Romina Summ, Infomail 1278, 19. März 2025
Die sog. Arbeitgeber:innen haben die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst für gescheitert erklärt und die Schlichtung einberufen. Auch wenn die Verhandlungsführung von Bund und Kommunen, Noch-Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Karin Welge, den Gewerkschaften mangelnde Kompromissbereitschaft vorwerfen und behaupten, sie wären an ihre Schmerzgrenze gegangen, so ist das eine glatte Lüge. Ver.di zufolge habe die andere Seite bis Oktober „Nullmonate“ angeboten und anschließend nur ein paar Prozent, welche nicht ansatzweise die Inflation ausgleichen könnten. Die sog. Arbeitgeber:innen lehnten einen Mindesterhöhungsfestbetrag ab und wollten eine Laufzeit von 36 Monaten.
Vor allem aber haben die Verhandlungsführungen von ver.di, Beamtenbund und GEW massive Zugeständnisse gemacht. Die Laufzeit von einem Jahr war längst vom Tisch, ebenso bot man spürbare Konzessionen beim Entgelt an. Das bestreiten die Bürokrat:innen erst gar nicht. „Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt … Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt“, empört sich der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke. Offenbar war ver.di sogar bereit, eine vierte Verhandlungsrunde anzubieten, falls in Potsdam keine Einigung erzielt würde.
Doch selbst darauf wollten sich die sog. Arbeitgeber:innen erst gar nicht einlassen, was nicht weiter wunderlich ist. Denn das würde bedeuten, dass wir weiter streiken dürften, und das wollen sie natürlich nicht, selbst wenn es sich um begrenzte Warnstreiks handelt. Mit der Schlichtung ist nun erst mal die immer größer werdende Streikwelle, an der sich in der Woche vor den Verhandlungen rund 150.000 Beschäftigte beteiligt hatten, ausgesetzt – ganz im Sinne der sog. Arbeitgeber:innen. Sie wollen uns demobilisieren und unser einziges Druckmittel wegnehmen.
In der Schlichtungskommission werden je 12 Vertreter:innen der Gewerkschaft und der sog. Arbeitgeber:innen zusammenkommen. Beide benennen einen „unparteiischen“ Schlichter. Die Benennung des Vorsitzenden wechselt dabei immer zwischen Arbeitgeber:innen und Gewerkschaft. Dieser hat auch Stimmrecht und wird diesmal von den Vertreter:innen der Arbeit„geber“:innen bestimmt. Es ist Roland Koch (CDU), ehem. Ministerpräsident von Hessen. Damit haben wir eine Schlichtungskommission mit einem reaktionären Schlichter, der u. a. für die Privatisierung von Krankenhäusern und Unikliniken bei vielen Beschäftigten noch bekannt sein mag und dafür gesorgt hatte, dass Hessen 2004 aus dem Ländertarifvertrag ausgestiegen ist, sowie eine Stimmverteilung in der Kommission, bei welcher die Seite der Gewerkschaft 12 und die andere 13 Stimmen hat.
Dass die Schlichtung nur einen Vorteil für Letztere darstellt, sollte allen Gewerkschafter:innen klar sein. Weitere Abstriche und faule Kompromisse sind vorprogrammiert. Daher müssen wir gemeinsam für die Ablehnung einer etwaigen Schlichtungsvereinbarung kämpfen und in den Gewerkschaften dafür eintreten, dass so rasch wie möglich deren Scheitern erklärt und die Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik eingeleitet wird. Einen solchen Kurs können wir von den ver.di-Bürokrat:innen nicht erwarten, haben sie doch schon bei der Verhandlungsrunde in Potsdam ihre Bereitschaft gezeigt, massive Zugeständnisse zu gewähren, ohne dass die Mitglieder darüber während der Verhandlung informiert werden, geschweige denn entscheiden können. Letztlich zieht auch die ver.di-Führung Geheimverhandlungen bei der Schlichtung einem Erzwingungsstreik vor.
Die gerade im Bundestag beschlossene Billion für Aufrüstung, Kriegstüchtigkeit und Kapital verdeutlicht, wessen Klasseninteressen Bund, Länder und Kommunen verpflichtet sind. Während Milliarden für ein Konjunkturprogramm im Interesse des deutschen Kapitals, die Rüstung und den deutschen Imperialismus lockergemacht werden, muss auch bei den Tarifverhandlungen klargemacht werden, wer die Rechnung dafür zahlt. Wir müssen daher auch die Mär der Gewerkschaftsbürokrat:innen zurückweisen, dass Beschäftigte und die öffentlichen Arbeit„geber“:innen eigentlich im selben Boot sitzen würden. Tun wir offenkundig nicht. Und dass die Verhandlungsführungen von ver.di und Co. dabei durch mehr sozialpartnerschaftliche Rührseligkeit auffallen als ihre sozialdemokratischen Gegenparts, verdeutlicht einmal mehr die politische Harmlosigkeit der Gewerkschaften unter dieser Führung.
Wir müssen uns in den Betrieben, Krankenhäusern und Kitas gegen die Schlichtung wehren und dafür kämpfen, dass diese endlich aufgekündigt wird. Wir müssen Kolleg:innen erklären, wieso wir dafür kämpfen müssen, die Schlichtungsvereinbarung aufzukündigen, und wir müssen jetzt schon dafür werben, das Schlichtungsergebnis abzulehnen! Wir wollen unsere Forderung voll durchsetzen und das schaffen wir nur mit einem Erzwingungsstreik! Nur durch diesen können wir genug Druck ausüben und die andere Seite in die Knie zwingen. Bei dieser Forderung werden wir auch innerhalb von ver.di auf Widerstand stoßen – doch lasst uns davon nicht abhalten und gemeinsam mit kämpferischen Kolleg:innen weiter für die volle Durchsetzung kämpfen!