Mangan2002 (sv.wikipedia.org), CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons
Flo Rojo, Neue Internationale 289, Februar 2025
Den Kürzungen von 3 Milliarden Euro, insgesamt 10 % des Gesamthaushalts des Landes Berlin, fielen viele in der Hauptstadt zum Opfer. Die Auswirkungen sind massiv und treffen vor allem den ÖPNV, soziale Träger, z. B. in der Jugend- und Frauenhilfe, sowie Kultureinrichtungen. Doch weitere große Verliererinnen dieser Angriffe sind die Berliner Hochschulen und Wissenschaft. So spart sich das Bundesland nun ca. 200 Millionen Euro mit dem Resultat, dass Beschäftigte entlassen, unsere Gebäude weiter zusammenfallen oder geschlossen und potentiell sogar ganze Studiengänge gestrichen werden. Obwohl den Beschäftigten der Berliner Hochschulen freigegeben wurde, um am 19. Dezember gegen das Kürzungspaket zu protestieren, reichte der Protest bei weitem nicht aus, um das Bevorstehende zu verhindern. So werden nun wahrscheinlich Stellen gestrichen im akademischen Arbeitsbereich, welches mit der erkämpften Hauptstadtzulage begründet wird, da durch die Kürzungen der Spielraum verkleinert wurde.
Ob Wasserschäden, niederstürzende Decken oder marode Dachstühle, der Zustand der Berliner Unigebäude ist katastrophal. Das Geld fehlt vorne und hinten, weswegen durch fehlende Sanierung immer wieder welche auf unbestimmte Zeit geschlossen werden müssen. Ein fast fertiges Wasserschaden-Bingo in einem studentischen Café an der TU Berlin zeigt dabei humorvoll die Ernsthaftigkeit der Lage. Doch neben der miserablen Situation dort (siehe Artikel: Uns fällt die Decke auf den Kopf: Wie die TU Berlin kaputtgespart wurde) wurde jetzt auch unter anderem an der HU ein Gebäude auf dem Campus Nord wegen akuter Baufälligkeit geschlossen. Dass die massiven Kürzungen zur Situation nicht positiv beitragen, sollte keine/n überraschen. Von den ursprünglich 5 Millionen sind jetzt nur noch 3 übrig, dabei wird allein die Renovierung des Hauses an der HU teurer sein, während der Sanierungsstau an der TU schon Kosten in Höhe von 2,4 Milliarden angehäuft hat. Zusätzlich wurde die Erneuerung der technischen Infrastruktur an der Charité ebenfalls um 8,5 Millionen, also die Hälfte des ursprünglichen Betrags, gekürzt. Das Resultat dieser Politik ist die zunehmende Verdichtung der Lehrräume und Arbeitsplätze, da von weiteren Gebäudeschließungen auszugehen ist.
Die direkteste Auswirkungen werden die meisten Student:innen wohl durch die Erhöhung des Beitrags fürs Studierendenwerk spüren. So ist der bald wieder fällige Semesterbeitrag schon wieder gestiegen und in den Mensen an den Berliner Hochschulen muss mehr gezahlt werden. Ein Tagesgericht kostet nun rund 30 Ct. mehr. Doch nicht nur das Essen selbst wird teuer.
So wurde, nachdem sich durch die wasserschadenbedingte Schließung des Telefunken-Gebäudes eine Cafeteria an der TU von der Bildfläche verabschiedet hat, nun eine weitere Mensa im Architekturgebäude zugemacht. Die „Pasta-Mensa“ sollte eigentlich nur für Sanierungen vorübergehend geschlossen werden, nun wurde sie ohne jegliche Ankündigung der Uni zum Jahreswechsel komplett dichtgemacht. Erst einige Tage vor der Schließung erfuhren die Studierenden über selbst verteilte Flyer davon – und das auch nur kurz nach dem Mensa-Personal, welches zwar vorerst nur versetzt wird, aber sich nun wahrscheinlich auch zukünftig nach einem neuen Arbeitsplatz umschauen muss. Das bedeutet für viele Student:innen, nun nicht mehr Mittag in den Mensen essen zu können. Wenn man nämlich, um noch einen Minijob zur Finanzierung des Studiums zu haben, den Stundenplan staucht, bleibt in der Zeit zwischen den Lehrveranstaltungen keine Zeit, zu weiter entfernten Mensen zu gehen. Die Schließung trifft dementsprechend vor allem prekäre Schichten der Studierenden besonders, wenn die Alternative die Tanke ist und man sonst schaffen muss, selbst Essen mitzunehmen. Die Kürzungspolitik des Senats ist also eine der sozialen Segregation, welche den Zugang zu Bildung und Wissenschaft immer weiter hin zu einem elitären Privileg umzugestalten im Sinn hat und somit prekären Schichten unserer Klasse entzieht.
Die Beschäftigten an der Universitäten wie das Mensa-Personal, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, studentische Hilfskräfte usw. müssen sich jetzt zusammen mit den Student:innen und Gewerkschaften in Komitees an den Universitäten zusammenfinden, um diesen Angriffen auf unsere Universitäten, den Kürzungen in organisiertem Protest, gemeinsam mit allen anderen Betroffenen zu trotzen und durch Streiks für massive Investitionen statt geschlossene Mensen und Entlassungen zu kämpfen!
Doch wie kommen wir überhaupt dahin? Erste Schritte wären ein Zusammentreffen von Verteter:innen von Studierenden, Hilfskräften und Mitarbeitenden aus allen Bereichen, die eine Übersicht erstellen, wo genau die Probleme liegen und es brennt (oder im Falle der TU tropft). Dann gilt es, die Probleme sichtbar zu machen und sich zu organisieren. Dazu müssen studentische Voll- zusammen mit Betriebsversammlungen der Beschäftigten organisiert werden, die verbindlich Forderungen und einen Aktionsplan gegen die Kürzungen abstimmen. Das Ziel dabei: mehr Leute ins Boot zu holen! Dabei ist es wichtig, sich a) mit anderen Universitäten zusammenzuschließen, aber b) auch mit anderen Bereichen, die nicht unmittelbar mit dem Universitätsbereich zu tun haben. Die Perspektive muss die Ausweitung der Bewegung gegen die Kürzungen sein sowie Streik als Mittel der Aktion, um größtmöglichen Druck aufzubauen. Die Bildungsstreikbewegung in den 2010er Jahren dient dabei als Orientierung. Durch sie wurde die Einführung der Studiengebühren abgewehrt und das zeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen. Doch um sich noch besser aufzustellen, ist es notwendig, den Schulterschluss mit anderen Bereichen aktiv zu suchen, da Streiks alleinig im Bildungs- und Wissenschaftssektor zeitweise ausgesessen werden können. Deswegen gilt es: Um erfolgreich zu sein, müssen wir uns organisieren und kräftig Druck ausüben!