Arbeiter:innenmacht

Der Krieg in der Ukraine

Resolution des LFI-Kongresses, 24. Juni 2023, Neue Internationale 275, Juli/August 2023

1. Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine markiert eine entscheidende Veränderung der Weltlage. Der Antagonismus, der sich seit Jahren zwischen den „alten“ westlichen imperialistischen Mächten, allen voran den USA und ihren Verbündeten, und China und Russland als neuen imperialistischen Mächten und globalen Konkurrenten entwickelt, eröffnet eine neue Etappe im Kampf um die Neuaufteilung der Welt.

2. Dieser wird derzeit vor allem auf dem Boden der Ukraine und in Form eines Wirtschaftskrieges durch das von den G7-Staaten initiierte Sanktionsregime ausgetragen. Der reaktionäre Einmarsch Russlands, die offene Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des ukrainischen Volkes, ja sogar die Leugnung seiner Existenz durch Putin sowie dessen barbarische Kriegsführung stellen zweifellos einen Akt imperialistischer Aggression dar, der das ukrainische Nationalbewusstsein gestärkt hat.

Der Charakter des Krieges

3. Isoliert betrachtet ist der Kampf gegen die russische Invasion also ein gerechtfertigter Krieg der nationalen Verteidigung – ungeachtet des reaktionären politischen Charakters des Kiewer Regimes, der sich in seiner Pro-NATO- und Pro-EU-Position ausdrückt. Aber für Marxist:innen ist der Charakter des politischen Regimes einer Halbkolonie, wenn sie angegriffen wird, nicht der entscheidende Faktor für die Charakterisierung eines Krieges. So war beispielsweise die Verteidigung des Irak oder Afghanistans gegen eine imperialistische Invasion trotz des extrem reaktionären Charakters der Regime in Bagdad und Kabul gerechtfertigt und unterstützenswert.

4. Den Charakter eines Krieges unabhängig von der internationalen Lage zu bestimmen, würde jedoch ebenfalls zu einem schweren Fehler führen. Viele Linke kommen heute zu dem Schluss, dass die Invasion eines halbkolonialen Landes wie der Ukraine durch eine imperialistische Macht mit dem Ziel, es zu einer Kolonie Russlands zu machen oder zumindest große Teile seines Territoriums zu annektieren, reaktionär ist und die Unterstützung der Ukraine durch die NATO in Form von beispielloser wirtschaftlicher und militärischer Hilfe daher gerechtfertigt und fortschrittlich sein muss.

5. Dabei wird die Tatsache ignoriert, dass das Eingreifen der NATO nicht durch demokratische Ideale motiviert ist, sondern durch den Wunsch, Russland als seinen imperialistischen Rivalen auf der Weltbühne zu schwächen und es so unfähig zu machen, die USA auf Schauplätzen wie dem Nahen Osten und Afrika südlich der Sahara herauszufordern. Andere Motive Washingtons sind darin zu finden, die wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu Russland zu sabotieren und China eine Warnung vor seiner unverminderten militärischen Macht und seiner anhaltenden wirtschaftlichen Dominanz zu senden. Kurz gesagt, die demokratische Rhetorik der NATO ist nur eine zynische Tarnung, um Handlungen zu rechtfertigen, die ausschließlich durch ihre imperialistischen Eigeninteressen motiviert sind.

6. Die Entwicklungen, die zum reaktionären Einmarsch Russlands geführt haben, bestätigen in mehrfacher Hinsicht, dass es sich im Kern nicht nur um einen Krieg der Landesverteidigung handelt, sondern dass auch der politische, wirtschaftliche und militärische Einfluss der NATO selbst ein entscheidender Faktor ist und zu einem zwischenimperialistischen Krieg von beispielloser Zerstörungskraft für die Menschheit führen könnte.

Warum die Ukraine?

7. Dass sich der Kampf zwischen dem Westen und Russland um die Ukraine zugespitzt hat, ist kein Zufall. Vielmehr ist er selbst das Ergebnis der Entwicklungen seit dem Zusammenbruch des Stalinismus, des Versuchs, eine neue Weltordnung zu etablieren, und des sich verschärfenden Konflikts mit Russland seit dessen Wiedererstarken als imperialistischer Macht unter Putin.

8. Die Eskalation um die Ukraine seit den 1990er Jahren ist nur in diesem Kontext zu verstehen. Wie der Balkan vor 1914 entwickelt sich dieser Konflikt seit langem zu einem Pulverfass für einen möglichen zwischenimperialistischen Krieg. Sowohl als Vielvölkerstaat mit einer großen russischsprachigen Minderheit im Süden und Osten als auch durch die fortbestehenden wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland befand sich die Ukraine nach 1991 zunächst in einer Abhängigkeit vom neu etablierten russischen Imperialismus, die sich auch in einem fragilen System west- und ostukrainischer politischer Kräfte und Oligarch:innen widerspiegelte.

9. Die Ukraine war wirtschaftlich und militärisch zu schwach, um selbst eine imperialistische Macht zu werden (insbesondere nachdem sie die auf ihrem Territorium stationierten Atomwaffen der Sowjetunion aufgegeben hatte). Sie hatte die „Wahl“, entweder eine Halbkolonie Russlands oder der Europäischen Union und der USA zu werden. Unter dem Gesichtspunkt des Widerstands gegen die russische Vorherrschaft lag im Wunsch, der NATO ähnlich wie die anderen ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten beizutreten, die sicherheitspolitische Seite dieser westlichen Orientierung. Zwei Jahrzehnte lang schwankte die Ukraine zwischen Regierungen, die die eine oder andere dieser Orientierungen verfolgten, was in der Maidan-Bewegung 2014 gipfelte.

10. Zu diesem Zeitpunkt war vor allem in der Westukraine eine starke nationalistische Bewegung entstanden, die eine „prowestliche“ Ausrichtung und einen Bruch mit der russischen Dominanz anstrebte. Sie hatte einen rechtsextremen und faschistischen Flügel, Swoboda/Rechter Sektor (Prawyj Sektor) usw. Dies führte schließlich zu einem Bürger:innenkrieg, als das Regime von Janukowytsch, das den früheren prorussischen Kompromiss vertrat, die Verhandlungen über ein EU-Assoziierungsabkommen abbrach. Dies führte zunächst zur Euromaidan-Bewegung, die das Regime mit Gewalt niederzuschlagen versuchte. Doch als auf die Demonstrant:innen geschossen wurde, führten die rechten und faschistischen Kräfte auf dem Maidan einen Putsch an, durch den Janukowytsch gestürzt wurde. Die nationale Unterdrückung der russischsprachigen Minderheiten in der Ostukraine führte nach dem Umsturz auf dem Maidan 2014 faktisch zu einem Bürger:innenkrieg in der Ukraine. Auch diese Minderheiten haben ein legitimes Recht auf nationale Selbstbestimmung, was die nationale Frage in der heutigen Ukraine weiter verkompliziert. Die nationalen Gefühle der Menschen in diesen Regionen waren Teil der Rechtfertigung des russischen Imperialismus für diese reaktionäre Invasion.

11. Die russische Antwort darauf war die Annexion der Krim durch Putin. Dann vertrieben die Separatist:innen in Luhansk und Donezk die Kiewer Regierungstruppen und riefen autonome „Volksrepubliken“ aus. Während die EU-Führung um Deutschland und Frankreich versuchte, den Konflikt durch die Abkommen von Minsk 1 und 2 (2014 und 2015) zu entschärfen, wurde dies sowohl von Moskau als auch von Washington mit Hilfe der ukrainischen Nationalist:innen in der Rada sabotiert, die sich gegen jegliche Zugeständnisse (Autonomie, Sprachrechte) an die russischsprachige Minderheit wehrten. Putins Übernahme der „Republiken“ bedeutet, dass der Krieg seither mit mehr oder weniger Intensität weiterging.

Interessen der Westmächte

12. Warum entstand ein so offensichtlicher Unterschied zwischen den USA und Großbritannien auf der einen und Deutschland und Frankreich an der Spitze der EU auf der anderen Seite? Für Letztere war die Einbindung Russlands, seines enormen Rohstoffpotenzials und seiner militärischen Kapazitäten, immer eine strategische Option, um eine gewisse unabhängigere Rolle gegenüber dem schwächer werdenden US-Hegemon zu erlangen. Die Politik der EU zielte darauf ab, den Ukrainekonflikt, ähnlich wie in Jugoslawien, auf der Ebene von Abkommen und Handelsbeziehungen einzufrieren, um die Spannungen mit Russland letztlich in Schach zu halten. Für die USA hingegen war die Ukraine ein strategischer Angriffspunkt auf das russisch-chinesische Bündnis, das sie schon lange als gefährlichen Hauptkonkurrenten in der Weltordnung identifiziert hatten. Die USA sehen in der Ukraine auch eine Möglichkeit, Russland von den europäischen Märkten zu isolieren und damit Russland zu schwächen, während sie die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit Europas von ihnen selbst fördern.

13. Aufgrund des schlechten Abschneidens der ukrainischen Armee im Jahr 2014 begannen die USA und Großbritannien 2016 mit dem systematischen Aufbau einer schlagkräftigen ukrainischen Streitmacht. Die Ukraine, ein Land, das seit 2015 praktisch bankrott ist, hoch verschuldet und unter einem Schuldenregime von IWF-Paketen schmachtet, gibt einen großen Teil ihrer Einnahmen für Militärausgaben aus und erhielt zudem jährlich milliardenschwere Militärhilfe aus dem Westen (allein von Anfang 2022 bis zum Beginn des Krieges Rüstungsgüter im Wert von 5 Milliarden US-Dollar). Dies hat nicht nur die Verbreitung wichtiger Waffensysteme (Drohnen, Raketen, panzerbrechende Waffen, Luftabwehr usw.) mit entsprechender Ausbildung ermöglicht, sondern auch eine unterstützende Infrastruktur geschaffen, von der Kommunikation über die Aufklärung (Satellitensysteme) bis hin zur strategisch-taktischen Führung.

Auswirkungen der NATO-Beteiligung

14. Damit wird auch deutlich, dass sich der Krieg in der Ukraine wesentlich von den Kriegen imperialistischer Armeen gegen Halbkolonien, wie etwa der USA gegen den Irak oder des Vereinigten Königreichs gegen Argentinien, unterscheidet. Es handelt sich nicht um eine hilflose, waffentechnisch hoffnungslos unterlegene Armee, die einem militärisch tausendfach überlegenen Imperialismus gegenübersteht. Vielmehr handelt es sich um eine vom westlichen Imperialismus systematisch für diesen Krieg vorbereitete und ausgerüstete Armee, die für die Interessen ihrer Geldgeber:innen zu kämpfen hat. Mit Ausbruch des Krieges hat sich deren Unterstützung noch einmal vervielfacht. Und zwar nicht nur in Form von Waffenlieferungen, sondern auch in Form von Aufklärung, Ausbildung, strategischer Beratung und Wirtschaftshilfe.

15. Auch wenn die meisten NATO-Länder nicht offen Truppen entsenden, um sich an den Kämpfen zu beteiligen, sind sie doch seit langem als Waffenlieferanten, Ausbilder und Finanziers beteiligt. Eine große Einschränkung, die die NATO darauf beschränkt, die Ukraine als „Stellvertreterin“ einzusetzen, bereitet natürlich die Gefahr, dass sich der Krieg zu einer direkten Konfrontation zwischen der NATO und Russland ausweitet, die auch den Einsatz von Atomwaffen beinhalten könnte. Russland wiederum hat mehrfach mit dem Einsatz von taktischen Atomwaffen gedroht, um die NATO zu einer Begrenzung ihres Engagements zu bewegen. Aus diesem Grund wurde der Krieg hauptsächlich auf ukrainischem Gebiet ausgetragen. In den letzten Wochen scheint sich dies jedoch zu ändern (Grenzüberfälle durch ukrainisch ausgerüstete russische Milizen, mysteriöse Drohnenangriffe in Moskau usw.). Die Reaktion der westlichen Regierungen fiel gemischt aus: Während der globale Hegemon (die USA) zur Vorsicht mahnte, erklärte zumindest eine unbedeutendere, aber wichtige Macht (das Vereinigte Königreich), die Ukraine habe „das Recht, ihre Kräfte über ihre Grenzen hinaus einzusetzen“.

16. Die Art und Weise, wie das vorherrschende „demokratische“ Kriegsnarrativ der NATO nun die Gefahr einer Ausweitung des Krieges und der Konfrontation der Blöcke herunterspielt, dient dazu, eine zunehmend offensive und direkte Intervention in der Ukraine zu rechtfertigen – letztlich mit dem Ziel, Russland militärisch und politisch zu besiegen. Allerdings ist auch der Übergang zu einem begrenzten zwischenimperialistischen Krieg nicht auszuschließen. Denn die Logik der Ausweitung der Kriegsführung ist dem aktuellen Konflikt unmittelbar inhärent. Auch in diesem Sinne kann dieser Krieg nicht einfach als isolierter Konflikt betrachtet werden.

Beiwerk oder wesentliches Moment?

17. Neben der militärischen Eskalation des zwischenimperialistischen Konflikts enthält die Situation auch einen direkten wirtschaftlichen Aspekt. Die vom Westen verhängten Wirtschaftssanktionen (Ausschluss von SWIFT, Einfrieren der internationalen Devisenreserven der russischen Zentralbank, Aussetzung der Aktivitäten westlicher Unternehmen in Russland, weitreichende Handelsbeschränkungen usw.) sind in der Tat von einem in der Geschichte noch nie dagewesenen Ausmaß (auch nicht in den vorangegangenen Weltkriegen). Das Ausmaß der westlichen Unterstützung bildet also nicht nur eine Begleiterscheinung des Krieges, sondern ein wesentliches „Moment“, das für seinen Charakter entscheidend ist. Natürlich kommt es in zahlreichen Kriegen einer Halbkolonie gegen eine imperialistische Macht oder ein imperialistisches Staatenbündnis immer wieder zu einer Intervention einer konkurrierenden Macht auf der Seite der unterdrückten Nation. Aber dies trägt meist nur einen episodischen, untergeordneten Charakter, der den des Krieges nicht verändert.

18. Dies ist jedoch keineswegs ein untergeordneter Aspekt eines jeden Krieges zwischen einer imperialistischen Macht und einer Halbkolonie. Am deutlichsten wird dies, wenn ein direkter zwischenimperialistischer Krieg ausbricht. Im Fall der Balkanländer im Ersten Weltkrieg beispielsweise bestand kein Zweifel daran, dass die ansonsten gerechtfertigte Landesverteidigung Serbiens gegen den Angriff Österreichs nach Ausbruch des Krieges ein untergeordnetes Moment wurde. Es wäre reaktionär gewesen, eine Position der Unterstützung für Serbiens Beschützer und Verbündete, die Entente-Mächte (Frankreich, Russland und Großbritannien), einzunehmen. Solange der imperialistische Krieg andauerte, war es nicht möglich, eine eigene Position der Unterstützung für Serbien einzunehmen.

19. Im Krieg um die Ukraine handelt es sich zwar nicht um einen offen erklärten Krieg zwischen Russland und den NATO-Staaten, aber die Westmächte, allen voran die USA, haben einen großen Einfluss auf die Führung und die Ziele des Krieges in der Ukraine. Es wäre mechanisch, aus der Tatsache, dass die NATO-Truppen nicht direkt und offen im Land aktiv sind, zu schließen, dass ihr Eingreifen von untergeordneter Bedeutung ist. Für die Ukraine und ihre Arbeiter:innen und Bauern/Bäuerinnen ist der Krieg jedoch in erster Linie einer der Selbstverteidigung gegen einen eindringenden Unterdrückerstaat. Außerhalb der Ukraine trägt der Konflikt zwischen Russland und der NATO einen reaktionären Charakter, dem sich Sozialist:innen entgegenstellen müssen.

20. So haben der Krieg und die massive „westliche“ Unterstützung für die Ukraine dem Konflikt einen multiplen Charakter verliehen – ein Angriffskrieg, der auf dem Territorium der Ukraine geführt wird, zu dem der Aspekt eines Stellvertreterkrieges zwischen den imperialistischen Mächten durch das Material und die strategischen Informationen der NATO sowie ein Kalter Krieg durch die Sanktionen der G7-Staaten gegen Russland hinzugekommen sind. Der Verlauf des Krieges hat diese Einschätzung und politische Schlussfolgerung bestätigt. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die revolutionäre Politik in diesem Krieg unterschiedliche Formen in Russland, in den westlichen NATO-Ländern und in der Ukraine selbst annimmt.

Für die Niederlage des russischen Imperialismus

21. Russland ist eine imperialistische Macht, die direkt in den Versuch verwickelt ist, die Ukraine ganz oder teilweise zu besetzen. Daher gilt die Politik des revolutionären Defätismus hier in Russland am deutlichsten. Russlands Niederlage und Rückschläge können die Revolution beflügeln und Putins Herrschaft erschüttern. Das entscheidende Ziel stellt die Umwandlung des reaktionären Krieges in einen Klassenkampf für seinen Sturz und die Errichtung einer Arbeiter:innenregierung dar. Das steht in Russland unmittelbar auf dem Spiel:

  • Entlarvung des imperialistischen Charakters des Krieges und der Kriegsziele Russlands.
  • Aktionen gegen den Krieg. Antimilitaristische Arbeit und Agitation in der Armee sind unerlässlich, um eine Revolution gegen Putin oder ein anderes diktatorisches Regime vorzubereiten.
  • Gegen die Abwälzung der Kriegskosten auf die Massen (Kontrolle über die Warenverteilung, Enteignung von Unternehmen).
  • Rückzug der russischen Armee aus der Ukraine, der Wagner-Söldner:innen und ähnlicher Verbände.
  • Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Ukraine.
  • Auflösung der OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit).
  • Aufbau einer Bewegung auf der Grundlage von Streiks und Aktionskomitees in Fabriken und Wohngebieten mit dem Ziel des Sturzes des Putin-Regimes und der Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung zur Durchsetzung von Arbeiter:innen- und demokratischen Rechten, des Kampfes für Arbeiter:innenkontrolle und eine Arbeiter:innenregierung auf der Grundlage von Arbeiter:innenräten.
  • Unterstützung der Kriegsgegner:innen, insbesondere der Rolle der Frauen, einschließlich der Angehörigen der in die Ukraine entsandten Soldat:innen, und des Feministischen Antikriegs-Widerstands (FAS).
  • Ablehnung der Ablösung Putins entweder durch einen Palastputsch ultrareaktionärer Kräfte oder die Einsetzung einer „prowestlichen“ Regierung.

22. Putins Entscheidung, die Bezirke Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson mit Pseudoreferenden zu annektieren, zusammen mit der teilweisen Mobilisierung von 300.000 Reservist:innen in Russland, ist ein reaktionärer Akt der Verzweiflung, der gleichzeitig seine Schwäche zum Ausdruck bringt.

23. Aufgrund der militärischen Niederlagen, der drohenden Einberufung von Hunderttausenden, die in der Ukraine als Kanonenfutter eingesetzt werden sollen, und der prekären wirtschaftlichen Lage wird sich die Situation in Russland zuspitzen. Das hängt aber auch vom Ausmaß und Stärke der nationalistischen Propaganda ab bzw., ob sie durch politische, militärische und wirtschaftliche Umwälzungen in Frage gestellt wird. Die Unterstützung antiimperialistischer, internationalistischer Kräfte in Russland ist unerlässlich, um den Aufbau einer revolutionären Organisation im Lande voranzutreiben.

24. Während unser übergreifendes Ziel in Russland der Sturz der russischen Regierung durch eine demokratische Antikriegsbewegung und der Aufbau einer breiteren sozialistischen Bewegung ist, die sich auf die Macht vorbereitet, sehen wir den Sturz Putins nicht als Vorbedingung für eine russische Niederlage. Vielmehr sind die Aussichten auf seinen Sturz umso größer, je schneller die russischen Streitkräfte militärisch besiegt werden. Im Zusammenhang mit dem Widerstand der Ukraine gegen die imperialistische Aggression sind wir für die militärische Niederlage der russischen Streitkräfte und ihren Rückzug aus dem ukrainischen Gebiet.

Revolutionäre Politik in der Ukraine

25. Hier ist die Situation wahrscheinlich am schwierigsten – sowohl für die Massen, die Opfer der Invasion, als auch bezüglich der Taktik, weil einerseits der zwischenimperialistische Konflikt eine prägende Rolle spielt und andererseits auch das wichtige Element der realen nationalen Unterdrückung vorhanden ist. Das bedeutet, dass Revolutionär:innen das Recht der ukrainischen Arbeiter:innen und Bauern/Bäuerinnen auf Widerstand gegen die russische Besatzung verteidigen sollten, aber ohne die Selenskyj-Regierung in irgendeiner Form zu unterstützen und ohne Illusionen in die Motive der imperialistischen NATO-Mächte zu wecken. Tatsächlich besteht der Kern der „nationalen Selbstbestimmung“ der ukrainischen Bourgeoisie in der Unterordnung des Landes unter den politisch-wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Apparat der EU und der USA. Es ist kein Zufall, dass ihre Kriegsziele im Wesentlichen mit denen des Westens und vor allem der USA übereinstimmen – einschließlich der Tatsache, dass sie die Gefahr einer Entwicklung zu einem vollständigen imperialistischen Krieg in Kauf nimmt und sogar fordert.

26. In der Ukraine schließt diese Politik des Regimes jedoch keineswegs die Unterstützung des Kampfes gegen die Besatzung aus. Es wäre absurd, zu erklären, dass die Frage der russischen Panzer und Flugzeuge, die ganze Städte plattmachen, keine Bedeutung hat. Wir erkennen an, dass die Ukraine trotz ihrer bürgerlichen Führung und des westlichen Einflusses ein Recht auf Selbstverteidigung gegen die russische Besatzung besitzt. Dazu gehört auch, dass wir das Recht der Ukraine anerkennen, die dafür notwendigen Waffen zu erwerben.

27. Aber diese Unterstützung durch die westlichen Imperialist:innen erfolgt nicht gratis. Da die Ukraine bereits vor dem Krieg praktisch bankrott war, erhielt sie im ersten Kriegsjahr einen Betrag an militärischer und wirtschaftlicher Unterstützung, der in etwa dem jährlichen BIP der Vorkriegszeit entsprach. Die Wirtschaftshilfe wurde in Form von Krediten gewährt, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Für März 2023 hat der IWF ein neues Programm in Höhe von 15,6 Milliarden US-Dollar angekündigt (eines der größten in seiner Geschichte), das mit weitreichenden Forderungen für die Zukunft der Nachkriegsukraine verbunden ist. Westliche Kommentator:innen haben betont, dass die Beteiligung des IWF an der Ukrainehilfe unerlässlich ist, da er über „Erfahrung beim Wiederaufbau“ eines bankrotten Staates verfüge. Es ist ganz klar, dass diese Form der westlichen „Unterstützung“ die Vorbereitung einer halbkolonialen Zukunft der Ukraine mit schrecklichen Folgen für die Arbeiter:innen und Bauern/Bäuerinnen verkörpert. Präsident Selenskyj hielt bereits Reden vor Bänker:innen von JP Morgan, Goldman-Sachs und anderen, in denen er unbegrenzte Renditen für deren „großzügige Investitionen“ versprach. Gegen diesen zunehmenden Einfluss des westlichen Finanzkapitals auf die Ukraine muss unbedingt Widerstand geleistet werden, indem der Erlass der Schulden, die Ablehnung jeglicher „Wirtschaftsberater:innen“, die mit der westlichen Hilfe einhergehen, und die Entwicklung einer demokratischen Kontrolle über die bisher geleistete Hilfe gefordert werden. Die Ukraine muss in die Lage versetzt werden, selbst Waffen zu erwerben und produzieren, ohne von westlichen Lieferungen abhängig zu sein – und der daraus folgenden Umwandlung in eine Halbkolonie des westlichen Imperialismus!

28. Andererseits dürfen fortschrittliche Kräfte in der Ukraine Selenskyjs Ziel der militärischen und wirtschaftlichen Integration der Ukraine in den „Westen“ (NATO-Mitgliedschaft oder „Neutralität“ mit westlichen Sicherheitsgarantien) sowie die gewaltsame Integration der sogenannten Volksrepubliken und der Krim in eine „eine und unteilbare“ Ukraine um den Preis eines langwierigen Krieges nicht unterstützen. Diese Regionen müssen das Recht haben, ihre eigene Selbstbestimmung frei zum Ausdruck zu bringen, ohne die Anwesenheit von Besatzungstruppen aus Moskau oder Kiew.

29. In den Fabriken und an den Arbeitsplätzen bleibt es unerlässlich, die Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die gewerkschaftlichen und demokratischen Rechte der Lohnabhängigen zu verteidigen. Dies steht nicht im Gegensatz zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer:innen. Vielmehr stärkt es die Widerstandskraft und die Moral der einfachen Menschen. Wir verteidigen ihre Rechte gegen die gewerkschaftsfeindlichen Maßnahmen Selenskyjs. Diese Verteidigung muss die Wahrung der Rechte der Freiwilligen in den Verteidigungseinheiten und den regulären Streitkräften gegen rechtsnationalistische und faschistische Kommandant:innen und Kräfte einschließen. Die letzten Monate haben die arbeiter:innenfeindliche und proimperialistische Natur des ukrainischen Regimes noch deutlicher zum Ausdruck gebracht. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Selbstverteidigung des Landes ihre Bedeutung verloren hat. Solange der nationale Kampf gegen die russische Invasion einen gerechten Charakter beibehält, wäre es für Revolutionär:innen selbstschädigend, diesen aufzugeben. Es würde bedeuten, eine mächtige Waffe zur Sammlung der Massen in den Händen der Bourgeoisie zu lassen. Revolutionär:innen müssen vielmehr die Unterstützung der nationalen Selbstverteidigung mit dem Kampf für die Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse und der Aufdeckung der reaktionären Ausprägung des ukrainischen Regimes und seiner imperialistischen Hintermänner verbinden.

30. Die Liga für die Fünfte Internationale betonte von Anfang an zu Recht die Schlüsselrolle des zwischenimperialistischen Konflikts. Gleichzeitig erkannte sie an, dass die „berechtigte Antwort gegen die nationale Unterdrückung, die ein Haupthindernis für den Vormarsch der russischen Truppen darstellt, die Unterstützung der Revolutionär:innen verdient. Die ukrainischen Massen haben das Recht, sich und ihr Land gegen die russische Besatzung zu verteidigen“. Aber wir taten dies auf inkonsequente Weise, als wir das Recht der Ukrainer:innen, die Mittel für dieses Ziel zu erhalten, nicht anerkannten. Wir korrigieren diesen Fehler, der nicht nur die Selbstverteidigung der Volksmassen, sondern auch den Kampf um die Führung der und durch die Arbeiter:innenklasse in der Ukraine geschwächt hätte.

31. Die Revolutionär:innen in der Ukraine müssen den Klassenkampf führen, auch wenn dieser heute vor allem einen politisch vorbereitenden Charakter innehat. Zentrale Elemente der revolutionären Politik müssen folgende sein:

  • Unterstützung für das ukrainische Recht auf Selbstverteidigung.
  • Agitation, revolutionäre Propaganda, Aufdeckung des Charakters des Krieges, die nicht nur Russland und die NATO/USA/EU angreifen, sondern auch die Kriegsziele der ukrainischen Regierung verdeutlichen.
  • Forderung nach wirksamem Schutz und Verteidigung der Zivilbevölkerung durch Regierung und Armee.
  • Kampf um die Kontrolle über Waffen und knappe Gütern in Fabriken, Städten und Dörfern, wenn möglich auch Aufbau von Milizen.
  • Streichen der Schulden! Die Lohnabhängigen sollten sich für die Einrichtung einer Arbeiter:innenkontrolle über den Erhalt und die Produktion von Rüstungsgütern einsetzen.
  • Antimilitaristische und antiimperialistische Agitation, die sich gegen die russischen Besatzungssoldat:innen richtet; Widerstand gegen die Konsolidierung der russischen Besatzung.
  • Kampf gegen die Einschränkung der demokratischen Rechte und die Angriffe auf die Arbeiter:innenrechte durch das Kiewer Regime. Anerkennung der Rechte aller nicht-ukrainischsprachigen Minderheiten, gegen ihre kulturelle oder politische Unterdrückung.

32. Zu diesem letzten Punkt müssen wir ganz klar sagen, dass die Zukunft der sogenannten Volksrepubliken und der Krim weder vom ukrainischen nationalistischen Regime noch von Russland oder der NATO entschieden werden darf. Wir treten daher für die Anerkennung der Ukraine als Staat und den vollständigen Abzug der russischen Truppen ein. Gleichzeitig verteidigen wir das Selbstbestimmungsrecht der Krim und der „Volksrepubliken“ (einschließlich ihres Rechts, sich Russland anzuschließen oder ein unabhängiger Staat zu werden). Allerdings kann nur eine sozialistische Föderation von Arbeiter:innenstaaten die verschiedenen nationalistischen herrschenden Klassen daran hindern, die Feindseligkeiten in ihrem eigenen Interesse zu schüren.

Keinen Fußbreit der NATO!

33. In den westlichen imperialistischen Staaten und ihren Unterstützer:innen gilt es, die weitere Eskalation des Konflikts zu einem offen erklärten zwischenimperialistischen Flächenbrand, eine Vertiefung des neuen Kalten Krieges zu verhindern und auch gegen die Verhängung eines globalen Sanktionsregimes zu kämpfen. Unser Ziel ist es, nicht nur die Frage der Kosten, der Angriffe auf demokratische Rechte usw. aufzuwerfen, sondern auch zu erklären, warum die westlichen Staaten nicht die „Demokratie“ und die Menschenrechte verteidigen, sondern ihre eigenen imperialistischen Interessen verfolgen.

34. Sanktionen, Aufrüstung, NATO-Mobilisierung an den Ostgrenzen, massive Waffenlieferungen oder „begrenzte“ Flugverbotszonen sind unbedingt abzulehnen. Der Hinweis darauf, dass NATO-Politik, Aufrüstung und Sanktionen teuer sind, hinterlässt einen schlechten Beigeschmack, wenn die behaupteten Kriegsziele der NATO-Länder – Verteidigung der Unterdrückten – gerecht erscheinen. Deshalb müssen auch die Kriegsziele und der Klassencharakter der imperialistischen Politik offengelegt werden. Während die Existenz der NATO (bzw. ihre Expansion) auf dem Schlachtfeld in der Ukraine nicht in Frage gestellt werden, ist der Ausgang des Krieges von größter Bedeutung für das globale Kräfteverhältnis zwischen dem Westen und Russland (und China). In den Parlamenten müssen die Mitglieder der Arbeiter:innenparteien gegen alle Waffenlieferungen und militärische Unterstützung stimmen, weil diese – ob gewollt oder nicht – einer politischen Legitimation der Kriegsziele der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten gleichkämen.

35. Während wir eine Sabotage der ukrainischen Kriegsanstrengungen ablehnen, wozu auch gehört, dass wir uns Waffenlieferungen in die Ukraine nicht widersetzen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, was die Mobilisierung der NATO an ihren Ostgrenzen sowie die Militarisierung (die in Osteuropa am stärksten ausgeprägt ist) und die sog. Ringtausche bedeuten. Angesichts der engen Verflechtung von Waffenlieferungen an die Ukraine mit der NATO-Aufrüstung, z B. über das System der Ringgeschäfte und den Ersatz alter Waffenbestände durch die Modernisierung der Armeebestände, müssen die Lohnabhängigen und Gewerkschaften die Offenlegung aller Lieferungen fordern. Wir kämpfen für die Arbeiter:innenkontrolle über den Transportsektor, damit unsere Klasse zwischen Waffentransporten in die Ukraine und solchen für die Truppenaufstellung, die Militarisierung und den Ringtausch unterscheiden und so beschließen kann, welche Transporte durchgelassen und welche gestoppt werden sollen.

36. Die West- und NATO-Mächte unterstützen die Ukraine nicht nur politisch, finanziell und militärisch, um ihre eigenen geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen. Sie haben auch einen Wirtschaftskrieg begonnen, um den russischen Imperialismus in die Schranken zu weisen. Wirtschaftssanktionen sind zu einem wichtigen Instrument der USA und anderer Mächte geworden, um ihre Ziele gegenüber anderen Ländern durchzusetzen. Dafür sind sie bereit, nicht nur die Arbeiter:innen ihres eigenen Landes für die dadurch ausgelöste Wirtschaftskrise und Inflation zahlen zu lassen, sondern auch die Arbeiter:innen, Bauern/Bäuerinnen und Armen im globalen Süden.

37. Die westlichen Imperialist:innen führen nicht nur umfangreiche Aufrüstungs- und Waffenlieferungsprogramme sowie einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, sondern auch eine große ideologische Kampagne. Nach dem „Krieg gegen den Terror“ befinden sich die westlichen Imperialist:innen nun in einem universellen „Krieg für die Demokratie“. Die NATO wird als eine neue Art von „Anti-Hitler“-Koalition präsentiert – und jede/r, die/der sich kritisch zu einer NATO-Erweiterung, Superaufrüstung oder einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Russland oder gar China äußert, wird entweder zur „Putin-Marionette“ oder bestenfalls zum/r naiven Beschwichtigungsidiot:in erklärt. Dies ist nicht nur eine mächtige ideologische Kampagne in den westlichen imperialistischen Ländern, sondern erstreckt sich auch auf den politischen Druck auf halbkoloniale Regierungen, sich zu entscheiden, auf welcher Seite sie stehen wollen (und das wird dann auch mit wirtschaftlichem Druck kombiniert). Wie heuchlerisch diese demokratische Pose ist, zeigt die jüngste Aufhebung des Vetos des (nicht besonders demokratischen) NATO-Mitglieds Türkei gegen den Beitritt Finnlands und Schwedens zum Militärbündnis im Gegenzug für eine formelle Zusammenarbeit mit der Erdogan-Regierung im Kampf gegen die kurdischen Oppositionellen der PKK und der YPG, die sie als terroristische Organisationen bezeichnet. Die gesamte Geschichte der NATO zeigt, dass sie ein wesentlicher Bestandteil der Unterdrückung jeder demokratischen Bewegung ist, die sich gegen die Interessen der USA und ihrer wichtigsten Verbündeten richten könnte (siehe Spanien, Portugal, Griechenland usw.). Wir stehen fest in der Ablehnung der NATO und ähnlicher Institutionen des „demokratischen Imperialismus“, da die „Demokratie“, die sie verteidigen, die einer privilegierten Minderheit auf dem Globus ist, die letztendlich nur die Demokratie der 1 % der reichsten Personen in den „westlichen Demokratien“ verteidigt.

38. Zentrale Slogans in den westlichen imperialistischen Staaten sind:

  • Gegen alle Sanktionen! Bekämpft die wirtschaftliche Kriegsführung! Bekämpft jeglichen politischen und wirtschaftlichen Druck auf jedes Land, den von den USA und der EU verhängten Sanktionen zu folgen!
  • Nein zu den massiven Aufrüstungsprogrammen der NATO-Staaten und Truppenverlegungen. In den Parlamenten müssen die Parteien und Abgeordneten der Arbeiter:innenbewegung gegen Waffenlieferungen und -genehmigungen stimmen! Gegen die Ausweitung der NATO, für den Austritt aus ihr! Für die Auflösung der NATO!
  • Für die Auflösung der NATO und jeder anderen imperialistischen Allianz, die vorgibt, die „Demokratie“ zu verteidigen, in Wirklichkeit aber die bewaffnete Macht der bestehenden imperialistischen Weltordnung ist!
  • Keinen Mensch und keinen Cent für die imperialistische Politik! Überwälzung der Kosten, Preiserhöhungen usw. auf die Herrschenden! Enteignung des Energiesektors und anderer Preistreiber:innen unter Arbeiter:innenkontrolle! Notprogramm für Arbeitslose, Rentner:innen, Geringverdiener:innen, Übernahme der gestiegenen Wohnkosten durch Besteuerung des Kapitals! Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und Konversion unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Aufnahme aller Flüchtlinge, Bleiberecht und Staatsbürger:innenschaft für alle an dem Ort, an dem sie leben wollen – finanziert durch den Staat! Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, Zulassung zu Gewerkschaften!
  • Unterstützung für die gerechten Kriegsziele des ukrainischen Widerstands: Abzug der russischen Truppen und Anerkennung der ukrainischen Souveränität!
  • Nein zu den westlichen Kriegszielen: Keine Ausplünderung der ukrainischen Wirtschaft durch das imperialistische Kapital! Streicht die Schulden der Ukraine!
  • Solidarität mit den Sozialist:innen und Gewerkschafter:innen in der Ukraine, die wegen der Verteidigung der Rechte der Lohnabhängigen und ihrer internationalistischen Ansichten von der Regierung oder rechten Banden angegriffen werden!
  • Im Falle einer direkten Intervention (z B. Einrichtung von Flugverbotszonen, Entstehung neuer Krisenherde im Baltikum): politischer Massenstreik gegen den Krieg!
  • Ablehnung jeglicher Politik des Klassenfriedens!
  • Für eine massenhafte proletarische Antikriegsbewegung, die sich dem NATO-Aufbau in Osteuropa und international entgegenstellt, die Kriegsziele der imperialistischen Bourgeoisie entlarvt und vor der Gefahr einer Eskalation hin zu einem zwischenimperialistischen Konflikt warnt!

39. Dies ist nicht nur für den Klassenkampf in den imperialistischen Ländern und anderen NATO-Ländern entscheidend. Gleichzeitig müssen die fortschrittlichen Bewegungen und Organisationen in Russland wie auch in der Ukraine gestärkt werden, indem deutlich gemacht wird, dass die Arbeiter:innenklasse eine unabhängige Politik verfolgt, die die Hauptfeindin in der eigenen Bourgeoisie erkennt.

Weitere Entwicklungen

40. Die weitere Entwicklung des Krieges in der Ukraine wird ein entscheidender Faktor für die Weltpolitik in den kommenden Monaten, wenn nicht Jahren sein.

41. Dass die internationale wirtschaftliche Isolierung Russlands durch die NATO und die G7 auf massive Schwierigkeiten stößt und sich nicht nur China, sondern auch große halbkoloniale Volkswirtschaften weigern, die Embargos in vollem Umfang mitzutragen, hat mehrere Ursachen. Erstens ist die Unterstützung für Sanktionen und einen Stellvertreter:innenkrieg gegen Russland in den Halbkolonien viel schwächer, wenn sie überhaupt vorhanden ist. Die demokratisch-imperialistische Ideologie des Westens ist dort viel weniger wirksam. Zweitens ist das aber auch Ausdruck einer Erschütterung der US-Hegemonie und einer Verschiebung des globalen Kräfteverhältnisses. Deshalb könnten sich die Sanktionen gegen Russland vor allem für die EU-Staaten zu einem wirtschaftlichen Bumerang entwickeln. Angesichts der Bedeutung des Krieges um die Ukraine und des Wirtschaftskrieges gegen Russland ist es jedoch trotz dieser offensichtlichen Schwierigkeiten alles andere als sicher, dass eine der beiden Seiten einlenken und Kompromisse eingehen wird.

42. Andererseits machen der Krieg, die Sanktionen und die Tendenzen zur Zersplitterung des Weltmarktes eine tiefe Wirtschaftskrise in den kommenden Monaten sehr wahrscheinlich, die sich in Form von Preissteigerungen, Verarmung und in den halbkolonialen Ländern sogar in einer drohenden Hungersnot äußern wird. Der Krieg und der Kampf um die Neuaufteilung der Welt werden diese Krisentendenzen massiv verschärfen und Wellen von Klassenkämpfen, vorrevolutionären und revolutionären Situationen hervorrufen. Damit steht die Notwendigkeit des Aufbaus revolutionärer Parteien und einer neuen revolutionären Internationale fest auf der Tagesordnung.

43. Es gibt mehrere Optionen für die weitere Entwicklung des Krieges:

  • Eine unmittelbar wahrscheinliche Entwicklung ist, dass beide Seiten ihre Kriegsanstrengungen weiter verstärken werden. Für die Ukraine würde dies mehr Rüstung und wirtschaftliche Unterstützung durch den Westen bedeuten. Dies würde Hand in Hand gehen mit einem massiven Ausbau der NATO und der Einführung von Elementen einer Kriegswirtschaft. Russland hat seine Wirtschaft bereits in diese Richtung umstrukturiert. Die Sanktionen des Westens und der Krieg haben die Schwäche des russischen Imperialismus offenbart, aber auch seine Abhängigkeit von China als dem wirtschaftlich und mit der Zeit auch militärisch stärkeren Imperialismus deutlich erhöht. China wiederum kann sich eine offene russische Niederlage nicht leisten.
  • Da es aber unwahrscheinlich ist, dass eine der beiden Seiten einen umfassenden militärischen Sieg erringt, würde dies entweder zu einem länger andauernden Stellungskrieg führen, der weiteren Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden das Leben kosten würde. Oder, sollte eine Seite hingegen verlieren, könnte dies zu weiteren verzweifelten Aktionen und einer Eskalation des Krieges über die Ukraine hinaus führen.
  • Er könnte aber auch zu einem anderen Szenario führen, in dem der imperialistische Krieg einem imperialistischen Frieden weicht. Der Krieg und seine wirtschaftlichen Auswirkungen haben nicht nur Russland betroffen, sondern die gesamte Weltwirtschaft. Er hat die halbkoloniale Welt, aber auch die Westmächte getroffen. Während sie Russland eindämmen und isolieren wollen, ist ein Zusammenbruch und Zerfall des russischen Imperialismus nicht in ihrem Sinne, da dies die Welt instabil geraten lassen würde. Zweitens entstehen dem Westen auch massive wirtschaftliche und soziale Kosten, die in einer Zeit der globalen Krise und der zunehmenden Rivalität mit China statt mit Russland schwer zu verkraften sind.
  • Daher könnte es irgendwann im kommenden Jahr zu einem Einfrieren des Krieges kommen. Es würde wahrscheinlich die Form von imperialistisch aufgezwungenen Friedensgesprächen annehmen (möglicherweise unter dem Deckmantel der UNO oder unter Einbeziehung einiger der mächtigeren Halbkolonien wie Indien, Türkei oder Brasilien als „unabhängiger“ Kräfte). Ein solcher „Frieden“ würde in erster Linie auf Kosten der ukrainischen Arbeiter:innen und Bauern/Bäuerinnen gehen. Er würde wahrscheinlich zu einer Spaltung des Landes führen, und er würde dazu führen, dass der Klassenkampf neue Formen annimmt.

Während die Arbeiter:innenklasse eindeutig kein Interesse an einem jahrelangen Zermürbungskrieg hegt, muss sie auch einen von den imperialistischen Mächten aufgezwungenen „Frieden“ aus mehreren Gründen ablehnen. Erstens könnte er einige Zugeständnisse in Bezug auf die territorialen Eroberungen Russlands beinhalten und nicht nur den Konflikt mit neuen erweiterten Grenzen einfrieren, sondern auch die tiefgreifende nationale Unterdrückung der Ukrainer:innen, ukrainisch und russischsprachig, die jetzt unter einer offenen, chauvinistischen Diktatur leben, die ihnen ihre Identität, ihre nationalen Rechte (Bildung, kulturelle Freiheit usw.) verweigert und Hunderttausende zur Flucht vor der Besatzung getrieben hat. Zweitens wird er, auch wenn er vielleicht von der ukrainischen Regierung und den Oligarch:innen unterstützt wird, für die Massen eine Katastrophe mit sich bringen – die Ukraine zu einer verarmten Halbkolonie der westlichen imperialistischen Mächte machen, die ihrerseits um ihren Anteil am Reichtum (sowohl an den natürlichen Ressourcen als auch an der Arbeitskraft) des Landes ringen werden.

Eine solche Entwicklung wird die Formen und Prioritäten des Klassenkampfes in allen Ländern verändern und den Kampf gegen einen aufgezwungenen, ungerechten Frieden zugunsten der Imperialist:innen und der ukrainischen herrschenden Klasse auf die Tagesordnung setzen. Es würde auch die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes gegen die Ausbeutung des Landes durch das globale Kapital und für eine vereinigte europäische Bewegung zum Widerstand dagegen auf die Tagesordnung setzen – eine Bewegung, die den Kampf für Selbstbestimmung und gegen kapitalistische Ausbeutung mit dem für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa verbinden müsste. Damit steht die Notwendigkeit des Aufbaus revolutionärer Parteien und einer neuen revolutionären Internationale fest auf der Tagesordnung.

Revolutionäre Marxist:innen sollten dafür eintreten, den Ukrainekrieg auf einer gerechten und demokratischen Grundlage zu beenden: Russland raus aus der Ukraine, Nein zum zwischenimperialistischen Kalten Krieg und Selbstbestimmung für die Krim und die Donbass-Republiken. Dies in der längerfristigen Perspektive einer unabhängigen sozialistischen Ukraine, denn nichts anderes würde einen gerechten und dauerhaften Frieden bringen.

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