Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 1081, 17. Dezember 2019
Am Sonntag, den 15. Dezember, griff die Polizei von Delhi brutal StudentInnen der Jamia Millia Islamia (Nationale Islamische Universität) und BewohnerInnen von Jamia Nagar an, die gegen das Citizenship (Amendment) Act (CAA) protestierten.
Der Angriff war kein isolierter Gewaltakt der BJP-Regierung von Narendra Modi. In vielen Teilen Indiens erhoben sich die Menschen, insbesondere MuslimInnen, gegen das neue Gesetz, das am 11. Dezember 2019 vom BJP-dominierten Parlament verabschiedet wurde. Die Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes von 1955 berechtigt illegale MigrantInnen, die Hindus, Sikhs, BuddhistInnen, Jains, ParsInnen und ChristInnen aus Afghanistan, Bangladesch und Pakistan sind und am oder vor dem 31. Dezember 2014 nach Indien eingereist sind, zur indischen Staatsbürgerschaft. Aber sie schließt die muslimische Bevölkerung von der Verordnung aus. Diese Diskriminierung der größten Minderheit des Landes ist integraler Bestandteil der menschenverachtenden hindu-chauvinistischen Kampagne der Hindutva-Regierung gegen MuslimInnen.
Im gleichen Zusammenhang führte die indische Regierung auch ein neues nationales Melderegister (National Register of Citizens; NRC) ein. Zunächst galt dies nur für den Bundesstaat Assam, aber am 20. November erklärte Innenminister Amit Shah, dass es auf das ganze Land ausgedehnt werden sollte. Diese neue Verordnung würde von den BürgerInnen verlangen, dass sie Unterlagen vorlegen, um ihre StaatsbürgerInnenschaft und damit ihre BürgerInnenrechte nachzuweisen. Dies kann nicht nur gegen so genannte illegale MigrantInnen eingesetzt werden, sondern auch, um Staatsangehörigkeitsrechte von Nicht-Hindus und insbesondere muslimischen Minderheiten zu entziehen, die ihren Status möglicherweise nicht dokumentieren können. Eine solche Forderung würde sich auf viele der am stärksten ausgebeuteten Teile der ArbeiterInnenklasse auswirken, die in extremer Armut auf schlecht bezahlten Arbeitsplätzen überleben, die einfach keine solchen Unterlagen haben, selbst wenn ihre Familien seit Jahrhunderten in Indien leben.
Diese rassistischen Verfassungsänderungen und neuen Meldegesetze wecken Wut und Massenproteste von StudentInnen und MuslimInnen im ganzen Land.
Die Polizei unterdrückt die Protestbewegung mit äußerster Brutalität. Videos auf Social Media zeigen, wie die Polizei StudentInnen in der Universitätsbibliothek der Jamia Millia Islamia angreift. Die Polizei benutzte Tränengas, Sprengstoff und sogar scharfe Munition. Medien haben berichtet, dass drei Studierende an den Folgen des Angriffs gestorben sind, und etwa 50 andere haben Schussverletzungen. Die Polizei hat auch auf die Aligarh Muslim University geschossen. Diese Universitäten wurden angegriffen, weil dort muslimische StudentInnen gegen das CAA und NRC protestieren.
Es gibt auch Berichte, dass viele Studierende von der Polizei in Delhi entführt wurden. Sie tut dies, um die indische Bevölkerung zu terrorisieren und zu spalten. Dies ist ein regelrechter Rassismus gegen die muslimischen StudentInnen und Menschen, aber in der Jamia helfen nicht-muslimische StudentInnen ihren KommilitonInnen und wehren sich gegen die Polizeibrutalität. Vor allem Frauen haben viel Mut gezeigt.
Tausende haben sich dem Protest vor dem Polizeipräsidium Delhi angeschlossen, nachdem die StudentInnen der Jawaharlal Nehru University dazu aufgerufen hatten. In vielen anderen Teilen des Landes gingen auch ihre KommilitonInnen auf die Straße. Sie fordern, dass die Repressionskräfte für ihre Brutalität an der Jamia und der Aligarh Muslim University zur Verantwortung gezogen werden. Alle Inhaftierten sollten unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.
In Delhi führten die Demonstrationen von Tausenden zur Freilassung von inhaftierten Studierenden. Im ganzen Land sind Anzeichen einer mächtigen StudentInnenbewegung gegen die Modi-Regierung zu erkennen. Sie fordern den sofortigen Rückzug der Polizei vom Campus Jamia und der Aligarh Muslim University sowie aus Jamia Nagar.
Wir stehen in voller Solidarität mit den StudentInnen in Indien und allen anderen, die gegen CAA und NRC protestieren. Ihr Widerstand und ihr Mut, sich zu wehren, stellen eine Quelle der Inspiration dar. Gemeinsam können wir gegen die Hindutva-Regierung und den Staat kämpfen, der die Menschen entlang sektiererisch-religiöser Linien spaltet. Wir fordern die indische ArbeiterInnenklasse auf, die Studierenden im Kampf gegen die Hindutva-Regierung zu unterstützen. Die internationale ArbeiterInnenklasse und die StudentInnenbewegungen müssen aktiv werden und Solidarität mit der Bewegung gegen CAA und NRC aufbauen sowie Proteste, Kundgebungen und Demonstrationen gegen die rassistischen Gesetze, Repressionen und die Ermordung von DemonstrantInnen organisieren!