Arbeiter:innenmacht

Vor 40 Jahren: der Malvinas-Krieg

https://en.wikipedia.org/wiki/Falklands_War#/media/File:HMS_Broadsword_and_Hermes,_1982_(IWM).jpg

Bernie McAdam, Infomail 1184, 12. April 2022

Vor vierzig Jahren führte die britische Tory-Regierung Margaret Thatchers einen unerklärten Krieg gegen Argentinien um die Kontrolle über die Malwinen oder, wie Großbritannien sie nennt, die Falklandinseln. Am 2. April 1982 befahl der argentinische Militärdiktator General Galtieri die Invasion sowohl der Malwinen als auch von Südgeorgien/Sandwichinseln. Beide Inselgruppen waren von Großbritannien abhängige Territorien im Südatlantik. Ein zehnwöchiger Krieg endete schließlich mit der Kapitulation der argentinischen Streitkräfte und der Rückgabe der Gebiete, nachdem 649 argentinische und 255 britische Militärangehörige getötet worden waren.

Die Tatsache, dass Großbritannien Inseln besaß, die über 8.000 Meilen entfernt lagen, war ein typisches Erbe seines riesigen Imperiums, das natürlich auf imperialer Plünderung und Diebstahl beruhte. Spanien hatte die Inseln zuvor besetzt, war aber nach dem argentinischen Unabhängigkeitskrieg, der 1818 endete und 1820 mit der Anerkennung der argentinischen Souveränität endete, gezwungen, sich zurückzuziehen. Die Inseln waren jedoch 1833 Argentinien genommen worden und wurden 1841 zur britischen Kolonie. Sie wurden von britischen Kolonist:innen besiedelt, deren Nachkommen und spätere Siedler:innen die 1.800 Einwohner:innen zur Zeit des Krieges ausmachten.

General Galtieri beanspruchte also, was Argentinien gestohlen worden war und es seit 1833 immer wieder für sich reklamiert hatte. Seine Invasion der Inseln war nicht durch antiimperialistische Prinzipien motiviert, auch wenn die meisten Argentinier:innen diese für gerechtfertigt hielten. Vielmehr wollte er damit von seiner Unbeliebtheit im eigenen Land ablenken, die vor allem auf die wirtschaftliche Not und die von seiner Junta verübten Verbrechen zurückzuführen war. Ein ebenso wichtiger Grund war sein Bestreben, die Souveränität über ein Gebiet auszuüben, das als reich an Bodenschätzen und Erdöl galt.

Die Reaktion Großbritanniens beruhte nicht zuletzt auf dem Wissen um die unerschlossenen Ressourcen der Region und auf der Geschichte der Malwinen als wichtiger Außenposten des Empire. Natürlich war der imperiale Stolz stark angekratzt, und Großbritannien wollte nicht als schwaches Glied unter den großen imperialistischen Mächten erscheinen, was die unterdrückten Völker in der ganzen Welt nur noch mehr ermutigen könnte. Die militärische Expedition und der Sieg hatten auch zur Folge, dass sich Thatchers damalige extreme Unbeliebtheit als „Eiserne Lady“ völlig umkehrte. Nachdem sie den „äußeren Feind“ besiegt hatte, konnte sie sich dem „inneren“ zuwenden: den Bergleuten, Hafenarbeiter:innen, Drucker:innen und linken Labour-Gemeinderäten.

Argentinien: eine Halbkolonie

Thatcher konnte die Kriegshysterie vor allem dank der Reaktion des „linken“ Labour-Führers Michael Foot anheizen. Obwohl er sich selbst als „Friedensstifter“ bezeichnete, entpuppte er sich im Krieg mit Argentinien als ausgesprochener Sozialimperialist, sobald die Interessen Großbritanniens bedroht waren. Im Unterhaus verhöhnte er Thatcher in infamer Weise dafür, dass sie einen Besitz der Königin an einen argentinischen Diktator verloren hatte, sowie für die jüngsten Kürzungen im Marinehaushalt. Außerdem verklärte er den Krieg als legitime Unterstützung für das Selbstbestimmungsrecht der Falkland-Insulaner:innen. Infolgedessen hielt sich der Widerstand gegen den Krieg sehr in Grenzen. Selbst unter denjenigen, die in der britischen Linken gegen den Krieg waren, setzten viele Großbritannien und Argentinien einfach als zwei kapitalistische Staaten gleich, die um Ressourcen konkurrierten.

Großbritannien ist jedoch ein imperialistisches Land, während Argentinien eine Halbkolonie ist und war. Es existierte damals wie heute in einer Weltwirtschaft, die von einer kleinen Zahl sehr mächtiger Staaten beherrscht wird. Marxist:innen stellen sich auf die Seite der Opfer der imperialistischen Ausbeutung, wenn es zu einer bewaffneten Konfrontation zwischen den Imperialist:innen und den unterdrückten Völkern kommt. Workers Power, die britische Sektion der Liga für die Fünfte Internationale, war fast die einzige linke Gruppe in diesem Land, wenn auch nicht international, die sich aus Solidarität mit Argentiniens historischem Recht auf die Inseln und zu seiner Verteidigung gegen Großbritannien gegen den Krieg stellte. Für uns, wie für viele in der argentinischen Linken, bedeutete dies keinerlei politische Unterstützung für Galtieri. Wir haben das Wesen und die Geschichte Argentiniens als Halbkolonie, die dem Imperialismus unterworfen ist, klar dargelegt.

Argentinien war von der kolonialen Knechtschaft unter Spanien zu einer nominellen Unabhängigkeit übergegangen, die jedoch zunehmend den wirtschaftlich mächtigeren Nationen untergeordnet wurde. Ausländisches Kapital dominierte die Wirtschaft, und in den 1870er Jahren wurde das britische Kapital zum wichtigsten Akteur, insbesondere in der lukrativen Fleischverpackungsindustrie. Lenin beschrieb 1916 in seinem Pamphlet zum Imperialismus den halbkolonialen Status Argentiniens, der das Land „fast zu einer britischen Handelskolonie“ machte. Die Rolle, die das Land bis nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Versorgung der Märkte Großbritanniens und seiner Kolonien mit Nahrungsmitteln spielte, ermöglichte jedoch einen gewissen Wohlstand, relativ hohe Löhne und einen europäischen Lebensstandard für Teile der Arbeiter:innenklasse. Die Eisenbahnen, Häfen, Industrien und Banken des Landes und die Kredite, die sie an die Viehzüchter:innenbourgeoisie vergaben, führten jedoch dazu, dass Argentinien wirtschaftlich und damit letztlich auch politisch vom britischen und später US-amerikanischen Imperialismus beherrscht wurde.

Die einzige wirkliche Veränderung in dieser Beziehung zwischen dem Imperialismus und Argentinien vor dem Zweiten Weltkrieg war die zunehmende Verdrängung des britischen Kapitals durch US-Investitionen, die sich seither noch weiter ausgedehnt haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Argentinien einen bedeutenden staatskapitalistischen Sektor. Aber auch dieser war von Krediten des ausländischen Finanzkapitals abhängig, was zu einer Verschuldung und wachsenden Rolle des Internationalen Währungsfonds in der Wirtschaft führte. So bleibt es eine Halbkolonie, keine gleichberechtigte kapitalistische oder rivalisierende imperialistische Macht.

Anfang der 1980er Jahre war es also hauptsächlich eine Halbkolonie der USA, aber die Hoffnung, dass diese es in einem Konflikt mit Großbritannien unterstützen würden, war vergebens. Nach krampfhaften Versuchen, eine diplomatische Lösung zu vermitteln, unterstützte Präsident Ronald Reagan das Vereinigte Königreich nach Kräften, indem er Raketen für die Harrier-Düsenjäger, Harpoon-Schiffsabwehrraketen, Mörser usw. bereitstellte und die US-Telekommunikationssysteme nutzte und vieles mehr.

Weitere Unterstützung für Großbritannien kam, als die Resolution 502 des UN-Sicherheitsrates am 3. April von den USA unterstützt wurde. Sie forderte Argentinien zum Rückzug auf und wurde mit 10 gegen 1 Stimme angenommen. Nur Panama war dagegen, und Spanien, die Sowjetunion, China und Polen enthielten sich der Stimme. Trotz der Aufforderung zu Verhandlungen war die UN-Resolution ein Sieg für Thatcher, da sie sich nur auf das argentinische Militär konzentrierte und die Frage offenließ, ob Großbritannien im Rahmen der UN-Charta zur Selbstverteidigung gehandelt hatte.

Der Krieg

Die Thatcher-Regierung versammelte rasch ihre Einsatztruppe und requirierte verschiedene zivile Schiffe, um ihre schrumpfende Marine zu verstärken, und die britische Luftwaffe richtete einen Stützpunkt auf der mittelatlantischen Insel Ascension ein. Zunächst wurde Südgeorgien zurückerobert. Eines der ersten Gefechte führte zum Untergang der General Belgrano, eines der größten, wenn auch ältesten Kriegsschiffe Argentiniens, bei dem 368 Menschen in den eisigen Gewässern des Südatlantiks umkamen. Da sich das Schiff außerhalb der vom Vereinigten Königreich verhängten Sperrzone befand, sich nicht in der Nähe der Einsatztruppen aufhielt und sogar in Richtung Argentinien zurückfuhr, stieß diese Aktion auf breite Kritik, insbesondere aus lateinamerikanischen Ländern und von der Antikriegsbewegung im Vereinigten Königreich.

Die britische Flotte erlitt erhebliche Verluste durch die argentinische Luftwaffe. Die HMS Sheffield wurde als erste versenkt, gefolgt von der HMS Coventry, der Ardent, der Antelope. Eine Exocet-Rakete traf das Transportschiff Atlantic und zerstörte eine große Menge an Material. Der Verlauf des Krieges hätte ganz anders aussehen können, wenn die argentinischen Bomben bei direkten Treffern auf mehreren anderen Schiffen explodiert wären. Aber die argentinische Seite erlitt erhebliche Verluste aus der Luft. Schließlich landete die britische Armee auf den Inseln, und es kam zu kurzen, aber heftigen Gefechten. Die argentinischen Streitkräfte kapitulierten am 14. Juni.

Reaktion der Linken

Der Labour-Vorsitzende Michael Foot machte sich einen Namen als „eingefleischter Friedensaktivist“ und marschierte viele Male mit der CND (Kampagne für nukleare Abrüstung). Doch als ein tatsächlicher Krieg ausbrach, war sein Pazifismus dahin und er unterstützte den Krieg Thatchers. Das Argument lautete, Galtieri sei nicht besser als ein Faschist und die Falkland-Insulaner:innen hätten ein Recht auf Selbstbestimmung. Workers Power argumentierte, dass Selbstbestimmung das Recht ist, einen eigenen unabhängigen Staat zu bilden. Diese Forderung erhoben die Falkland-Insulaner:innen nicht. Sie wollten Teil des britischen Empires bleiben, was Sozialist:innen nicht unterstützen sollten. Argentinien hatte sich von ihm die Inseln stehlen lassen.

Tony Benn von der Linken der Partei war gegen die Flotte und die Kriegsvorbereitungen, aber er setzte seine Opposition nicht in einer Abstimmung im Unterhaus durch. Als sich die Flotte nach Süden bewegte, wurden die Forderungen der Linken zunächst dahingehend geändert, dass die Einsatztruppe gestoppt werden sollte, anstatt sich zurückzuziehen. Dann, als die Aktion losbrach, in „für einen sofortigen Waffenstillstand“, wobei die Flotte vermutlich in Position bleiben sollte! Benn schlug auch Wirtschaftssanktionen gegen Argentinien vor, die im Grunde die gleichen Kriegsziele verfolgten wie Thatcher. Wie andere in der Labour-Führung forderte er die von den Imperialist:innen geführten Vereinten Nationen auf einzugreifen.

Alle großen linken Gruppen haben es versäumt, eine Position der Solidarität mit einer Halbkolonie, die von einer imperialistischen Macht angegriffen wird, zu vertreten, einschließlich Socialist Worker und Militant. Militant war besonders verwerflich, da es die Forderung nach einem Rückzug der Flotte oder gar dem Aufbau einer Antikriegsbewegung ablehnte. Soldat:innen wären schließlich Arbeiter:innen in Uniform! Die International Marxist Group war besser: Sie sprach sich zumindest für die Rückgabe der Malwinen an Argentinien aus, aber nicht für ausdrückliche Solidarität zu dessen Verteidigung. Wie die meisten Linken passten sie sich den Versuchen der CND an, eine Massenantikriegsbewegung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner aufzubauen, den diese in der Umsetzung der UN-Resolution 502 sah, die die Grundlage für Thatchers Kriegseintritt bildete!

In Wirklichkeit existierte keine demokratische Rechtfertigung für den Krieg. Die Inseln gehörten Argentinien, und Sozialist:innen unterstützen unterdrückte Nationen gegen imperialistische, unabhängig von ihren Regierungen. Neben einer Mobilisierung zur Bezwingung des Imperialismus auf den Malwinen mussten die argentinischen Arbeiter:innen den Kampf gegen ihre Unterdrücker:innen vertiefen, indem sie die imperialistischen Fabriken und Besitzungen enteigneten, sich weigerten, die internationalen Schulden zu bezahlen und den Sturz Galtieris als Teil dieses Kampfes zur Niederlage des Imperialismus durchsetzten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Thatchers Sieg eine große Niederlage für die Arbeiter:innen hierzulande bedeutete, da er den Chauvinismus innerhalb der Arbeiter:innenklasse verstärkte, die Labour-Partei in der Folge bei den Wahlen besiegte und Thatchers Ruf als Eiserne Lady stärkte. Auf der internationalen Bühne führte der Sieg auch zur Stärkung der imperialistischen Reaktion und verkörperte einen Schlag gegen antiimperialistische Kämpfe. Eine Niederlage Großbritanniens wäre ein Schlag für die Unterdrückten gegen den Imperialismus gewesen, deshalb haben wir sie gefordert. Die britische Linke hatte den Test des Internationalismus nicht bestanden.

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One thought on “Vor 40 Jahren: der Malvinas-Krieg”

  1. Bernhard Thiesing sagt:

    „Argentinische Pseudotrotzkisten: Sozialpatriotische Farce über Malvinas/Falklands“, in: „Spartakist“ Nummer 196, Januar 2013 https://www.icl-fi.org/deutsch/spk/196/malvinas.html
    sowie: „30 years after Falklands/Malvinas war – Britain and Argentina: between some rocks and losing face“, in: „Workers Hammer“ No. 220, Autumn 2012 (Zitat: „Workers Power also has a sordid history of coming down on the side of the imperialists, from championing the counterrevolutionary Polish Solidarność in the 1980s to hailing the imperialist-backed Libyan rebels last spring. However during the Falklands war Workers Power rallied to the ‚anti-imperialist’ cause…of the Argentine junta. In a 1982 leaflet, Workers Power placed demands on the reactionary military dictatorship, supposedly in order to ‚expose it‘: ‚The junta have tried to dress themselves up as real fighters of imperialism. This is a hollow lie. But many believe it to be genuine. The task of Argentinian socialists is to force the junta to take real anti-imperialist measures. They should be forced to nationalise the many multinationals in Argentina; the workers must seize control of those factories and must be armed to mount a real defence against a possible attack.‘“ https://www.icl-fi.org/english/wh/220/Falklands.html
    Anmerkung: Ich bin weder Mitglied noch Vertreter von http://www.spartacist.org und poste das aus eigener Initiative.

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