Gastbeitrag von Sozialistische Bewegung Kasachstans, Infomail 1178, 7. Februar 2022
Dieser Text von der Sozialistischen Bewegung Kasachstans erschien am 4. Februar zuerst auf Russisch auf socialismkz.info und wurde von Christoph Wälz übersetzt.
Anfang Februar hörten die Aktionen und Streiks in Zhanaozen nicht auf. Darüber hinaus gingen auch arbeitslose Jugendliche auf die Straße, Lehrkräfte protestierten zum ersten Mal, und die Beschäftigten von Dienstleistungsunternehmen streikten erneut und forderten höhere Löhne und ein Ende des Outsourcings.
Nachdem Ende Januar die Lehrkräfte der Schulen Nr. 2 und Nr. 6 in Zhanaozen auf die Straße gegangen waren, um zu protestieren und ein Video aufgenommen hatten, in dem sie Präsident Tokajew aufforderten, die Privatisierung von Schulen nicht durchzuführen, kamen in den ersten Februartagen die Lehrkräfte von drei weiteren Schulen hinzu, insbesondere von den Schulen Nr. 17 und Nr. 8. Dabei wurden die Lehrkräfte von Eltern unterstützt, die zum Schulgebäude kamen, um gemeinsam mit den Lehrkräften ihren Protest zum Ausdruck zu bringen.
Die Lehrkräfte der Schulen Nr. 2 und Nr. 6 wandten sich an den Präsidenten Kassym-Zhomart Tokajew, Bildungsminister Askhat Aimagambetow und an den Bildungsminister des Bezirks Mangistau Nurlan Nogajew:
„Wenn unsere Schule in private Hände übergeht, wird es Lohnkürzungen und einen Personalabbau geben. Auch für die Eltern wird es Schwierigkeiten geben: für Bildung werden sie bezahlen müssen. Wir arbeiten nach der Verfassung der Republik Kasachstan, wir waren es, die unsere Klassenräume selbst renoviert haben, wir haben selbst neue Lehrmaterialien gekauft. Wir sind entschieden dagegen, dass die Schule in private Hände übergeht“, erklärte das Lehrerkollegium.
Ainur Kurmanov, Co-Vorsitzender der Sozialistischen Bewegung Kasachstans, erklärte, dass die Regierung und das Bildungsministerium in Zhanaozen und im Bezirk Mangistau ein Experiment durchführen, wenn sie die ersten zehn Mittelschulen privatisieren. „Danach wollen sie diese Praxis auf ganz Kasachstan ausweiten. Mit anderen Worten: Das Land wird nur noch private Schulen haben und für Bildung wird letztendlich bezahlt werden müssen. Wir müssen dagegen ankämpfen, die Kollegien von fünf Schulen haben sich bereits offen gegen die Privatisierung ausgesprochen und einen Appell an Tokajew geschrieben. Aber das reicht nicht aus, denn dieses Programm wird von Bildungsminister Aymagambetow vorangetrieben, der das US-amerikanische Bildungssystem auf Kasachstan übertragen will und der zuvor mit der Soros-Stiftung zusammenarbeitete. Wichtig ist jetzt, dass sich alle Lehrerinnen und Lehrer zusammenschließen und eine eigene Gewerkschaft gründen, um gegen die Privatisierung der staatlichen Mittelschulen zu kämpfen!“
Anfang Februar kamen arbeitslose und ausgelagerte Arbeiter:innen zum Rathaus Zhanaozens. Die ausgelagerten Mitarbeiter:innen des kommunalen Unternehmens „OzenInvest“ wandten sich an den Präsidenten des Landes sowie an den Bezirkspräsidenten Nurlan Nogaev und den Bürgermeister von Zhanaozen, Maksat Ibagarov, und forderten, die Praxis der Auslagerung zu stoppen und sie endlich fest anzustellen. Zuletzt arbeiteten hunderte Menschen freiberuflich für das Unternehmen.
Am 3. Februar kamen junge Arbeitslose zur Stadtverwaltung und verfassten eine Ansprache an den Präsidenten Kasachstans, Kassym-Zhomart Tokajew:
„Wir sind eine Gruppe von arbeitslosen Einwohner:innen von Zhanaozen! Bis zum heutigen Tag ist das Problem der Arbeitslosigkeit in Zhanaozen nicht gelöst worden! Wir bringen unser Misstrauen gegenüber der Stadtverwaltung zum Ausdruck, weil das 2020 vorgelegte Maßnahmenprogramm unsozial umgesetzt wird. Gleichzeitig fordern wir aussichtsreiche und stabile Arbeitsplätze für alle arbeitslosen Öl- und Gas-Arbeiter:innen“, erklärten die Einwohner:innen von Zhanaozen.
Am selben Tag traten die Beschäftigten der MAEK-Kazatomprom-GmbH in den Streik und nahmen auf dem zentralen Platz einen Videoappell an Präsident Tokajew auf, in dem sie eine Lohnerhöhung forderten. Die Arbeiter:innen haben auch erklärt, dass die Arbeitgeber und die Behörden über die tatsächliche Lohnhöhe lügen und diese um mindestens das Zweifache zu hoch ansetzen!
„Offiziellen Statistiken zufolge liegt das Durchschnittsgehalt in unserer Region bei 275.000 Tenge (556 Euro), aber in Wirklichkeit erhalten die Arbeitnehmer:innen in unserem Unternehmen 140-160.000 Tenge (um die 300 Euro). Die statistische Feststellung der Löhne wurde 2014 durchgeführt, die letzte Lohnerhöhung erfolgte 2018. Gleichzeitig steigen die Preise für Lebensmittel, Medikamente und Strom jährlich und sogar monatlich, so dass es heute fast unmöglich ist, mit 160.000 Tenge zu leben. MAEK ist ein für das öffentliche Leben zentrales Unternehmen, daher sind wir der Meinung, dass die Arbeitnehmer:innen, die das Leben im gesamten Bezirk am Laufen halten, einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit verdienen“, heißt es in dem Schreiben der Beschäftigten der MAEK-Kazatomprom-GmbH.
Am Abend des 3. Februar wurde bekannt, dass die Arbeitgeber versprachen, den streikenden Arbeitnehmer:innen Zugeständnisse zu machen und die Forderung nach einer hundertprozentigen Lohnerhöhung zu prüfen.
Am selben Donnerstag, dem 3. Februar, streikten auch die Beschäftigten von KMG SECURITY, einer Einheit der „Semser“-GmbH. Die Streikenden forderten ein Ende der Strafverfolgung gegen die Teilnehmer:innen der Januarkundgebungen und eine Erhöhung der Löhne auf 200.000 Tenge (404 Euro). Die Beschäftigten dieses Unternehmens hatten bereits im August letzten Jahres gestreikt, aber nur teilweise eine Lohnerhöhung erreicht.
Wie man sieht, ist nach der Niederschlagung der Proteste im Januar im Bezirk Mangistau und insbesondere in Zhanaozen keine Ruhe eingekehrt. Im Gegenteil, die Stadt und der Bezirk, die der gesamten Bewegung ein Beispiel und die zentralen Forderungen gegeben haben, kämpfen weiterhin, verteidigen ihre Rechte und stellen neue Forderungen. Umso wichtiger ist es, dass sich nun auch Lehrkräfte, die gegen die Privatisierung der Schulen sind, und Arbeitslose, die auf einer sofortigen Anstellung bestehen, dem Kampf angeschlossen haben.
Auch die Streiks für höhere Löhne werden nicht aufhören, da dies angesichts des ständigen Anstiegs der Preise für Lebensmittel und lebenswichtige Waren das wichtigste Thema ist.
Dieser Text von der Sozialistischen Bewegung Kasachstans erschien am 4. Februar zuerst auf Russisch auf socialismkz.info und wurde von Christoph Wälz übersetzt.
http://socialismkz.info/?p=27072