Tobi Hansen, Neue Internationale 231, September 2018
Die Auseinandersetzungen in der Europäischen Linken (EL) haben Anfang Juli zum Bruch geführt. Obwohl der Konflikt schon seit Jahren schwelte, traf er die große Mehrheit der insgesamt rund 500.000 Mitglieder in Europa unvorbereitet. Darüber diskutieren, geschweige denn entscheiden, durften sie nicht.
Dabei war der Auslöser durchaus eine wichtige Frage für die europäische Linke. Es ging um die von der griechischen Syriza-Regierung und dem ehemaligen Spitzenkandidaten der EL bei den Europawahlen 2014, Tsipras, durchgesetzte Austeritätspolitik. Die französische Parti de Gauche (PdG) und die Sammlungsbewegung La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) unter der Führung von Mélenchon hatten schon länger die Umsetzung der EU-Diktate, die Einschränkung des Streikrechts und Rentenkürzungen kritisiert und den Ausschluss von Syriza aus der EL verlangt.
Am 1. Juli zog der Parteitag der PdG die Konsequenzen und verließ die EL. Die Regierung in Athen verfechte die Sparpolitik: „Bis zu dem Punkt, an dem das Streikrecht angegriffen, die Renten drastisch gekürzt, ganze Wirtschaftssektoren privatisiert wurden – alles Maßnahmen, gegen die unsere Parteien in jedem unserer Länder kämpfen. Jegliche Ambivalenz gegenüber dieser Politik, jegliche Umsetzung dieser Politik von einer Mitgliedspartei der EL missachtet die Anti-Austeritätspositionen der anderen Mitgliedsparteien.“ (Beschluss der PdG, zitiert aus Neues Deutschland, 4. Juli 2018)
Mit diesem Beschluss wurde die EL ein Jahr vor den nächsten Europawahlen deutlich geschwächt. Schließlich folgten dem Appell Podemos aus Spanien, Bloco de Esquerda (Linksblock) aus Portugal, die Rot-Grüne Allianz aus Dänemark, die schwedische Vänsterpartiet (Linkspartei) und der finnische Linksbund. Außerdem scheint auch DiEM 25, das eher linksliberale, postmodernistische Projekt rund um den ehemaligen griechischen Finanzminister Varoufakis, eine Kandidatur zu den Europawahlen zu Planen, so dass drei unterschiedliche „linke“ Bündnisse 2019 antreten könnten.
Die neue europäische „Liste“ soll den Namen „Maintenant le Peuple“ (MLP, Jetzt das Volk) tragen und für eine „demokratische Revolution“ in Europa eintreten, die „Zwangsjacke der europäischen Verträge abstreifen“ und steht hinter dem sog. „Plan B“ Projekt, das de facto den Austritt aus der EU fordert bzw. dies als linke Forderung erheben will.
Natürlich sind die Ablehnung der Austeritätspolitik und vor allem deren Durchsetzung durch eine ArbeiterInnenpartei ein nachvollziehbarer Grund, die EL zu verlassen. Nach außen wirkt es auf jeden Fall „radikaler“, „linker“ als die unverbrüchliche „Treue“ zu Syriza. Allerdings ist es auch überraschend, dass Willfährigkeit gegenüber der bürgerlichen Herrschaft als Ausschlussgrund gilt. Ketzerisch könnten man auch feststellen, scheint es eher eine Grundvoraussetzung, um als „Linkspartei“ in der EU anerkannt zu werden. Die deutsche Linkspartei, durch den aktuellen EL- Vorsitzenden Gysi vertreten, agiert als braver Koalitionspartner der SPD und Grünen auf Landesebene, diskutiert auch Koalitionen mit der CDU in Ostdeutschland.
Mélenchon selbst, damals noch im Bündnis mit der KPF, stimmte dem unter Hollande verhängten Ausnahmezustand zur Rettung der Republik und den Militärinterventionen in Mali zu. Zugleich lehnt er offene Grenzen für MigrantInnen entschieden ab und wähnt die „Unabhängigkeit“ des imperialistischen Frankreichs gefährdet. FI ist eine populistische, nationalistische Bewegung. Während Mélechon Syriza für seine Kapitulation vor dem Diktat des deutschen Imperialismus, der EU und des IWF zurecht angreift, so bleibt seine Kritik angesichts der eigenen chauvinistischen und pro-imperialistischen Politik, die sich als noch staatstragender als jene von Syriza inszeniert, doppelbödig und verlogen.
Das gilt umso mehr, als auch die dänischen und schwedischen Bundes GenossenInnen jede Minderheitsregierung stützten. So unterstützte die Vänsterpartiet von 1998 – 2006 und seit 2014 eine sozialdemokratisch geführte Minderheitsregierung. In Dänemark stützt die Einheitsliste – Die Rot-Grünen 2011 bis 2015 die Regierung Thorning-Schmidt aus Sozialdemokraten, Sozialliberalen und Sozialistischer Volkspartei. In Portugal unterstützt der Linksblock seit 2015 ebenfalls eine reformistisch geführte Regierung. Und Podemos stützt bekanntlich die Regierung Sanchez in Spanien.
All das verwundert nicht, dann für Mélanchon und seinen Flügel der ehemaligen EL bedeutet linke Politik ein links-nationalistisches, keynesianisch orientiertes Programm. Dieses gibt sich zwar hinsichtlich der „Sparpolitik“ unnachgiebiger, geht aber zugleich mit einer recht umstandslosen Stärkung des „eigenen“ bürgerlichen Staates einher.
Daran ändert auch nichts, dass die „Verteidigung“ der europäischen Linkspartei gegen die Kritik von Mélanchon und Co. selbst an Zynismus kaum zu überbieten ist.
Der EL-Vorsitzende Gysi preist bei einer Tagung der Leiharbeitsfirmen in Deutschland die Integration der Geflüchteten durch Leiharbeit als „Lösungsansatz“ an – nur kleine Anekdote des pro-kapitalistischen, reformistischen Charakters der EL.
In einer Replik auf die Kritik aus der PdG Frankreichs verweist ein Mitglied der Syriza-Regierungsmannschaft darauf, dass seit dem OXI 2015 leider auch wenig europäische Unterstützung für Griechenland gekommen sei, so dass sie letztlich keine andere Wahl gehabt hätten. Dass es zu wenig Solidarität mit der griechischen Bevölkerung gab, stimmt sich. Die Syriza-Regierung vergisst nur, dass ihre Politik selbst diese Solidarität untergraben hat und dass eine Unterstützung der Lohnabhängigen nach 2015 eine Unterstützung des Widerstandes gegen die „linke“ Regierung hätte sein müssen. Es ist geradezu grotesk so zu tun, als wäre die eigene Kapitulation „alternativlos“ gewesen.
Die Niederlage in Griechenland hat zweifellos den Rechtsruck in Europa befördert – und damit die Wende zu einer national-staatlich orientierten Ausrichtung größeren Teil der europäischen Linkspartei, darunter auch die Syriza-Kritiker um Mélenchon.
Der Rechtsruck und das Erstarken reaktionärer, rechtpopulistischer, gegen die EU gerichteter Parteien und Bewegungen, welche schon 2014 bei den Europawahlen große Erfolge feiern konnten, veränderten nicht nur das Kräfteverhältnis in Europa. Sie hatten bei den (links)reformistischen Parteien große Debatten zur Folge, ob nicht die Forderung nach einem Austritt aus der EU aufnehmen sollten. Einig war man sich, dass die EU hauptsächlich dem Kapital dient, um den europäischen Binnenmarkt herzustellen. Die Mehrheit der EL Gysi vertrat und vertritt aber weiterhin die Ausrichtung, dass die EU reformiert werden könne, um dann auch etwas „Umverteilung“, etwas mehr „soziale Standards“ durchsetzen zu können. Andere ReformistInnen wie Lafontaine oder Mélenchon treten dafür ein, die EU zu verlassen, weil es im Nationalstaat es ein besseres „Kampfterrain“ gäbe, als gegen Brüssel.
Der Kampf für ein sozialistisches Europa oder eine antikapitalistische Ausrichtung stand enbezeichnenderweise erst gar nicht zur Debatte, obwohl sich manche der Parteien dieses Attribut zuschreiben. Damit fallen die Parteien, die den Anspruch haben „links“ von der etablierten Sozialdemokratie wie der SPD, PS oder Labour zu stehen, auf deren Niveau zurück bzw. zeigen wenig Anzeichen wirklich „linker“ zu sein. Diese Diskussion und deren aktuelles „Zwischenergebnis“ fällt sogar hinter die Zeiten zurück, als das „Europäisches Sozialforum“ zumindest für ein „anderes Europa“ eintrat und die Möglichkeit bot, eine sozialistische und antikapitalistische Perspektive zu diskutieren.
In dem Zusammenhang muss diese aktuelle Auseinandersetzung wahrgenommen werden. Mélenchon und die MLP wollen das „Nein“ zu Europa besetzen, wollen „jetzt das Volk“ gegen die EU aufwiegeln. Der Bezug auf das „Volk“ statt auf die ArbeiterInnenklasse ist dabei kein Zufall. Der Flügel der Europäischen Linkspartei, der sich um Mélanchon abspaltet, vertrat zum Teil schon seit Jahren eine links-populistische Ausrichtung. Besonders deutlich war das im Fall von Podemos. Der Vormarsch der Rechten bestärkt diesen ehemaligen Flügel der EL darin, dass der Rechts-Populismus nur durch eine „links-populäre“ oder links-populistische Alternative zu schlagen wäre. Die „traditionelle“ Linke, zu der sowohl der Links-Reformismus wie die radikale Linke zugerechnet würden, wäre unfähig, sich den „Gefühlen“ und Ängsten der Masse – nicht nur der ArbeiterInnenklasse, sondern generell des „Volkes“ zu öffnen und würden sich mit weltfremden Spinnereien wie dem Kampf für Bewegungsfreiheit „isolieren“.
In Deutschland bildet die #aufstehen-„Bewegung“ von Lafontaine und Linkspartei-Fraktionschefin Wagenknecht die „volksnahe“ Entsprechung zu Mélanchon. Es wäre durchaus möglich, dass sie 2019 mit auf den Zug der Europawahlen aufspringen würde, schließlich gilt FI für #aufstehen als Vorbild. Das solche Ideen in den „Herzländern“ der reformistischen und „bürgerlichen“ Gewerkschaftsbürokratien und Parteien aufkommen ist auch ökonomisch/sozial zu erklären, so könnte FI z.B. die zerfallende PS beerben, durchaus verlockende nationalstaatliche Perspektiven, als „linker“ Sachwalter der Republik.
Trotz aller berechtigter Kritik an Syriza, markiert die „Volksbewegung“ der MLP eine Anpassung an den „Rechtsruck“. Die Krise der EU soll durch eine Rückkehr zum Nationalstaat, zum System des „Ausgleichs“ unter den Klassen samt moderatem Bekenntnis zur „eigenen“ Nation, welches der Patriotismus angeblich darstellen würde, gelöst werden – nicht durch den gemeinsamen, ländergreifenden Klassenkampf. Am deutlichsten tritt der reaktionäre Charakter diese Politik in der Frage der Migration hervor. Die Klassenbrüder- und schwestern, die auf der Flucht umkommen, an den Grenzen festgehalten werden, haben eben Pech gehabt. Die Spaltung der Lohnabhängigen in In- und AusländerInnen wird „links“ reproduziert.
Die MLP ist aber nicht nur eine national ausgerichtet, sondern auch in einem anderen Sinn eine rechte Abspaltung von der EL, auch wenn die Kritik an Syriza „links“ wirkt. Vor allem wollen Melenchon und seine FI weg von der „klassischen“ ArbeiterInnenpartei, einer Partei die sich sozial und organisch auf eine bestimmte Klasse stützt und in der bürgerlichen Gesellschaft als deren politischer Arm in Erscheinung tritt. Das FI betrachtet sich ebenso wie Podemos als linkspopulistische „Sammlungsbewegung“. Ähnlich wie beim deutschen #aufstehen wird hier der Begriff „Partei“ vermieden. Alles soll möglichst „breit“ das „Volk“ widerspiegeln. Als Antwort auf den Rechtsruck, den Aufstieg des Rechtspopulismus wird bereits die „Volksfront“ geübt, der klassenübergreifende Versuch, sich mit den „sozialen“, „nationalen“ und binnenmarktorientierten Teilen des Bürgertums zu verständigen.
Der gesellschaftliche Rechtsruck spiegelt sich im Reformismus in der Form wider, dass die Formation „ArbeiterInnenpartei“ als „überholt“ angesehen wird. Angebliche oder wirkliche Führerchen versuche diese selbst zu liquidieren. Die formale Demokratie in reformistischen Parteien wie Parteitage, Wahlverfahren wird durch eine „virtuelle“ Demokratie nach dem Modell Podemos ersetzt. Politisch wird auch programmatisch der historische Bezug zur ArbeiterInnenklasse und zum Sozialismus weiter zurückgedrängt – oft unter dem Vorwand, das „Volk“ sprechen zu lassen, war historisch immer dazu geeignet das Programm bürgerlicher Politik kleinbürgerlichen Forderungen anzupassen.
Und so wird ein Kleinbürgertum, wie auch „progressives“ Bürgertum gesucht, welches am besten auch auf den nationalen Binnenmarkt orientiert ist, um die Sammlungsbewegung zu komplettieren.
Als erstes werden sämtliche antirassistischen Forderungen gekippt, vor allem die nach „offenen Grenzen“. Dann folgt der positive Bezug zu den inneren Organen. So wird mehr Polizei“ gefordert, letztlich soll natürlich auch, um den „Terrorismus“ zu bekämpfen und dann könnte der nationale Sozialstaat endlich Wirklichkeit werden.
Somit haben wir zwei Entwicklungstendenzen des Reformismus vor uns. Beiden gemeinsam ist die Auffassung, dass eine Politik der schrittweisen Reformen und Verbesserung in Allianz mit „demokratischen“ oder „fortschrittlichen“ Bürgerlichen Kräften heute die einzig „realistische“ Strategie wäre. Die einen halten jedoch die EU für das beste Reformterrain, während die anderen im Nationalstaat die Rettung erblicken. Daher unterscheiden sich auch die jeweiligen „Bündnispartner“, die im bürgerlichen Lager anvisiert werden. Die zweite Differenz besteht in der sozialen Basis und im Typus der Partei, die heute „zeitgemäß“ wäre.
Beiden ist aber gemeinsam, dass sie Schärfe der kapitalistischen Krise seit 2008 und des Kampfe um die Neuaufteilung der Welt unterschätzen. Die Krise führt derzeit zu offenen Handelskonflikten der führenden Mächte oder sich formierenden Blöcke wie USA, China und der EU. Die Kurve der Umverteilung zeigt nicht nach unten, sondern nach oben.
Reformistische oder populistische „Umverteilungspolitik“ stößt heute auf den erbitterten Widerstand des Kapitals. Der Rechts-Populismus macht sich hier oft noch zum entschiedensten Vorreiter, indem er Neo-Liberalismus mit extremen Rassismus kombiniert. Das Kapital und seine politischen Handlanger inklusive der rechtspopulistischen Akteure bereiten die nächsten Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse vor. Keine Großmacht, kein Konzern will in dieser zugespitzten Krise im Nachteil sein. Größeres Projekt aller Kapitalakteure ist ein weiterer neoliberaler Anlauf zur Privatisierung öffentlicher Güter, wie auch die „Einführung“ der „Industrie 4.0“ weitere Angriffe mit sich bringen wird. Dahinter lauern die Risiken der Börsen, der Staatsschulden, der „toxischen“ Papiere, des massiv angehäuften Spekulationskapitals, welche die kommende tiefe Finanzkrise in den nächsten 2-3Jahren ankündigt. Wer die Sparpolitik stoppen und Umverteilung durchsetzen will, muss daher dafür den Klassenkampf mit Massenstreiks, Massenmoblisierungen, Besetzungen, Aufbau von Streikposten und Selbstverteidigungskomitees führen.
Europas „Linke“ ist derzeit vom Streik zwei ungenügender, falscher Ansätze für die Wahlen 2019 geprägt. Entweder wir hoffen auf regulative Politik der EU-Kommission mit etwas Investition und eingebildeter Gerechtigkeit oder wir verlassen einfach diese EU, weil wir hoffen, mit „unserem“ Kapitalismus im Nationalstaat bessere „Lösungen/Erfolge“ zu erreichen. Beides setzt nicht auf die Kampfkraft einer europäischen ArbeiterInnenklasse, obwohl auch diese Parteien und ihre Gewerkschaftsflügel nur Ergebnis der vorhandenen Stärke der Klasse sind. Die Quelle der eigenen Stärke wird vernachlässigt, stattdessen werden neue Illusionen in Parlamentarismus und Demokratie auf nationaler Ebene oder durch institutionelle Reform gestreut. So droht die reformistische und populistische Linke gegen die Rechtspopulisten zu verlieren – und damit die ArbeiterInnenklasse mit in die nächste Niederlage zu führen.
Nötig ist dagegen ein Programm des europäischen Klassenkampfs, ein Programm das sich gegen Rechtsruck, Rassismus und Nationalismus richtet. Die verschiedenen europäischen Kapitalfraktionen werden nur zu einer reaktionären Perspektive der EU in der Lage sein. Dies könnte Spaltung in konkurrierende Blöcke, eine EU der „zwei Geschwindigkeiten“, also Zentrum und Sonderwirtschaftszone bedeuten, oder einen Block der dann widerspruchslos von Deutschland und Frankreich geführt wird.
Dieser „Alternative“ in der Krise der EU muss eine revolutionäre Politik die Schlagkraft von Massenmobilisierungen, von europaweiten Generalstreiks und Internationalismus entgegenstellen. Die kapitalistische EU kann mit einem sozialistischen und antikapitalistischen Programm herausgefordert werden, die Klasse muss den Kampf um die Zukunft Europa zu ihrem Kampf machen. Hier gibt es die „zentrale“ Möglichkeit die angesammelten nationale Bourgeoisien im Klassenkampf zu schlagen, diese Möglichkeit wird durch den Rückzug auf den Nationalstaat vertan.
Sicherlich erscheint die Losung „Vereinigte sozialistische Staaten von Europa“ derzeit eher entfernt, allerdings ist dies die einzige realistische Alternative gegen das Erstarken von Nationalismus, Rassismus, Rechtspopulismus und letztlich Faschismus für die europäische ArbeiterInnenklasse.
Wir brauchen hier nicht zu erwähnen, was der Faschismus in Europa historisch angerichtet hat, wir brauchen nur auf das tägliche Sterben im Mittelmeer hinzuweisen, dies ist eine Verpflichtung die Festung Europa zu bekämpfen.
Wenn wir in Europa die ArbeiterInnenbewegung gegen das Lohndumping, gegen die Konkurrenz der unterschiedlichen Lohn -und Reproduktionskosten, für die dringend benötigte Solidarität untereinander bewegen können, dann ist es mit den Geflüchteten möglich, ein Bewusstsein und eine Praxis als europäische Klasse zu entwickeln. Als die Anti-Krisen Proteste gegen die Schuldenkrise mehrere Hunderttausende auf die Straße brachten oder in früheren Zeiten das ESF Millionen gegen den imperialistischen Krieg mobilisieren konnte, da zeigte sich, welche ungeheure Kraft in den koordinierten Aktionen der ArbeiterInnenbewegung liegen kann. Jede europäische Produktionskette kann in Windeseile lahm gelegt werden, europäische koordinierte Streiks stellen eine strategische Bedrohung für das Kapital dar, ein europäischer Generalstreik würde in sich die Machtfrage stellen können.
Für diese Ziele und diese Methode müssen wir revolutionäre Politik entwickeln und MitstreiterInnen gewinnen, um dem Rechtsruck, auch innerhalb der ArbeiterInnenbewegung Einhalt zu gebieten. Der Kampf für die Sozialistischen Staaten von Europa, wie auch der konkrete antifaschistische und antirassistische Kampf sind die Klammer für eine revolutionäre Politik in dieser Periode.
Die Einheitsfront gegen Reaktion, Kapital und Faschismus, der gemeinsame soziale und ökonomische Kampf – dies muss eine europäische Perspektive bekommen, dann kann das Proletariat den reaktionären Zerfall aufhalten und schlagen. Ein bloßer Austritt aus der EU, wie von Mélenchon vorgeschlagen, hilft uns dabei nicht, auch wenn das „Volk“ beschworen wird. Die Klasse führt ihre Kämpfe auf dem Terrain, den das Kapital vorgibt, dafür braucht es ein Programm, das ist die entscheidende Frage der Zeit!