Revolutionärer Bruch braucht Programm
https://de.wikipedia.org/wiki/Linksjugend_solid#/media/Datei:Logo_Linksjugend-Solid.png
Stellungnahme von Genoss:innen von REVOLUTION zur Landesvollversammlung Linksjugend [’solid] Berlin, Infomail 1202, 23. Oktober 2022
Am 10. Oktober 2022 veröffentlichten junge Sozialist:innen, die in der Linksjugend [’solid] aktiv sind, eine Erklärung unter dem Titel „Für einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei und [’solid]“. Wir begrüßen die Diskussion um den Aufbau einer revolutionär-sozialistischen Partei in Deutschland, an der wir uns aktiv beteiligen wollen. Hier spiegeln wir eine Erklärung von mehreren Genoss:innen, die begannen, sich in [’solid] zu politisieren und im Verlauf des letzten Jahres auch der Jugendorganisation REVOLUTION anschlossen. Sie stellen hier ihre Ansichten zu den Grundlagen einer neuen revolutionären Kraft zur Diskussion.
Revolutionärer Bruch braucht Programm!
Autor:innen: Brokkoli Bittner (REVOLUTION Berlin, Linksjugend Solid Stadtrand Ost); Stephie Goetz (ehemalige Schatzmeisterin und Landessprecherin Solid Berlin, REVOLUTION Berlin und Linksjugend Solid Nord-Berlin); Jona Everdeen(REVOLUTION Berlin, Linksjugend Solid Kreuzkölln); Mao Meier (REVOLUTION Berlin, Linksjugend Solid Stadtrand Ost)
Die Weltgesellschaft befindet sich wahrhaftig an einem Wendepunkt. Die Bewegungen der Lohnabhängigen und sozial Unterdrückten sehen sich mit einer grundlegend neuen Situation konfrontiert.
Mit dem Krieg in der Ukraine hat auch eine allgemeine Auseinandersetzung um die Neuaufteilung der Welt begonnen. Großmächte wie China, Russland, Indien, die USA, Japan, Deutschland, Frankreich und Großbritannien bereiten sich auf einen globalen militärischen Konflikt vor, der die gesamte Zivilisation zerstören könnte. Die Diskussion über die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ist in den offiziellen Medien, in den Reden von Politiker:innen und im alltäglichen Gespräch kein Tabu mehr. Gerade für die Jugend gilt es zu verhindern, dass er je ausbricht.
Die Klimakatastrophe ist heute. Verwüstung, Trockenheit und Feuer wechseln sich mit Fluten, Überschwemmungen und Stürmen ab. Gleichzeitig erleben wir ein apokalyptisches Artensterben. Wir erleiden die Belastung unseres Planeten mit immer mehr Müll, die Vergiftung unseres Trinkwassers und unserer Nahrung. Während allein in diesem Jahr weltweit eine Billion US-Dollar für den Militarismus ausgegeben wurden, bleibt die ökologische Transformation aus, die uns bürgerliche Politiker:innen und Konzerne immer wieder versprachen. (Das sind 1.000.000.000.000 US-Dollar oder eintausend Milliarden US-Dollar.) Wenn wir die Zukunft der jungen Generation sichern wollen, braucht es einen radikalen Systemwechsel.
Gleichzeitig brach mit der Coronapandemie auch eine außerordentliche Wirtschaftskrise des Kapitalismus aus. Die Lohnabhängigen, kleine Bauern/Bäuerinnen und Gewerbetreibende sowie die städtische und ländliche Armut werden unter dieser Krise erdrückt. Große Teile der Welt erleben eine massive Hungerkrise. Auch hier in Deutschland überschritt die Inflation zuletzt die 10 %-Marke. Viele bangen um ihre Arbeit und Wohnung, fürchten sich vor der nächsten Gasrechnung oder dem Einkauf. Mehr als 16 % der Bevölkerung lassen eine Mahlzeit aus, um zu sparen. Währenddessen vermehrt sich der Reichtum der großen Kapitalist:innen. Wenn wir nicht erneut wie 2008 für die kapitalistische Krise zahlen sollen, braucht es einen entschlossenen Kampf von unten.
Diese drei Menschheitsfragen können nicht durch den Kapitalismus gelöst werden, denn er hat sie hervorgerufen.
- Wir kämpfen für eine Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen der gesamten Menschheit ausrichtet, auch der Generation von Morgen.
- Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der demokratische Teilhabe nicht von der Wirtschaftsmacht einer Region, von einzelnen Staaten, Verbänden oder Individuen abhängig ist.
- Wir kämpfen für eine Gesellschaft, die frei von Privilegien ist, von Privilegien, die andere Menschen kleinmachen, ausgrenzen und ihre Ausbeutung ermöglichen.
Das einzige Privileg, für das wir kämpfen, ist, der Menschheit eine Zukunft auf diesem Planeten zu sichern. Wir streben eine Zukunft an, in der wir gleichberechtigt unsere Lebenszeit voll ausschöpfen und genießen können. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der die Fähigkeiten und Interessen von Kollektiven und Individuen voll zur Entfaltung kommen können. Um diese Zukunft zu sichern, müssen die Technologien zu produktiven Kräften werden statt zu Mechanismen der zunehmenden Kontrolle oder gar Zerstörung der Welt. Wir brauchen Formen des Zusammenlebens, die sich freimachen von der Irrationalität, dem Hass und der Lüge der heutigen Zeit. Eine Gesellschaft, in der stattdessen der Drang nach Wissen, Austausch und dem Verständnis unserer Existenz im Vordergrund stehen.
Diese Gesellschaft nennen wir Sozialismus.
Wir müssen aber feststellen, dass wir diesem Ziel heute sehr fernstehen.
Mit dem Beginn der Krise 2007 hoffte eine ganze Generation junger und alter Menschen auf ein Ende des Kapitalismus. Im gleichen Jahr wurden DIE LINKE und die Linksjugend [’solid] gegründet. Fünfzehn Jahre später steckt DIE LINKE in einer tiefen Krise. Heute fürchten die Kapitalist:innen in Deutschland nicht die linke Erhebung – eine weitverbreitete Sorge der damaligen Zeit, als Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung davon sprachen, dass Marx zurück sei. Stattdessen müssen Lohnabhängige heute den Aufstieg der Rechten fürchten und unter der unsozialen Politik der Regierung leiden.
Es fehlt aber nicht an den objektiven Bedingungen, dieses Ziel zu erreichen. Es fehlt an einer Kraft, die für dieses Ziel entschlossen kämpft. Wir denken, DIE LINKE ist nicht diese Kraft. Denn sie formuliert nur ein vages Ziel. Sie hat die Kampfkraft der Lohnabhängigen in den letzten fünfzehn Jahren nicht gestärkt, sondern ihre Hoffnung auf grundlegende Veränderungen enttäuscht und ihre Moral durch eine Reihe von prinzipienlosen Regierungsbeteiligungen gebrochen. Aktuell streitet sie darüber, ob die deutsche Regierung nun die blödeste Europas sei oder nicht. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, dass es eine kapitalistische Regierung ist, die unsere Interessen nicht umsetzt. DIE LINKE scheitert auch praktisch, sie ist zerstritten und nicht das Zentrum eines linken Widerstandes gegen die Dreifachkrise.
Dies hat tiefere Gründe. Denn alle drei relevanten Flügel der LINKEN (Bewegungslinke, Wagenknecht und Reformer:innen) haben eine politische Schwäche gemeinsam. Sie richten ihre Politik letztlich primär auf die graduelle Reform eines Systems aus, das nicht grundlegend reformierbar ist. Ihr Hauptvehikel bleiben dabei letztlich mehr oder weniger das Parlament und der bürgerliche Staat. Wir erkennen hingegen wirklich an, dass die heutige Welt in Klassen aufgeteilt ist. Einerseits in jene, die Land, Ressourcen und Produktionsmittel besitzen, direkt oder indirekt die Grundlagen der Politik der heutigen Staaten bestimmen. Andererseits in jene, die dies nicht tun. Ein Großteil dieser zweiten Klasse sind die Lohnabhängigen dieser Welt.
Für uns ist das nicht einfach eine Phrase, sondern geht mit praktischen Verpflichtungen einher. Es heißt, dass die Welt von den Interessen einer kapitalistischen Minderheit bestimmt ist. Diese bestimmt letztlich das Schicksal der „Wirtschaft“. Auch das vorherrschende Denken ist das Denken der Herrschenden, solange ihre Herrschaft nicht in Frage gestellt wird.
Das bedeutet, dass wir unser Ziel nur durch eine Politik verändern können, die diese herrschende Klasse herausfordert. Das bezeichnen wir als revolutionären Klassenkampf.
Die erdrückende Mehrheit in DIE LINKE und der Linksjugend [’solid] und wichtiger ihr Apparat aus Funktionär:innen und Mandatsträger:innen bestimmen letztlich die Praxis dieser Partei,
vertreten keine klassenkämpferische Politik. Sie vertreten eine Politik, die wir als Reformismus bezeichnen, die im besten Fall glaubt, durch graduelle Reformen den Sozialismus zu erreichen. In der Praxis ist es aber eine Politik und ein soziales System, dass die Lohnabhängigen an die Unternehmen der Kapitalist:innen und „ihren Staat“ bindet und ihnen unterordnet.
Wir glauben, dass es einen grundlegenden Bruch mit dem politischen Programm und der organisatorischen Praxis der LINKEN und Linksjugend [’solid] benötigt, wenn wir unsere Zukunft sichern wollen. Denn mit dieser Politik ist ein wirklicher Systemwechsel ausgeschlossen.
Deshalb unterstützen wir von REVOLUTION den Aufruf zu einer Konferenz, in der alle kritischen Teile der Linksjugend [’solid] und der LINKEN zusammenkommen, die eine Politik wünschen, die für einen Systemwechsel eintritt und dies mit Klassenkampf verbindet.
Um der heutigen, neuen Situation gerecht zu werden, muss es unser Anliegen sein, die antikapitalistischen Teile der Klimabewegung, der kämpferischen Gewerkschafter:innen, die klassenkämpferischen Teile der antirassistischen und feministischen Bewegung in einer gemeinsamen Partei zu vereinigen, um solch einen Systemwechsel, eine sozialistische Revolution möglich zu machen.
In siebzehn Punkten möchten wir hier unsere grundlegenden Überlegungen äußern, welche Strategie und Organisationsform solch eine Partei kennzeichnen sollten, und wie sie für den Sozialismus unter den aktuellen Bedingungen in Deutschland kämpfen müsste.
- Wir befürworten Reformen. Wir unterstützen jede Reform, die unsere unmittelbare Lebensgrundlage verteidigt oder verbessert. Das trifft auf alle gesellschaftlichen Bereiche zu, von der Erhöhung von Löhnen, der sofortigen Umsetzung von Maßnahmen zur Rettung der Umwelt bis zur Abschaffung von Praktiken oder Gesetzen, die rassistische, sexistische oder homophobe Unterdrückung zementieren.
- Wir müssen für Reformen kämpfen. Die Reichen, die Bänker:innen, Industriellen und Großgrundbesitzer:innen, die bürgerlichen Politiker:innen und staatliche Institutionen werden uns nichts freiwillig geben. In diesem Klassenkampf um Reformen richten wir uns nicht an dem für die herrschende Klasse „Machbaren“ aus. Wir schlagen immer den Kampf für das zum Leben und Überleben der Lohnabhängigen und der Menschheit „Notwendige“ vor.
- Wir befürworten den Antritt zu Wahlen. Sozialist:innen sollten ihre Ansichten dort und im Parlament zum Ausdruck bringen. Sie sollen aber den Kampf um Reformen und für die Revolution verbessern und nicht zur Integration in jene bürgerlichen Regierungen und den bürgerlichen Staat führen, in denen es sich auch DIE LINKE bequem gemacht hat.
- Das strategische Ziel des Sozialismus bestimmt also unsere Taktik. Wir unterscheiden uns hier grundlegend von der reformistischen Politik der LINKEN oder der Gewerkschaftsführung. Denn diese ordnen ihre Forderungen und Praxis dem unter, was die Koalitionspartner:innen oder Konzernchef:innen als „machbar“ verkaufen. DIE LINKE beteiligt sich an der Verwaltung des kapitalistischen Systems in bürgerlichen Regierungen, was wir kategorisch ablehnen. Gleichzeitig fordern wir reformistische Parteien und die Gewerkschaften immer wieder dazu auf, für konkrete Forderungen zu mobilisieren und kämpfen. Eine zentrale Kritik, die wir aktuell an ihnen üben, ist gerade, dass sie nicht entschlossen gegen Inflation, Krise, Krieg und Umweltzerstörung kämpfen. Wir fordern sie also jederzeit dazu auf, eine gemeinsame Front für die Erkämpfung von Reformen zu schließen. Aber wir begrenzen unsere eigenen Aktivitäten, Forderungen und unser Programm im gemeinsamen Reformkampf nicht auf das, was die Führer:innen der Gewerkschaften oder der LINKEN für „machbar“ halten. Wir sagen jederzeit, was wir für „notwendig“ erachten und erhöhen dabei die Selbstorganisierung der kämpfenden Basis.
- Der Kampf um Reformen hat einen realen Zweck im Hier und Jetzt. Dieser Reformkampf ist nicht einfach ein „Trick“.Wenn wir zum Beispiel von unserem Lohn nicht leben können, dann muss er sofort steigen. Aber gleichzeitig kann der Sozialismus nicht ohne eine Revolution erreicht werden. Sozialist:innen werden dies in jedem Reformkampf betonen und ihn so führen, dass sie die Revolution vereinfachen, denkbar machen und vorbereiten.
- Sozialist:innen können die Revolution propagieren. Die Revolution machen kann aber nur die Klasse der Lohnabhängigen. Sie ist eine wirkliche soziale Kraft und auch nur durch ihre Revolution gegen die Diktatur des Kapitals kann eine Zukunft gesichert werden, in der es eine Demokratie der Lohnabhängigen anstatt einer stalinistischen Dystopie gibt.
- In Deutschland kann kein ernsthafter Reformkampf gewonnen werden, keine Revolution ohne die Gewerkschaften geschehen. Eine zentrale Aufgabe ist es daher auch, sie für eine Politik des entschlossenen Reformkampfes und für den Sozialismus zu gewinnen. Es gibt eine riesige Klasse in Deutschland, aber sie ist von einer reformistischen Bürokratie beherrscht oder anders gesagt von Menschen kontrolliert, die mit einem Parteibuch der SPD, der Grünen oder auch der LINKEN ausgestattet sind. Diese Bürokratie sitzt in Aufsichtsräten, staatlichen Institutionen und erhält zum Teil riesige Gehälter. Aber sie vertritt nicht unsere Interessen. Sie glaubt, „die deutsche Wirtschaft“, das heißt die Profite der Kapitalist:innen, wären das Maß aller Dinge. Zum Teil verhindert oder verschleppt diese Bürokratie auch die Organisierung ganz neuer Schichten der Lohnabhängigen. So verweigerte sie lange den Zutritt von Geflüchteten in die Gewerkschaften. Sie müssen wieder zu Orten der Demokratie und des Kampfes der Lohnabhängigen werden. Eine zentrale Aufgabe ist es also heute, eine klassenkämpferische Basisopposition in den Gewerkschaften aufzubauen. Dies schließt auch die Auseinandersetzung mit weitverbreiteten Illusionen und Ideologien des Reformismus sowie unterschiedlichen Formen des Chauvinismus unter einfachen Gewerkschaftsmitgliedern selbst ein.
- Denn die Klasse ist aktuell gespalten: durch nationale Unterschiede, vermittels imperialistischer und halbkolonialer Kriege, aufgrund von sexistischer, rassistischer, homophober Unterdrückung und auch unterschiedlicher sozialer Stellung einzelner Schichten der Lohnabhängigen. Es ist eine zentrale Aufgabe, diese Spaltung in der gemeinsamen Auseinandersetzung zu überwinden. Daher kämpfen wir auch für den Aufbau einer sozialistischen Internationale, die alle diese Auseinandersetzungen miteinander verbindet. Die gemeinsame internationale Organisierung ist das beste Mittel gegen den Chauvinismus.
- Der/die Hauptfeind:in steht im eigenen Land. Diese Hauptfeind:innen sind für uns die Klasse der deutschen Kapitalist:innen und der mit ihr verbundene Staat. Das heißt für uns auch, dass wir uns nicht ihren außenpolitischen Ambitionen anschließen. Wir lehnen jede Form des Imperialismus und Militarismus ab. Nur weil in Deutschland nach innen größere demokratische Rechte gewährt werden als beispielsweise in China oder Russland, heißt das nicht, dass deutsche Waffen, die an die Saudis und Türkei verkauft und im Jemenkrieg und in Kurdistan eingesetzt werden, demokratischer seien. Es heißt nicht, dass deutsche Bundeswehrsoldat:innen die Demokratie in Mali, Afghanistan oder im Irak verteidigt haben. Das können nur die demokratisch und sozialistisch organisierten Lohnabhängigen dieser Länder selbst. Die ökonomische, diplomatische und militärische Intervention Deutschlands unterbindet aber solche Prozesse immer wieder.
- Gleichzeitig wissen wir auch, dass es andere Großmächte wie Russland, China, die USA, Japan, Frankreich oder Großbritannien gibt. Wir stehen an der Seite keiner dieser Staaten. In der militärischen Auseinandersetzung zwischen ihnen sagen wir: „Dreht die Waffen um! Kämpft nicht gegen die Menschen des anderen Landes!“ Stattdessen sollten die Lohnabhängigen und die ins Militär eingezogene Jugend gegen ihre „eigenen“ Kapitalist:innen, Diktator:innen oder bürgerlichen Regierungen und für eine sozialistische Revolution kämpfen.
- Wir tun alles uns Mögliche, um den Aufbau von Gewerkschaften, sozialen und ökologischen Bewegungen sowie von sozialistischen Parteien in anderen Ländern zu unterstützen. Uns interessieren die konkreten Kämpfe und die Debatten unserer Klassengeschwister im Ausland. Wir beteiligen uns an einer internationalen Debatte, anstatt nationale Borniertheit zu betreiben.
- Dies muss sich auch durch den Aufbau einer sozialistischen Partei der Lohnabhängigen in Deutschland ausdrücken, die alle diese Aspekte hier vor Ort vereint. Jeder Kampf gegen jede Form von Unterdrückung ist unser, denn wer ist denn lesbisch, schwul, schwarz, weiblich oder geflüchtet, wenn nicht wir Lohnabhängigen?
- Eine revolutionäre Partei braucht ein revolutionäres Programm, auf dessen Basis die Mitglieder gemeinsam und verbindlich agieren. Dieses Verständnis unterscheidet sich grundlegend von dem der Linkspartei, deren Programm keine praktische Bedeutung für die tägliche Aktivität hat. Letztlich erwarten nicht einmal ihre Mitglieder, dass sie für ihr Programm kämpft. Wir hingegen halten es für notwendig, ein Programm zu diskutieren und zu erarbeiten, das als Anleitung zum Handeln dient, das den Kampf um soziale, ökonomische und politische Rechte mit dem für die sozialistische Revolution verbindet. Nur auf dieser Basis kann das gemeinsame, verbindliche Agieren einen demokratischen und befreienden Charakter haben.
- Dieser Prozess muss auf der Grundlage der vollen und freien politischen Diskussion beruhen. Gleichfalls bedarf es aber auch der gemeinsamen und verbindlichen Umsetzung von beschlossenen Aktionen. Für uns bedeutet „Partei“ also nicht, einen Wahlverein zu gründen, der beständig die eigenen Versprechen in bürgerlichen Regierungen bricht, bürokratisch agiert und die Aktivität der Basis lähmt. Für uns ist die „Partei“ ein Zusammenschluss der kämpferischsten Aktiven, der Jugend, der sozialen Bewegungen und Gewerkschaften, die aus den Niederlagen und Siegen der Vergangenheit gemeinsame Schlüsse ziehen, diese in der täglichen Praxis im Kampf um Reformen überprüfen, dynamisch neue Erfahrungen machen, diese mit der breiteren Arbeiter:innenbewegung und den sozialen Bewegungen diskutieren und so im täglichen Handgemenge die Strategie der Revolution erklären und erfahrbar machen. Wir reden also von einer Form der Organisation, die einerseits das Bewusstsein, das Selbstvertrauen und die Selbstorganisierung unserer Klasse so steigert, dass die Revolution kein abstraktes, fernes Ziel ist, sondern etwas, das zunehmend durch die gewonnenen Erfahrungen denk- und auch machbar wird. Die reformistischen Parteien, vor allem DIE LINKE, bilden das Gegenteil einer solchen Praxis.
- Wir treten für den Aufbau einer revolutionären Jugendorganisation ein, die von der Partei ernst genommen, aber nicht von ihr bürokratisch beherrscht wird, eine Organisation mit einem sozialistischen Programm, das sie gemeinsam mit der Partei erarbeitet, in der Jugendliche aber selbstbestimmt ihre eigenen Erfahrungen und ohne Angst vor Rüge auch Fehler machen können.
- Die Revolution machen heißt, den bürgerlichen Staat zu zerbrechen. Die kapitalistische Justiz, Regierung, Polizei, Militär und Bürokratie werden uns die Zukunft nicht gewähren, die wir brauchen, um zu überleben. Sie müssen zerschlagen und durch eine Rätedemokratie der Lohnabhängigen ersetzt werden, die ihre Revolution auch verteidigen kann.
- Eine der ersten ökonomischen Aufgaben nach einer Revolution wäre die Umwandlung zu einer demokratischen Wirtschaft, die nach den Interessen von Mensch und Natur plant und ein Notfallprogramm durchsetzt, um den ökologischen Kollaps zu verhindern, das 1,5-Grad-Ziel und die Ernährungs- und Energiesicherheit zu gewährleisten.
Diese Überlegungen stellen unserer Meinung nach noch kein Aktionsprogramm im eigentlichen Sinn dar. In den kommenden Monaten wird es unsere gemeinsame Aufgabe sein, ein solches gemeinsam mit all jenen innerhalb und außerhalb der LINKEN zu diskutieren, die auf einen neuen Morgen hoffen. Auch heute gibt es in Deutschland Zehntausende, die sich tagtäglich für eine Welt ohne Kapitalismus einsetzen, sei es in der Klimabewegung, in antirassistischen und feministischen Kämpfen und in gewerkschaftlichen oder betrieblichen Auseinandersetzungen mit den Chef:innen. Aber es fehlt uns an einer gemeinsamen revolutionär-sozialistischen Kraft. Es ist Zeit, sie aufzubauen!
Wenn du oder deine Gruppe diese Ansichten teilt, könnt ihr diese Erklärung ebenfalls unterzeichnen, nicht zuletzt um den Austausch unterschiedlicher Aktiver zu erleichtern.
Wenn ihr den Aufbau einer neuen revolutionär-sozialistischen Partei teilt, aber Punkte in dieser Erklärung diskutieren möchtet, sind wir bereit, eure Antwort als Debattenbeitrag zu veröffentlichen.
Schreibt uns an!
Mail: germany@onesolutionrevolution.de