Arbeiter:innenmacht

60 Jahre NATO – kein Grund zum Feiern! – Geschichte und Perspektiven einer imperialistischen Kriegsallianz

Peter Lenz/Theo Tiger, Revolutionärer Marxismus 40, März 2009

„Niemals gab es auf der Welt so viele Pazifisten wie heute, da sich in allen Ländern die Menschen gegenseitig töten. Jede historische Epoche bringt nicht nur ihre eigene Technik und ihre eigene politische Form hervor, sondern ebenso ihre spezifische Heuchelei. Früher töteten sich die Völker gegenseitig im Namen der christlichen Lehre von Liebe und Menschlichkeit. Heute beziehen sich darauf nur noch rückwärts gewandte Regierungen. Fortschrittliche Nationen ziehen sich gegenseitig das Fell im Namen des Pazifismus über die Ohren.“ (1)

In der bürgerlichen Geschichtsschreibung wird die Gründung der NATO 1949 als Reaktion auf das Erstarken der Sowjetunion dargestellt und die NATO zum „Verteidigungsbündnis“ verklärt; Verteidigung gegen eine aggressive Sowjetunion, die unvermindert aufgerüstet habe und ihr Einflussgebiet weiter zu vergrößern drohe. Die NATO als bewaffnetes „Friedensbündnis“. In diesem Sinn werden die Feiern zum 60. Jahrestag mit viel Propagandaaufwand betrieben werden.

Andererseits hat sich zum 60. Geburtstag der NATO europaweiter Widerstand gegen die militaristische Jubelfeier angekündigt. Dieser Widerstand ist mehr als berechtigt. Die NATO steht für eine Vielzahl von Kriegen, für atomare Rüstung, aber auch für eine reaktionäre Ausrichtung im Inneren. Die NATO dient seit 60 Jahren der Sicherung des globalen Kapitalismus. Sie steht für Kalten Krieg und imperialistische Globalisierung.

Wir wollen in diesem Beitrag die Ursachen und Ziele der NATO-Gründung, ihre Geschichte und ihre Perspektiven untersuchen. Wir wollen aber auch die Perspektive des Widerstands gegen die NATO-Politik und die programmatischen Fragen zur Zerschlagung dieser imperialistischen Terrororganisation entwickeln.

Der NATO-Gründung gingen mehrere Bündnisse, Erklärungen und Abkommen zwischen den USA, Britannien und der UdSSR voraus. Sie spiegeln in verschiedener Form die Interessenlagen, Stärken und Schwächen der Beteiligten und das globale Kräfteverhältnis wider und verweisen auf die internationalen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür, dass eine solche Allianz, die alle wichtigen imperialistischen Staaten umfasst, überhaupt ent- und Jahrzehnte weiterbestehen konnte.

Nach einer Darstellung der Gründung der NATO gehen wir auf ihre Rolle im Kalten Krieg ein, um noch einmal zu verdeutlichen, dass es sich hier keineswegs um ein „Verteidigungsbündnis“ handelt, sondern um eine imperialistische Allianz.

Nach dem Sieg im Kalten Krieg hatte für die NATO eine Periode scheinbar unumschränkter Stärke begonnen und die Allianz hat eine Neudefinition ihrer Rolle erfahren. Sie wurde zum globalen Interventionsinstrument unter US-Führung. Doch zugleich offenbaren sich auch zunehmende Risse in der Allianz.

Es ist kein Zufall, dass in der gegenwärtigen Periode, da die Vormachtstellung der USA durch die Wirtschaftskrise, durch die EU-Imperialisten, aber auch durch regionale Mächte wie Russland und China zunehmend in Frage gestellt wird, letztlich auch die Zukunft der NATO zur Disposition steht. Zweifellos mag sie noch für eine ganze Phase die Welt heimsuchen und den USA und ihren Verbündeten als Mittel zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen dienen. Sie wird aber zunehmend auch zur Arena innerimperialistischer Gegensätze zwischen den großen NATO-Staaten.

Schließlich wollen wir uns am Ende des Artikels der Kritik kleinbürgerlicher und reformistischer NATO-Gegner widmen. Der Pazifismus von links- oder kleinbürgerlichen KriegsgegnerInnen, von reformistischen Bürokraten der Arbeiterbewegung war immer ein stumpfes Instrument im Kampf gegen Militarismus, Aufrüstung, Kriegstreiberei. Er ist schon im „Frieden“, also der Phase der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung, eine Ideologie, welche die Arbeiterbewegung politisch entwaffnet. Der Pazifismus von gestern ist – siehe die Rolle der GRÜNEN im Balkankrieg, im Krieg gegen Afghanistan usw. – die Ideologie der Vaterlandsverteidiger von heute und morgen.

Nicht durch pazifistische, allgemein menschlich Phrasen, sondern nur durch den revolutionären Klassenkampf gegen Imperialismus und für die sozialistische Weltrevolution können Militarismus und reaktionäre Kriege gestoppt werden. Daher werden wir uns zum Schluss der revolutionären, proletarischen Antwort auf Imperialismus und Militarismus zuwenden.

1. Vom Zweiten Weltkrieg zur Gründung der NATO

1.1. Die USA: Aufstieg einer neuen Hegemonialmacht

Die Epoche der Durchsetzung des Kapitalismus als global vorherrschendes Produktionsverhältnis war bestimmt durch die Vorherrschaft Großbritanniens und seiner entwickelten Industrie auf den Weltmärkten. Diese ökonomische Vorherrschaft wurde begleitet durch ein Bündnissystem europäischer Großmächte unter Vorherrschaft Großbritanniens, das die Welt kolonial aufteilte.

Mit dem Niedergang der ökonomischen Vorherrschaft Britanniens und dem Aufstieg der neuen Wirtschaftsgroßmächte USA und Deutschland wurde dieses von Britannien hegemonisierte Weltsystem erschüttert. Nur auf dem Boden zweier blutige Weltkriege, von Millionen und Abermillionen Toten, blutigen Konterrevolutionen und gescheiterten Revolutionen konnte der Imperialismus als System gerettet werden und eine von einem neuen Hegemon bestimmte Weltordnung etablierte werden. Schon früh zeichnete sich ab, dass der Kandidat für diese Rolle die USA sein würden, die schon vor dem Ersten Weltkrieg zur stärksten und größten Industrienation aufgestiegen waren.

In seiner programmatischen Schritt „Der Krieg und die IV. Internationale“ charakterisierte Leo Trotzki diesen Sachverhalt treffend:

„Der Kapitalismus der Vereinigten Staaten ist dicht an die Aufgaben herangerückt, welche Deutschland 1914 auf den Kriegspfad drängten. Die Welt ist schon aufgeteilt? Soll man sie neu aufteilen! Für Deutschland galt es, ‚Europa zu organisieren‘. Den Vereinigten Staaten fällt es zu, ‚die Welt  zu organisieren‘. Die Geschichte treibt die Menschheit schnurstracks zum Vulkanausbruch des amerikanischen Imperialismus.“ (2)

Die Vierte Internationale veröffentlichte im Mai 1940 „Das Manifest zum Imperialistischen Krieg und zur proletarischen Weltrevolution“. Es analysiert die Rolle der Vereinigten Staaten, insbesondere deren Verhältnis zum britischen Imperialismus im Zusammenhang einer Kriegsallianz gegen Deutschland folgendermaßen:

„Mit einem x-beliebigen Vorwand und Wahlspruch werden die Vereinigten Staaten in die gewaltige Kollision intervenieren, um ihre Weltherrschaft aufrecht zu erhalten. (…) Ein Krieg im Atlantik würde ein Kampf um das Erbe Großbritanniens sein, auch wenn er sofort gegen Deutschland gerichtet würde.

Der potenzielle Sieg Deutschlands über die Alliierten liegt wie ein Alpdruck auf Washington, Deutschland würde – besonders in Verbindung mit Japan im Osten  – mit dem europäischen Kontinent und den Hilfsquellen seiner Kolonien als Rückhalt, mit all den europäischen Munitionsfabriken und Werften zu seiner Verfügung, eine tödliche Gefahr für den amerikanischer Imperialismus darstellen. Die gegenwärtigen titanenhaften Schlachten auf den Feldern Europas sind in diesem Sinn vorbereitende Episoden auf den Kampf zwischen Deutschland und Amerika.“ (3)

Die USA versuchten seit Ende des Ersten Weltkrieges, Großbritannien und Frankreich als Kolonialmächte zu schwächen. Das amerikanische Kapital sah in Hitler durchaus einen Faktor, den man sowohl gegen den Hauptfeind Sowjetunion als auch zur Schwächung der alten europäischen Imperialismen gebrauchen könne.

Der britische Premier Churchill kalkulierte mit einem Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion, gleichzeitig hatte Großbritannien als niedergehendes Kolonialimperium Angst um seine überseeischen Kolonien. Insofern war die Kriegsallianz zwischen den USA und den alten europäischen Kolonialmächten gegen Deutschland tatsächlich eine Kapitulationserklärung gegenüber den USA. Die Flucht unter den US-Schutzschirm wurde notwendigerweise erkauft durch Zusagen über Entkolonialisierung, d. h. die Öffnung der Kolonialreiche für das US-Kapital und seine politischen Kontrollinstrumente.

1.2. Die UdSSR in der Kriegsallianz

Beide Weltkriege waren ihrem Wesen nach Kriege zwischen großen imperialistischen Allianzen bzw. Mächten um die Neuaufteilung der Welt.

Anders als im Ersten Weltkrieg war dann jedoch mit der UdSSR ein Staat auf den Plan getreten, in dem die Kapitalistenklasse durch eine proletarische Revolution gestürzt worden war. Die frühe Sowjetunion unter Lenin und Trotzki betrieb eine Außenpolitik, die den Interessen der Verteidigung und Ausweitung der Revolution als Teil der Weltrevolution verpflichtet war.

In den 30iger Jahren hatte sich das grundlegend gewandelt (4). Die bürokratische Kaste hatte die politische Macht in der Sowjetunion erobert, die Kommunistische Partei ihres ursprünglichen politischen Inhalts beraubt, das Rätesystem zerstört, die politische Führung der Oktoberrevolution vernichtet und der Arbeiterklasse so aller Möglichkeiten der direkten Machtausübung genommen. Trotzdem nährte sich die Bürokratie – wie ein Schmarotzer von seinem Wirt – von den Errungenschaften der Oktoberrevolution.

Die Politik der herrschenden Kaste war nicht mehr auf die Interessen des internationalen Proletariats, sondern auf die eigene Machterhaltung und die Sicherung des „Sozialismus in einem Lande“ ausgerichtet. In den Moskauer Prozessen wurde alles eliminiert, was im entferntesten nach der Partei Lenins und Trotzki roch. Die bürokratische Oligarchie war nicht nur zu einem absoluten Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes geworden, sie hatte das Land auch einer großen Zahl fähiger Offiziere beraubt und sie durch stalintreue, aber schlecht ausgebildete ersetzt.

„Nach fünf Jahren des Kriechens vor den ‚Demokratien‘ stellte der Kreml eine zynische Verachtung des Weltproletariats zur Schau, indem er ein Bündnis mit Hitler schloss und ihm das polnische Volk zu unterdrücken half; am Vorabend der Invasion in Finnland prahlte er mit schändlichem Chauvinismus und offenbarte eine nicht weniger schändliche militärische Unfähigkeit im folgenden Kampf; er machte lauthals Versprechungen, das finnische Volk von den Kapitalisten zu ‚befreien‘ und kapitulierte dann feige vor Hitler – das war die Darbietung des stalinistischen Regimes in den kritischen Stunden der Geschichte.“ (5)

„Die Schwäche der von Stalin enthaupteten Roten Armee wurde offen vor der ganzen Welt demonstriert. Die zentrifugalen nationalistischen Tendenzen innerhalb der UdSSR haben sich verstärkt. Das Prestige der Kremlführung ist gesunken. Deutschland im Westen und Japan im Osten fühlen sich jetzt weitaus sicherer als vor dem finnischen Abenteuer des Kremls.“ (6)

Es war der Sowjetunion nur unter größten Opfern möglich, die faschistische Armee nach ihrem schnellen Vormarsch gegen eine unvorbereitete und geschwächte Rote Armee von der Einnahme Moskaus und Leningrads abzuhalten. Stalin musste viele Offiziere aus den Lagern zurückholen. Die ArbeiterInnen in den Industrien, die weit ins Landesinnere verlagert wurden, sorgten für notwendige Rüstungsgüter und die Partisanenverbände zermürbten die Wehrmacht. Mit der Schlacht von Stalingrad wendete sich das Blatt endgültig: die Rote Armee rückte westwärts vor und trieb die Faschisten vor sich her.

Erst der Vormarsch der Roten Armee veranlasste die US-Imperialisten zur Eröffnung der von Stalin lange geforderten „zweiten Front“ gegen Nazi-Deutschland. Die Gefahr bestand für sie darin, dass die Sowjetunion sich im Zuge ihres Vormarsches und einer revolutionären Entwicklung in Europa, aber auch anderen Teilen der Welt unbehelligt ausweiten könnte. Seit 1943 waren in vielen Ländern Widerstandsbewegungen gegen den Faschismus im Vormarsch. Die Stalinisten fürchteten aber auch, dass die Arbeiterklasse in der Sowjetunion diese Kämpfe zum Anlass nehmen könnte, ihr eigenes bürokratisches Joch abzuschütteln.

Die Sowjetunion hat das faschistische Deutschland besiegt, erlitt aber durch den Vernichtungsfeldzug der Faschisten hohe Verluste an Soldaten und Zivilisten. Die Niederlage des Faschismus war auch ein wichtiger Impuls für die Arbeiterklassen und die unterdrückten Völker, sich ihrer Kolonialherren zu entledigen.

„Doch letztlich ist das Überleben der Sowjetunion dem heldenhaften Widerstand der großen Masse der Sowjetbevölkerung – mit an die 20 Millionen Kriegstoten – angesichts des Angriffes des deutschen Imperialismus geschuldet. Der Widerstand des Volkes gegenüber dem Faschismus trotz der Tyrannei stalinistischer Herrschaft erklärt sich einerseits aus der ernüchternden Erfahrung mit der faschistischen Gewaltherrschaft im Westen der UdSSR, andererseits durch die relative Schwächung der bonapartistischen Staatsmaschine den Massen gegenüber, welche es ihnen erlaubte, ihre Selbstverteidigung gegen den deutschen Imperialismus verhältnismäßig frei von bürokratischer Unterdrückung (wie etwa in Leningrad) zu organisieren. Auch wenn sich die Eigentumsverhältnisse der UdSSR gegenüber den Attacken des Imperialismus als widerstandsfähig erwiesen haben, so richtete der Krieg dennoch unter den Produktivkräften der Sowjetunion schwere Verwüstungen an. Dies zeigte sich am dramatischsten in einer starken Verknappung der Akkumulation und einem absoluten Rückgang im Umfang der Produktivkräfte. Insgesamt wurden 31.850 Industriebetriebe zerstört, 65.000 Kilometer Eisenbahngleise, 15.800 Lokomotiven und eine halbe Million Güterwagen vernichtet. Die Kohle- und Stahlproduktion fiel in den Jahren 1942/43 um 40-50%. Sie erreichte erst 1946 wieder Vorkriegsniveau. Dazu kam noch die Zerstörung von 4,7 Millionen Häusern, 1.710 Städten und 70.000 Dörfern! In der Landwirtschaft war das Bild genauso düster. 98.000 Kolchosen und 1.876 Staatsgüter waren zerstört. Sieben Millionen Pferde und 20 Millionen Schweine (von insgesamt 23 Millionen!) waren verloren. Im von Nazi-Deutschland besetzten Russland waren lediglich 3% der Traktoren bei Kriegsende übrig geblieben.“ (7)

Ingesamt war die UdSSR für die USA als Alliierter im Kampf gegen die Hegemonieansprüche Deutschlands und Japans genauso wesentlich wie zur Eindämmung der Bedeutung der alten imperialistischen Mächte. Gleichzeitig war klar, dass die Verwüstungen und ökonomischen Probleme in der Sowjetunion und in den von ihr besetzten Gebieten das stalinsche Regime vor schier unlösbare Probleme stellen würden. Die „antifaschistische“ Kriegsallianz war damit der Vorbereiter einer Nachkriegsordnung, die auf dem Doppelspiel einer US-geführten „westlichen“ Allianz einerseits und der kontrollierten Einbindung der Sowjetunion in das weltweite US-bestimmte Machtgefüge andererseits beruhte. Diese Nachkriegsordnung wurde in den Konferenzen von Jalta und Potsdam vorbereitet.

1.3. Von Jalta nach Potsdam

Seit der Oktoberrevolution standen sich Sowjetunion und Weltimperialismus als unversöhnliche Feinde gegenüber. Das konnte auch die Stalinsche Volksfrontpolitik nicht aus der Welt schaffen, da sich die Gegnerschaft der Imperialisten nicht gegen ein bestimmtes Regime richtet, sondern gegen die von der Oktoberrevolution geschaffenen Eigentumsverhältnisse. Aber die Offensive gegen die UdSSR wurde einschränkt durch die inneren Gegensätze zwischen den Imperialisten, durch die generelle Instabilität der Weltordnung nach der Niederlage Deutschlands und Japans und die revolutionären und antikolonialen Kämpfe dieser Periode.

„Es war die Spaltung innerhalb des Weltimperialismus, die seine Fähigkeit zu einer Offensive gegen die UdSSR schwächte. Der Charakter des imperialistischen Krieges selbst – blutige Auseinandersetzungen über die Aufteilung der Weltmärkte – brachte die Alliierten, die so genannten ‚demokratischen‘ imperialistischen Nationen (vor allem Großbritannien und die USA), schließlich dazu, die stalinistische Bürokratie gegen die Achsenmächte zu unterstützen, um so ihre eigenen imperialistischen Ziele zu erreichen.“ (8)

Die Niederlage der deutschen Faschisten und der mit ihnen verbündeten Länder führte am Kriegsende zu breiten antikapitalistischen Mobilisierungen.

„Dies bestätigte das objektiv vorhandene Potential für einen revolutionären Ausgang des Krieges, wie ihn Trotzkis Prognose voraus sah. In den Ländern der Achsenmächte (Bulgarien, Rumänien und Ungarn) zeigten sich nach der Niederlage der deutschen Truppen diese Ausbrüche am deutlichsten. So bemerkte zum Beispiel “The Economist” am 7. Oktober 1944, dass in ganz Thrakien und Mazedonien ‚Soldatenräte gebildet worden sind. Offiziere abgesetzt, rote Fahnen aufgezogen und die Grußpflicht abgeschafft wurden‘. (…)

In Osteuropa trat die Arbeiterklasse in der Tschechoslowakei am stärksten in den Vordergrund, als Fabrikkomitees, Arbeiterräte und Milizen gegründet wurden. Eine Doppelmachtsituation existierte etliche Monate lang in den Jahren 1944 und 1945. Es dauerte ein ganzes Jahr, ehe die Regierung es wagte, die Arbeiterkontrolle in den Fabriken zu beschneiden. Auch in Deutschland gab es weit verbreitete Arbeitererhebungen, insbesondere in Magdeburg und Halle. Es ist – sogar bei bürgerlichen Historikern – mittlerweile zu einem Gemeinplatz geworden, dass die Niederlage Hitlers in Frankreich 1944 für die Arbeiterklasse äußerst günstige Bedingungen hervorgerufen hatte, um die Staatsmacht zu ergreifen.“ (9)

Insgesamt bestand also eine Situation, in der sich die imperialistischen Mächte in ihren Bestrebungen, ja in ihrer Existenz bedroht sahen.

Der imperialistische Block von USA und Britannien war als Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen, doch er war zugleich nicht allein fähig, diese revolutionären Bewegungen zu zerschlagen. Vielmehr musste er dazu auf die Unterstützung des Stalinismus zurückgreifen.

„Der Imperialismus war gezwungen, sich auf den Kreml und seine bewaffneten Vertreter zu stützen, um die wachsende Zahl der Arbeiterkämpfe einzudämmen. Der Einsatz der Roten Armee zur gewaltsamen Beendigung der Arbeiterkontrolle in den Fabriken war allgemein verbreitet, insbesondere in Polen, Rumänien und Bulgarien. Im besiegten Deutschland und in Österreich litt die Arbeiterklasse noch viel schlimmer. So wurden viele Arbeiterbezirke terrorisiert; Wien wurde drei Tage hindurch geplündert und verwüstet.

Das Fortbestehen des Bündnisses hatte den Effekt, dass ein unmittelbarer Zusammenstoß zwischen Stalinismus und Weltimperialismus aufgeschoben wurde. Diese unheilige Allianz gegen die Arbeiterklasse nahm in Indochina ein besonders schlimmes Ausmaß an, als die Stalinisten in führender Position in den Reihen der Arbeiter und der Bauern mithalfen, deren Avantgarde abzuschlachten und ein politisch gebrochenes Proletariat dem Imperialismus auslieferten (…) In Griechenland machte sich die KP, in Übereinstimmung mit Stalins Anweisungen, eines ähnlichen Verrats schuldig. Die zwischen Stalin und Churchill in Moskau und von allen Alliierten in Jalta getroffenen Abkommen über “Einflusssphären” hatten Indochina und Griechenland dem Imperialismus überlassen und Stalin war entschlossen, diese Abkommen auch einzuhalten.“ (10)

Während der Jalta-Konferenz am 4. Februar 1945 befanden sich die Hitler-Armeen überall in der Defensive oder gar auf der Flucht. Die Sowjetarmee stand weniger als 100 Km vor Ber¬lin. In ganz Europa brachen die Staatsapparate zusammen, so in Rumänien, Frankreich, Ungarn, Italien. Sowohl die US-amerikanischen und britischen Imperialisten als auch die Stalinisten waren beunruhigt.

Die Alliierten waren daran interessiert, die politische Ordnung in Europa u.a. Teilen der Welt vertraglich festzuschreiben und sich ihre Interessensphären zuzuteilen. So kam es u.a. zum „Potsdamer Abkommen“. Roosevelt sah die Festlegungen des Vertrags durchaus positiv.  Für die Kremlbürokratie enthielt es die Verpflichtung, die vereinbarten Einflussgrenzen nicht zu überschreiten und in ihrem Einflussbereich für „Stabilität und Ruhe“ einzutreten.

Wesentlich wurde im Abkommen die Besetzung ganz Deutschlands durch die alliierten Armeen und die Aufteilung der von den faschistischen Armeen eroberten Gebiete beschlossen. Auf der Konferenz wurde eine Übereinkunft erzielt über die politischen und wirtschaftlichen Grundsätze der gleichgeschalteten Politik der Alliierten in Bezug auf das besiegte Deutschland in der Periode der alliierten Kontrolle.

Das Ziel dieser Übereinkunft bildet die Durchführung der „Krim-Deklaration“ über Deutschland. Der deutsche Militarismus und der Nazismus sollten ausgerottet und Maßnahmen ergriffen werden, die notwendig seien, damit Deutschland niemals mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens bedrohen könne.

„Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven. Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wieder aufzubauen. Wenn die eigenen Anstrengungen des deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt einzunehmen.“ (11)

Das Abkommen war gleichzeitig ein Instrument gegen all jene, die mit der kapitalistischen Ordnung nach dem zweiten imperialistischen Krieg ein für alle Mal Schluss machen wollten.

Es gab unter Roosevelt die Absicht, mit dem „Morgenthau-Plan“ Deutschland zu entwaffnen und zu deindustrialisieren. Damit wäre der deutsche Imperialismus dauerhaft ausgeschaltet worden. Nur einige Jahre später setzte Truman aber auf die Rekonstruktion des deutschen Imperialismus im europäischen Rahmen, mit Einbindung einer neuen deutschen Armee in die Bündnisstrukturen der USA. Das traf anfangs auf Skepsis bei den europäischen Imperialisten, insbesondere in Frankreich, während Großbritannien eine widersprüchliche Haltung einnahm.

Der Hauptgegner der USA, aber auch der anderen Imperialisten wurde nach der Stabilisierung des stalinistischen Machtbereichs eindeutig die Sowjetunion.

1.4. Die Gründung der UNO

Am 1. Januar 1942 wurde eine „Erklärung der Vereinten Nationen“ von den Vertretern des amerikanischen und des englischen Imperialismus und der Kremlbürokratie unterzeichnet. Die Erklärung wurde am 30.10.1943 in Moskau von den Außenministern derselben Länder bestätigt, die hiermit ihre Absicht bekundeten, „die internationale Sicherheit zu garantieren“.

Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 beschlossen Roosevelt, Churchill und Stalin die Einberufung einer Konferenz der Vereinten Nationen über die „Weltorganisation“. Diese sollte im Juni des gleichen Jahres stattfinden. Der Sinn des Begriffes „internationale Sicherheit“ der zukünftigen Organisation der Vereinten Nationen, wurde in Jalta definiert.

Dort diskutierten Roosevelt, Churchill und Stalin über die „Wiederherstellung der Ordnung in Europa“, wie es im offiziellen Kommunique hieß.

Roosevelt und Churchill betrachteten die Einnahme von Polen, Bulgarien und Rumänien durch die  sowjetische Armee mit Misstrauen. Trotzdem wollten sie zusammen mit Stalin die „Stabilität“  in Europa und anderen Regionen herstellen.

Die Charta wurde zuerst von 50 Staaten unterzeichnet, später wurden etwa 100 weitere Staaten aufgenommen. Die fünf „ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates“  mussten die Neuunterzeichner als „friedlich“ beurteilen.

Heute sind 192 Staaten Mitglieder der UN-Vollversammlung. Wirklich zu sagen haben sie aber kaum etwas. Durch den Artikel 11 der UN-Charta ist ihnen untersagt, über Aktionen zu bestimmen, die sich auf die „Erhaltung des Friedens oder der Sicherheit“ beziehen. Nur der Sicherheitsrat selbst  kann mit einer Mehrheit von 9 Stimmen (von 15 Mitgliedern) bestimmen, ob es eine Friedensbedrohung, Friedensbruch oder aber eine Aggression gibt. Allein der Sicherheitsrat – unter der Bedingung, dass kein einziges ständiges Mitglied sein Veto einlegt – ist handlungsbefugt. Immer, wenn ein Mitglied seine Interessen oder die Interessen eines befreundeten Staates bedroht sah, hat es sofort von seinem Veto-Recht Gebrauch gemacht.

Die UNO ist von Anfang an ein internationaler Apparat, der von den imperialistischen Ländern, besonders von den USA, und auch von der Kremlbürokratie (und ihren Nachfolgern), beherrscht und eingesetzt wird, um ihre „Ordnung“ in der Welt aufrecht zu erhalten. Daran hat sich auch mit dem Sitz der VR China im Sicherheitsrat (ab 1971) nichts geändert. Seit Gründung der UNO ist ihr Hauptzweck, bewaffnete Interventionen auf den Kreis dieser wenigen Mächte zu beschränken, die niemand zur Rechenschaft ziehen kann, während sie sich in allen Ländern zu Richtern aufspielen können. Sie können ihren Kriegen „völkerrechtliche“ Weihen verleihen oder durch „UNO-Soldaten“ absichern lassen. Wenn notwendig, brauchen die USA nicht einmal das.

1.5. Bretton Woods, IWF und Weltbank

Parallel zu den politischen und militärischen Formierungen wurde die neue machtpolitische Konstellation auch auf ökonomischem Gebiet abgesichert. Das war anhand der Vorkriegsentwicklung und zur Absicherung der Hegemonie des US-Imperialismus notwendig geworden.

Das US-Kapital konnte in der Kriegswirtschaft gewaltige Profite realisieren. In den europäischen und japanischen Wirtschaftsräumen fand das amerikanische Kapital nach dem Krieg Anlagemärkte. Innerhalb eines Jahres, von 1945-1946, stiegen in den USA die privaten Investitionen von 10 auf 30 Mrd. Dollar.

Der Ausgang des Weltkrieges schuf die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Unter diesen Umständen gingen die siegreichen imperialistischen Länder daran, ein Währungssystem zu schaffen, das eine ökonomischen Wiederholung der Katastrophe der 1930er Jahre verhindern sollte.

In den frühen 1940er Jahren entwickelten Harry Dexter White in den USA und John Maynard Keynes in Britannien ähnliche Vorstellungen, um dieses Ziel zu erreichen. Sie wollten ein System schaffen, das die uneingeschränkte Austauschbarkeit einer Währung gegen eine andere sicherstellen sollte, den Wert jeder Währung klar und fest bestimmen sollte. Dieses System musste von einer neuen internationalen Institution überwacht werden.

Am 22. Juli 1944 wurde so auf der Konferenz von Bretton Woods von 44 Staaten noch während des Zweiten Weltkriegs ein neues Währungssystem beschlossen. Das System hatte bis zu seinem Zusammenbruch 1973 Bestand. Weltbank und IWF sollten später noch eine wesentlich wichtigere Rolle für den Imperialismus spielen.

Der in Bretton Woods gegründete Internationale Währungsfonds (IWF) nahm 1946 seine Arbeit auf. Hinter ihm stand in erster Linie der US-Imperialismus, der als eindeutiger Sieger aus dem Krieg hervorgegangen war. Der IWF hatte seinen Sitz in den USA, sein Personal bestand in erster Linie aus amerikanischen Ökonomen und dieses wurde regelmäßig mit dem US-amerikanischen Schatzamt ausgetauscht. Als größter Beitragszahler an den IWF hatten die USA auch die meisten Stimmen und in jedem Fall genug, um gegen jede Änderung der IWF-Satzung ihr Veto einzulegen. 1983 drückte US-Finanzminister Donald Regan das so aus: „Der IWF ist im wesentlichen eine nicht-politische Institution. (…) Aber das heißt nicht, dass die politischen und Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten nicht vom IWF bedient würden.“ (12)

In Bretton Woods war das Tauschverhältnis zwischen Gold und Dollar mit einer Unze Gold gleich 35 Dollar fixiert worden. Die USA hatten sich verpflichtet, zu diesem Preis zu kaufen oder zu verkaufen. So lange die wirtschaftliche Vorherrschaft der USA absolut war und genug Goldreserven zur Verfügung standen, um dieser Verpflichtung nachzukommen, gab es wenig Grund für eine IWF-Intervention.

In den Jahren des langen Booms wurde die nahezu uneingeschränkte wirtschaftliche Dominanz der USA jedoch durch Japan und Europa unterminiert. Anfang der 1970er standen dem US-Schatzamt nicht mehr ausreichend Goldreserven zur Verfügung, um den Wert der Dollar-Bestände, die außerhalb der USA gehalten wurden, zu decken. 1971 gaben die USA einseitig ihre Verpflichtung auf, den fixen Wechselkurs zu halten – die Ära freier und von internationalen Institutionen gemanagter Wechselkurse begann.

Wie sollte unter diesen Bedingungen und angesichts zunehmender wirtschaftlicher Krisen eine Rückkehr zu den Entwertungswettläufen der 1930er Jahre verhindert werden? Es schlug die Stunde des IWF.

„Der IWF ist ein imperialistischer Gendarm. Seine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass jede nationale Wirtschaftspolitik den freien Handel und Kapitalverkehr im Interesse der imperialistischen Länder fördert. Ein solches System des offenen Weltmarktes kann nur dazu dienen, den Reichtum und die Macht der Unternehmen in den imperialistischen Länder zu mehren, deren wirtschaftliche Produktivität, Kapitalkonzentration und technologische Überlegenheit es ermöglichen, jede Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen, wenn es keine Barrieren für die Bewegung des Kapitals und von Gütern gibt. Der IWF existiert, um sicherzustellen, dass Länder, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten – und das sind immer die ärmeren Länder -, diese Hilfe mit der Beseitigung dieser Barrieren bezahlen.“ (13)

1.6. Beginn von Atombewaffnung und „Kaltem Krieg“

Am Ende des Zweiten Weltkriegs, im August 1945, warfen die US-Imperialisten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Mit dem Kriegsausgang hatte dieses Kriegsverbrechen der USA wenig zu tun. Es war eine Drohung an die Sowjetunion, aber auch an die anschwellenden revolutionären und antikolonialen Bewegungen in aller Welt. Die vier Jahre, in denen die USA die einzige Atommacht waren, wurden für die Festigung ihrer Hegemonie genutzt. Ab 1949 verfügte jedoch auch die Sowjetunion über Atomwaffen.

In einer Rede im März 1946 in Fulton (Missouri) zeichnete Churchill (er war unmittelbar nach Kriegsende abgewählt worden) ein düsteres Bild von der politischen Lage in Europa und sprach vom „Eisernen Vorhang“:

„Ein Schatten ist auf die Erde gefallen, die erst vor kurzem durch den Sieg der Alliierten hell erleuchtet worden ist. Niemand weiß, was Sowjetrussland und die kommunistische internationale Organisation in der nächsten Zukunft zu tun gedenken oder was für Grenzen ihren expansionistischen und Bekehrungstendenzen gesetzt sind, wenn ihnen überhaupt Grenzen gesetzt sind. (…) Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein ‚Eiserner Vorhang‘ über den Kontinent gezogen.“ (14)

Mit der Niederschlagung der revolutionären und vorrevolutionärer Situationen in Frankreich, Griechenland, Italien und Osteuropa sowie der Befriedung in anderen Ländern in der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten sich der imperialistische Block im Westen und der stalinistische Block im Osten Europas stabilisiert und standen sich mit ungeheurer Militär- und Vernichtungsmacht gegenüber.

Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs wurde angesichts der atomaren Bedrohung mehr und mehr zum „Kalten Krieg“. Stalinistische Säuberungen auf der einen Seite und antikommunistische Offensive auf der anderen Seite – beides nur zu oft unter dem Vorwand der Bekämpfung der „Agenten“ der anderen Seite – führten zu einem Einfrieren der beiden Blöcke: ideologischen und militärisch, mit einer (fast) undurchlässigen Grenze am „Eisernen Vorhang“.

1947 wurde im US-Senat ein Gesetz verabschiedet, dass das Recht auf Organisierung und Streiks erheblich einschränkte. Eine der Vorschriften des „Taft-Hartly Act“ war, dass Streiks 60 Tage zuvor angekündigt werden mussten und per Gerichtsbeschluss für 80 Tage ausgesetzt werden konnten.

Die McCarthy-Ära (benannt nach dem Senator Joseph McCarthy) war durch einen hysterischen Antikommunismus geprägt. Von 1947 bis etwa 1956 verfolgte die US-Regierung die Kommunistische Partei der USA, ihre Führung, ihre Mitglieder und auch viele angebliche „Sympathisanten“. Sogar imperialistische Strategen wie der stellvertretende Finanzminister Harry Dexter White als auch der Ratgeber Franklin D. Roosevelts, Alger Hiss, wurden als sowjetische Agenten verdächtigt. Für Regierungsmitarbeiter und die Beschäftigten staatlicher Einrichtungen wurden Loyalitätstests eingeführt.

1.7. Die Truman-Doktrin

Der beginnende Kalte Krieg war auch mit der Etablierung einer Rechtfertigungsideologie und diversen Propagandalügen verbunden. Als Aufhänger für seine Doktrin führte der US-Präsident Truman „Hilferufe“ der Bourgeoisie aus Griechenland und der Türkei an. Durch den Befreiungskampf gegen den Hitlerfaschismus waren die bürgerlichen Herrschaftssysteme dort in Bedrängnis geraten.

Im  März 1947 ersuchte er den US-Kongress, der Türkei und Griechenland finanzielle Hilfe zu gewähren. Es ging ihm dabei aber nicht allein um die Stabilisierung der zwei Mittelmeerstaaten, sondern um eine umfassende politische Antwort auf die „Expansionsbestrebungen des Kommunismus“.

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Weltgeschichte muss fast jede Nation zwischen alternativen Lebensformen wählen. Nur zu oft ist diese Wahl nicht frei. Die eine Lebensform gründet sich auf den Willen der Mehrheit und ist gekennzeichnet durch freie Institutionen, repräsentative Regierungsform, freie Wahlen, Garantien für die persönliche Freiheit von politischer Unterdrückung. Die andere Lebensform gründet sich auf den Willen einer Minderheit, den diese der Mehrheit gewaltsam aufzwingt. Sie stützt sich auf Terror und Unterdrückung, auf die Zensur von Presse und Rundfunk, auf manipulierte Wahlen und auf den Entzug der persönlichen Freiheiten. Ich glaube, es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, freien Völkern beizustehen, die sich der angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Druck widersetzen. Ich glaube, wir müssen allen freien Völkern helfen, damit sie die Geschichte auf ihre Weise selbst bestimmen können. Unter einem solchen Beistand verstehe ich vor allem wirtschaftliche und finanzielle Hilfe, die Grundlage für wirtschaftliche Stabilität und geordnete politische Verhältnisse bildet. Die Welt ist nicht statisch und der Status quo ist nicht heilig. Aber wir können keine Veränderungen des Status quo erlauben, die durch Zwangsmethoden oder Tricks wie der politischen Infiltration unter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen erfolgen. Wenn sie freien und unabhängigen Nationen helfen, ihre Freiheit zu bewahren, verwirklichen die Vereinigten Staaten die Prinzipien der Vereinten Nationen.“ (15)

Dies ist der Kern der „Truman-Doktrin“. Die Stoßrichtung der US-Politik wurde klar erkennbar: die Sowjetunion sollte durch die Strategie des „Containment“ (Eindämmung) bekämpft werden, sie sollte kein Hindernis für die Ausdehnung der Herrschaft des US-Imperialismus darstellen.

Truman forderte, dass „jede Nation ihre Wahl in Bezug auf ihre Lebensweise (frei) treffen“ kann. Er sah den Kommunismus als „Verwirrung und Unordnung“ an und definiert ihn als eine „Lebensweise, (die sich) auf den Willen einer Minderheit, der der Mehrheit aufgezwungen wird“ gründet.

Stalin wurde für die „Verletzungen des Jalta-Abkommens in Polen, Rumänien und Bulgarien“ kritisiert, wo die sowjetische Besatzungsmacht „Volksdemokratien“ unter Führung von Kommunisten gebildet hatte. In Jalta sei festgelegt worden, dass jedes souveräne Land, sich ihre Regierung durch eine freie Abstimmung wählt.

Dass die Wirklichkeit ganz anders aussah, focht die Propaganda des Westens nicht an. So hatte die Sowjetunion unter Stalin – anders als die Imperialisten – die Aufteilung der Einflusssphären geradezu peinlich genau eingehalten. In Frankreich, Italien, aber vor allem in Griechenland lehnte der Kreml eine revolutionäre Politik, die zum Sturz der Kapitalistenklasse und zur Errichtung von Arbeiterstaaten hätte führen sollen, entschieden ab. In Italien und Frankreich unterstützten die KPen Volksfrontregierungen und halfen aktiv mit bei der Entwaffnung der Arbeiterklasse, die die Hauptlast im Partisanenkampf gegen den Faschismus getragen hatte. In Griechenland ließ der Kreml die kommunistisch geführten Aufständischen kläglich im Stich und lieferte sie der Konterrevolution der Bourgeoisie aus, die massiv von den Imperialisten unterstützt wurde.

Während der Kreml also seinen Verpflichtungen nachkam und bei der Bekämpfung der Revolution der Arbeiterklasse tatkräftig mithalf, verfolgten die US-Imperialisten und ihre Verbündeten konsequent ihre Klasseninteressen.

Aus dieser „Politik der Eindämmung“ folgte logisch die Gründung der NATO unter Führung des US-Imperialismus als eine Art gemeinsame „Zone der Demokratie“, die man gemeinsam verteidigen oder aber auch gemeinsam erweitern konnte, wenn man es für nötig hielt. Dafür wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker in der halbkolonialen Welt generell in Frage gestellt, wenn seine Regierungsform oder seine ökonomischen Maßnahmen den Interessen und Vorstellungen der „freien Welt“ nicht entsprachen.

Da für den Imperialismus politische Stabilität stabile wirtschaftliche Verhältnisse in Europa voraussetzte, forcierte die US-Regierung den Wiederaufbau Westeuropas. US-Außenminister George C. Marshall verkündete am 5. Juni 1947 seinen Plan für einen Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft. Auf Grundlage des „Marshall-Plans“ kam es zum europäischen Wiederaufbauprogramm (European Recovery Program, ERP).

Um die ökonomischen Maßnahmen zu koordinieren, gründeten die USA zusammen mit 16 „nicht-kommunistischen“ Staaten Europas am 16. April 1948 den Europäischen Wirtschaftsrat (Organization for European Economic Co-operation – OEEC -, 1961 abgelöst durch die Organization for Economic Co-operation and Development (OECD).

Die US-Regierung richtete ihr Angebot auch an die  UdSSR, die aus nahe liegenden Gründen ablehnte, ebenso die Staaten in ihrem Einflussbereich. Stattdessen initiierte die Sowjetunion im Januar des folgenden Jahres die Gründung des „Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (RGW bzw. Council for Mutual Economic Assistance, COMECON), dem sich neben der UdSSR Bulgarien, Polen, Rumänien, die Tschechoslowakei und Ungarn anschlossen. Auch in ökonomischer Hinsicht verfestigten sich somit die Fronten zwischen Ost und West.

1.8. Der Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949

Vertreter der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, der Niederlanden, Luxemburgs, Dänemarks, Islands, Italiens, Norwegens und Portugals unterzeichneten am 4. April 1949 in Washington den Nordatlantik-Vertrag. Er trat am 24. August 1949 in Kraft. Natürlich wurde diesem neuen Kriegsbündnis eine schwülstige Präambel vorangestellt:

„ DIE PARTEIEN DIESES VERTRAGS [2]

BEKRÄFTIGEN erneut ihren Glauben an die Ziele und Grundsätze der Satzung der Vereinten Nationen und ihren Wunsch, mit allen Völkern und allen Regierungen in Frieden zu leben.

SIE SIND ENTSCHLOSSEN, die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten.

SIE SIND BESTREBT, die innere Festigkeit und das Wohlergehen im nordatlantischen Gebiet zu fördern.

SIE SIND ENTSCHLOSSEN, ihre Bemühungen für die gemeinsame Verteidigung und für die Erhaltung des Friedens und der Sicherheit zu vereinigen.“

Dann kommt der Text zur Sache, wobei aber immer betont wird, dass die NATO ein „Verteidigungsbündnis“ sei:

„Art. 3

Um die Ziele dieses Vertrags besser zu verwirklichen, werden die Parteien einzeln und gemeinsam durch ständige und wirksame Selbsthilfe und gegenseitige Unterstützung die eigene und die gemeinsame Widerstandskraft gegen bewaffnete Angriffe erhalten und fortentwickeln.

Art. 4

Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht sind. (…)

Art. 5

Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten. Von jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten.

Art. 6

Im Sinne des Artikels 5 gilt als bewaffneter Angriff auf eine oder mehrere der Parteien jeder bewaffnete Angriff

(i) auf das Gebiet eines dieser Staaten in Europa oder Nordamerika, auf die algerischen Departements Frankreichs, auf das Gebiet der Türkei oder auf die der Gebietshoheit einer der Parteien unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses;

(ii) auf die Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge einer der Parteien, wenn sie sich in oder über diesen Gebieten oder irgendeinem anderen europäischen Gebiet, in dem eine der Parteien bei Inkrafttreten des Vertrags eine Besatzung unterhält, oder wenn sie sich im Mittelmeer oder im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses befinden.“ (16)

Mit diesem Vertrag wurden die drei Westzonen Deutschlands sowie die Westsektoren Berlins Teil des NATO-Verteidigungsgebiets. Auch Teile des Kolonialgebiets der europäischen Imperialisten, sowie die Türkei wurden einbezogen. Trotz aller „Verteidigung von Demokratie und Freiheit“ wurden von Anfang an Diktaturen, wie das Salazar-Regime Portugals problemlos in die „westliche Verteidigungsgemeinschaft“ integriert. Dies sollte sich später in Spanien, Griechenland und der Türkei fortsetzen. In Italien waren NATO-Strukturen offensichtlich in mögliche Putschvorbereitungen gegen nicht-genehme politische Freiheiten verwickelt.

Zwischenresümee 1

• Die NATO entstand als Resultat einer Neuaufteilung der Welt und der Etablierung der Nachkriegsordnung mit den USA als eindeutige imperialistische Führungsmacht.

• Ihre Konstituierung war aber nur durch die Niederlagen und Fehler der Arbeiterbewegung, insbesondere durch die konterrevolutionäre Politik von Stalinismus und Sozialdemokratie möglich.

• Dadurch wurden die revolutionären Möglichkeiten der Periode bis 1948 vertan und der Imperialismus konnte seine Nachkriegsordnung festigen.

• Die NATO dient seither zusammen mit anderen politischen und ökonomischen Institutionen (UN, Bretton Woods-Institutionen) der politischen und militärischen Sicherung dieser Ordnung.

2. Die NATO im Kalten Krieg

2.1. Der Korea-Krieg 1950-53

Der Korea-Krieg wird in der offiziellen Geschichtsschreibung als Beispiel für die aggressive Politik der Sowjetunion dargestellt. Dabei war dieser Krieg eine vollkommen gerechtfertige Reaktion der KoreanerInnen gegen die Unterdrückung durch den japanischen Imperialismus und die Teilung des Landes durch die imperialistische Nachkriegsordnung.

Ende des Zweiten Weltkrieges hatten sowjetische und US-Truppen Korea besetzt. Überall in Korea gab es “Committees of Preparation for National Independence”, überwiegend unter Führung der KP. Am 6. September 1945 wurde eine „Regierung der gesamtkoreanischen Volksrepublik“ ausgerufen.

Die USA verweigerten dieser die Anerkennung und installierten ihrerseits eine Regierung unter dem rechtsgerichteten, in der Bevölkerung verachteten Syngman Rhee. Im folgenden Konflikt kam es zum Krieg in Korea.

Die UNO übernahm die amerikanische Position, die Nordkorea der „Aggression“ gegen den Süden des Landes beschuldigte. Am 25. Juni 1950 forderte der UN-Sicherheitsrat die nordkoreanische Regierung  auf, ihre Armee bis zum 38. Breitengrad zurückzuziehen und verlangte von den Mitgliedsländern der UNO die volle Unterstützung der Resolution und verbot jegliche Hilfe an Nordkorea.

Der Sicherheitsrat empfahl „den Mitgliedern der UNO, der koreanischen Republik jegliche notwendige Hilfe zukommen zu lassen, um die Angreifer zurück zu schlagen und in dieser Region den Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen“. (17)

Am 6. Juli 1950 bevollmächtigte der Sicherheitsrat „das vereinte Oberkommando unter dem Vorsitz der USA, im Laufe der militärischen Aktionen gegen die Kräfte Nordkoreas die Fahne der Vereinten Nationen zu benutzen“. (18)

Diese Entscheidungen des Sicherheitsrates konnten gefasst werden, weil die Repräsentanten Stalins sich enthielten bzw. abwesend waren.

Um eine Revolution im gesamten Korea zu beenden, um direkt in dieser Weltregion Fuß zu fassen, aber auch, um der chinesischen Revolution entgegenzutreten, zettelte der US-Imperialismus den Koreakrieg an, der bis zum 27. Juli 1953 dauerte.

Bis dahin wurden 400.000 Tonnen Bomben allein über der Stadt Pjöngjang abgeworfen, die damals 400.000 Einwohner zählte. Die Angreifer verwendeten auch Napalm und bakteriologische Waffen.

Die USA wollten mit ihrer Kriegführung ein Zeichen setzen gegen alle Nationen und Nationalitäten, die das imperialistische Joch abstreifen wollten. Wäre es nach Generälen wie MacArthur gegangen, wären in Korea und auch gegen China Atomwaffen eingesetzt worden. Das aber wäre der direkte Einstieg in einen 3. Weltkrieg gewesen.

Insbesondere in Westdeutschland wurde der Korea-Krieg als Beweis für die „Aggressionspläne“ der Sowjetunion angeführt. Es kam zu einer Notbevorratungswelle, Ängste vor einem Dritten Weltkrieg wurden geschürt – und so Wiederbewaffnung und NATO-Beitritt legitimiert.

Die politische Bedeutung des Korea-Krieges ging also weit über den Waffengang selbst hinaus. Er diente auch massiv zur ideologischen, anti-kommunistischen Beeinflussung der Bevölkerung in den westlichen Staaten, die in den meisten Ländern auch aktiv von der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbürokratie mitgetragen wurde. Die AFL-CIO in den USA oder der Britische TUC und die Labour Party hatten schon im Krieg aktiv die imperialistischen Ziele „ihrer“ Regierungen unterstützt, am Entwerfen der Nachkriegsordnung mitgewirkt und spielten in Westdeutschland, Japan, Italien u.a. Ländern eine aktive Rolle beim Wiederaufbau der Gewerkschaften und Sozialdemokratischen Parteien im Sinne der Westintegration. Sie halfen aktiv bei der Säuberung der Arbeiterorganisationen von „kommunistischen“ Elementen mit – ob nun Stalinisten oder unabhängige Linke.

Dieser Druck ging so weit, dass er sich nicht nur in der Sozialdemokratie bemerkbar machte (auf die die Volksfrontpolitik der Stalinisten keine Antwort zu geben vermochte), sondern auch in der Degeneration vieler vorgeblich revolutionärer Linker. So passten sich im Koreakrieg sogar vorgeblich trotzkistische Organisationen wie die Vorläufer der Socialist Workers Party (in Deutschland Marx21, in Österreich Linkswende) an den britischen und US-Imperialismus an, indem sie sich weigerten, Nordkorea und die Sowjetunion gegen die imperialistische Aggression zu verteidigen und für den Sieg Nordkoreas einzutreten.

2.2. Die Wiederbewaffnung der BRD

Nach Kriegsende 1945 zogen sich antimilitaristische und antikapitalistische Bekenntnisse durch die Programme und Reden selbst der bürgerlichen Parteien. Es gab trotz der grundlegenden Schwächung der Arbeiterbewegung an der Basis zahlreiche Initiativen, sowohl die Abrechnung mit den Nazis in die eigene Hand zu nehmen als auch in Betrieben und auf lokaler Ebene selbstständige Organe aufzubauen. Diese Bestrebungen gab es in allen Besatzungszonen. In allen Besatzungszonen wurden diese Bestrebungen verboten, bestehende Betriebsräte und Organisationen aufgelöst und durch den Besatzungsmächten genehme Gründungen ersetzt.

Die US-Imperialisten wollten jetzt möglichst schnell eine stabile kapitalistische Wirtschaft in ihrer Besatzungszone. Großbritannien und Frankreich schlossen sich dem an und bildeten die sogenannte „Trizone“. Sie führten eine Währungsreform durch und legten die Grundlage für die Bildung der Bundesrepublik 1949.

Adenauer beschreibt seine Vorstellung über die Sowjetunion auf einer CDU-Kundgebung wie folgt: „Die totalitären Staaten verneinen Recht und Gesetz. (…) Wir kennen ja aus unserer Vergangenheit in Deutschland das System der totalitären Staaten. Wir wissen, welche Gefahr ein großer totalitärer Staat für seine ganze Umgebung mit sich bringt. Die Sowjet-Union ist ein noch viel mächtigerer und viel totalitärer Staat, als es das nationalsozialistische Deutschland gewesen ist.“ (19)

Adenauer formulierte hier eine staatstragende „Totalitarismus-Theorie“, die einerseits am Antikommunismus der Nazis anknüpfte, gleichzeitig aber auch zur Legitimationstheorie der imperialistischen Demokratie wurde.

Alte Nazi-Eliten kamen wieder in Führungspositionen in Wirtschaft und Staatsapparat. Alte Wehrmachtsgeneräle bauten den Kern einer Armee der Bundesrepublik auf, die, eingebunden in die NATO-Strukturen, zur Frontarmee gegen die Sowjetunion aufgebaut werden sollte.

Ihre neue Rolle als „Juniorpartner“ der USA nahmen die deutschen Imperialisten dankbar an. Innerhalb kürzester Zeit lagen die Wirtschaftsstrukturen und ein großer Teil des nicht-militärischen Staatsapparates wieder in den Händen der deutschen Bourgeoisie, allerdings noch unter starker Kontrolle der Besatzungsmächte.

1948 wurde in den Westzonen Deutschlands eine separate Währungsreform durchgeführt. Am 14. August 1949 fanden die Wahlen zum 1. Bundestag statt. 1950 verabschiedete der NATO-Rat die „Vorwärtsstrategie“. Die USA verdreifachten ab August 1950 ihre in Großbritannien stationierten Bomberverbände. Am 7. Februar 1951 billigte die US-Regierung den „Pleven-Plan“ zur Aufstellung einer europäischen Armee.

Auf der vom 10.-14. September 1951 tagenden Außenministerkonferenz der USA, Frankreichs und Großbritanniens in Washington wurde die Aufstellung westdeutscher Streitkräfte geplant, die in eine europäische Armee eingegliedert werden sollten.

1952 beschloss der Nordatlantikrat die „Strategie der massiven Vergeltung“, die ab 1954 umgesetzt wurde.

Es stellt sich die Frage, warum es der Arbeiterklasse nach 1945 nicht gelungen war, die Wiederaufrüstung und den NATO-Beitritt der Bundesrepublik zu verhindern.

Viele ArbeiterInnen wie auch Kader der KPD in Deutschland wollten nach dem Krieg den Sozialismus. Während der Naziherrschaft und des Krieges waren diese Kader weitgehend abgeschnitten von der exilierten Parteiführung. Im Widerstand gegen Hitler hatten sie durchaus eigenständige Positionen entwickelt.

Doch nach 1945 wurde die Politik der KPD wieder durch die zurückgekehrte Auslandsführung (Gruppe Ulbricht) geleitet und war geprägt von einer Kette von Fehlern, die aus der strategischen, konterrevolutionären Grundkonzeption des Stalinismus folgten:

• Das „Vertrauen“ in die Westalliierten als Repräsentanten der „westlichen Demokratien“ ging einher mit dem Abwürgen selbstständiger Initiativen, die auch aus den Reihen der Basismitglieder gekommen waren. Daher lehnte die KPD 1945 auch den Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung als „verfrüht“ ab, weil die Arbeitklasse noch nicht reif genug wäre.

• Die KPD war geprägt durch Gehorsam gegen über Stalin und übernahm seine Volksfrontpolitik, die jeder revolutionären Politik diametral entgegenstand.

Diese falsche, gegenrevolutionäre Strategie erleichterte es den westlichen Imperialisten – unter Ausnutzung der Berlin-Blockade, der Zündung der ersten sowjetischen Atombombe am 23. September 1949 und durch die imperialistische Propaganda im Korea-Krieg -, die KPD in die Defensive zu drängen.

Die stalinistische Unterdrückung der Arbeiterklasse hatte sich natürlich auch im Westen herum gesprochen. Das schwächte auch den Widerstand gegen Remilitarisierung und die Wiederherstellung kapitalistischer Strukturen in den Westzonen.

Antikommunismus und Repression gegen alle Antimilitaristen durch die Adenauer Regierung und die Militärgerichtsbarkeit der Alliierten hatten so leichtes Spiel. In Kassel wurden z.B. Jugendliche –  Mitglieder der FDJ – zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie vorbereitete Sprengladungen der US-Armee an Brücken beseitigt hatten.

Weder Volksbefragung noch die „Ohne-Mich“-Bewegung konnten die Wiederaufrüstung entscheidend behindern.

SPD und DGB, anfangs noch strikt gegen Wiederbewaffnung und gegen die Wiederaufrichtung kapitalistischer Monopole, gaben ihren Widerstand mehr und mehr auf. So stand Mitte der 50er Jahre weder der Bundeswehr noch deren Eintritt in die NATO ein Widerstand entgegen, der dies ernsthaft hätte verhindern können.

2.3. Krisen und Kriege

Die Geschichte der NATO im Kalten Krieg ist geprägt von einer fortschreitenden Stärkung und Aufrüstung der Allianz. Sie fungierte schon damals als Unterstützerin für imperialistische Interventionen außerhalb des Mandatsgebietes. Hier ein kurzer Überblick:

Am 23. Oktober 1954 wurden die „Pariser Verträge“ unterzeichnet, die BRD wird zur Mitgliedschaft in der NATO eingeladen. Der Besatzungsstatus wird aufgehoben. Der NATO-Beitritt der Bundesrepublik erfolgt am 6. Mai 1955 durch die Ratifizierung der Verträge im Bundestag. 1956 wurde die KPD verboten, während fast zeitgleich die ersten Rekruten der Bundeswehr einrückten. Der Kalte Krieg verschärft sich.

Am 16. März 1955 kündigte US-Präsident Eisenhower für den Kriegsfall den Einsatz taktischer Nuklearwaffen gegen militärische Ziele an. Am 19. Mai 1955 wurde als Reaktion der Warschauer Pakt gegründet.

Das US-Hauptquartier in der Bundesrepublik gibt am 13. März 1957 bekannt, dass die US-Streitkräfte mit Nuklearwaffen ausgerüstet werden.

Am 19. September 1958 wurden die ersten US-Mittelstreckenraketen vom Typ Thor in Großbritannien aufgestellt.

Am 31. Oktober 1959 stimmte die Türkei der Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen zu. Insgesamt wurde bis 1960 eine US-Staffel mit 26 Raketen aufgestellt. Weitere zwei Jupiter-Staffeln mit 25 Raketen stationierten die USA bis 1960 in Italien.

1956  intervenierten Frankreich und Großbritannien, um die Kontrolle über den Suez-Kanal zu erlangen, der kurz zuvor von Nasser verstaatlicht worden war. Die UdSSR drohte mit militärischen Gegenaktionen, worauf Großbritannien und Frankreich ihre Truppen zurückzogen. Durch die Bombardements musste der Suez-Kanal für den Schiffsverkehr gesperrt werden, er war durch 46 versenkte Schiffe auf unabsehbare Zeit unpassierbar geworden. Aber auch die USA übten Druck aus, da US-Präsident Eisenhower ein Notstandsprogramm in die Wege leiten musste, um die Ölversorgung Westeuropas zu gewährleisten.

Die NATO-Länder Frankreich und Großbritannien waren nach diesen Ereignissen in ihrem militärischen Einfluss weiter geschwächt worden. Die Suez-Krise verdeutlichte, dass die USA und auch die UdSSR die jeweiligen Einflusssphären respektierten.

In Reaktion auf die Politik der UdSSR im Nahen Osten verkündete der amerikanische Präsident 1957 die „Eisenhower-Doktrin“, eine Zusicherung amerikanischer Hilfe an die Staaten der Region  „gegen jedes Land, das vom internationalen Kommunismus kontrolliert wird.“ (20)

Nachdem 1959 die Batista-Regierung in Kuba gestürzt worden war, versuchten die USA durch eine Invasion und mehrere Mordversuche, Castro zu stürzen. 1962 stand die Welt durch die Kuba-Krise ein weiteres Mal kurz vor einem Dritten Weltkrieg. Nach dem Abzug der sowjetischen Atomraketen mussten die USA sich mit dem Status quo auf Kuba zufrieden geben. Das war eine erste schwere Niederlage des US-Imperialismus seit der Errichtung der Nachkriegsordnung, aber auch eine wirksame nukleare Erpressung gegenüber der Sowjetunion, die keinen Atomkrieg als Reaktion auf die Stationierung ihrer Raketen auf Kuba riskieren wollte.

1966 folgte eine Schwächung der NATO durch den zeitweiligen Rückzug der französischen Imperialisten aus den militärischen Strukturen der NATO. Sie beklagten die zu geringe Bedeutung Frankreichs in der Führung der NATO.

„Geografisch und organisatorisch war mit dem Austritt Frankreichs aus der militärischen Organisation eine riesige Lücke in die Verteidigungsstruktur gerissen worden. Eine Tiefe des Raumes, in dem eine flexible konventionelle Verteidigung hätte organisiert werden können, war nicht mehr gegeben. Die vielen Versorgungseinrichtungen, die die USA in Frankreich hatten, mussten zwangsläufig nach vorne, also näher an die potentielle Front verlegt werden. Die für die Verteidigung des Mittelabschnitts verantwortlichen NATO-Oberbefehlshaber konnten mit den französischen Ressourcen, insbesondere über das in Südwestdeutschland stationierte ehemalige französische NATO-Kontingent, nur sehr eingeschränkt disponieren. Die Kräfte konnten allenfalls noch als eine Art strategischer Reserve mit vielen Fragezeichen in die Planungen einbezogen werden.“ (21)

Durch den Austritt Frankreichs erhöhte sich die Bedeutung der BRD als Frontstaat, aber auch als zentrales NATO-Gebiet und verlässlicher US-Verbündeter.

2.4. Vietnam-Krieg und Krise der imperialistischen Nachkriegsordnung

Indochina befand sich Mitte der 60er Jahre seit über 20 Jahren in kriegerischen Auseinandersetzungen, zuerst mit der Kolonialmacht Frankreich (1946-54), dann zwischen dem Norden und dem Süden, von den USA protegiert wurde. 1965 traten die USA in den Krieg ein, wobei sie den von ihnen selbst provozierten „Zwischenfall im Golf von Tonking“ als Anlass nahmen. Der Krieg endete 1975 mit einer Niederlage der USA.

1995 gab die vietnamesische Regierung Zahlen über die Kriegsopfer frei. Demnach waren insgesamt eine Million vietnamesische KämpferInnen und vier Millionen ZivilistInnen auf beiden Seiten im Krieg getötet worden.

Die US-Imperialisten verzeichneten „58.193 Mann als Verluste. Fast 45.000 von ihnen wurde nicht älter als 25, ein knappes Drittel davon war zum Zeitpunkt ihres Ausfalls 20 Jahre alt. Direkt von Feindeinwirkung wie Beschuss, Verwundung, Vermisstenstatus waren 47.000 betroffen. Auf besonders starken Widerstand trafen die Streitkräfte der USA in den Jahren 1967 bis 1969, in denen 39.300 (…) Soldaten fielen. Insgesamt verloren die Vereinigten Staaten nach Kriegsende durch Spätfolgen über 60.000 weitere ehemalige Soldaten durch traumatisch bedingte Selbstmorde. Das bedeutet mehr Tote als im Krieg selbst. Über 40.000 Veteranen wurden während ihrer Dienstzeit in Vietnam heroinsüchtig, 330.000 wurden einerseits wegen der Demobilisierung, andererseits wegen der politischen Lage und der psychischen Spätfolgen, arbeitslos. 1972 saßen über 300.000 Veteranen in Gefängnissen ein, weil sie aus den genannten Gründen straffällig geworden waren und es ihnen nicht gelungen war, wieder in das zivile Leben zurückzufinden.“ (22)

Mit den Niederlagen auf Kuba und in Vietnam, der Schwächung der NATO-Strukturen, dem Einsetzen der Überakkumulationskrise in den 70er Jahren und der Krise des Bretton-Woods-Systems wurden die 1970er insgesamt zu einem Krisenjahrzehnt der US-Hegemonie. Weltweit entwickelten sich Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre revolutionäre oder vorrevolutionäre Situationen auch in NATO-Staaten oder deren Verbündeten (z.B. Portugal, Spanien, Griechenland, Frankreich). In dieser Situation wurden speziell die Sozialdemokraten zu einem wesentlichen Faktor der Stabilisierung des imperialistischen Systems und der konterrevolutionären Lösung dieser Krisen. Spätestens seit dieser Zeit sind sie stolz auf ihre Lakaienposten in den Fluren der NATO. Ihre „große Zeit“ kam in den 70er Jahren, als sie zu Brokern der „Entspannungspolitik“ werden sollten.

2.5. Wettrüsten, Abrüstung, Nachrüstung

Das Rückgrad der NATO im Kalten Krieg bildeten die Atomstreitkräfte der USA, in geringerem Maß auch die Britanniens und Frankreichs. In den 50er Jahren beruhte die NATO-Militärstrategie auf der „Option des atomaren Erstschlags“. Den vorgeblich zahlenmäßig überlegenen konventionellen Truppen des Warschauer Paktes sollte dieser Doktrin zufolge der Einsatz verheerender „taktischer“ Atomwaffen entgegengestellt werden, welche die UdSSR von einem weiteren Vormarsch abschrecken sollten. Tatsächlich diente diese „Erstschlagskapazität“ durchaus offensiven Zielen und wurde von der Sowjetunion mit Recht als unmittelbare Bedrohung gesehen.

Entsprechend antwortete die UdSSR mit der Entwicklung und Aufstellung eines großen Arsenals „strategischer“ Atomraketen. Dies waren zunächst Interkontinentalraketen, später vermehrt atomgetriebene U-Boote als Raketenabschussbasen. In den 1960ern entwickelte sich so ein gewaltiges „Wettrüsten“ auf der Ebene von atomaren Langstreckenwaffen. Der jeweilige Angreifer sollte selbst im Falle eines Erstschlags mit der Vergeltung durch die „totale Auslöschung“ seines Staatsgebietes rechnen müssen. Es gab Berechnungen, wie oft der gesamte Planet mit den vorhandenen Atomwaffen vernichtet werden könne.

Sowohl die ökonomisch-politischen Probleme von Imperialismus und Stalinismus, als auch die wachsende strategische Unsinnigkeit dieser Overkill-Kapazitäten zwangen NATO und Warschauer Pakt am Ende der 60er Jahre zu ersten „Abrüstungsverhandlungen“ (SALT-I zu strategischen Atomwaffen). Tatsächlich wurden Anfang der 70er Jahre gewisse Beschränkungen vereinbart und der ABM-Vertrag zum Verbot von Raketenabwehrsystemen unterzeichnet, der bezeichnenderweise 2002, also nach Ende des Kalten Krieges, von den USA gekündigt wurde.

Die ökonomischen Probleme im Ostblock, die dort in den 70er Jahren einsetzenden Marktreformen und Liberalisierungen wurden gleichzeitig genutzt, um eine allgemeine „Entspannungspolitik“ einzuleiten. Während die UdSSR im Rahmen der „friedlichen Koexistenz“ keinen Finger zur Unterstützung der Revolutionen in Chile oder Portugal rührte, konnte der Imperialismus über seine wirtschaftlichen Hebel in den osteuropäischen Ländern immer mehr an Einfluss gewinnen. Dies wurde gerade auch durch solche Instrumente der „Entspannung“ wie die „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) auch auf ideologisch-politischer Ebene verstärkt (z.B. durch den „Helsinki-Prozess“).

Die sich verstärkenden zentrifugalen Tendenzen in den degenerierten Arbeiterstaaten führten Ende der 70er Jahre zum Gegensteuern durch den anti-restaurationistischen Flügel der Bürokratie. Deutlichstes Zeichen dafür war die Ersetzung der alten taktischen Mittelstreckenraketen in Osteuropa durch die moderneren SS 20-Raketen. Mit diesen Waffen konnten die taktischen Erstschlags-Raketenrampen der NATO in Westeuropa zielgenau präventiv zerstört werden. Dies wurde von den NATO-Strategen als direkte „Kriegserklärung“ angesehen. Genauso wurde der sowjetische Einmarsch 1979 in Afghanistan gesehen, der die dortige Volksfrontregierung retten sollte. Endgültig war der Kalte Krieg mit den Ereignissen in Polen Anfang der 80er Jahre wieder voll entbrannt, die „Entspannung“ war vorbei.

Auf der anderen Seite kamen mit Reagan und Thatcher in den USA und Britannien wieder die offenen Kalten Krieger ans Ruder. Längst hatte man auch in der NATO während der 70er Jahre einen Strategiewechsel, weg von der „Abschreckung durch wechselseitige Vernichtung“, geplant.

So entwickelte der Pentagon-Berater Colin S. Gray die Option eines „führbaren Atomkriegs“ unter dem Motto „Victory is possible“. Eine Kombination von modernen Lenkwaffensystemen, zielgenauen Mittelstreckenraketen und einem Raketenabwehrsystem (SDI) sollte den atomaren Überraschungsschlag möglich machen: mit der sogenannten „Enthauptungsstrategie“ (einem Vorläufer der späteren „chirurgischen Schläge“) sollten die Kommando- und Kommunikationsstruk-turen des Warschauer Pakts zerschlagen werden, um dann den Rest mit konventionellen Mitteln erledigen zu können. Grays Konzept nahm den Tod von Millionen Menschen, insbesondere in Europa, in Kauf.

Als Kompromiss mit den „Entspannungspolitikern“ wurde die neue Strategie in die Form des „Doppelbeschlusses“ gefasst, der von der NATO am 12.12.1979 getroffen wurde. Einerseits wurden Verhandlungen zur Begrenzung der Mittelstrecken in Europa angeboten, andererseits wurde für den Fall des Scheiterns dieser Verhandlungen die Stationierung von Pershing II-Raketen und von Cruise Missiles angedroht. Wie nicht anders zu erwarten, scheiterten die Verhandlungen. Die NATO-Unterhändler hatten eine solches auch bewusst provoziert, z.B. sie darauf bestanden, die französischen und britischen Mittelstreckenraketen aus dem Verhandlungspaket heraus zu nehmen, also nicht als gegen den Warschauer Pakt gerichtete Waffen zu zählen.

In ganz Europa fanden Massenproteste gegen die offensichtlich immer aggressivere NATO-Strategie zur Führbarkeit von Atomkriegen statt. Der Höhepunkt in Deutschland war der Protest der 500.000 im Hofgarten in Bonn am 22.10.83. Insgesamt protestierten an diesem Tag 1,3 Millionen Menschen in der Bundesrepublik. Nur einen Monat später stimmte der Bundestag der Stationierung zu – bis Ende 1983 waren bereits 9 der 108 geplanten Pershing II u.a. in Mutlangen einsatzbereit.

Nur wenige Jahre danach zwangen die wachsenden ökonomischen Probleme der UdSSR den wieder auf „Entspannung“ getrimmten Gorbatschow zu einem Einknicken gegenüber dieser aggressiven NATO-Politik. Gorbatschow schlug bereits 1985 Verhandlungen zu den Mittelstreckenraketen in Europa vor. Wie in Afghanistan musste die UdSSR auch hier den Rückzug antreten. Am 8.12.1987 wurde mit dem INF-Vertrag der Abbau aller Mittelstreckenraketen in Europa zwischen der UdSSR und den USA vereinbart. Die Niederlage der UdSSR im Kalten Krieg begann sich eindeutig abzuzeichnen.

Doch auch das Ende des Kalten Krieges bedeutet mitnichten, dass die USA auf ihr gewaltiges Atomwaffenarsenal verzichteten. Bis heute wurde jegliche Initiative zur atomaren Abrüstung vom Pentagon brüsk abgewiesen. Stattdessen werden neue Atomstrategien ausgedacht: einerseits soll weiterhin mit Mininukes Atomkrieg im „taktischen“ Rahmen möglich sein; andererseits sollen durch „Raketenschirme“ andere Atommächte ihrer Abschreckungsmacht beraubt werden. Weiterhin ist es ein Hauptanliegen der US-Sicherheitspolitik, die unumschränkte Atommacht Nummer eins zu sein, die missliebige neue Atommächte mit allen Mitteln zu verhindern trachtet.

2.6. Zwischenresümee 2

• Der Kalte Krieg wie die Nachkriegsordnung sind untrennbar mit der Funktion der NATO zur Sicherung der imperialistischen Gesamtinteressen unter US-Vorherrschaft verbunden.

• Der Kalte Krieg und die Festigung des Stalinismus in Osteuropa, der Sowjetunion und China kosten zwar wichtiges Territorium für den kapitalistischen Weltmarkt. Die Rolle der herrschenden Bürokratenkasten bedeutet jedoch nicht nur eine Ausschaltung jeder Arbeiterdemokratie im Inneren und damit langfristig Stagnation, sondern aufgrund der Politik der „friedlichen Koexistenz“ eine Stabilisierung der Weltordnung durch die Anerkennung des „Status quo“ mit den Imperialisten.

• Die Sozialdemokratie und die Gewerkschaftsbürokratie verschmelzen eng mit dem bürgerlichen Staatsapparat und werden zu aktiven Verteidigern der NATO und der dahinter liegen imperialistischen Interessen im Namen der „Verteidigung der Demokratie“.

• Durch die Kubanische Revolution, den Vietnamkrieg und die antikapitalistischen und anti-imperialistischen Massenbewegungen wird diese Vorherrschaft des Imperialismus auch im Kalten Krieg massiv herausgefordert und mit der Niederlage in Vietnam und durch die Bewegungen nach 1968 in Frage gestellt. Die US-Vorherrschaft bekommt ökonomische wie auch politische Risse. Vietnam demonstriert, dass der Gigant besiegt werden kann.

• Für das Überleben der reaktionären Ordnung und ihrer Institutionen sind daher nicht nur die bis zur äußersten  Konsequenz getriebene reaktionäre und mörderische Praxis von NATO und anderen imperialistischen Institutionen zentral. Auch die internationale Rolle der bürgerlichen, imperialistischen Agenturen in der Arbeiterbewegung – Sozialdemokratie und Stalinismus – ist ein wichtiger Teil zur Verteidigung der globalen Ordnung gegen revolutionäre Kämpfe der Arbeiterklasse und der Befreiungsbewegungen.

• Nachdem diese ihre konterrevolutionäre Schuldigkeit getan haben, reagieren die Imperialisten durch eine geänderte NATO-Strategie unter Reagan – eine Offensive gegen die ökonomisch ohnedies angeschlagene Sowjetunion und die Arbeiterbewegung. Die Friedensbewegung und die von ihren Führungen geschürten pazifistischen Illusionen und die gesamte „Abrüstungspolitik“ erweisen sich als utopische Konstruktionen, die in die Niederlage führen und die Umsetzung der Hochrüstungspolitik nicht stoppen können.

3.1. Der Zusammenbruch des Stalinismus und die NATO

Der Verfall und der Zusammenbruch der stalinistischen Bürokratien Ende der 80er Jahre bedeutete auch das Ende des Warschauer Pakts. Dieser hatte der Bürokratie viele Jahrzehnte als atomarer Schutzschild gegen den US-Imperialismus gedient, wie auch als Mittel zur Unterdrückung sozialer und politischer Aufstände in der DDR 1953, in Ungarn 1956 und in der CSSR 1968. Die „gewendeten“ Regime Mittel- und Osteuropas suchten den Anschluss an den Westen, verließen den Warschauer Pakt, am Ende standen nur die Vertreter der GUS-Staaten mit dem Erbe der sowjetischen Rüstung und mehr als 20.000 Atomsprengköpfen.

Der Westen und somit auch die NATO standen als Sieger da, die stalinistische Bürokratie war durch die ArbeiterInnen Osteuropas besiegt worden, aber diesen mangelte es zugleich an einer politischen Führung, die die Klasse zu einer erfolgreichen politischen Revolution hätte führen können.

So konnte der Imperialismus im Bund mit den restaurationistischen Kräften innerhalb und außerhalb der Staatsbürokratie den Sieg davon tragen und bürgerlich restaurationistische Regierungen etablieren, die den Kapitalismus wieder einführten und die Länder in den kapitalistischen Weltmarkt reintegrierten. Die DDR wurde direkt ins Staatsgebiet der BRD inkorporiert.

Bezüglich der NATO-Mitgliedschaft eines „vereinigten“ Deutschlands gab Gorbatschow dem westdeutschen Imperialismus rasch freie Hand, 1990 war das erste ehemalige Mitglied des Warschauer Paktes in die NATO „eingetreten“. Die stalinistische Bürokratie ließ sich im Gegenzug den Abzug ihrer Truppen aus der DDR bezahlen, die Aufgabe der vormaligen Frontlinie brachte ihr 14 Mrd. D-Mark – ein Schnäppchen für die BRD und die NATO.

So rasch, wie der westdeutsche Imperialismus die DDR übernahm, so rasch zerfielen auch die UdSSR und später Jugoslawien.

Ähnlich wie in der DDR markiert das Jahr 1989 in ganz Osteuropa und der Sowjetunion die Todeskrise des Stalinismus, der Herrschaft der bürokratischen Kaste über die degenerierten Arbeiterstaaten.

Dahinter stand eine grundlegende ökonomische Krise der bürokratisch gelenken Planwirtschaften, die seit den 1970er Jahren in eine Periode der Stagnation eingetreten waren, als sich die Herrschaft der Bürokratie zunehmend als absolutes Hindernis für die Entwicklung der Produktivkräfte dieser Länder erwies. Planwirtschaft ohne politische Herrschaft der Arbeiterklasse, ohne demokratische und offene Diskussion über Prioritäten, Ziele, Organisation und Umstrukturierung der Produktion im Interesse der ProduzentInnen, also der Gesellschaft, ist letztlich zur Stagnation und zum Untergang verdammt.

Die Rezepte der Bürokratie, dieses Problem zu lösen, verschlimmerten die Situation mittel- und langfristig. Etliche Staaten verschuldeten sich zunehmend am Weltmarkt (z.B. Polen, Jugoslawien, Rumänien). Auch die DDR musste mehr und mehr für Devisenbeschaffung aufwenden. Andererseits öffneten die Bürokratien die Planung immer mehr „marktwirtschaftlichen Anreizen“ oder sicherten diese überhaupt nur indirekt über das Banken- und Kreditsystem (z.B. Jugoslawien). Umgekehrt waren auch die strikt „reformfeindlichen“ Bürokratien keineswegs in der Lage, eine Alternative zu bieten, sondern wirtschafteten gleichermaßen ab.

Die Herrschaft der Bürokratie erwies sich als gesellschaftliche Sackgasse. Die Einheit der Kaste selbst zerfiel entlang politischer, sozialer und nationaler Linien.

Zugleich erwies sich die Arbeiterbewegung als unfähig, selbst eine politische Alternative zur stalinistischen Planwirtschaft und zur kapitalistischen Restauration durchzusetzen – trotz heroischer Massenkämpfe wie in Jugoslawien in den 80er Jahren, in Rumänien oder bei den Massenbewegungen in vielen anderen Ländern.

Die antibürokratischen Massenbewegungen wurden daher rasch demobilisiert oder deren Führungen gemeinsam mit großen Teilen der Bürokratie in die kapitalistische Restauration inkorporiert.

Zugleich nahm in vielen Ländern der Nationalismus zu. Der westliche Imperialismus stürzte sich geeint auf die neuen Märkte, predigte überall Volk, Nation und Unabhängigkeit. Freiheit und Demokratie und Marktwirtschaft stand über allem – die Konterrevolution erfasste alle Staaten Mittel-, -Ost und Südosteuropas, wenn auch generell unter dem Banner der demokratischen Konterrevolution.

Dieser politisch-ökonomische Siegeszug des Westens wurde 1990 noch durch den ersten Irakkrieg unter US-amerikanischer Führung ergänzt. Offiziell wurde das Emirat Kuwait von der irakischen Besatzung sogar unter UN-Mandat befreit. Diktator Saddam Hussein hatte den Nachbarn aufgrund verkaufter Schuldscheine in Milliardenhöhe besetzt und hatte bis dahin – wie zuvor bei seinem siebenjährigen Krieg gegen den Iran – meist Rückendeckung durch den US-Imperialismus.

Die wichtigsten Truppensteller der imperialistischen Aggression waren NATO-Staaten, der größte Geldgeber war der NATO-Staat BRD. Hier konnte sich der westdeutsche Imperialismus noch ein letztes Mal von seinen militärischen Pflichten freikaufen.

US-Präsident Bush sen. brachte die Neuausrichtung des US-Imperialismus im Begriff „New World Order“ (NWO) zum Ausdruck – der neuen Epoche US-amerikanischer Herrschaft. Als neue Bedrohungen wurden damals die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, „asymetrische Kriege“ in „failed states“ und der globale Terrorismus genannt, damals meist im Zusammenhang mit kolumbianischen Drogenbaronen. Gleichzeitig wurde den neu entstehenden osteuropäischen Staaten und der zerfallenden UdSSR deutlich gemacht, dass die NATO unter US-Führung die einzig verbliebene „Sicherheitsmacht“ auf dem Globus ist. Der US-Imperialismus wurde „Weltpolizist“ zur Durchsetzung seiner Interessen, dafür mussten auch die internationalen imperialistischen Institutionen verändert werden.

3.2. Osterweiterung und neue strategische Ausrichtung

Während der 90er Jahre veränderte sich der politische Charakter der NATO grundlegend vom „nord-atlantischen“ Verteidigungsbündnis zur global handelnden präventiven Eingreiftruppe des US-Imperialismus und seiner Verbündeten. Was als „New World Order“ begann, mündete in einer neuen strategischen Erklärung der NATO im Jahre 1997 in Madrid, in der die NATO von nun an die gesamte Welt als Einsatzgebiet betrachtet, diese Einsätze auch ohne UN-Mandat führen kann und sich für diese Einsätze den Einsatz von Nuklearwaffen vorbehält.

Als Bedrohungsszenarien wurden ethnische Konflikte benannt, der Zerfall staatlicher Strukturen (failed states) und die Notwendigkeit einer „asymetrischen“ Kriegführung. Dabei geht die NATO davon aus, das es immer weniger Kriege mit klar überschaubaren Fronten geben wird und sich die Kampfhandlungen eher in Städten und Regionen abspielen werden, wofür die NATO flexible und schnell einsetzbare Kampftruppen braucht. Natürlich widerspiegelt diese Argumentation eine gewisse imperialistische Logik. Die Zahl der Staaten, die einen konventionellen Krieg gegen die USA/NATO-Truppen führen könnten, war arg geschrumpft und der Widerstand gegen Imperialismus und Krieg wird viel eher in den Städten bekämpft werden können als in der Wüste.

In diesen Jahren waren es die Konflikte in Ex-Jugoslawien, um Nagorny Karabach zwischen Armenien und Aserbeidschan und die blutigen Kämpfe in Tschetschenien, welche von den imperialistischen Politikern gern als Beispiele heran gezogen wurden. Dort herrschte Bürgerkrieg, hierauf musste sich auch die NATO vorbereiten. Der gescheiterte UN-Einsatz von Somalia 1992 zeigte auf, welche Einsätze der UN u.a. imperialistischen Institutionen bevor standen, solche Einsätze sollten unter „robustem“ Mandat geführt werden – dies bedeutet Kampfeinsatz.

Den mittel- und osteuropäischen Staaten stand eine Phalanx imperialistischer Institutionen gegenüber. Die neuen Staaten wurden sofort anerkannt, bekamen Sitze in UNO und OSZE. IWF und Weltbank lockten mit Reformprogrammen, die NATO und die EU (EG) mit Mitgliedschaften. Bis 2008 sind Polen, Ungarn, Tschechien, Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen, Estland, Slowakei und Slowenien NATO-Mitglieder geworden. Bis Frühjahr 2009 sollen Kroatien, Mazedonien und Albanien folgen, mittelfristig die Ukraine und Georgien.

Die NATO hat einen Großteil der ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten und Staaten der ehemaligen UdSSR aufgenommen und dehnt das Einflussgebiet bis in den Kaukasus und Zentralasien aus. Dabei besteht eine enge Kooperation zwischen der USA und der EU, welche beide über die Einflusssphären der NATO ihre Interessen umsetzten, die USA mit der Einkreisung der militärischen Regionalmacht Russland und die EU außerdem zur politisch-ökonomischen Unterwerfung neuer EU Mitglieder. Beide Mächte haben gemeinsame Interesse an den ehemaligen sowjetischen zentralasiatischen Republiken und wollen dort die Vorherrschaft Russlands brechen.

Diese strategische Ausrichtung steht für den umfassenden NATO-Angriffskrieg, sobald eine Bedrohung benannt ist. Für diesen Krieg müssen alle NATO-Mitgliedsstaaten ihre militärischen Einheiten reformieren, die Truppen auf schnelle internationale Kriegseinsätze vorbereiten. Explizit geht es um die Fähigkeit, dass die NATO binnen fünf Tagen weltweit Truppen in Stärke von bis zu 60.000 Soldaten stationieren und diese mit Luft- und Marinekräften zu kombinieren.

Die „Nato Response Force“ (NRF) wurde endgültig 2003 beschlossen und mit ihr auch Aufrüstungsverpflichtungen für die NATO-Staaten. Mit IWF-Krediten konnten dann amerikanische Rüstungsgüter verkauft werden und auch die EU begann, eigene rüstungspolitische Entscheidungen zu treffen. Seit der Einführung des Euro 2002 und der EU-Osterweiterung tritt auch die EU als geopolitischer Akteur auf, gestützt auf den größten kapitalistischen Binnenmarkt unter deutsch-französischer Führung. Sowohl, was die militärischen Kräfte (Flottenverbände, Eingreiftruppen, Kommunikationsstrukturen, Waffensysteme) als auch, was die politische Entscheidungsfähigkeit betrifft, ist die EU aber gegenüber dem US-Imperialismus weiterhin klar unterlegen. Sicherheits- und außenpolitisch steckt der ökonomische Riese EU noch in den Kinderschuhen, wie insbesondere die Sezessionskriege des ehemaligen Jugoslawiens zeigten.

3.3. Jugoslawienkrieg und die Besetzung des Kosovo

Entgegen den Friedensversprechen der US-amerikanischen und europäischen Imperialisten folgten den „Ende der Block-Konfrontation“ Jahre des blutigen Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien. Am Ende wurden die Sezessionskriege durch einen offiziellen NATO-Angriffskrieg unter US Führung und mit deutscher Beteiligung beendet. Der Vielvölkerstaat löste sich auf in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien sowie dem besetzten Kosovo.

Nach der kapitalistischen Wiedervereinigung war die Regierung Kohl/Genscher auch beim Zerfall Jugoslawiens Vorreiter der westlichen imperialistischen Mächte mit der Anerkennung der Teilrepubliken Sloweniens und Kroatiens 1991. Ohne Absprache mit den Verbündeten war das Ende des Balkanstaates eingeläutet.

Deutsches und österreichisches Kapital standen bereit, um in die neuen Halbkolonien zu fließen und unterstützten die nationalistischen Regierungen im kurzen Kampf gegen die jugoslawische Armee. Die verschiedenen imperialistischen Staaten verfolgten hierbei keine einheitliche Strategie. Ein neuer Wettlauf um nicht erschlossene Märkte war entbrannt, die gewendeten Regime bekamen allerlei Zuwendungen der imperialistischen Staaten, je nachdem, wie viele Investitions- und Verwertungsmöglichkeiten das westliche Kapital in Aussicht hatte.

In Ex-Jugoslawien war die blutige Saat von Nationalismus und Rassismus nach 1990 voll aufgegangen. Ethnische Säuberungen durch Kroatien gegen die Serben in der Kraijna, Angriffe serbischer faschistischer Milizen auf muslimische Städte und Dörfer – die bürgerlichen Versprechungen von Demokratie, Freiheit und Wohlstand für alle nach 1990 zerplatzten in einem  blutigen Bürgerkrieg in der Mitte Europas.

Zur vollständigen Zerschlagung Jugoslawiens war der bosnische Bürgerkrieg nur ein Zwischenschritt, für die weitere Ausrichtung der NATO aber entscheidend. Der gescheiterte Einsatz der UN-Blauhelme in Bosnien-Herzegowina gehört zu den schändlichsten Kapiteln der heuchlerischen UN-Politik. Für lange Zeit wird der Name Srebrenica beispielhaft sein für gescheiterte UN-„Missionen“. Der Krieg richtete sich „unter Beobachtung der UN“ unbeeindruckt und verstärkt gegen die muslimischen Regionen, Kroatien und Serbien wollten Gebiete von Bosnien abspalten und hatten zum einen den Westen und zum anderen Russland im Rücken. Mitten in Europa wurde erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder ein offener Stellvertreterkrieg geführt. Der UN-Einsatz in Bosnien war gescheitert und täglich konnte die Weltöffentlichkeit die gewollte Ohnmacht der europäischen Staaten mitverfolgen, ebenso wie die Errichtung von Internierungslagern in Bosnien und das fortgesetzte Töten.

Im Abkommen von Dayton wurde schließlich die Teilung von Bosnien-Herzegowina festgeschrieben, Kroaten und Serben bekamen ihre autonomen Teilrepubliken, die seither eher den benachbarten Staaten Kroatien und Serbien unterstellt sind und nicht dem „souveränen“ Bosnien.

Mit dem US-geführten Angriffskrieg von 1999 hat die NATO ihre Transformation zur weltweit eingreifenden direkten Kampftruppe ohne UN-Mandat vollzogen, den Erklärungen und strategischen Bestimmungen folgte nun die Tat: der Krieg gegen Rest-Jugoslawien und die Besetzung des Kosovo.

Offiziell fügte sich die Rechtfertigung für den Angriff gut in die Rhetorik der 1990er. Die Unterdrückung der AlbanerInnen im Kosovo diente als Rechtfertigung zum Angriff der NATO-Staaten zur „Befreiung“ und schließlichen Besetzung des Landes, zuerst durch die NATO, später durch die EU.

Die albanische Untergrundarmee UCK, ursprünglich eine pro-albanische, hoxaistische Organisation, wurde von den USA u.a. Imperialisten zum Verbündeten und im Krieg und bei der folgenden Besatzung umgepolt. Auch solche Methoden gehören zur asymetrischen Kriegführung.

Wir wollen hier nicht auf die „Holocaust“ Argumentationen der damaligen rot-grünen Bundesregierung eingehen, sondern vielmehr auf den Begriff „humanitäre Intervention“. Unter diesem Begriff predigte Außenminister Joschka Fischer (GRÜNE) das Hohelied des ersten deutschen Angriffskrieges seit 1945 und auch zahlreiche NATO-Spitzen und Wissenschaftler begründeten diesen neuen Begriff als „friedenssichernden und -erzwingenden“ Einsatz. Krieg wurde neu definiert, und zwar als Beendigung einer Bedrohung, die festgestellt werden muss – um dann potenzielle Opfer vor dem potenziellen Krieg durch einen militärischen Einsatz zu schützen, eine Art vorsorgliche imperialistische Schutzhaft.

Der Einsatz in Ex-Jugoslawien wurde im Nachhinein von der UNO abgesegnet. Bis zum Krieg hatten Russland und China dies verhindert. Die NATO hatte ihren ersten Kampfeinsatz in Europa nach 1990 und zerschlug somit den letzten Teil des ehemaligen Vielvölkerstaates Jugoslawien.

Seit 1999 dient Kosovo neben Bosnien der NATO als Standbein auf ehemals jugoslawischem Staatsgebiet. Von Unabhängigkeit oder Selbstbestimmung der KosovarInnen kann keine Rede sein. Das Kosovo bleibt ein NATO- bzw. EU-Protektorat.

Speziell die deutsche Rhetorik beim Krieg von 1999, die „humanitäre Mission“ der Bundeswehr zum Schutz der unterdrückten Minderheit war die imperialistische Ideologie (nicht nur) der „Berliner Republik“, sondern auch der US-Außenpolitik unter Clinton. War die Regierungspartei Bündnis90/die Grünen noch mit dem Ziel der Abschaffung der NATO in den Bundestagswahlkampf 1998 gezogen, so sollte nun Deutschland „Verantwortung“ übernehmen und in einer „humanitären Intervention“ helfen – das ist „grüner“ Imperialismus.

In diese Zeit fällt auch der Startschuss für den Aufbau europäischer Sicherheitsstrukturen. Ohne die USA wäre ein Krieg auf dem Balkan nicht möglich gewesen. Nun setzte sich die EU das Ziel, solche Einsätze bald selbst durchführen zu können. Am Anfang wurde dies auch von den USA unterstützt, sie hofften auf Entlastung und keine weiteren Einsätze in Europa, damit die amerikanischen Truppen ausschließlich den globalen US-Interessen dienen könnten.

Doch der Jugoslawienkrieg ab 1990 zeigt die kommenden Perspektiven: Angriffskrieg nach selbst definierter Bedrohungslage, verschiedene Bündnispartner zur Durchsetzung imperialistischer Interessen, weitere Aufrüstung und Herausbildung zweier imperialistischer Blöcke, USA und EU.

Der Kosovo stellte 1999 den Abschluss der Kriege im Gefolge des Zusammenbruchs des Stalinismus dar. Seit dem 11.9. 2001 trat eine neue Rechtfertigungsideologie in den Vordergrund.

3.4. Die NATO und der „Krieg gegen den Terrorismus“

Mit den Anschlägen vom 11.9.2001 auf das WTC und das Pentagon trat der erste „Bündnisfall“ in der NATO-Geschichte ein. Die USA definierten drei abgestürzte Flugzeuge als feindlichen Angriff, als Krieg. Somit waren die NATO-Verbündeten zur Militärhilfe verpflichtet. In Art. 5 des Washingtoner Vertrags der NATO gilt der Bündnisfall, wenn ein Mitgliedsland von außen, d.h. von einer anderen, „fremden Armee“ angegriffen wird und Kampfhandlungen auf dem Territorium des Mitgliedsstaates stattfinden.

Nach dem 11.9. gelten nun abgestürzte Flugzeuge als militärische Kampfhandlung, die Toten wurden als „Kriegsopfer“ bezeichnet. Was fehlte, war ein „Gegner“. Dieser wurde in Person Bin Ladens und seiner Gruppe Al-Qaida nachgereicht. Sie wären eine „terroristische“ Vereinigung, welche sich in Afghanistan aufhalten würde und den Schutz der dortigen Machthaber, der „Taliban“ genießen würden.

Krieg gegen „Terrorismus“ ist keine neue Vokabel des US-Imperialismus, schon Bush sen. führte unter diesem Motto Krieg in Kolumbien. Damals sollten die Drogenkartelle von Medellin militärisch besiegt werden und Mittel für die Bekämpfung der FARC bereitgestellt werden. Das waren die „Terroristen“ der frühen 90er.

2001 war der Gegner nun der globale „islamistische Terrorismus“, welcher sich der Vernichtung aller christlichen „Kultur“ und des Staates Israel verschrieben hätte. Diese „Fundamentalisten“ würden die Selbstmordattentäter ausbilden, die dann als „Schläfer“ mitten unter uns sind – binnen kürzester Zeit wurde ein rassistisches Feindbild zusammen gebastelt. Dieses dient bis heute für jeden Krieg nach außen, genau wie für jede Repression nach innen als Legitimation.

Der US-Imperialismus rief den globalen „Krieg gegen den Terrorismus“ aus. Zur Bekämpfung dieser Gefahr müssten alle Mittel eingesetzt werden, vor allem alle militärischen Mittel. Bin Laden und Al Qaida passten dabei perfekt in das Bild der asymetrischen Kriegsführung und zu den neuen Anforderungen, auf die sich USA und NATO seit 1990 vorbereitet hatten. Al Qaida war eine international tätige terroristische Vereinigung, ihr Wirken konnte allen islamisch geprägten Staaten angehängt werden.

Der US-Imperialismus ließ nur eine Fragestellung zu – seid ihr mit oder gegen uns? Bush jun. präsentierte der Weltöffentlichkeit seine intimen Kenntnissen von „Gut und Böse“, die verbündeten imperialistischen Partner konnten nur ihre „bedingungslose Solidarität“ (Ex-Kanzler Schröder) erklären, Pakistan musste unter der Drohung, selbst in die „Steinzeit zurückgebombt zu werden“, schleunigst seinen Luftraum für die US-Luftwaffe öffnen. Zu diesem Zeitpunkt bekam der US-Imperialismus freie Hand. Ein Jahrzehnt Konterrevolution und Wirtschaftswachstum hatte die Weltmacht gestärkt. Nach Aussagen der US-Strategen Cheney und Wolfowitz war es nun Zeit für eine „Pax Americana“. Im „Cheney Report“ von 2000, eine generelle strategische Analyse für Präsident und Stab, wurden die wichtigsten Ziele zur Durchsetzung einer „Pax Americana“ genannt:

• Strategische Unterwerfung und Kontrolle aller Erdölregionen der Erde, d.h. des persischen Golfes, Zentralasiens und der Küsten Afrikas (speziell der Westküste);

• Dabei dienen alle US-kontrollierten Institutionen wie NATO und IWF, zur Durchsetzung eines globalen Regimes unter US-Führung;

• Weitere strategische Kontrolle über die imperialistischen Konkurrenten EU und Japan und Eindämmung und Kontrolle der Regionalmächte Russland, China und Indien.

Ideologisch begleitet wurde der imperialistische Feldzug durch allerlei rassistisches „Werte“-Geschwätz, hier die glitzernde Demokratie und Freiheit und dort die reaktionären Islamisten mit ihrer Unterdrückung und Armut. Von Huntingtons „Kampf der Kulturen“, der bürgerlichen „akademischen“ Hetzschrift zum Krieg gegen den islamischen Raum, bis zu „betroffenen“ ehemaligen Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer, die jeden Rassismus gegen den arabischen Mann unterstützt – brachten Bourgeoisie und Staat alles in Stellung für den „Krieg gegen den Terrorismus“.

Schon 2001 verkündete US-Präsident Bush, dass „niemand wisse, wie lange ein solcher Krieg gehen würde“ – der perfekte imperialistische Krieg, immer kann ein neuer Gegner in einem neuen Staat auftauchen. Waren es gestern die Taliban in Afghanistan und Saddam Hussein im Irak, so sind es heute die Hizbollah im Libanon oder die Hamas im Gaza-Streifen und morgen vielleicht der Iran oder der Nordwesten Pakistans.

Die erste NATO-Mission zum „Krieg gegen den Terrorismus“ heißt bis heute „Operation enduring freedom“. Dies soll soviel wie „einsetzende Freiheit“ heißen, hat aber seit 2001 das Gegenteil eingeläutet, nämlich permanenten Krieg mit wechselnden Gegnern. In die erste Mission des neuen Jahrtausends ging die imperialistische Allianz noch geschlossen: in den Krieg gegen Afghanistan, gefolgt bzw. begleitet von der bis heute andauernden NATO-Besatzung durch die ISAF-„Schutztruppe“.

Offizielles Ziel ist es, die Al Qaida-Führer zu töten oder zu verhaften, die islamistischen Taliban zu stürzen und dem Volk „Demokratie und Freiheit“ zu bringen. Die GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Roth meinte damals gar, der Krieg würde für die Frauenrechte geführt.

3.5. 2001: Angriffskrieg und Besetzung Afghanistans

Ähnlich dem vorhergehenden Angriffskrieg gegen Jugoslawien fand der US-Imperialismus willige örtliche Milizen. In Afghanistan war es die „Nordallianz“. Diese hatte bis 1993 in Kabul geherrscht, konnte sich bis 2001 aber nur noch in einigen entlegenen tadschikischen Provinzen halten. Ihr Führer war im August 2001 von den Taliban getötet worden, nachdem dieser erfolglos im Westen um finanzielle und militärische Unterstützung angefragt hatte. Binnen kürzester Zeit befand sich der afghanische Luftraum unter US- und britischer Kontrolle. Die Taliban hatten dem nichts entgegen zu setzen, nachdem Pakistan seinen Luftraum dem Imperialismuszur Verfügung gestellt hatte. Viele Jahre lang hatten wichtige Kreise in Pakistan, u.a. der Geheimdienst ISS die Taliban im Nachbarland unterstützt, und sich so auch die Kontrolle über den Nachbarn gesichert. Ebenfalls unterstützten die reaktionären islamisch-sunnitischen Gruppierungen Pakistans den Taliban-Staat und sahen diesen als Leitbild an – gerade auch gegenüber der schiitischen islamischen Republik Iran, die 2000 sogar Kriegsdrohungen aus Afghanistan erhielt.

Die Nordallianz, welche zumeist aus Tadschiken, Turkmenen und Usbeken bestand, wurde massiv aufgerüstet. Noch vor Ende des Jahres war Kabul von den Taliban „befreit“ und der US-Imperialismus feierte den ersten „Sieg“ gegen den Terrorismus. Während des Krieges wurden auch die beiden Spielarten des westlichen Imperialismus vorgeführt, die auch die nächsten Jahrzehnte bestimmen werden: einerseits der „gut oder böse“-Angriffskrieg mit einem Regierungswechsel als Zielvorgabe, andererseits der „humanitäre“ Einsatz zur Friedenssicherung mit gleichzeitiger Politikberatung und zivilem „Regime Change“ – „geschmückt“ mit Schulneubauten und der Einweihung von Brunnen.

Ganz praktisch besteht auch heute noch eine Spaltung der beiden Afghanistan-Einsätze, einmal der OEF-Kriegseinsatz von USA und GB besonders im Süden und Osten des Landes und der ISAF-Schutztruppeneinsatz anderer NATO-Staaten. Dabei kommt den ISAF-Truppen der Job einer militärisch-zivilen Pioniertruppe zu, zum einen mit Patrouillen-, Aufklärungs- und Kampfeinsätzen und zum anderen durch Ausbildung afghanischer Soldaten und der Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung in den Städten des Landes.

Besonders der deutsche Imperialismus rühmte seinen Afghanistan-Einsatz immer als „humanitäre“ Mission, bei der es um Wiederaufbau und Herstellung von Staatlichkeit und Infrastruktur gehe und weniger um einen direkten Kampfeinsatz. Diese Heuchelei wurde durch die Zunahme der Kämpfe im Jahr 2008 ad absurdum geführt. Inzwischen spricht selbst Kriegsminister Jung von einem „Kampfeinsatz“. Auch die Besatzungstruppen befinden sich im offenen Krieg gegen den afghanischen Widerstand.

Im Jahr 2008 starben in Afghanistan mehr US-Soldaten als im Irak. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn auch der neue US-Präsident Obama mehr Einsatz der Verbündeten in Afghanistan fordert. Gerade aufgrund der Nachbarstaaten Iran und Pakistan ist Afghanistan strategisch unverzichtbar für den US Imperialismus – in Pakistan herrscht in vielen Regionen schon heute Bürgerkrieg. Dieser US-Vasall droht im Bürgerkrieg zu versinken, schon heute gibt es gemeinsame Militäraktionen mit den USA speziell im Nordwesten Pakistans und in Waziristan.

Während die USA mit Pakistan einen wichtigen Stützpunkt in der Region verlieren könnten, bedrohen sie weiterhin die Regionalmacht Iran. Militärisch ist der Iran eingekreist: von US-Truppen in den Golfstaaten, im Irak und in Afghanistan.

Seit 2001 besetzt die NATO Afghanistan als Protektorat. Ein neuer Präsident wurde eingesetzt und die ISAF-Truppen sind in den wichtigsten Regionen und Städten stationiert. Sie schützen dort jene lokalen Autoritäten, die Präsident Karsai unterstützen, bilden eine neue afghanische Armee und Polizei aus und sichern den westlichen Unternehmen den Marktzugang. Ähnlich dem Kosovo übernehmen die Besatzungstruppen eine Reihe der staatlichen Aufgaben, wobei in einigen Apparaten Teile der örtlichen Elite mitwirken dürfen und somit alle „modernen“ Aspekte staatlicher Unterdrückung lernen sollen, neue Foltermethoden ebenso wie die steuerliche Erfassung der Bevölkerung.

Auch in den angrenzenden Staaten baut die NATO Stützpunkte, z.B. die Bundeswehr einen Flughafen in Usbekistan, also auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR. Diese Staaten Zentralasiens liegen im Fokus des Imperialismus. Speziell die Förderung der Gas- und Ölreserven von Turkmenistan bringt die westlichen Staaten untereinander in Konkurrenz, aber vor allem gegenüber Russland und China. Dort tummeln sich NATO-Berater, OSZE-Teams oder EU-Gesandte, um diese Staaten dem Imperialismus unterzuordnen. Welch verheerende Auswirkungen das hat, zeigte zuletzt Georgien, als sein nationalistische Präsident Sakaschwilli mit Unterstützung der USA einen Angriffskrieg gegen die abtrünnigen Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien führte.

Der Afghanistan-Einsatz ist heute wieder das wichtigste Schlachtfeld für den US-Imperialismus. Doch dieser erste „Sieg“ droht nun zu einer kompletten Niederlage zu werden. Sollte dies geschehen, wäre die Position der USA in Zentralasien entscheidend geschwächt. Damit wäre auch der NATO-Einsatz gescheitert, der erste Einsatz in Zentralasien. In Afghanistan sind die USA und die EU gezwungen, gemeinsam den Widerstand zu unterdrücken. Eine gemeinsame Niederlage wäre auch eine strategische Niederlage gegenüber den Regionalmächten Russland, China, Indien und Iran. Während in Afghanistan die beiden imperialistischen Blöcke aneinander gekettet sind, fand der zweite imperialistische Angriffskrieg seit 2001, der Irakkrieg 2003, in veränderter Formation statt. Diesen Krieg führte das imperialistische Bündnis, in der Form der NATO nicht gemeinsam; es kam zu einer ersten politischen Spaltung innerhalb der NATO.

Diese Geschehnisse sind Anfang einer neuen Entwicklung innerhalb der NATO: dem Aufstieg der EU (unter der Führung Berlin-Paris) als international konkurrierender imperialistischer Block gegenüber den USA.

3.6. Irakkrieg und politische Spaltung des Bündnisses

Für den 11.9.01 hatten die USA den „Bündnisfall“ für sich reklamiert und konnten danach Krieg und Besatzung Afghanistans organisieren. Im Falle des Iraks 2003 war die Situation komplizierter. Am Ende der monatelangen Kriegsdrohungen gegen das Regime von Saddam Hussein stand die „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA und Großbritanniens, inklusive Italien, Spanien, Australien, Portugal, Polen, Südkorea oder auch El Salvador und Honduras – insgesamt ca. 40 Staaten.

Innerhalb der imperialistischen Staaten hatte es zuvor in UNO, NATO und EU starke politische Differenzen gegeben, an deren Ende sich eben die „Koalition der Willigen“ und andererseits die „Achse Paris – Berlin – Moskau – Peking“ gegenüber standen. Erinnert werden darf hier an die pazifistischen Wutreden eines Joschka Fischer auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2003 an die Adresse von Verteidigungsminister Rumsfeld und an den „Nein zum Irakkrieg“-Wahlkampf von Schröder 2002.

Gemeinsam mit Frankreich führte Deutschland einen kleinen imperialistischen Block, welcher zwar innerhalb von EU und NATO in der Minderheit war, aber durch das strategische Bündnis mit Russland und China die USA in der UNO blockieren und so auch die NATO lahmlegen konnte.

Das deutsche „Nein“ zum Irakkrieg war nur ein taktisches Nein, praktisch konnten die US-Truppen alle deutschen Stützpunkte für den Krieg nutzen, der Aufbau einer internationalen Allianz gegen den US-Angriffskrieg offenbarte jedoch eine Spaltung innerhalb der imperialistischen Staaten auf. Zwei NATO-Staaten scherten auch praktisch aus der militärischen Disziplin aus: Belgien sperrte seinen Hafen Antwerpen und die Türkei verweigerte die Eröffnung einer Front im Norden des Irak.

Die Geschichte dieses Krieges ist schnell erzählt. Nach vielen Tagen von „embedded“-Berichterstattung aus Panzern in der einsamen Wüste ist Bagdad erreicht, der Luftraum ist ab dem ersten Tag unter US-Kontrolle. Von Massenvernichtungswaffen, Elitesoldaten und Häuserkampf ist nichts zu sehen, stattdessen gibt es den Sturz eines Denkmals des Diktators und dessen Ende am Strick des Imperialismus. Jenseits dieses Glitzersieges entwickelte sich jedoch ein heftiger Widerstandskampf gegen die Besatzung, gepaart mit Bürgerkrieg – in bald sechs Jahren Krieg und Besatzung wurden mehr als 650.000 IrakerInnen getötet.

Aus der „Koalition der Willigen“ rekrutierten die USA Besatzungstruppen für den Irak. Am Anfang waren neben der USA und Großbritannien auch Polen, Italien und Südkorea beteiligt. Der irakische Staat wurde in Besatzungszonen aufgeteilt. In der US-Propaganda wurden Vergleiche zum Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem 2. Weltkrieg gezogen, der Irak sollte in „Demokratie und Wohlstand“ geführt werden. Im Gegensatz zu den historischen Beispielen wurden im Irak die alten Eliten nicht übernommen. Die USA kooperierte mit den vormals politisch unterdrückten Bevölkerungsgruppen, den Schiiten im Süden und den Kurden im Norden. Schnell war die schiitische Bevölkerungsmehrheit auch politisch vorherrschend, verschiedene Organisationen mit der SCIRI an der Spitze erhoben Machtansprüche.

Während George Bush als „Kriegsgewinner“ seine zweite Wahl 2004 gewann, entwickelte sich im Irak zum einen ein Bürgerkrieg unter den Bevölkerungsgruppen und zum anderen der Widerstandskampf gegen die imperialistische Besatzung. Vom „Sieg“ der Invasoren 2003 war bereits 2005 nichts mehr zu sehen, die Besatzer verloren ganze Städte und Regionen an aufständische Milizen und führten nun innerhalb des Irak Krieg. Sowohl lokale sunnitische Milizen, wie auch schiitische Milizen (besonders die Al-Sadr Miliz) griffen offen die Stützpunkte der Besatzer an, führten untereinander Krieg und trieben die US-geführten Streitkräfte an den Rand  einer militärischen Niederlage.

Während dieser Zeit verließen die meisten anderen Besatzungsmächte, speziell die europäischen Staaten (Spanien, Italien, Polen) den Irak. Die USA mussten 2007 ihre Truppen um 35.000 SoldatInnen aufstocken, die USA veränderten auch ihre Besatzungstaktik. USA und Großbritannien zogen ihre Truppen aus den Städten und den umkämpften Regionen ab, verschanzten sich in hochgerüsteten Forts, Kampfhandlungen in Städten werden vermieden, stattdessen bombardiert die Luftwaffe aufständische Städte und Regionen. Großbritannien hat seinen Abzug für Ende des Jahres angekündigt, vom neuen US-Präsidenten Obama wird ebenfalls ein Abzugsplan erwartet, welcher dem US-Militär einen relativ friedlichen Abzug und Militärstützpunkte im Irak sichert.

3.7. Perspektiven für den Irak und Afghanistan

Nach fast einem Jahrzehnt des „Kriegs gegen den Terrorismus“ stellt sich die Lage für die beiden vom Imperialismus angegriffenen und besetzten Staaten höchst unterschiedlich dar. Während im Irak eine Allianz aus bürgerlichen schiitischen und kurdischen Eliten seit Jahren mit der Besatzungsmacht kollaboriert und jetzt gemeinsam mit Obama die „Machtübergabe“ zelebrieren wird – um als politisch, ökonomisch und militärisch US-kontrollierte Halbkolonie zu existieren -, findet in Afghanistan ein offener Krieg gegen die Besatzungsmächte statt, der sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft hat und weiter verschärfen wird.

Seit geraumer Zeit drängt die USA die NATO-Verbündeten, mehr Aufgaben in Afghanistan zu übernehmen. So musste auch Deutschland sein Kontingent erhöhen und neue Einheiten wie die Tornado-Luftaufklärer in den Osten Afghanistan, an die iranische Grenze verlegen, aber auch Truppeneinheiten für die schnelle Einsatztruppe der ISAF stellen. Allerdings war es für die NATO-Verbündeten einfacher, Präsident Bush zu widersprechen. Innerhalb der EU setzte sich der Kurs von Deutschland und Frankreich zum Irakkrieg durch. Jetzt wird Obama von allen NATO-Staaten alle Konzentration auf diesen Einsatz fordern. In Afghanistan entscheidet sich der Krieg des US- Imperialismus im Mittleren Osten. Verlieren die USA die Kontrolle über Afghanistan, könnte dies den Anfang weiterer Niederlagen in dieser Region einläuten.

Somit stehen auch die europäischen NATO-Staaten in der imperialistischen Pflicht. Eine Niederlage der US-geführten Invasion wäre auch das Ende der „ISAF-Schutztruppe“ und des Marionettenregimes mit Präsident Karsai an der Spitze. Es liegt daher im Interesse von USA und EU, Afghanistan weiter besetzt zu halten – zum einen, um dort einen Stützpunkt in Zentralasien zu haben; zum anderen, um den immer währenden „Krieg gegen den Terrorismus“ weiter führen zu können.

Die Lage in Afghanistan wird auch entscheidend sein für weitere imperialistische Angriffskriege in der Region. Eine Niederlage in Afghanistan erschwert mögliche Angriffe gegen den Iran und trägt zur weiteren Destabilisierung Pakistans bei.

Bei diesen Aufgaben befindet sich das imperialistische Bündnis in einer tiefen Krise. Seit dem Irakkrieg ist der – wenn auch hürdenreiche – Aufstieg des EU-Imperialismus unter der Führung Deutschlands und Frankreichs eine geostrategische Tatsache. Die EU formiert sich als global handelnder imperialistischer Akteur – nicht mehr nur auf ökonomischem Gebiet, sondern auch in der Außen- und Kriegspolitik. Gleichzeitig steuert das imperialistische Bündnis in die schwerste Weltwirtschaftskrise seit den 30er Jahren zu. Die Situation 2009 ist Ergebnis des ungebremsten Imperialismus seit 1990. Auf Konterrevolution folgten Krieg und Neuordnung der Welt, neue innerimperialistische Konkurrenz, Aufrüstung, Ausbeutung und Unterdrückung der halbkolonialen Staaten und Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit.

3.8. Konflikte innerhalb der NATO und Aufstieg des EU-Imperialismus

Natürlich gab es in der Geschichte der NATO auch schon Konflikte vor dem Irakkrieg 2003, zum Beispiel im Rahmen des zeitweiligen Austritts Frankreichs aus der Allianz. Für die aktuelle Situation sind aber speziell die Entwicklungen der letzten 10-20 Jahre entscheidend, insbesondere der Aufstieg des EU-Imperialismus.

Wie bereits erwähnt, führte die „Nein“-Kampagne von Deutschland und Frankreich 2003 zur politischen Spaltung der NATO. Gemeinsam mit Belgien und Luxemburg widersetzten sich Deutschland und Frankreich dem Willen der USA, deren Kontrolle über die NATO wurde erstmals  herausgefordert.

Dieser, sich gern als „Kerneuropa“ betitelnde Block, stimmte auch in der UNO gegen die Vorhaben der USA und bildete mit Russland und China einen gemeinsamen Block. Dieser Konflikt brachte auch die politischen Unterschiede in der EU deutlich zu Tage: unter der Führung von Großbritannien und Italien formierten sich die US-treuen EU-Mitglieder, welche die politische Führung durch Deutschland und Frankreich ablehnten. Viele dieser Staaten haben bilaterale Abkommen mit den USA in den Bereichen Sicherheitspolitik und Rüstung und sind wie Britannien ökonomisch von US-Investoren und dem US-Markt abhängig. Das Scheitern im Irak und der wachsende Widerstand in diesen Ländern (Spanien, Italien) gegen Krieg und Besatzung ließ diesen Block zerbröckeln. Selbst der „höfische“ Verbündete Großbritannien übte offen Kritik am Irakeinsatz, räumt seine Besatzungszonen (Basra) und kündigte den Abzug an.

Trotz dieser offenen Konflikte innerhalb der EU konnten Deutschland und Frankreich ihren Kurs einer imperialistischen EU fortsetzen, konnten mit Euro-Einführung und gemeinsamer Militär -und Rüstungspolitik wichtige Schritte für den EU-Imperialismus durchsetzen.

Die EU hat ihre imperialistischen Ziele in der Agenda von Lissabon klar formuliert. Ziel ist es, bis 2010 der profitabelste Wirtschaftsraum der Welt zu sein, attraktiv für ausländisches Kapital und mit der höchsten Ausbeutungsquote der imperialistischen Blöcke. Auch wenn dieses Ziel nur in Ansätzen erreicht wurde, so war und ist es eine klare Kampfansage an die bisherige Hegemonialmacht USA.

Die EU hat sich durch verschiedene Erweiterungsrunden bis an die Grenzen Russlands ausgeweitet. Osteuropa und die Balkanstaaten sind heute ökonomisch unterworfene halbkoloniale Staaten innerhalb der EU. Während der ökonomische Prozess den Euro als Konkurrenzwährung zum US-Dollar weltweit positioniert hat und europäische Großkonzerne und deren Interessen in Konkurrenz zur USA in Zentralasien, Afrika und Nahen und Mittlerem Osten auftreten, ist der politische Prozess einer imperialistischen EU mehrfach ins Stocken geraten. Dazu trugen neben den Sonderinteressen der nationalen Bourgeoisien auch der Widerstand der französischen, niederländischen und zuletzt der irischen Arbeiterklasse und Jugend gegen eine neoliberale und imperialistische EU bei.

Aktuell ist auch der „Reformvertrag“ – die Verfassung durch die Hintertür – durch das „Nein“ Irlands gescheitert. In Erinnerung sind noch die Hasstiraden der europäischen politischen Elite auf das Abstimmungsergebnis, welches die EU erneut lähmt. Ziel dieser Verträge ist die imperialistische Ausrichtung der EU, sowohl in der politischen Zielrichtung, wie auch in der politischen institutionellen Struktur.

Der Aufbau einer gemeinsamen europäischen Rüstungspolitik in den Kernbereichen Luftwaffe, Marine und Aufklärung (Satellitensystem) ist eine klare Kampfansage an die vorherrschenden anglo-amerikanischen Konzerne. Die Konkurrenz von Boeing und Airbus ist dafür beispielhaft. Die EU definiert stellvertretend für deren dominierende imperialistische Staaten geo-politische Ziele. Dazu gehört vor allem die politisch-ökonomische Unterwerfung der angrenzenden Regionen und Kontinente. An erster Stelle steht der Mittelmeerraum. Wer denkt, dass die EU sich hier nur Gedanken über Fischfangquoten macht, wird überrascht sein. Der Mittelmeerraum ist der geostrategische Zugang zur Welt, insbesondere die angrenzenden „Regionen“ Afrika und Vorderasien sind das Hauptinteresse der EU. Es geht um die beste Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Afrikas in Konkurrenz zu den USA und China. Diese imperialistische Tradition muss von der EU gesichert werden, daher sind auch „sichere Seewege“ (Stichwort: Kampf gegen Piraten) ein taktisches Ziel der EU-„Verteidigungs“politik. Die EU hat die ganze Welt zu ihrem Einsatzgebiet erklärt.

Noch im Jugoslawienkrieg waren die europäischen Mächte nicht in der Lage, gemeinsame Kontingente aufzustellen, sie waren abhängig von der NATO-Führungsmacht USA. Zu dieser Zeit gab es auch Kreise in den USA, die eine begrenzte gemeinsame europäische Militärpolitik befürworteten, um die USA zu entlasten. Als Konsequenz des Jugoslawienkriegs beschlossen die führenden EU-Staaten die Aufstellung gemeinsamer Truppen. Somit sollte die EU in der Lage sein, Konflikte in Europa in ihrem Interesse zu beenden. Ergebnis ist eine EU-Interventionstruppe (ERF), die bis zu 60.000 SoldatInnen innerhalb von 20 Tagen weltweit in den Krieg schicken kann. Davon sind aktuell einige Unterstufen erreicht – gemeinsame Truppenteile von Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark u.a. in der Größenordnung von ca. 10.000 SoldatInnen.

Die EU hat auch die ersten Einsätze in Europa und in Afrika hinter sich, neben den Protektoratsaufgaben in Mazedonien auch die „Wahlbeobachtungs-Mission“ im Kongo. Ebenso nimmt sie eine führende Rolle bei den „UNO“-Einsätzen im Libanon und im Tschad ein. Die Interventionen der EU im Georgienkrieg, die aktuellen Verhandlungen im Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine unter EU-Aufsicht und die massiven politischen Interventionen von Frankreich und Deutschland im Gaza-Krieg zeigen heute sowohl das gestiegene Gewicht der EU gegenüber den USA, wie auch die fortwährenden Schwächen des europäischen Bündnisses. Die sehr aktive Rolle der EU 2008 war auch einer aktiven imperialistischen Macht Frankreich geschuldet, die offen ihren Führungsanspruch aufzeigte. Obwohl die französische Ratspräsidentschaft durch das irische Nein keine institutionellen Erfolge verbuchen konnte, gelang es ihr, verstärkt als geopolitischer Akteur aufzutreten, speziell in Afrika und in Vorder- und Zentralasien.

Im Gaza-Krieg 2009 betrieben dann auch Frankreich und Deutschland keine gemeinsame Intervention, was sich auch in der EU-Position widerspiegelte. Weiterhin geschwächt bleibt die EU-Kommission gegenüber dem Ministerrat und deren Präsidentschaft. Der Außenbeauftragte Solana ist bei weitem kein EU-Außenminister, sondern vielmehr davon abhängig, ob er mit Sarkozy und Merkel Außenpolitik machen darf.

Während sich die EU ökonomisch in vielen Aspekten auf Augenhöhe mit den USA befindet und die anstehende Weltwirtschaftskrise speziell für die USA eine Bedrohung ihrer Führung bedeutet, ist die EU institutionell und militärisch noch weit entfernt von einem „gemeinsamen“ Imperialismus. Jede Stufe zur Formierung des EU Imperialismus bedeutet eine weitere Unterwerfung unter die deutsch-französische Führung, Unterwerfung unter die Profitinteressen und die Marktbeherrschung der deutschen und französischen Multis und einen weiteren Ausbau einer EU Bürokratie. Diese Bürokratie dient natürlich den verschiedenen nationalen Bourgeoisien zur Durchsetzung ihrer gemeinsamen Interessen gegen die europäische Arbeiterklasse, zu Sozialabbau, Privatisierung, Repression und Militarisierung in der EU. Aber diese Bürokratie ist eben nur Spiegelbild verschiedener nationaler Interessen. So dient sie sowohl zur Kompromissfindung der verschiedenen bourgeoisen Interessen, wie auch zur direkten Durchsetzung der Führungsmächte.

Nach verschiedenen Abstimmungsniederlagen waren die Agitatoren des EU-Imperialismus schnell mit dem Begriff eines „Kerneuropas“ unterwegs. Dieses sollte entschlossen voran gehen und wenn kleinere Nationen dies nicht wollten, müssten sie auch nicht länger Mitglied sein, die Führung der EU durch ein „Kerneuropa“ soll auch institutionell abgesichert werden. Das Konsensprinzip im Ministerrat wird zugunsten einer Mehrheit der bevölkerungsstärksten Staaten abgeschafft; praktisch bedeutet dies, ohne Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien geht nichts in der EU. Sollten diese zentralen institutionellen Vorhaben der EU nicht durchgesetzt werden, droht dem Projekt EU-Imperialismus ein jähes Ende, die EU-Institutionen blieben gegenüber den Nationalstaaten zurück, die Formierung einer imperialistischen EU wäre gescheitert.

Die Aufstellung eigener Truppen der EU hat die NATO geschwächt. Die EU betreibt in diesen Bereichen Militärpolitik ohne direkte Kontrolle der USA und bietet der UNO Einheiten für Einsätze wie im Libanon oder gegen die „Piraterie“ an – die EU, so scheint es, braucht die NATO nicht mehr. So kam es innerhalb der letzten Jahre auch immer wieder zu innerimperialistischen Kontroversen über die Ressourcenverteilung zwischen NATO und EU, über die Höhe der Rüstungsetats und mögliche „notwendige“ Aufrüstung der verschiedenen nationalen Streitkräfte.

Die EU hat durch Rüstungsprojekte in allen Militärsektoren erste Schritte zum Aufbau eines militärisch-industriellen Komplexes unter europäischer Führung begonnen, mit gemeinsamer Ausrüstung, einer gemeinsamen „Armee“ und vor allem einem gemeinsamen Interesse: nämlich die Vorherrschaft der USA und Großbritanniens in diesem Bereich anzugreifen und zu brechen.

Innerhalb der EU haben sich die imperialistischen Interessen von Frankreich und Deutschland durchgesetzt. Auch wenn diese wie bei der „Mittelmeerunion“ aufeinander prallen, gibt es doch derzeit keinen Herausforderer innerhalb der EU, um die Vorherrschaft von Paris und Berlin zu brechen; ökonomisch wäre dazu auch kein Staat in der Lage und die politischen Repräsentanten der anderen EU Staaten haben sich zumindest alle auf Verfassung und Reformvertrag eingeschworen und haben keine politische Alternative zum Aufbau eines EU-Imperialismus.

Im Fall einer weiteren Stärkung der EU wird das den Charakter der NATO grundlegend ändern. Die NATO wäre nicht mehr das einzige westliche imperialistische Militärbündnis, die EU würde als vollwertiger Konkurrent global auftreten. Über Frankreich verfügt die EU schon heute über eine atomare Bewaffnung sowie Flugzeugträger als entscheidende Systeme imperialistischer Kriegführung. Schon heute tritt die EU innerhalb der UNO als Truppensteller auf, im Tschad und im Libanon – auch dort in Konkurrenz zur NATO. Während die NATO nach dem Irakkrieg politisch geschwächt war, konnte die EU durch Schwächung des transatlantischen Bündnisses eigene globale Machtansprüche anmelden, meist durch die Repräsentanten der Führungsmächte Deutschland und Frankreich. So ist die EU heute als Repräsentant im „Nahostquartett“ vertreten, ebenso in den Verhandlungen mit Nordkorea und auch ein ständiger Sitz für die EU im UN-Sicherheitsrat wurde gefordert.

Die NATO wird ihren Charakter verändern, aber deswegen nicht ihre zentrale Rolle als imperialistische Agentur verlieren, schließlich verabreden hier die USA und die EU als imperialistische Blöcke zum einen ihre gemeinsamen Interessen zur ökonomischen und militärischen Unterwerfung der Halbkolonien, sowie auch gegen aufstrebende Regionalmächte wie China, Russland und Indien; aber genauso treten hier auch die offenen innerimperialistischen Widersprüche zu Tage. In der NATO bricht schon heute die Konkurrenz der Blöcke auf, gerade wenn es um die Staaten Zentralasiens geht. Hier besteht ein Wettbewerb zwischen EU und USA, der sozusagen unter der Schutzhülle der NATO ausgetragen wird. Dies war sehr gut beim Georgienkrieg zu beobachten, bei dem sich USA und die EU gleichermaßen aufdrängten und die EU am Ende den Zuschlag zur imperialistischen „Beobachtung und Sicherung“ bekam.

Die zunehmende Konkurrenz zwischen den USA und der EU zeigt sich auch in anderen internationalen imperialistischen Agenturen, wie der UNO, der Weltbank oder dem IWF. Gerade unter den Auswirkungen der kommenden Weltwirtschaftskrise wird das imperialistische Bündnis vor Konflikten stehen, in denen zum einen die imperialistischen Staaten vereint antreten müssen, in denen die widerstreitenden Interessen der Bündnispartner jedoch zugleich deutlicher hervortreten werden. Die Geschichte zweier imperialistischer Weltkriege ist Zeugnis dieser wechselhaften „Allianzbildung“ in der imperialistischen Epoche.

Immer deutlicher wird, dass die NATO keine Agentur eines einheitlichen „Super-Imperialismus“ oder eines „Empire“ ist, sondern eine widersprüchliche Bündnisstruktur, die einmal gemeinsam handeln kann, in deren Rahmen sich Konflikte noch auf politischer Ebene austragen lassen, die jedoch auch zunehmend mit der Eindämmung ihrer inneren Widersprüche überfordert ist.

4. Das Scheitern der kleinbürgerlichen Kämpfe gegen die NATO und ihre Ursachen

Die Geschichte der NATO ist auch eine Geschichte des Widerstandes gegen diese imperialistische Allianz. In vielen westlichen Ländern – insbesondere auch in der Bundesrepublik – haben sich riesige Massenbewegungen gegen die westliche Allianz gebildet. Trotz der Mobilisierung Hunderttausender, wenn nicht von Millionen, sind sie jedoch gescheitert.

Die Bewegung gegen die Wiederbewaffnung nach dem 2. Weltkrieg hat es nicht geschafft, die Aufstellung von „Streitkräften“ der Bundeswehr oder den Beitritt zur NATO zu verhindern.

Ende der 50er Jahre formierte sich die Bewegung gegen die Atombewaffnung und es entstand die Ostermarschbewegung, die bis heute mehr oder weniger ritualisiert Jahr für Jahr ihre Demos abhält. Aber schon in den 50er und 60er Jahren blieb diese Bewegung trotz einer wachsenden Teilnehmerzahl politisch schwach und isoliert.

Wurden diese Aktionen am Beginn noch von der SPD führend mitgetragen, so verdeutlicht die Hinwendung der Godesberg-SPD zur Akzeptanz der NATO als „Verteidiger von Freiheit und Demokratie“ die Niederlage dieser Bewegung. Erst mit dieser Wende machte sich die SPD „regierungsfähig“. Eine ähnliche Wende zu dieser Form des „Internationalismus“ wird heute auch von DER LINKEN als Vorbedingung zur Regierungsfähigkeit auf Bundesebene verlangt. Ironischerweise bezeichnen ja SPD-Vertreter heute die formelle Ablehnung der NATO durch die Linkspartei als „Nationalismus“.

Die Ostermärsche wurden zum politisch harmlosen Ritual, in dem sich die reformistischen „Friedensfreude“ aus der SPD-Linken und den Gewerkschaften (seit den 70er und 80er Jahren auch aus der DKP) folgenlos betätigen konnten.

Erst der Widerstand gegen die Notstandsgesetzgebung und die Solidarität mit Vietnam führte zu einer Protestbewegung, die weit in Gewerkschaften und SPD hinein reichte. Es war der Krieg des NATO-Landes USA, der viele junge Menschen veranlasste, sich politisch zu betätigen.

Zahlreiche neue Gruppierungen entstanden, in denen sich Tausende organisierten. Die Staats- und NATO-tragende Rolle der SPD eröffnete den Raum für eine Anti-Kriegsbewegung, die nicht nur Jugendliche, sondern auch Teile der Arbeiterklasse in Opposition zum Imperialismus brachten.

4.1. Die verhängnisvolle Rolle des linken Stalinismus

Ganz richtig erfassten viele in dieser Bewegung aktiv Gewordene die Notwendigkeit des Aufbaus revolutionärer Organisationen, um diesem System wirksamen Widerstand entgegensetzen zu können.

Aber die Organisationen, die auf „marxistisch-leninistische“ Politik, in Deutschland zumeist den Maoismus, sprich eine scheinbar radikalere, linkere Spielart des Stalinismus bauten, haben dabei kläglich versagt.

Vieler ihre Führer sind heute im bürgerlichen Sumpf versackt und gehören teilweise zu den reaktionärsten Apologeten von Angriffskriegen des Imperialismus und unterscheiden sich nur in Nuancen von der Kriegstreiberei der „antideutschen“ Strömungen.

In den siebziger Jahren haben die maoistischen Führer die chinesische Außenpolitik zur Anleitung  ihres Handelns gemacht. Die Sowjetunion sei demnach ein „staatsmonopolistischer Kapitalismus“, Sozialimperialismus und „sozialfaschistisch“ gewesen. Wurde anfangs noch von zwei Supermächten ausgegangen, deklarierte man schließlich die Sowjetunion als „Hauptfeind der Völker“. Folglich sollten sich auch die Staaten der „Zweiten Welt“ gegen sie verbünden. Die schlimmsten Auswüchse dieser Theorie verlangten gar einen Burgfrieden zwischen Proletariat und Bourgeoisie in der „Zweiten Welt“ und das Bündnis mit den USA.

Der Kommunistische Bund Westdeutschlands (KBW) forderte im Endstadium seines Verfalls ein „blockfreies Europa“ und stellt schließlich 1981 fest: „In Deutschland gibt es zwar Finanzkapital und dessen Herrschaft, es gibt auch Kapitalexport, aber einen deutschen Imperialismus gibt es nicht“ (H.G. Schmierer in: Kommunismus und Klassenkampf 6/81, S.29).

Zurecht sind diese Organisationen weitestgehend zerfallen. Allerdings haben sie in fast ebenso verheerender Form wie die herrschenden stalinistischen Bürokratien die revolutionären Antworten des Marxismus auf die imperialistische Bedrohung diskreditiert. Antiimperialistische Politik muss sich heute auch von diesen Karikaturen des „Anti-Imp“-Populismus distanzieren.

4.2. Bellizismus und Menschenrechtsimperialismus der GRÜNEN

Die GRÜNEN, entstanden aus Teilen der Umweltbewegung, Alternativen Listen und Teilen der maoistischen Organisationen, gaben sich ein „Anti-Kriegs“-Image (besonders durch die Gründungsmitglieder Bastian und Kelly). Es dauerte aber kaum ein Jahrzehnt, bis diese Partei, einhergehend mit heftigen Fraktionskämpfen, zu einem ideologischen und auch personellen Eckpfeiler der militärpolitischen Bestrebungen des BRD-Imperialismus und der NATO wurde.

Wesentliche Merkmale dieser Entwicklung sind:

• Aggressionskriege aus „humanitären Gründen“, sogenannte „humanitäre Interventionen“ seien erlaubt, ja sogar notwendig. Dieser „Menschenrechts-Imperialismus“ spielte eine wesentliche Rolle in der Begründung des Jugoslawien-Krieges.

• Eingeschränkte Souveränität von halbkolonialen Staaten; zunächst wurde hier der Begriff der „Failed states“ benutzt, der eine zentrale Rolle auch im „Krieg gegen den Terrorismus“ spielt;

• Heute haben wir es mit einer Art „vorgelagerter Vaterlandsverteidigung“  zu tun, die im Namen der Verteidigung von „Werten“ der „abendländischen Zivilisation“ agiert. Erinnern wir uns an Truman, der im Namen der „freien Welt“ den Kampf gegen die „kommunistische Bedrohung“ führte. Bei den Protagonisten des Imperialismus ist dies nichts Neues.

Mit  den GRÜNEN gelang es, einen Großteil der kleinbürgerlichen Oppositionsschichten wieder ins bürgerliche Lager zu ziehen, um dann als mitregierender Partner eine treibende Rolle für den Bellizismus der rot/grünen Regierungen zu spielen.

4.4. DGB und DIE LINKE

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben der DGB und seine Einzelgewerkschaften aufgrund der Dominanz der SPD immer wieder deren Pro-NATO-Kurs mitgetragen oder jedenfalls die Kritik auf SPD-verträgliches Niveau begrenzt.

Hinzu kommt, dass die DGB-Gewerkschaften und zuvorderst die IG-Metall zur Rüstungsindustrie eine zwiespältige Haltung einnehmen. Neben pazifistisch geprägten Erklärungen und Aufrufen der Gesamtorganisation wird gegenüber der Rüstungsindustrie selbst ein „weicher Kurs“ gefahren. Wenn es um die eigentliche Produktion geht, fordern auch IGM-Betriebsräte in Rüstungsbetrieben mehr Aufträge.

Zugleich gibt es aber es durchaus Beschlüsse, Unterschriftensammlungen, Teilnahme an Demonstrationen, die sich gegen Kriegseinsätze, Aufrüstung der Bundeswehr o.a. militaristische Projekte richten. Was fehlt, sind Aktionen gegen den Krieg oder die Bereitschaft, das Mittel des politischen Streiks gegen Kriege einzusetzen. Das war so gegen die Remilitarisierung, gegen die Nachrüstungsbeschlüsse, gegen den Jugoslawien-Krieg, gegen den Afghanistan-Krieg.

Im seinem Grundsatzprogramm führt der Deutschen Gewerkschaftsbund 1996 an:

„Die Gewerkschaftsbewegung setzt sich dafür ein, dass die Menschenrechte universelle Geltung gewinnen. Soziale, ökonomische und ökologische Konflikte müssen auf zivilem Wege ohne militärische Gewalt gelöst werden.“ (23)

Ganz ähnlich argumentiert die Partei DIE LINKE. Die Ablehnung von Kriegs- und Bundeswehreinsätzen im Ausland, die Forderung nach „Auflösung der NATO“ unterscheidet DIE LINKE – wie ihre Vorläufer WASG und PDS – von allen anderen Bundestagsfraktionen. Es ist gerade diese Haltung, die sie in den Augen der herrschenden Klasse trotz aller Bekenntnisse zur Marktwirtschaft, zum Grundgesetz und ihrer Umsetzung neoliberaler Angriffe in Landesregierungen ungeeignet macht, auf nationaler Ebene mitzuregieren.

Bekanntlich gibt es durchaus gewichtige Teile der Linkspartei, die durch ihr Bekenntnis zur „Solidarität mit Israel“ oder „Nachdenken“ über UN-mandatierte „Friedensmissionen“ wie in Darfur auch diese Position schleifen wollen. Die Mehrheit der Parteiführung und der Parlamentsfraktion hält jedoch noch an einem, wenn auch durch und durch pazifistischen, „Friedenskurs“ bei.

„Die Linke ist der Meinung, dass das Militärbündnis NATO überwunden werden muss, um Frieden zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind heute zwei Wege in der öffentlichen Debatte: Entweder die NATO wird aufgelöst – wie es die Linke vorschlägt – und durch ein regionales, nichtmilitärisches Sicherheitssystem ersetzt, oder die NATO wandelt sich selbst in einem tief gehenden Prozess in eine echte, ebenfalls nichtmilitärische Sicherheitsorganisation um. Davon ist sie heute weit entfernt. Der globale Machtanspruch der NATO ist abzulehnen. Die globalen ordnungspolitischen Vorstellungen und Ziele der NATO laufen auf Ausbau und Sicherung der westlichen Hegemonie hinaus, um deren Interessen auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Einseitige Interessendurchsetzung anstelle eines Interessenausgleichs schafft Spannungen, permanente Instabilitäten, Konflikte und Kriege – gerade die jüngste Eskalation im Kaukasus-Konflikt zeigt das. (…)

Die Linke setzt sich dafür ein, der UNO als einzigem globalen System kollektiver Sicherheit endlich die zentrale Funktion einzuräumen, die sie laut UNO-Charta haben müßte: die materielle Ausübung des globalen Gewaltmonopols. (…)

Wie die UNO dieses Recht wahrnehmen und welche Fähigkeiten sie dafür benötigen wird, darüber ist zu diskutieren. Wer eine gestärkte UNO will, kann sich dieser Auseinandersetzung nicht entziehen. Auch wenn das UNO-System viele Widersprüche birgt, ist es für die friedliche Lösung alter und neuer globaler Fragen alternativlos.

Das bedeutet auch, sich für eine institutionelle Reform der UNO einzusetzen. Im Mittelpunkt muß der UN-Sicherheitsrat stehen. Er ist deutlicher Ausdruck der strukturellen Machtasymmetrie innerhalb der UN-Strukturen, die beseitigt werden muß, um die Autorität und Glaubwürdigkeit der UNO wiederherzustellen.“ (24)

Ganz ähnlich argumentiert auch die „Friedensbewegung“, deren politische Hauptbestandteile links-sozialdemokratische Gewerkschafter, Linkspartei und DKP sind:

„Um unsere Vision einer friedlichen Welt zu erreichen, lehnen wir militärische Antworten auf globale und regionale Krisen ab – sie sind Teil des Problems und nicht der Lösung. Wir weigern uns, unter dem Terror von Atomwaffen zu leben, und widersetzen uns einem neuen Rüstungswettlauf. Wir müssen die Militärausgaben reduzieren und die dadurch frei werdenden Ressourcen zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse einsetzen. Alle ausländischen Militärstützpunkte sind zu schließen. Wir lehnen alle militärischen Strukturen ab, die für Militärinterventionen genutzt werden. Wir müssen die Beziehungen zwischen den Völkern demokratisieren und demilitarisieren und neue Formen der friedlichen Zusammenarbeit einrichten, um eine sicherere und gerechtere Welt zu schaffen. (…) Wir glauben daran, daß eine friedliche Welt möglich ist.“ (25)

In diesen Aufrufen finden sich einige wesentliche Grundfehler des Reformismus und der von ihr geführten „Friedensbewegung“ wieder.

a) wird ohne jede Analyse, ja oft wider eigene Beschreibungen und besseres Wissen der innere Zusammenhang von militärischen Strukturen, Bündnissen, Allianzen und den ökonomischen und politischen Interessen der kapitalistischen Staaten und der dortigen Kapitale getrennt. So wird dem „militärischen Einsatz“ gern eine nicht näher definierte „zivile Konfliktlösung“ entgegengestellt, ohne dass die Klasseninteressen der Konfliktparteien zur Kenntnis genommen werden. Daher kann in solchen Aufrufen auch immer wieder die UNO als angebliche „zivile“ Alternative zur NATO oder gar zur Politik der Großmächte ins Feld geführt werden.

Dabei wissen die AutorInnen solcher Texte sehr genau, dass die UNO imperialistische Krieg offen proklamiert hat, dass sie Embargos gegen halbkoloniale Staaten wie den Irak verhängte, die zum Tod 100.000er führten, um nur einige Verbrechen dieser imperialistischen Institution zu nennen. DIE LINKE geht hier im „Reformeifer“ gar so weit, nahezulegen, dass die NATO allen Ernstes zu einer „echten nicht-militärischen Sicherheitsorganisation“ werden könne.

In den pazifistischen Aufrufen wird zwar nicht unbedingt die ökonomische Grundlage von imperialistischen Interventionen, von Bündnissen wir der NATO geleugnet. Es wird aber unterstellt, dass auf dieser Grundlage – des kapitalistischen Weltsystems zumal in seinem imperialistischen Stadium – eine andere, nicht von Interessen der Großmächte geprägte Politik, eine Politik, die nicht auf die Durchsetzung ihrer Interessen mit Waffengewalt, Militärbündnissen (unter welchem Vorwand auch immer) möglich wäre.

Hier liegt der erste Betrug und analytische Fehler, der – teils aus „echter“ Überzeugung von bürgerlichen Theorien, teils sogar wider besseres Wissen – proklamiert wird.

Dabei ist es genau diese Sicht, die es den Reformisten und Pazifisten im Ernstfall ganz einfach ermöglicht, von der „Friedensposition“ und vom Pazifismus zur Vaterlandsverteidigung oder zum Unterstützer imperialistischer Kriegszüge umzuschwenken.

Im obigen Zitat der Linken (und auch der Gewerkschaften) ist das schon angelegt. So setzen sich die Gewerkschaften für die „universelle Geltung der Menschenrechte“ ein. DIE LINKE will „Interessensausgleich“ statt „einseitiger“ Durchsetzung. Doch was passiert, wenn sich ein Staat partout weigert, die „Menschenrechte zur Geltung“ bringen zu lassen? Was passiert, wenn sich einer dem „Interessensausgleich“ widersetzt?!

DIE LINKE setzt sich dafür ein, „der UNO als einzigem globalen System kollektiver Sicherheit endlich die zentrale Funktion einzuräumen, die sie laut UNO-Charta haben müßte: die materielle Ausübung des globalen Gewaltmonopols.“ Damit hat sie schon eine Brücke zu den „humanitären“ Begründungen der jüngsten Kriege gebaut, von der sie sich vorgeblich absetzen wollte.

Wer vom Klassencharakter der jeweiligen Kriege nicht reden will, landet also flugs dabei, den Klassencharakter der imperialistischen Institutionen wie der UNO zu verklären, diese als „alternativlos“ hinzustellen und ansonsten steif und fest zu behaupten, dass „Krieg kein Mittel der Politik“ sein dürfe.

b) Gewerkschaftsbürokratie, DIE LINKE, DKP und die pazifistische Friedensbewegung haben nicht nur eine falsche Analyse, die eine Brücke zum Übergang zur Unterstützung imperialistischer Kriege bietet.

Auch wenn sie „hart“ bleiben, also „humanitäre“ Interventionen ablehnen, so macht sich das Fehlen jeder Klassenanalyse darin bemerkbar, dass als Alternative zur militärischen Intervention nicht die Unterstützung des Widerstandes, der Klassenkampf gegen die militärischen, politischen und wirtschaftlichen Kriegsziele des Imperialismus vorgeschlagen wird.

Vielmehr basteln die reformistischen Führungen der Friedensbewegung dann an allerlei „Konfliktlösungsmodellen“, Ideen zur Verbreitung der „Zivilisation“ und der Handels- und sonstigen Wirtschaftsinteressen „unserer“ Wirtschaft herum, die die herrschende Klasse, oder jedenfalls einen Teil davon überzeugen sollen, dass sich „Frieden“ für die Verfolgung ihrer Geschäftsinteressen mehr auszahlt als „kostspielige“ Kriege.

Daher wird die politische Harmlosigkeit vieler Aufrufe der „Friedensbewegung“ auch dadurch gerechtfertigt, dass so auch „liberale“ Pfarrer, ja selbst „kritische“ Offiziere der Bundeswehr mitmachen könnten.

Kurzum, die reformistische Friedensbewegung will keine Klassenpolitik, keine Mobilisierung der Arbeiterklasse und der Jugend gegen den Imperialismus, sondern eine Volksfront, eine klassenübergreifende Front aller Klassen, die sich aus „Vernunftgründen“ und nicht aufgrund ihres Klasseninteressens dem gemeinsamen Anliegen anschließen sollen.

c) Die bürgerliche, reine „Friedenspolitik“ ist daher regelmäßig Betrug und zudem unwirksam. Um die avisierten, wenn auch selten wirklich überzeugbaren „bürgerlichen Partner“ zu finden, verzichtet die reformistische Bewegung erstens auf die Solidarität mit den Befreiungsbewegungen, mit dem Widerstand gegen die imperialistischen Besatzer. Zweitens verzichtet sie auch gern auf klare Minimalforderungen, um die Druck aufgebaut werden könnte. So finden sich z.B. in fast allen Aufrufen die Forderung nach „Abschaffung der NATO“. Zweifellos ein richtiges Ziel. Doch wer soll das tun? Ein offensichtlicher Weg dazu, der noch gar keine große revolutionäre Überzeugung verlangt, wäre der Austritt auf dem Bündnis (wie aus allen anderen militärischen Pakten). An einer solchen unmittelbaren Forderung, die sich direkt an und gegen die Bundesregierung richten würde, an der alle ParlamentarierInnen der Linkspartei oder der SPD sofort gemessen werden könnten, für die sofort eine konkrete Kampagne initiiert werden könnte, wollen aber weder Linkspartei noch linke Gewerkschaftsbürokratie oder die von ihnen ausgehaltenen, selbsternannten „Sprecher“ der Friedensbewegung wie der „Kasseler Ratschlag“.

Drittens lehnt die „Friedensbewegung“ Klassenkampfmethoden gegen die NATO, gegen die Bundeswehr – politische Streiks, Blockaden usw. usf. – ab. Das Problem zeigt sich dann aber regelmäßig, wenn es große politische Demonstrationen gibt, wie z.B. gegen den NATO-Doppelbeschluss. Über eine Million demonstrierten – die Raketen wurden trotzdem stationiert, weil sich die imperialistische Bourgeoisie durch Proteste, die letztlich nur symbolisch sind, von keinem zentralen politischen Ziel abbringen lässt. Die Friedensbewegung hatte aber mit friedlichen Massendemos ihr taktisches Arsenal ausgeschöpft und war aufgrund ihrer Führung nicht bereit, weiter zu gehen.

Viertens kann die NATO, kann jede Form imperialistischer Kriegspolitik, von Aufrüstung bis zum Vernichtungskrieg nur durch den Klassenkampf gegen die eigenen, herrschende Klasse bekämpft werden. Es gibt daher – anders als die Friedensbewegung durch ihre Trennung von Politik und Militär/Krieg – keinen vom Klassenkampf getrennten, „separaten“ Friedenskampf. Unser  Friedenskampf heißt Klassenkampf, heißt Kampf gegen das kapitalistische, imperialistische Weltsystem. Dieser Kampf kennt eine Alternative zur lächerlichen Hoffnung auf „Reformen“ der UNO oder gar der NATO, er kennt eine Alternative zum Beschwören eines „friedlichen Zusammenlebens“, ohne die Klassen- und Herrschaftsverhältnisse zu bekämpfen, die den Krieg erst hervorbringen.

Diese Alternative ist der revolutionären Sturz des bestehenden Systems und die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse: die proletarische Weltrevolution!

5. Revolutionäre Strategie im Kampf gegen die NATO!

Eine revolutionäre Strategie im Kampf gegen die NATO darf nicht, wie die Reformisten und Pazifisten von Illusionen oder falschen Hoffnungen auf „friedfertige“ Fraktionen der herrschenden Klasse ausgehen. Sie muss von einem Verständnis der imperialistischen Weltsystems als politischer und ökonomischer (und damit auch militärischer) Gesamtheit ausgehen.

Es reicht dabei natürlich nicht, sich damit zu begnügen, nur das Wesen des Imperialismus und des Kapitalismus darzustellen. Es ist auch notwendig, die Hauptcharakteristika der gegenwärtigen Periode zum Ausgangspunkt zu machen.

Die aktuelle Lage markiert einen Wendepunkt in der historischen Entwicklung. Wir haben es nicht nur mit einer historischen Krise der Globalisierung, der letzten Periode der imperialistischen Entwicklung zu tun, sondern überhaupt mit einer historischen Krise des Kapitalismus. Die beginnende Weltwirtschaftskrise prägt die gesamte Weltlage.

Ein für das Verständnis der Entwicklung der NATO und damit auch der imperialistischen Mitglieder zentraler Aspekt ist, dass wir – neben einer fortgesetzten Kooperation gegen gemeinsame Rivalen und die unterdrückten, halbkolonialen Länder und Nationen – einer Periode zunehmender Rivalität, verschärfter Gegensätze zwischen den imperialistischen Staaten und sich formierenden Blöcken entgegengehen.

Wir gehen einer Periode entgegen, die die Frage von Krieg, Konterrevolution und proletarischer Revolution, von Sozialismus oder Barbarei direkt aufwerfen wird.

Das ist der Grund, warum allen Hoffnungen auf „Friedensprogramme“, die UNO, „Abrüstungskonferenzen“, allen „Friedensbeschwörungen“ der imperialistischen Staaten eine klare Absage erteilt werden muss.

• Gegen alle imperialistischen Allianzen! Gegen den deutschen, österreichischen und den EU-Imperialismus!

RevolutionärInnen treten für den gemeinsamen Kampf aller Kräfte der Arbeiterbewegung und der Unterdrückten gegen alle imperialistischen Allianzen und Bündnisse – ob NATO, WEU, Shanghai-Club – ein. Für die Auflösung von NATO und WEU! In Deutschland und allen anderen Ländern, die Mitglied in NATO oder WEU sind, treten wir für den sofortigen Austritt aus diesen Bündnissen ein! Für den Austritt Österreichs aus der NATO-Initiative Partnership for Peace!

• Abzug aller imperialistischen Kriegs- und Besatzungstruppen und ihrer Verbündeten!

Wir bekämpfen alle Interventionen, Kriege, Truppenstationierungen der BRD, der NATO, der EU, der USA, Russlands oder sonstiger imperialistischer Staaten – egal, ob mit oder ohne Rückendeckung der UNO. Wir treten für den sofortigen Abzug aller im Ausland stationierten Truppen ein! Wir lehnen alle Kriegseinsätze wie in Afghanistan, aber auch alle anderen imperialistischen Intervention sei es zur „Friedenssicherung“, zur „Überwachung“ von „Friedensabkommen“ oder Wahlen, (wie im Libanon oder in Afrika) oder unter dem Vorwand der Bekämpfung der Piraterie (wie am Horn von Afrika) ab.

• Solidarität mit dem Kampf der unterdrückten Nationen und Völker gegen NATO-Krieg und Besatzung!

Anders als die Pazifisten und Reformisten gehen wir davon aus, dass der Kampf gegen imperialistische Intervention – einschließlich des Bürgerkriegs, des bewaffneten Aufstandes oder nationalen Verteidigungskrieges – legitime Formen des Kampfs unterdrückter Nationen oder halb-kolonialer Staaten sind. Diese verdienen die Solidarität und Unterstützung der Arbeiterklasse aller Länder, v.a. der imperialistischen, einen reaktionären Krieg führenden Staaten. Daher treten wir z.B. in Afghanistan für die Niederlage der NATO und der Bundeswehr in Afghanistan und den Sieg des Widerstandes ein, auch wenn wir mit den Taliban und vielen anderen islamistischen oder nationalistischen Widerstandsgruppen politisch nichts gemein haben und diese auf politischer Ebene bekämpfen. Das gleiche gilt im Konfliktfall zwischen den EU-Truppen – inklusive den österreichischen Soldaten – und der Rebellenbewegung im Tschad.

Neben der Solidarität mit dem Widerstand ist der Kampf gegen die Kriminalisierung des Widerstands hier eine zentrale Aufgabe jeder Anti-Kriegsbewegung, die diesen Namen verdient! Weg mit dem Verbot von Befreiungsbewegungen und aller Organisationen, die Widerstand gegen den Imperialismus leisten! Weg mit den EU-Terrorlisten, weg mit allen Paragraphen zur Kriminalisierung des Widerstandes wie 129 a/b in der Bundesrepublik!

• Keinen Menschen, keinen Cent für die Bundeswehr! Kampf dem zunehmenden Militarismus!

Die Bundeswehr ist nicht nur Teil der NATO, sie ist eine imperialistische Armee. Wir bekämpfen deren Umstrukturierung zur Eingreiftruppe. Wir lehnen jede Zustimmung zum Verteidigungshaushalt und zur Finanzierung der Bundeswehr ab. Alle Abgeordneten der Arbeiterbewegung müssen ihre Zustimmung dazu verweigern! Wir lehnen auch halbherzige und illusorische Losungen wie Rückführung der Bundeswehr auf Verteidigungsaufgaben ab, weil sei suggerieren, dass es so etwas wie „gerechtfertige“ Verteidigungsvorhaben des deutschen Imperialismus geben könnte. Gleiches gilt natürlich auch für das Bundesheer in Österreich

Aber wir haben auch nicht die Illusion, dass die Bundeswehr einfach „abgeschafft“ werden könne. Sie muss – wie der bürgerliche Staatsapparat insgesamt – zerbrochen, zerschlagen werden.

Auch wenn wir das Recht auf Wehrdienstverweigerung verteidigen, so lehnen wir dieses als Mittel zur Bekämpfung des Militarismus ab. Vielmehr ist es notwendig, auch in der Armee den Kampf gegen die bürgerliche Disziplin und das Kommando zu führen – durch die Organisierung der Grundwehrdienstleistenden und einfachen Soldaten, um so die Kommandostruktur zu schwächen und zu unterminieren.

Am dem Schulen und Unis, in der Öffentlichkeit sind Propaganda, Aufklärung und Aktionen zur Entlarvung der „Friedensabsichten“ der Bundeswehr, die Organisierung der Jugend in einer anti-militaristischen, revolutionären Jugendbewegung notwendig!

Wir fordern außerdem die entschädigungslose Enteignung der Rüstungsindustrie unter Arbeiterkontrolle und die Umstellung auf zivile Produktion ohne jede Entlassung und bei Umschulung der Beschäftigten bei vollen Bezügen.

• Methoden des Klassenkampfes gegen imperialistischen Krieg, NATO und Militarismus!

Großdemonstrationen sind wichtige Sammlungspunkte des Widerstandes und der Solidarität im Kampf. Aber allein sind sie eine sehr eingeschränkte Waffe, die letztlich kein Projekt der Herrschenden stoppen wird.

Wir treten für den Aufbau einer Massenbewegung der Arbeiterklasse und der Jugend ein, die Methoden des Klassenkampfes Streiks, Blockaden, Besetzungen anwendet – sei es zur Verhinderung des Nachschubs für Auslandstruppen oder gegen die Propagandaoffensive der Bundeswehr an Schulen.

Vor allem aber heißt das, dass der Kampf gegen NATO, Imperialismus und Militarismus nur im Rahmen einer Gesamtstrategie des proletarischen Klassenkampfes im Rahmen eines revolutionären Programms von Übergangsforderungen, das eine Brücke weist von den aktuellen Verteidigungskämpfen zum Kampf für die sozialistische Revolution, möglich und effektiv ist.

Die Rezession wird die Konkurrenz um Profite, Ressourcen und Märkte weiter verschärfen, die immensen Verluste der nationalen Bourgeoisien lassen verstärkte Angriffe von Staat und Kapital auf die Arbeiterklasse und die Jugend für die nächsten Jahre erwarten, wie auch den weiteren Zusammenbruch kompletter Volkswirtschaften.

Innerhalb der imperialistischen Mächte ist schon heute der Wettlauf entbrannt, wer die Hauptlasten der Krise tragen muss und wie sie am besten auf die Halbkolonien abgewälzt werden können und natürlich auch, wer am meisten von der Krise profitieren könnte. Es stellt sich die Frage des Endes der US-amerikanischen Vorherrschaft und des Aufstiegs der EU zur Weltmacht.

Gemeinsam werden USA und EU ihre Institutionen zur politischen, ökonomischen und militärischen Unterdrückung gegen alle Ausgebeuteten und Unterdrückten einsetzen: ob NATO, IWF oder Weltbank. Gemeinsam werden sie vielleicht eine neue „Weltfinanzagentur“ zur Knebelung und Kontrolle aller Schuldner ausarbeiten, genau wie sie gemeinsam Angriffskriege und Sanktionen mithilfe von NATO, UNO und EU beschließen können.

Dieser internationalen imperialistischen Zuspitzung müssen alle InternationalistInnen und AntiimperialistInnen weltweit ihren Widerstand entgegen setzen! Wir müssen diese Krise und die mögliche militärische Niederlage des „Kriegs gegen den Terrorismus“ in einen Sieg über den Imperialismus umwandeln, in einen Sieg über Krieg, Hunger, Unterdrückung und Ausbeutung. Anstelle der imperialistischen „Anarchie“ der Konkurrenz um Weltmacht müssen wir die „Gesellschaft der freien Produzenten“, die Gesellschaft gleicher und freier Menschen aufbauen. Für diesen Kampf brauchen wir eine revolutionäre antiimperialistische internationale Organisation – eine neue Weltpartei der sozialistischen Revolution, eine neue Fünfte Internationale, welche gemeinsam mit den unterdrückten halbkolonialen Völkern und der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Staaten die Herrschaft der Bourgeoisie bricht und damit die Menschheit vor einer neuen Epoche imperialistischer Kriege bewahrt.

Fußnoten

(1) Leo Trotzki 1917: Der Pazifismus – Wasserträger des Imperialismus

(2) Trotzki

(3) Trotzki

(4) Zu unserer Analyse der bürokratischen Konterrevolution und ihren Ursachen vergleiche: Revolutionärer Marxismus 32, 2001

(5) “Manifest der IV. Internationale zum imperialistischen Krieg und zur proletarischen Weltrevolution)

(6) Manifest der IV. Internationale zum imperialistischen Krieg und zur proletarischen Weltrevolution).

(7) „Die Expansion des Stalinismus nach 1945“, RM 32, 2001

(8) Ebenda

(9) Ebenda

(10) Die Expansion des Stalinismus nach 1945“, RM 36, 2001

(11) Quelle: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland. Ergänzungsblatt Nr. 1, S. 13-20

(12)    http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/ Nachkriegsjahre_vertragPots-damerAbkommen/index.html

(13) RM 30, IWF-Krisenverwalter für den Imperialismus

(14) Churchill

(15) Rede von US-Präsident Harry S. Truman am 12. März 1947 vor beiden Häusern des Kongresses

(16) http://www.staatsvertraege.de/natov49.htm

(17) http://www.un.org/documents/sc/res/1950/scres50.htm

(18) Ebenda

(19) Zitiert nach: http://de.wikipedia.org/wiki/Wiederbewaffnungsdiskussion

(20) Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, Weltgeschichte 2, Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, Orell Füssli Verlag, Zürich 1997, S. 257 )

(21) „Geschichte der NATO“, http://www.gerline.de/wb/pages/1970–1980.php)

(22) Angaben nach Wikipedia

(23) Gewerkschaftsbeschlüsse zitiert nach: Friedensbewegung und 11.September- Friedensbewegung und Gewerkschaften – Teamwork gegen Kriegseinsätze-Gewerkschafter gegen Krieg von Anne Rieger,

http://www.frieden-und-zukunft.de/netzwerk/IGM/Artikel-Rieger-Friedensforum-03-02.htm.

(24) Diskussionspapier zu den Themen NATO und Militäreinsätze von der Bundestagsfraktion der Linkspartei im November 2008)

(25) Aufruf: Nein zum Krieg – Nein zur NATO- Aufruf wurde am 5. Oktober 2008 auf einer internationalen Konferenz der Friedensbewegung in Stuttgart beschlossen

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