Ursprünglich veröffentlicht von Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften, Infomail 1175, 14. Januar 2022
Vom 1. März bis zum 31. Mai 2022 finden in ganz Deutschland die Betriebsratswahlen statt. In zehntausenden Betrieben wählen die Beschäftigten ihre Vertreterinnen und Vertreter in den Betriebsrat.
FaschistInnen und Rechtsradikale haben sich in den letzten Jahren ausgebreitet. Sie mobilisieren gegen MigrantInnen, Linke, DemokratInnen und profilieren sich in den Corona-Protesten. Sie versuchen auch in den Betrieben Fuß zu fassen. Sie wollen die Rechte, die GewerkschafterInnen für die ArbeitnehmerInnen erkämpft haben, für ihre anti-gewerkschaftliche Politik missbrauchen.
Wer die schockierenden Bilder in den Medien Anfang Dezember sah, war entsetzt. Rund 30 Anhängern von der Gruppe »Freie Sachsen« marschierten am 3. Dezember mit Fackeln und laut lärmend vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Grimma auf und bedrohten sie. Sie selbst nannte den Aufmarsch „Einschüchterungsversuche von Rechtsextremisten“. Wir als VKG verurteilen diesen Aufmarsch auf das Schärfste. Die Spuren des Hasses führen leider auch in Betriebe, in denen das Zentrum Automobil – eine rechte Betriebsratsgruppe –aktiv ist. So sind Betriebsräte vom Zentrum Automobil (ZA) vom Mercedes Werk in Untertürkheim gute Freunde von „Freie Sachsen“. Kurz vor dem Aufmarsch war ZA-Betriebsrat Hans Jaus bei der Gruppe zu Gast, hat die Organisation gelobt und mit dem Chef vor laufender Kamera Schnaps getrunken. Beim Gründungstreffen „Freie Sachsen“ mit dabei war der sächsische Ableger vom Zentrum Automobil.
Schon seit einigen Jahren, insbesondere auch seit den Betriebsratswahlen 2018 haben Rechtsextremisten und Faschisten die Betriebe als Kampffeld für sich entdeckt und in einigen Betrieben rechte Strukturen aufgebaut. So bei verschiedenen Daimler-Betrieben (Untertürkheim, Rastatt, Sindelfingen), bei Stihl in Waiblingen, bei Opel in Darmstadt und bei BMW und Porsche in Leipzig. In diesen Betrieben ist bekannt, dass sie auch bei den Wahlen 2018 Betriebsratsmandate gewinnen konnten. Sie sind auch in anderen Betrieben aktiv und werden bei den nächsten Wahlen im Frühjahr 2022 wieder antreten. Sie greifen vorhandenen Unmut auf, richten ihn aber nicht gegen das Kapital, sondern gegen IGM und andere DGB-Gewerkschaften.
Die rechten Kräfte können sich gerade in der Auto-Industrie auf populistische Art gut profilieren, weil die Angriffe des Kapitals nur selten mit gewerkschaftlichen Mitteln wie Streik und Blockaden bekämpft werden, sondern IG Metall und Betriebsräte den Personalabbau und die Angriffe auf die Bezahlung „mitgestalten“. Oftmals führt dieses Vorgehen dazu, dass die Kosten auf bestimmte Teile der Belegschaften, auf Werksvertragsbeschäftigte, LeiharbeiterInnen und die Beschäftigten bei Zulieferern, die eh schon schlechter gestellt sind, abgewälzt werden. Diese Politik spaltet die Belegschaften. Seitens der Unternehmen wird dieses Co-Management der Betriebsräte befördert durch Privilegien und hohe Bezahlung, oft analog zum Managementlevel. Die rechten Kräfte im Betrieb schwächen wir durch eine kämpferische Betriebsrats- und Gewerkschaftspolitik. Das schließt den Kampf gegen Co-Management und Kungelei der BetriebsratsfürstInnen mit ein. Die Einheit der ArbeiterInnenklasse kann nur durch Einheit im Kampf gegen das Kapital hergestellt werden!
Neben den Gruppen wie Zentrum Automobil gibt es auch zahlreiche KollegInnen, die mit dem rechten und faschistischen Gedankengut sympathisieren, aber in den Strukturen der IG Metall arbeiten und auf ihren Listen kandidieren. Dieses Thema wird von den Verantwortlichen in der IG Metall praktisch nicht thematisiert. Sie vertrauen darauf, dass sie in diesen Fällen die politische Linie der Führung mit bürokratischen Mitteln durchsetzen können.
Wir halten dies für falsch! Dadurch werden rechte, rassistische, ja auch faschistische Positionen in der Organisation toleriert und sie können sich ausbreiten. Wir brauchen ein echte Diskussion und Auseinandersetzung auf allen Ebenen. Gerade auch über die Themen wie Migration und Coronakrise, die von den Rechten genutzt werden. Den Vormarsch der AfD in der IGM-Mitgliedschaft bekämpft man nicht damit, dass vor der nächsten Wahl von der Kanzel verkündet wird, dass keineR die wählen soll, sondern durch Argumente in der täglichen Auseinandersetzung!
In vielen Bereichen, vor allem der Auto- und Zulieferindustrie, werden Arbeitsplätze zu Zehntausenden vernichtet. Entsprechend fallen die Mitgliederzahlen. FunktionsträgerInnen auf allen Ebenen versuchen, Errungenschaften und Mitglieder zu halten, aber ihnen bläst fast überall der Wind ins Gesicht! Die Spitze tut so, als wären das alles Einzelprobleme und verkündet, dass die Regierung was tun müsse und die „Arbeitgeber“ sozial sein müssten. Wunschträume.