Mattis Molde, Infomail 1216, 14. März 2023
In letzter Minute vor Beginn des Streiks hat sich die Verhandlungskommission nochmal auf eine Verhandlung eingelassen, zu welcher der Postvorstand eingeladen hatte – eine falsche, wenn auch nicht unvorhersehbare Entscheidung mit einem üblen Ergebnis.
Ab April 2024 werden die Tabellenentgelte für alle Vollzeitbeschäftigten um monatlich 340 Euro erhöht. Das entspricht in den unteren drei Entgeltgruppen, in denen fast 90 Prozent der Tarifbeschäftigten eingruppiert sind, Entgeltsteigerungen von 11,0 bis 16,1 Prozent. Die Laufzeit beträgt allerdings 24 Monate (siehe: https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++3272f710-c01c-11ed-a2f8-001a4a160129).
Das heißt, dass von der Forderung 15 % für 12 Monate gerade etwa die Hälfte übrig geblieben ist. Dazu kommen Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro, die – verteilt über 11 Monate – nochmal unter den 340 Euro pro Monat liegen, die die Postler:innen in einem Jahr bekommen sollen.
Die 3000 Euro sind steuerfrei. Das ist ein Trick. Er bringt den Beschäftigten kurzfristig mehr Cash, aber keine Punkte bei der Rente. Auf die 3000 Euro Sonderzahlung gibt es auch kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Die Firma aber spart richtig. Der Staat zahlt mit Steuerverzicht und zwar gewaltig. Wen werden die Sparmaßnahmen treffen? Die Bundeswehr oder die Sozialausgaben?
Das „Ergebnis“ liegt nicht nur ganz weit von der Forderung, es liegt auch deutlich unter der Inflation. Die Reallöhne würden noch weiter fallen. Zur gleichen Zeit macht der Konzern Rekordgewinne. Die Aktionär:innen gewinnen doppelt: eine fette Dividende und steigende Aktienkurse.
Dieses Ergebnis wäre ein heftiger Ausverkauf. Jede Kollegin, jeder Kollege muss dagegen mit NEIN stimmen!
Aber das NEIN reicht nicht. Wir müssen uns fragen: Wer hat uns in diese gefährliche Situation gebracht? Eine Verhandlungsführung unter Andrea Kocsis, die uns ein „Ergebnis“ präsentiert, das kaum besser als das letzte Angebot ist, das sie selbst zu Recht zurückgewiesen hatte, wegen dessen die Verhandlungen für gescheitert erklärt worden waren.
Eine Verhandlungsführung, die mit neuen Verhandlungsgesprächen beginnt, nachdem die Entscheidung für Streik demokratisch und eindeutig gefallen war und die dieses demokratische Votum der Mitglieder kalt missachtet. Die jetzt mit diesem „Ergebnis“ eine erneute Urabstimmung veranlasst, die wieder über 75 % Ablehnung kommen muss, um mit einem Streik ein einigermaßen gutes Ergebnis zu erreichen.
Wenn Kocsis recht hat, dass das Votum für Streik den Bossen Sorge bereitet hat, dann kann sich jede:r an den Fingern abzählen, was ein Streik bewirken würde!
Kocsis hat mit diesem Manöver auch die Verhandlungsposition für jede/n Nachfolger:in geschwächt: Wenn die Bosse die ver.di-Chef:innen auch noch nach einer Urabstimmung an den Verhandlungstisch bringen können, dann werden sie zukünftig ihre Verhandlungs„angebote“ noch unverschämter gestalten. Zugleich hat Kocsis mit ihrem Manöver das Vertrauen in die Gewerkschaft tief erschüttert. Alle diejenigen, die an ihren Arbeitsplätzen für ver.di geworben, für den Tarifkampf mobilisiert haben und für ein Ja zum Streik können durch diese drohende Niederlage aus den eigenen Reihen enttäuscht und frustriert werden.
Schließlich bedeutet eine zweijährige Laufzeit auch, dass die Konzernzentrale der Post für die nächsten zwei Jahre die Friedenspflicht nutzen kann und wird (!), die nächsten Angriffe auf Beschäftigte und Kund:innen durchzuführen, also Umstrukturierungen, weitere Arbeitszeitverdichtungen, Ausdünnen von Filialen, aber auch Preiserhöhungen, um beispielsweise den Briefversand richtig profitabel zu machen. Für diese Auseinandersetzungen, die eigentlich mit dem Kampf für entschädigungslose Verstaatlichung der Post unter Arbeiter:innenkontrolle verbunden werden müssen, stehen die Belegschaften, aber auch die Masse der lohnabhängigen Kund:innen schlechter da. Ein bundesweiter unbefristeter Erzwingungsstreik könnte nicht nur ein weit besseres Ergebnis bringen, sondern auch Kampfstrukturen für die weiteren Auseinandersetzungen schaffen.
Deshalb muss eine breite Ablehnung des „Ergebnisses“ damit verbunden werden, die Basis zu stärken und die Gewerkschaft in die eigene Hand zu bekommen:
One thought on “Post: Guter Streik statt schlechter Verhandlungen! Das „Ergebnis“ muss abgelehnt werden!”