Arbeiter:innenmacht

Britannien: Rapist police off our streets!

Jeremy Dewar, Infomail 1214, 24. Februar 2023

Die Londoner Metropolitan Police (Met) ist von brutalen Frauenhassern durchsetzt. Dies ist nicht etwa eine rhetorische Übertreibung. Es ist eine Tatsache.

Seit der Ermordung Sarah Everards im März 2021 wurden zwölf aktive Beamte der Met wegen Sexualdelikten verurteilt, also alle zwei Monate einer.

Met-Commissioner Mark Rowley räumt ein, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Er überprüft derzeit 1.071 weitere Beamte, gegen die 1.633 Fälle von sexueller Gewalt und anderer Dienstvergehen gemeldet wurden. Rowley geht davon aus, dass mindestens bis ins Jahr 2025 wöchentlich „zwei oder drei” Beamte wegen Sexualdelikten und häuslicher Gewalt angeklagt werden.

Es kommen ständig neue Meldungen hinzu. Bei einer für die Öffentlichkeit eingerichteten Notfallhotline gehen derzeit durchschnittlich 40 Anrufe pro Tag ein. Derartige Straftaten werden viel zu selten gemeldet; die tatsächliche Zahl ist sicher um ein Vielfaches höher.

David Carrick

Die Mauer des Schweigens wurde am 16. Januar endgültig durchbrochen, als der Polizeibeamte David Carrick wegen 85 Fällen von Vergewaltigung sowie weiteren gegen Frauen gerichtete Sexualstraftaten verurteilt wurde, was ihn zu einem der schlimmsten Sexualstraftäter in der Geschichte des Vereinigten Königreichs macht.

Carrick vergewaltigte Frauen, sperrte sie in Schränke, urinierte auf sie, nannte sie seine „Sklavinnen” und drohte ihnen mit Mord, „ohne irgendwelche Beweise zu hinterlassen”. Er nutzte regelmäßig seine Position, um seine Opfer zu ködern und ihnen zu drohen, falls sie von seinen Taten erzählen würden.

Wie auch Wayne Couzens, der Sarah Everard ermordete, gehörte Carrick dem „Parliamentary and Diplomatic Protection Command” an, der bewaffneten Eliteeinheit, die Ministerien und Botschaften betreut. Dies zeigt einerseits, wie ineffektiv der so genannte Auswahlprozess der Met ist und belegt andererseits, dass sich Polizeibeamt:innen umso schlechter verhalten, je näher sie der staatlichen Macht kommen.

Carrick war für seine Frauenverachtung und Brutalität bekannt. Sein Spitzname lautete „Bastard Dave”. In seinen 20 Dienstjahren wurde er sage und schreibe neun Mal wegen gegen Frauen gerichteter Übergriffe bei der Met angezeigt. Nur ein einziges Mal wurde er zu eingeschränktem Dienst verdonnert und erhielt einige Monate später seine Waffe zurück, als das Opfer nicht mehr mit der Polizei kooperierte. Suspendiert wurde er nie.

Kapitalistenschweine

„Bereiten Sie sich auf weitere schmerzhafte Geschichten vor, wenn wir uns mit Fällen konfrontiert sehen, … die unsere Integrität untergraben”, warnte Commissioner Rowley und gab zu, dass Carrick nicht das letzte Monster wäre, das in den kommenden Monaten entdeckt würde. Auch in anderen Polizeidienststellen herrscht die gleiche sexistische Kultur wie in Londons „Elite” und die gleichen Verbrechen werden begangen.

Die Polizei ist institutionell sexistisch. Aber sie ist auch institutionell rassistisch, homophob, transphob und arbeiter:innenfeindlich. Sie verhaftet und misshandelt Umweltschützer:innen, streikende Gewerkschafter:innen, Schwarze und Minderheiten und greift bei friedlichen Demonstrationen von Frauen und LGBTIA+-Personen zu. Seit 1990 gab es 1.740 Todesfälle von Menschen in Gewahrsam oder nach Konfrontationen mit der Polizei.

Die Polizei wird nicht nur mit mehr Waffen, darunter CS-Gas, Schusswaffen und Taser, sondern auch mit immer mehr Rechten ausgestattet – der sogenannte „Police, Crime, Sentencing and Courts Act” (Polizei-, Verbrechens-, Verurteilungs- und Gerichtsgesetz) vom letzten Jahr gab ihr die Befugnis, Proteste aufzulösen, die zu „lästig” sind, zu lange andauern oder den Wirtschaftsbetrieb stören.

Das Gesetz über die öffentliche Ordnung („Public Order Bill”), das kurz vor der Verabschiedung steht, wird es der Polizei ermöglichen, Demonstrant:innen mit sogenannten „Serious Disruption Prevention Orders” (SDPO; Verordnungen zur Vorbeugung ernster Störungen) zu belegen. Dabei geht es [ähnlich der in Bayern bereits angewandten Präventivhaft; Anm. d. Red.] darum, eine Art Gedankenpolizei zu etablieren, die schon gegen diejenigen, die nur verdächtigt werden, künftig eine Straftat zu begehen, Maßnahmen verhängen darf. Die von diesen SDPO Betroffenen könnten u. a. elektronisch markiert, aus Teilen der Stadt oder des Landes verwiesen oder auch gezwungen werden, sich auf Polizeistationen zu melden. Es ist sogar möglich, unter eine 24-stündige Ausgangssperre gestellt zu werden, was einem Hausarrest gleichkommt.

Dass diese Ausweitung der polizeilichen Befugnisse jetzt im Eiltempo durchgesetzt wird, ist kein Zufall. Wie auch das neue Antistreikgesetz kommt die „Public Order Bill” zu einem Zeitpunkt, an dem die Regierung weiß, dass die Umwelt- und Wirtschaftskrisen noch mehr wütende Menschen auf die Straße bringen werden. Statt ihre Auswahlverfahren zu überprüfen, bereitet sie sich auf ein hartes Durchgreifen vor.

Gegenwehr

In der Nacht, als Carrick sich schuldig bekannte, skandierten die Aktivist:innen vor dem New Scotland Yard den Slogan „No justice, no peace – no rapist police!” (Kein Frieden, keine Gerechtigkeit – keine Vergewaltigerpolizei!). Sie hätten auch „no racist police” (keine rassistische Polizei) hinzufügen können, wie es „Black Lives Matter“ immer wieder gefordert hat, oder gar „no police”, wie es die „Kill-the-Bill”-Bewegung forderte.

Um all diese Forderungen zu erreichen, brauchen wir eine Bewegung all jener, die allein wegen ihres Geschlechts, ihrer Sexualität, ihrer Hautfarbe, ihrer Geschlechtsidentität oder, weil sie bereit sind, sich gegen ihre Unterdrücker:innen zu wehren, von Polizeigewalt bedroht sind.

Wir müssen für Gerechtigkeit für alle Frauen kämpfen, die unter der Hand von Polizeibeamten gelitten haben. Alle Polizisten, die beschuldigt werden, Verbrechen gegen Frauen begangen zu haben, müssen ohne Bezahlung suspendiert werden. Wir fordern eine unabhängige Untersuchung aller Vorwürfe durch die Arbeiter:innenklasse und die Strafverfolgung aller Beamten, die für schuldig befunden werden, um sie an weiteren Gewalttaten zu hindern. Außerdem brauchen wir die Entwaffnung und Auflösung von Spezialeinheiten, die glauben, sie stünden über dem Gesetz.

Um jedoch die Polizei abzuschaffen, müssen wir ihre wahre Natur verstehen. Sie bildet einen Arm des kapitalistischen Staates, der dazu da ist, Eigentumsrechte zu verteidigen, Proteste und Streiks zu brechen und Sexismus, Rassismus, Homo- und Transphobie, die uns spalten, zu verstärken. Das Ziel der Polizei besteht in der Aufrechterhaltung der kapitalistischen und patriarchalen Ordnung. Wenn wir die Polizei abschaffen wollen, müssen wir den kapitalistischen Staat selbst zerschlagen.

Nur eine demokratisch rechenschaftspflichtige Verteidigungseinheit der Arbeiter:innenklasse kann sowohl die Polizeigewalt zurückdrängen als auch die Polizei selbst durch Einheiten ersetzen, die uns gegen die wahren Verbrecher:innen verteidigen – die Kapitalistenklasse, die Schläger wie Carrick und Couzens gegen uns einsetzt.

image_pdfimage_print

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Palästina Kongress 2024 – Wir klagen an!

Aktuelle Veranstaltungen

Mai
1
Mi
10:00 Gewerkschaften und Lohnabhängige... @ Berlin
Gewerkschaften und Lohnabhängige... @ Berlin
Mai 1 um 10:00
Gewerkschaften und Lohnabhängige in die Offensive! Gegen Krieg, Kürzungspolitik und rechte Hetze @ Berlin
Gewerkschaften und Lohnabhängige in die Offensive! Gegen Krieg, Kürzungspolitik und rechte Hetze Aufruf des Klassenkämpferischen Block Berlin zum 1. Mai, Infomail 1251, 16. April 2024 In den letzten Wochen fanden bundesweit zahlreiche Streiks statt, zum[...]

Lage der Klasse – Podcast der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Südamerika - Politik, Gesellschaft und Natur

Ein politisches Reisetagebuch
Südamerika: Politik, Gesellschaft und Natur
Ich reise ein Jahr durch Südamerika und versuche in dieser Zeit viel über die Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und natürlich auch die Landschaften zu lernen und möchte euch gerne daran teilhaben lassen