Arbeiter:innenmacht

Untiefen der SozialpartnerInnenschaft – die Tarifpolitik der IG Metall

Mathis Molde, Infomail 1118, 21. September 2020

Wie stellt sich die IG Metall in der nächsten Tarifrunde auf? Die einzige Meinung, die bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, ist die von Jörg Hofmann. Er schlägt die 4-Tage-Woche vor mit einem „gewissen“ Lohnausgleich.

Die Idee, dass die Arbeitszeit verkürzt wird, um mehr Arbeitsplätze zu halten, hat ihren Reiz. Die Frage der Arbeitsplätze bestimmt derzeit zu Recht alles in der IG Metall. Zehntausende davon sind schon verschwunden, Hunderttausende sind bedroht: durch die Konjunkturkrise und zunehmende Handelskriege, den Ausstieg aus der Verbrennungsmotorentechnologie, die Digitalisierung und all dies begleitet von massiven Verlagerungen der Produktion, vor allem in der Auto- und Zulieferindustrie, aber auch im Maschinenbau.

Auf diese massive Attacke der Metallunternehmen ist die Arbeitszeitverkürzung die richtige Antwort: Wenn die KapitalistInnen Arbeit einsparen und wegrationalisieren, dann muss die vorhandene auf alle verteilt werden – natürlich in der ganzen Branche, am besten im ganzen Land. Nur: das, was Jörg Hofmann vorschlägt, ist etwas anderes.

Er will die 4-Tage-Woche nicht für alle, sondern als Wahlmöglichkeit für Betriebe. Es werden also keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, weil in Betrieben, die nicht abbauen, Unternehmen und Betriebsräte keinen Anlass haben, die Arbeitszeit zu verkürzen. Vor allem nicht, wenn damit auch die Löhne gekürzt werden – bis auf einen „gewissen“ Rest.

Es werden auch keine Arbeitsplätze dauerhaft gesichert, die von Rationalisierung und Verlagerung bedroht sind. In solchen Fällen würde nur der Personalabbau gestreckt. Der einzige Fall, in dem Hofmanns 4-Tage-Woche Sinn machen könnte, wäre bei einem vorübergehenden Arbeitsrückgang – also als eine andere Form der Kurzarbeit. Kurzarbeit gibt es aber schon auf gesetzlicher Grundlage und verschiedenen tariflichen Formen (TVBesch, T-ZUG,..). Immer bezahlen die Beschäftigten mit Lohnverlust oder durch ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und immer gibt es einen „gewissen Ausgleich“.

Hofmanns Idee ist also nichts Neues. Und sie ist völlig ungeeignet, um der Vernichtung von geschätzten 400.000 Arbeitsplätzen in der Metall- und Elektroindustrie zu begegnen. Vor allem weil ihm nichts anderes einfällt, als den Unternehmen „Angebote“ zu machen, wenn diese voll angreifen.

Streik statt Angebote und Betteln!

Die Tarifrunde bietet die Chance, alle Belegschaften zu vereinen in einem gemeinsamen Widerstand bis hin zum Streik:

  • Gegen alle Entlassungen und Abbaupläne! Keine Verlagerungen!
  • Keine Ausweitung prekärer Beschäftigung! Schluss mit der Spaltung! Feste Arbeitsplätze für alle!
  • Enteignung aller Betriebe, die abbauen oder geschlossen werden sollen, gemäß § 2 unserer Satzung und Überführung in Gemeineigentum! Konversion der Produktion im Interesse der Bevölkerung und ökologischer Nachhaltigkeit unter Kontrolle durch Betriebsräte und Vertrauensleute und Einbeziehung von WissenschafterInnen und UmweltexpertInnen, die das Vertrauen der ArbeiterInnen genießen! Finanzierung dieser Maßnahmen durch massive Besteuerung von großen Vermögen und Profiten!
  • Schaffung neuer Arbeitsplätze Hand in Hand mit Investitionen in Gesundheit, Umwelt , ÖPNV, Bahn und Zukunftstechnologien!
  • Umverteilung der Arbeit auf alle statt Entlassungen! 4-Tage-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
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