkten Kontakt.