KD Tait, Infomail 1283, 20. Mai 2025
In den gesamten USA nehmen die Proteste zu. Doch ohne ein klares Programm für eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse werden diese ersten Anzeichen von Widerstand von demokratischen Scheinpolitiker:innen wie AOC (Alexandria Ocasio-Cortez) und Sanders erstickt werden.
Die ersten 100 Tage nach Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus haben den reaktionären Charakter seiner Regierung bestätigt. Trumps zweite Amtszeit ist keineswegs eine Ausnahmeerscheinung, sondern markiert eine weitere Degeneration des amerikanischen Kapitalismus, der zunehmend auf Repression, Militarismus und das Schüren faschistischer Tendenzen setzt.
Trumps Rückkehr – ermöglicht durch die Feigheit und Komplizenschaft der Demokratischen Partei, die Ohnmacht der Gewerkschaften und die Orientierungslosigkeit der sozialistischen Linken – hat die extreme Rechte ermutigt und den Angriff auf die Arbeiter:innenklasse beschleunigt.
Von Anfang an richteten sich Trumps Durchführungsverordnungen gegen Migrant:innen, verfolgten politische Gegner:innen und versuchten, seine Regierung vor gerichtlicher Kontrolle zu schützen. Die südliche Grenze der USA wurde in ein Kriegsgebiet verwandelt, in dem Asylsuchende mit Gewalt, Familientrennung und Internierungslagern konfrontiert sind.
Im Inland verfolgt Trump eine Agenda zur Bereicherung der Unternehmens- und Finanzoligarchie: Steuersenkungen für die Reichen, Deregulierung der Industrie und erneute Angriffe auf Bildung und Sozialausgaben. Er strebt im Gesundheitswesen Kürzungen bei Medicaid, die Privatisierung von Medicare und die Bereitstellung von Milliardenbeträgen für Rüstungsunternehmen und Polizeibehörden an.
Gleichzeitig hat er seinen Krieg gegen die Lohnabhängigen verschärft. Seine Nationale Arbeitsbeziehungsbehörde baut die letzten Reste der Tarifverhandlungsrechte ab, während das Arbeitsministerium auf Bundesebene ausbeuterische „Right-to-Work“-Gesetze auf den Weg gebracht hat, die den Gewerkschaften die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen verbieten wollen Streiks von Autoarbeiter:innen und Lehrer:innen wurden mit staatlicher Repression beantwortet.
Auf internationaler Ebene waren Trumps erste 100 Tage von Provokationen und Kurswechseln geprägt. Mit der Einführung eines „universellen Grundzolltarifs“ auf alle Importe lässt Trump die Handelskriege seiner ersten Amtszeit wieder aufleben, die nichts anderes bewirkt haben, als die Arbeiter:innenklasse anzugreifen.
Trumps Handelskrieg gegen China begann 2018 und wurde als Verteidigung der amerikanischen Arbeiter:innen verkauft. In Wirklichkeit war er eine Fortsetzung der US-Strategie zur Eindämmung Chinas. Die Zölle führten zu Arbeitsplatzverlusten, Inflation und Instabilität. Die Unternehmer:innen wälzten die Kosten mit Entlassungen und Outsourcing auf die Lohnabhängigen ab. Amtsnachfolger (und -vorgänger) Biden behielt die meisten Zölle von Trump bei und brachte seine eigene Version voran: „Made in America“.
Die Arbeiter:innenklasse muss die falsche Wahl zwischen nationalistischem Protektionismus und Unternehmensglobalisierung ablehnen. Beide dienen den Interessen der herrschenden Klasse. Nur die Vereinigung der Arbeiter:innen über Grenzen hinweg in einem gemeinsamen Kampf gegen den Kapitalismus kann eine echte Alternative bieten.
In Europa hat Trump unterdessen die NATO-Verbündeten zu einer Eskalation der Militärausgaben gedrängt und über seine Handlanger:innen den Aufstieg rechtsextremer nationalistischer Bewegungen von Ungarn bis Frankreich gefördert. Die Botschaft ist klar: Der US-Imperialismus, der sich im Niedergang und in der Krise befindet, wird vor nichts zurückschrecken.
Während sie Lippenbekenntnisse zu „Demokratie“ und „Normen“ abgibt, fungiert die Demokratische Partei als loyale Opposition, die mit Trump nach Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik, der Militarisierung der Grenzen und der Verteidigung der Hochfinanz der Wall Street sucht. Joe Biden hat ausdrücklich zu ‚Einheit‘ und „Heilung“ aufgerufen, obwohl die MAGA-Rechte ihren Einfluss auf die Republikanische Partei und den Staatsapparat festigt (MAGA: Make America Great Again).
Die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie ist nicht weniger verräterisch. Organisationen wie die AFL-CIO haben sich gegen Streiks gestellt, mit der Unternehmensleitung zusammengearbeitet und versucht, den Widerstand der Basis durch Hinterzimmerabsprachen und gerichtliche Verfügungen zu unterdrücken. Damit fungieren sie als Agentinnen des kapitalistischen Staates und überwachen die Arbeiter:innenklasse im Interesse des Finanzkapitals.
Trump 2.0 ist nicht einfach eine Rückkehr zu seiner früheren Amtszeit – er steht für eine qualitative Verschärfung des Klassenkampfs. Es gibt kein „Normal“, zu dem die amerikanische Gesellschaft zurückkehren kann. Die Krise des Kapitalismus ist keine Frage von Persönlichkeiten, sie ist systemisch und global. Die US-amerikanische Arbeiter:innenklasse muss sich über die Natur der Gefahr und die Mittel zu ihrer Bekämpfung im Klaren sein.
Die Demokratische Partei gibt sich als Verteidigerin der Demokratie, ist jedoch aufgrund ihrer Klasseninteressen in Komplizenschaft verstrickt. Dies zeigt, dass nur die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse einen echten Weg nach vorne bietet. Die Biden-Regierung hat in Abstimmung mit der Gewerkschaftsbürokratie wiederholt Streiks blockiert oder niedergeschlagen, beispielsweise bei den Eisenbahn- und Autoarbeiter:innen. Solche Maßnahmen entlarven die Lüge, dass die Demokratische Partei eine Freundin der Arbeiter:innenklasse sei.
Die Reaktion der „linken“ Führer:innen der Demokratischen Partei, Alexandra Ocasio-Cortez und Bernie Sanders, ist eine bewusste Irreführung. Anstatt Trumps Politik aus einer Klassenperspektive zu bekämpfen, haben sie sich für ein linkspopulistisches Programm zur Verteidigung der „Demokratie“ gegen die „Oligarch:innen“ entschieden.
Ihr Ziel ist es nicht, Trump durch die Mobilisierung der arbeitenden Bevölkerung zu stoppen, sondern die Opposition in die sicheren Kanäle des Zweiparteien-Duopols zu lenken, das beide Parteien aufrechterhalten.
In diesem Zusammenhang ist das Wachstum der Opposition unter Jugendlichen und Arbeiter:innen entscheidend. Massenproteste gegen den Völkermord in Gaza, wachsende Forderungen nach sozialer Gleichheit und die weit verbreitete Abneigung gegen das politische Establishment deuten auf eine tiefgreifende Radikalisierung hin. Aber diese aufkommende Bewegung steht vor einer entscheidenden Aufgabe: Sie muss sich vollständig von der bürgerlichen Politik lösen und sich auf sozialistischer Grundlage neu orientieren.
Die Proteste vom 5. April waren ein bedeutender, wenn auch uneinheitlicher Ausdruck der Opposition in der Bevölkerung. Mehr als eine Million Arbeiter:innen, Student:innen und Jugendliche gingen in über 1.000 Protestaktionen auf die Straße. Die Demonstrationen offenbarten ein tiefes Reservoir an Wut gegen das gesamte politische Establishment.
Der einzige Weg nach vorne liegt in der politischen Mobilisierung der internationalen Arbeiter:innenklasse, unabhängig von den kapitalistischen Parteien und der Gewerkschaftsbürokratie. Die Aufgabe ist dringend: der Aufbau einer revolutionären sozialistischen Partei, die diesen Kampf zum Sturz des kapitalistischen Systems selbst anführt.