Arbeiter:innenmacht

Weder Putin noch NATO! Frieden für die Ukraine! Aber wie?

Flugblatt von Arbeiter:innenmacht und REVOLUTION zur Kundgebung „Aufstand für Frieden“, Infomail 1214, 25. Februar 2023

Der barbarische Angriff Russlands auf die Ukraine jährt sich. Weit über 100.000 Tote hat der Krieg in nur einem Jahr gefordert. Rund 15 Millionen Menschen – ein Drittel der Bevölkerung – wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land oder in ganz Europa.

Ein Ende der Barbarei scheint nicht in Sicht – und die Gefahr, dass sich der Krieg zum Flächenbrand ausweitet, ist längst nicht gebannt. Kein Wunder, dass Millionen Menschen, die sich mit der Bevölkerung der Ukraine solidarisieren, ihr Recht auf Widerstand durchaus anerkennen, fragen, wie es weitergehen soll. Sie fragen sich: Wie kann die Konfrontation zwischen Russland und den westlichen Großmächten, insbesondere der USA, aber auch Deutschland und der EU gestoppt werden? Und wer soll das tun? Die Großmächte, die diesen Krieg selbst direkt verursacht oder maßgeblich befeuert haben? Wie soll ein „Frieden“, der von ihnen ausgehandelt wird, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung bringen?

Unserer Meinung nach geht es darum, eine internationale Antikriegsbewegung aufzubauen. Eine solche müsste die Arbeiter:innenklasse und die Linke im Westen, die Lohnabhängigen und fortschrittlichen Kräfte in der Ukraine und die Antikriegsbewegung in Russland umfassen. Es müsste eine Bewegung sein, die sich keiner imperialistischen Gruppierung unterordnet. Dazu ist es notwendig, den Charakter des Kriegs und seine verschiedenen Aspekte zu verstehen.

Nein zu Putins Krieg!

Die Invasion und Besatzung von rund 20 % der Ukraine durch den russischen Imperialismus haben einen Krieg entfacht, für den es keine Rechtfertigung gibt. Die russische Armee und die bezahlten Söldner:innen Putins haben in der Ukraine nichts verloren. Alle Rechtfertigungen für den lange als „Spezialoperation“ verharmlosten Einmarsch erwiesen sich von Beginn an als Lügen. Es geht nicht um den Kampf gegen den „Faschismus“, dem so manche Gefolgsleute des russischen Regimes selbst gefährlich nahekommen. Es geht schon gar nicht um die Befreiung eines „Brudervolkes“, dessen nationale Existenz von Putin persönlich als Erfindung abgetan wird.

Dem Regime Putin ging es nur um eines: die ökonomischen und geostrategischen Interessen des russischen Imperialismus. Dafür nahm er in Kauf, ein ganzes Land in Schutt und Asche zu legen. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung von Russland nichts mehr wissen will.

Das Ringen um die Ukraine

Zweifellos, Putin tritt das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit Füßen. Niemand kann der Bevölkerung ihr Recht abstreiten, sich gegen die Invasion, die Bombardierungen, den Artilleriebeschuss, willkürliche Morde und Vergewaltigungen zur Wehr zu setzen.

Doch der Krieg ist zugleich auch Teil eines globalen, imperialistischen Konflikts, der seit Jahrzehnten von den USA, der NATO, aber auch von Deutschland und der EU aktiv geschürt und vorangetrieben wurde. So waren z. B. am prowestlichen Regimewechsel 2014 auch deutsche Politiker:innen maßgeblich beteiligt.

Mit dem Einmarsch in die Ukraine versuchte Russland militärisch, eine Einflusssphäre zurückzuholen, die es aufgrund seiner ökonomischen Schwäche schon weitgehend an den Westen verloren hatte. Ironischerweise hat die Barbarei der Putintruppen jedoch genau das beschleunigt, was sie eigentlich verhindern sollten: die stärkere Westanbindung der Ukraine, Ausdehnung und Aufrüstung der NATO.

Der Krieg beinhaltet daher nicht nur Aspekte der berechtigten nationalen Selbstverteidigung, sondern auch eines Stellvertreter:innenkriegs.

Imperialistische Konfrontation

Die Regierung Selenskyj erweist sich auch im Krieg als verlässliche Verbündete des Westens. So berechtigt die Selbstverteidigung gegen die russischen Truppen auch ist, so wenig dürfen wir die Augen vor den nationalistischen und arbeiter:innenfeindlichen Zielen der Regierung in Kiew verschließen. Für sie geht es nicht nur um die Selbstverteidigung des Landes, sondern auch Rückeroberung der Volksrepubliken und der Krim, wie (un)realistisch das auch erscheinen mag. Sie öffnet sich die Ukraine weiter dem westlichen Kapital und den ukrainischen Oligarchen, während die demokratischen Rechte der Opposition beschnitten und die der Lohnabhängigen kassiert werden.

Auch wenn die Westmächte nicht direkt vor Ort kämpfen, so unterstützen sie die Ukraine mit Krediten und Waffen in einem gigantischen Ausmaß. Obendrein haben die G7-Staaten und die EU einen Wirtschaftskrieg mit Russland vom Zaun gebrochen, dessen Sanktionsregime die globale Ökonomie nach unten drückt.

Damit werden nicht nur massive Preissteigerungen und wirtschaftliche Einbrüche in Russland befördert, um die dortige Bevölkerung zu zermürben. Dafür werden nicht nur Inflation und Armut in den westlichen Ländern billigend in Kauf genommen, sondern auch Lebensmittelknappheit, Hyperinflation und Hunger im globalen Süden, in den Ländern der sog. Dritten Welt.

Nein zu NATO-„Friedensstifter:innen“! Nein zum Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung!

Allein diese Tatsache verdeutlicht, dass es den USA, der EU und Deutschland nicht um „Gerechtigkeit“ geht. Es geht ebenfalls um ihre geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen. Auch wenn sich viele Ukrainer:innen über Waffenlieferungen aus dem Westen freuen, so handelt es sich hier nicht um selbstlose Unterstützung.

Im Rahmen eines größeren Kampfes um die Neuaufteilung der Welt wird die NATO erweitert, werden Schweden und Finnland aufgenommen, sollen die schnellen Einsatzkräfte auf 300.000 aufgestockt werden. Daher wird das Rüstungsbudget erhöht, werden 100 Milliarden zusätzlich für die Bundeswehr lockergemacht. Die ganze Politik der Waffenlieferungen via Ringtausch dient auch zur Aufrüstung der NATO-Staaten selbst.

Während hunderte Milliarden für Aufrüstung und Krieg ausgegeben werden, müssen wir schon jetzt für seine Kosten zahlen – durch gestiegene Preise, Rationalisierungen und Sparmaßnahmen. Hunderttausende Beschäftigte fehlen im Gesundheitswesen und an Schulen. In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst müssen wir uns das Gejammer von den leeren Kassen anhören.

All das ist nicht einfach eine „falsche Politik“. In Wirklichkeit vertritt die Bundesregierung unter Olaf Scholz nur die Interessen des deutschen Imperialismus. An diesem Punkt zeigt sich die zentrale politische Schwäche des „Manifest für Frieden“. Es wird so getan, als würden Deutschland und die EU in die Konkurrenz zwischen Russland und den USA nur „hineinschlittern“, Bundesregierung und EU keine Großmachtinteressen vertreten. Eine solche Kritik verkennt nicht nur den „eigenen“ Imperialismus, sie öffnet leider auch Tür und Tor für konservative und rechte „Friedensfreund:innen“, ehemalige Bundeswehrgeneräle, abtrünnige Konservative oder gar AfDler:innen, die nur für eine andere geostrategische und nationalistische Ausrichtung des eigenen Imperialismus stehen.

Eine von Deutschland initiierte „Friedensallianz“ brächte ebenso wenig „Frieden“ und Gerechtigkeit für die Ukraine wie Chinas „Verhandlungsplan“. Ein solcher imperialistischer Frieden wäre nur das Abbild des momentanen Kräfteverhältnisses zwischen den Großmächten. Er würde den verschiedenen kapitalistischen Konzernen einen noch größeren Anteil an den Ressourcen und Investitionsmöglichkeiten in der Ukraine aushändigen und das Land in noch größere Abhängigkeit bringen. Ein solcher „Frieden“ würde keines ihrer sozialen und demokratischen Probleme lösen.

Welcher Frieden? Welche Bewegung?

Ein dauerhafter Frieden, der diesen Namen verdient, kann nicht durch diplomatische Manöver von Großmächten erzielt werden. Dazu müssten diese selbst ihre eigenen ökonomischen, politischen und militärischen Interessen zurückstellen, was angesichts des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt und der schärfer werdenden globalen Konkurrenz einfach unmöglich ist. Der Imperialismus kann nicht friedlich gestaltet werden – weder in Russland, noch in den USA, aber auch nicht in Deutschland oder der EU.

Wir können uns daher nur auf uns selbst verlassen. Ein echter Frieden, eine gerechte Lösung für die Ukraine müsste die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts des Landes bei gleichzeitiger Wahrung der Selbstbestimmung der Volksrepubliken im Donbass und auf der Krim beinhalten.

Um aber überhaupt dorthin zu kommen, müssen wir eine internationale Bewegung gegen den Krieg und gegen dessen Auswirkungen aufbauen; eine Bewegung der gemeinsamen Aktion der deutschen, der europäischen, der US-amerikanischen, der ukrainischen und russischen Arbeiter:innenklasse, der Gewerkschaften, der Linken und Arbeiter:innenparteien. Eine solche Bewegung muss sich um bestimmte, gemeinsame Forderungen formieren. Dazu schlagen wir vor:

  • Nein zu Putins Angriffskrieg! Sofortiger Abzug der russischen Armee! Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung, Anerkennung ihres Rechts auf Selbstverteidigung gegen die Invasion!
  • Solidarität mit der Antikriegsbewegung und der Arbeiter:innenklasse in Russland; Verbreitung der Aktionen gegen den Krieg; Freilassung aller Festgenommenen!
  • Aufnahme aller Geflüchteten, Bleibe- und Staatsbürger:innenrechte für alle – finanziert durch den Staat; Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, Aufnahme in die Gewerkschaften!
  • Nein zu jeder NATO-Intervention! Gegen jede Aufrüstung, NATO-Truppenverlagerungen und Waffenlieferungen! Gegen NATO-Ausweitung, sofortiger Austritt aus der NATO!
  • Keinen Cent für die Bundeswehr! Nein zum 100-Milliarden-Programm der Ampelkoalition! Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und Konversion unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Nein zu allen Sanktionen! Streichung der Schulden der Länder der sog. Dritten Welt, die durch die Sanktionen in wirtschaftliche Not geraten sind!
  • Die Kosten für die Preissteigerung müssen die Herrschenden zahlen! Enteignung des Energiesektors und anderer Preistreiber:innen unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Unterstützung der Tarifkämpfe der Gewerkschaften! Für eine automatische Anpassung der Löhne und Einkommen an die Preissteigerung für alle Beschäftigten, Rentner:innen, von Erwerbslosen und Studierenden!
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