Balthasar Luchs, Infomail 1094, 10. März 2020
Zum Frauenkampftag am 08. März in Hamburg versammelten sich, begleitet von Trommel-, Musik- und Redebeiträgen, bis zu 1.500 Menschen an der Auftaktkundgebung an den Landungsbrücken. Die Menge war spektrenübergreifend, international und mit allen Altersgruppen vertreten – und das Wichtigste: der Großteil bestand aus Frauen. Sowohl Parolen wie Transparente und Reden befassten sich mit der nach wie vor existierenden Diskriminierung von Frauen in Deutschland, Europa und weltweit. Das Augenmerk richtete sich auf die fehlende Gleichstellung in Beruf und Familie, die Benachteiligung, die man aufgrund von Geschlecht oder Sexualität erfährt und in allen Bereichen des Lebens antrifft, aber auch auf Gewalt sowie die, besonders weltweit betrachtet, rechtliche Hilflosigkeit, welche Betroffene erfahren. Die Route wurde wieder bewusst über die Reeperbahn gewählt, da speziell hier Frauen von Anfeindungen und Herabwürdigung betroffen sind, sei es als BesucherInnen oder Menschen, die im Bereich der Sexarbeit tätig sind – oft ohne Rechte und mit massiver seelischer sowie körperlicher Ausbeutung konfrontiert. Prostitution ist ein Geschäft, mit dem sich viel Geld verdienen lässt, aber wie generell im Kapitalismus, nur für die, welche es kontrollieren.
Die Demo wurde explizit als sog. FLINT-Demo ausgewiesen. Dies steht für Frauen, Lesben, Intersexuelle, nicht-binäre und trans-gender Personen. Der Tag ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts Kampftag für die Rechte von Frauen. So ist es auch ihre Entscheidung, wie die Demo gestaltet wird, ohne die Einflussnahme und vorherrschende Präsenz von Männern. Es wird dadurch ein Freiraum geschaffen, welcher in dieser Form in der Gesellschaft nicht zu finden ist und von Diskriminierung betroffenen Menschen die Sicherheit geben soll, welche ihnen oft genommen wird. Die Außenwirkung sprach für sich und die Lautstärke der Masse war nicht zu überhören.
Speziell Männer, die diesen Kampf unterstützen wollen, sind von der Teilnahme jedoch ausgeschlossen. Es wurde gebeten, die Entscheidung der OrganisatorInnen zu respektieren und nicht an der Demo teilzunehmen, stattdessen vom Rande zu unterstützen. Diese Forderung ist in allen Belangen nachvollziehbar, daher haben wir uns mit unserem Transpi mit der Aufschrift „Frauen kämpfen international, gegen Krise, Krieg und Kapital“ an den Treppen über der Kundgebung positioniert. Unsere GenossInnen beteiligten sich an der Demonstration.
Wir glauben aber auch, dass die Teilnehmerinnenzahl durch diesen Entschluss deutlich kleiner ausgefallen ist, als sie es beispielweise letztes Jahr war. Dort hat die Praxis, zwei Demonstrationen durchzuführen, eine FLINT- und eine gemischte Demonstration, zu deutlich größerem Anklang geführt, als es dieses Jahr der Fall war. Auch für Männer sollte die Möglichkeit bestehen, gegen die Unterdrückung aufgrund von Geschlecht und Sexualität auf die Straße zu gehen. Dies beinhaltet auch alle Menschen, die außerhalb der FLINT-Demonstration teilnehmen möchten.
Dieser Tag hat somit eines deutlich offenbart: Die restlichen politischen Gruppen Hamburgs haben versäumt, eine zweite Demonstration zu organisieren, welche für alle TeilnehmerInnen offen gewesen wäre. Für 2021 sollte dies erklärtes Ziel für einen erfolgreichen 8. März sein. Nach außen wäre klar gewesen, dass jeder erwünscht ist. In Absprache miteinander hätten die Routen wieder abgestimmt werden können, was größere Teile der Stadt erreicht hätte. Wir würden in diesem Zusammenhang auch eine Zusammenführung der Demonstration befürworten, was in symbolischer Weise die Zusammengehörigkeit dieses Kampfes verdeutlicht – „one struggle, one fight“, wir können ihn nur gemeinsam gewinnen. Dieses Gefühl spiegelte sich 2019 im Moment der Zusammenführung wider. Mehrere kämpferische Züge vereinten sich zu einer großen Demonstration, die Wirkung davon war in allen Belangen beeindruckend!