Arbeiter:innenmacht

Solidarität mit dem Widerstand gegen Trump in Los Angeles

Dave Stockton, Infomail 1285, 20. Juni 2025

Donald Trump hat eine regelrechte Schreckensherrschaft gegen die migrantischen Communities in den USA begonnen und dafür die selbsternannte Zufluchtsstadt (sanctuary city) Los Angeles als Testfeld für seinen Kreuzzug gegen Migrant:innen ausgewählt. Eine sanctuary city ist eine Stadt, die die Zusammenarbeit mit bundesstaatlichen  Abschiebebehörden bei der Durchsetzung von reaktionären Migrationsgesetzen verweigert oder einschränkt. Los Angeles hat diesen Status seit November 2024, nach einem einstimmigen Beschluss des Stadtrats.

Am Freitag, dem 6. Juni, begannen massive Razzien von Beamt:innen der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) in Wohnungen und Arbeitsstätten, bei denen Menschen auf offener Straße festgenommen wurden. Als es, wie zu erwarten war, zu organisierten Protesten kam, übernahm Trump sofort das Kommando über die Nationalgarde vom Gouverneur des Bundesstaates und schickte auch die Marineinfanterie. Wenn dieser Angriff nicht gestoppt wird, stehen den Arbeiter:innen, ethnischen Minderheiten und den aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts unterdrückten Menschen in diesem Land wirklich dunkle Zeiten bevor.

Glücklicherweise fanden am Samstag, dem 14. Juni, unter dem Motto „No Kings“ 2.000 Demonstrationen und Kundgebungen im ganzen Land statt, an denen Millionen Menschen teilnahmen. Unterdessen hielt der Möchtegern-Caesar in Washington an seinem 79. Geburtstag eine Rede vor einer 7.000 Mann starken Militärparade mit Dutzenden von Panzern und Hubschraubern, angeblich zur Feier des 250. Jahrestags der Gründung der US-Streitkräfte. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte er gedroht: „Am Samstag werden wir groß feiern. Wir werden eine Menge … (sic!) haben, und wenn es Proteste geben sollte, werden diese mit aller Härte niedergeschlagen werden.“

Der Angriff auf Los Angeles

Trump hatte Los Angeles ins Visier genommen, weil die Bevölkerung dort zu einem Drittel aus Migrant:innen besteht und Kalifornien die größte Zahl von Menschen ohne Papiere im Land beherbergt. Die Razzien der Einwanderungsbehörde ICE provozierten natürlich Tausende von Angelinas/-os (Bewohner:innen der Stadt Los Angeles), darunter viele Studierende und Gewerkschafter:innen sowie Menschen mit Migrationshintergrund, in den folgenden Tagen auf die Straße zu gehen. Sie versuchten, diejenigen zu befreien, die festgenommen und ohne Rechtsbeistand oder Berufungsmöglichkeit zur Abschiebung vorgesehen waren. Der kalifornische Präsident der SEIU (Service Employees International Union; Internationale Gewerkschaft der Dienstleistungsbeschäftigten), David Huerta, wurde am Freitag wegen seiner Teilnahme an den Protesten gegen das Internierungslager zusammengeschlagen und festgenommen. Obwohl er wieder freigelassen wurde, droht ihm eine erhebliche Haftstrafe. Die schnellen Reaktionen zur Abwehr der ICE-Razzien wurden von einer Community Self-Defense Coalition (Selbstverteidigungs-Bündnis) und anderen lokalen Strukturen koordiniert. Am Sonntag, dem 8. Juni, umzingelten über 10.000 Menschen das Gebiet mit allen Regierungsgebäuden in der Innenstadt von L.A.

Als sie zum L.A. Metropolitan Detention Center (Städtisches Abschiebezentrum) marschierten, wo die ICE über 100 der Entführten festhielt, wurden sie mit Tränengas und Pfefferspray empfangen. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen Steine auf die LAPD-Beamt:innen geworfen wurden, um auf deren Geschosse zu reagieren (LAPD: lokale Polizei). Auch im Arbeiter:innenvorort Paramount, wo Migrant:innen einen großen Teil der Industriearbeiter:innen stellen, und später in der Stadt Pasadena, wo Demonstrant:innen die Autobahn blockierten, eskalierte die Polizeigewalt mit Blendgranaten und Plastikgeschossen. Als Reaktion darauf begannen die Menschen, Autos in Brand zu setzen.

Dies wurde natürlich von Trump und Vertreter:innen des Weißen Hauses genutzt, um zu behaupten, dass ein Aufstand im Gange sei, und damit den Einsatz von Truppen, darunter auch Marines (Marineinfanterie), in der Stadt zu „rechtfertigen“. Gewerkschafter:innen und propalästinensische Aktivist:innen waren stark vertreten und spielten bei all diesen Ereignissen eine wichtige Rolle.

Die Proteste breiteten sich bald auf andere Zentren in Kalifornien und seitdem auf Chicago, New York und Städte in den gesamten Vereinigten Staaten aus. Dies erfordert internationale Solidaritätsaktionen gegen US-Regierungsinstitutionen und die Unternehmen von Trump und seinen milliardenschweren Kumpan:innen.

In L.A. stellt das gesamte Vorgehen Trumps, von der Razzia der Einwanderungsbehörde ICE über die Übernahme der Nationalgarde des Bundesstaates bis hin zum Einsatz von Marines, eine sorgfältig vorbereitete Provokation des Möchtegern-Diktators und seiner reaktionären (rassistischen, frauenfeindlichen, homo- und transphoben sowie arbeiter:innenfeindlichen) MAGA-Bewegung dar. Sie zielt darauf ab, jeglichen Widerstand gegen seine Pläne zur Abschiebung von Millionen von Migrant:innen und Asylbewerber:innen zu brechen.

Tatsächlich sollten die Razzien in L.A. und jeglicher Widerstand dagegen einen Vorwand liefern, um beispiellose Befugnisse auszuüben, die von den Amtsinhabern im Oval Office außer in Kriegszeiten selten oder gar nicht genutzt werden. Unter Missachtung von Konventionen, die von den Republikaner:innen normalerweise hochgehalten werden (Rechte der Bundesstaaten), hat er damit gedroht, die Verhaftung des Gouverneurs Gavin Newsom und der Bürgermeisterin von L.A., Karen Bass, anzuordnen.

Obwohl Newsom Trump herausgefordert hat, ihn zu verhaften, und bei Gerichten die Entfernung der Bundeskräfte beantragt hat, lehnte das Gericht dies ab und zeigte damit, dass man sich nicht auf die Justiz verlassen kann, um Trumps Übergriffe zu verhindern. Und Bürgermeisterin Karen Bass hat sogar das LAPD angewiesen, sich der Nationalgarde anzuschließen, um eine Ausgangssperre durchzusetzen, unter der weiterhin Demonstrant:innen festgenommen werden. Dies beweist, dass die demokratischen Funktionär:innen nach einer symbolischen Demonstration des „Widerstands“ schnell einknicken werden.

Der Möchtegern-Bonaparte

Es ist offensichtlich, dass Trump darauf abzielt, jeglichen Widerstand gegen seine Herrschaft per Dekret (Exekutivverordnungen usw.) einzuschüchtern. Sollte es ihm gelingen, eine unangefochtene Präsidialmacht zu etablieren, käme dies dem zu, was Marxist:innen als Bonapartismus bezeichnen, und nicht, wie einige Linke behaupten, dem „Faschismus“.

Der Bonapartismus ist nach Napoleon Bonaparte benannt, der 1799 die Macht ergriff, und nach einem weiteren Staatsstreich seines Neffen Louis Napoleon, Präsident der Zweiten Französischen Republik (1848–1851), den Marx in „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ brillant analysierte. Der Bonapartismus befreit die Exekutive von jeglicher wirksamer Kontrolle durch den Kongress oder die Gerichte.

Der Faschismus hingegen mobilisiert eine Massenbewegung der reaktionären Mittelschicht und der deklassierten Arbeiter:innen in Zusammenarbeit mit den staatlichen Kräften, um die Arbeiter:innenklasse zu zersplittern und ihre Massengewerkschaften und Parteiorganisationen zu zerschlagen. Sicherlich kann der Bonapartismus eine vorbereitende Rolle für einen vollständig totalitären faschistischen Staat spielen, so wie es in Italien und Deutschland in den 1920er und 1930er Jahren der Fall war.

Aber diesen Prozess als bereits abgeschlossen darzustellen, kann nur zu fatalistischer Passivität führen, anstatt die noch intakten Kräfte der Arbeiter:innen und Unterdrückten zu mobilisieren, über die sie noch verfügen. Obwohl dieser Schritt-für-Schritt-Plan noch nicht vollständig ist, bringt jeder Sieg Trumps, jeder erfolgreiche Einsatz der Repressionsmaschinerie für seine eigenen Zwecke ihn näher.

Dagegen an kämpfen

Die Hoffnung, Trumps heimlichem Streben nach absoluter Macht wirksam entgegenzutreten, liegt in der Wirksamkeit des Widerstands.

Die Mobilisierung unter dem Motto „No Kings“ ist ein guter Anfang und zeigt, dass Massenwiderstand möglich ist, wenn er angeführt wird. Trumps wiederholte Behauptungen, er werde von einer großen Mehrheit der Amerikaner:innen unterstützt, sind wie so viele seiner Behauptungen ein kompletter Betrug. Eine Mehrheit der Amerikaner:innen lehnt ihn bereits ab (51 %), während 43 % ihn befürworten (Umfrage von Economist-YouGov vom 10. Juni). Die entscheidende Frage ist jedoch die Ausdauer, der Klassencharakter und die Konzentration des aktiven Widerstands gegen ihn. Bereits die Zusammensetzung der Solidaritätsaktionen zeigt die Auswirkungen der achtzehnmonatigen propalästinensischen Demonstrationen und Camps (und deshalb verfolgt Trump, wie Genocide Joe Biden vor ihm, diejenigen Universitäten, die sich am lautesten gegen Israel wegen Gaza ausgesprochen haben). Es ist jedoch absolut entscheidend, die Gewerkschaften in die Aktivitäten einzubeziehen.

Bereits am 9. Juni fand im Grand Park eine Kundgebung gegen die Verhaftung des Präsidenten der SEIU California, David Huerta, statt, bei der auch andere große Gewerkschaften vertreten waren, darunter Teamsters (Transportarbeiter:innen), UNITE HERE! (Hotel-, Handels-, Wäscherei-, Lebensmittel-, Spielcasinobeschäftigte), die Hafenarbeiter:innen (ILWU; International Longshore and Warehouse Union) und die Theater- und Filmtechniker:innen (IATSE; International Alliance of Theatrical Stage Employees). Eine Rednerin war die 95-jährige Dolores Huerta, Mitbegründerin (zusammen mit César Chávez) der United Farmworkers Union (Gewerkschaft der Landarbeiter:innen). Berichten zufolge betonte sie jedoch, wie auch andere Redner:innen, die Notwendigkeit von Wahlstrategien für die Zwischenwahlen. Dies wäre eine gefährliche Ablenkung.

Während wir tatsächlich eine möglichst breite Einheitsfront des aktiven Widerstands gegen Trumps Angriffe aufbauen, ist es höchste Zeit, dass die Militanten endlich mit dem lähmenden Einfluss der Demokrat:innen und ihren Aufrufen, auf die Zwischenwahlen oder 2028 zu warten, brechen und dabei lokale Komitees gründen, die in der Lage sind, Aktionen einschließlich Streiks zu organisieren. Die Bewegung zur Niederlage von Trump und seiner MAGA-Bewegung könnte den Grundstein für eine Arbeiter:innenpartei legen, eine Partei der militanten direkten Aktion und des Klassenkampfs.

Deshalb sagen wir:

• Freilassung aller inhaftierten Migrant:innen und festgenommenen Demonstrant:innen!

• Entziehung der Kontrolle über die Nationalgarde aus Trumps Händen und Abzug der Nationalgarde von den Straßen!

• Abzug aller ICE-Beamt:innen und Marines aus Los Angeles!

• Bildet Selbstverteidigungseinheiten der Bewohner:innen und am Arbeitsplatz in allen Bezirken!

• Gewinnt Gewerkschaften vom Arbeitsplatz und von der lokalen Ebene bis zur Landes-/Bundesebene, um Streikmaßnahmen zu versprechen, um die Razzien, Entführungen und Abschiebungen zu beenden!

• Internationale Solidaritätsaktionen mit dem Widerstand gegen Trump in den USA!

• Weg mit Trump, Vance und Co. und dem Regime der Milliardär:innen!

• Für die Macht der Arbeiter:innenklasse und den Sozialismus!

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