Demonstration in Erfurt am 14.2.: Nicht mit uns!

Jürgen Roth, Infomail 1090, 18. Februar 2020

18.000 Menschen demonstrierten am Samstag bei herrlichstem Wetter durch die malerische thüringische Landeshauptstadt. Weit über 10.000 hörten zuvor auf der Auftaktkundgebung auf dem Domplatz den Reden von Anna Spangenberg (#Unteilbar), Stefan Körzell (DGB-Bundesvorstand) und des Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm.

Einheit der DemokratInnen?

Das Motto der Veranstaltung, zu der das Bündnis #Unteilbar und der DGB aufgerufen hatten, lautete: „Nicht mit uns! Kein Pakt mit Faschist*innen – niemals und nirgendwo!“ Allein aus Thüringen und Hessen hatte der DGB 50 Busse organisiert. Die Mitglieder von ver.di, IG Metall, IG BCE, IG BAU, EVG und GEW waren deutlich sichtbar. Es demonstrierten auch die Parteien DIE LINKE, DKP, Die Grünen und – am Schluss laufend – die SPD. Von der radikalen Linken waren außer der Antifa vertreten: SAV, Sol (Sozialistische Organisation Solidarität), FDJ, MLPD, Gruppe ArbeiterInnenmacht.

Ein deutliches Zeichen gegen rechts setzte also insbesondere die massive Beteiligung der Gewerkschaften und der bürgerlichen ArbeiterInnenparteien. Darauf lässt sich aufbauen. Doch wie sieht es mit der Strategie aus?

Die AfD missbrauche „unsere Demokratie und unsere Parlamente“, so Stefan Körzell. Auch wenn die Kritik mit viel Empörung vorgetragen wurde, so trifft sich letztlich nicht den Kern dessen, wofür die AfD steht. Schließlich geht es nicht darum, wie sie sich im Landtag verhält, sondern dass sie mit ihrer reaktionären, rechts-populistische Agenda tatsächlich einen Kurzwechsel zu einem aggressiv nationalistischen und rassistischen Agierendes deutschen Imperialismus durchsetzen will.

Vor allem aber wäscht Körzell damit auch ungewollt CDU und FDP rein. Letztere wurden schließlich nicht missbraucht, sondern verhinderten zusammen mit der AfD die Neuwahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten.

Und der Reformismus?

Um die Strategie der „Einheit aller DemokratInnen“ aufrechtzuerhalten, muss aber auch der Reformismus zweierlei Betrug begehen. Zum einen wird fälschlich die AfD als faschistisch bezeichnet, um so die Einheit auch mit CDU und FDP zu rechtfertigen. Richtig ist, dass sie insbesondere in Thüringen mit FaschistInnen durchsetzt ist. Zum anderen und viel wichtiger: die offen bürgerliche Mitte wird als Bollwerk gegen den Faschismus und Rechtspopulismus aufgepeppt. 1933 lösten sich die respektablen Vorgängerinnen von CDU und FDP von selbst auf. Der Faschismus verbot und verfolgte die ArbeiterInnenparteien KPD und SPD sowie die ADGB-Gewerkschaften.

Die Zäsur in der Bundespolitik, die der Thüringer Eklat verkörpert, besteht nicht in der unmittelbar bevorstehenden Machtergreifung des Nationalsozialismus in Verkleidung der AfD, sie besteht im Zusammenspiel von CDU und FDP mit der extremen Rechten und dem Rechtspopulismus, darunter einigen FaschistInnen. Dies zeigt, dass die bisherige Strategie Merkels (Integration der Gewerkschaften und Paneuropäismus) in den Reihen der Union offen herausgefordert ist. Angesichts der sich zuspitzenden weltweiten Krisenhaftigkeit erstarkt nicht nur die Rechte, sondern rückt auch eine entscheidende Niederlage für die DGB-Gewerkschaften durch eine/n deutsche/n Thatcher näher. Einem Joachim Friedrich Merz dürften die Fußstapfen der „eisernen Lady“ nicht zu groß sein. Reine Kaffeesatzleserei bleibt vorläufig, welches bürgerlich-demokratische Brimborium ein Regime Merz dabei über Bord werfen müsste und inwieweit dieses dem Erstarken eines echten Faschismus in die Karten spielte.

Deshalb: Keine Koalition von SPD und DIE LINKE mit offen bürgerlichen Parteien! Statt „Einheit der DemokratInnen“ ArbeiterInneneinheitsfront aus linken Organisationen und Parteien wie Gewerkschaften gegen Faschismus und rechtspopulistische Mobilisierung!

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