Janosch Janglo, Revolutionärer Marxismus 37, Juni 2007
Neben der Aggressivität des Imperialismus und der Verelendung durch Ausbeutung und Unterdrückung ist heute die Schädigung der natürlichen Lebenswelt die dritte große Gefahr, die dem kapitalistischen System entspringt.
Die aktuelle Debatte zum Klimawandel offenbart dazu am deutlichsten, dass der Weg aus der ökologischen Krise nur über eine Überwindung des gegenwärtig herrschenden kapitalistischen Systems führen kann – da der Kapitalismus ähnlich wie im sozialen Bereich hinsichtlich einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft nicht reformierbar ist. Er beinhaltet nicht die Möglichkeit einer Lösung dieser Krise, weil er durch seine Wirkmechanismen diese Krise permanent hervorruft – unfähig auch nur im Ansatz dauerhaft den Konflikt Natur und Mensch so zu gestalten, dass er sich für beide Seiten als tragbar gestaltet.
Der vierte Klimabericht der „Vereinten Nationen“ zeigt der Menschheit dabei wie in allen Berichten davor auch schon: es gibt kein Rückfahrticket für die globale Erwärmung, egal was auch passiert! Die Frage stellt sich nur nach dem zukünftigen Ausmaße für diese umwälzende Bedrohung der Menschheit. Und an diesem Punkte erweist sich das System Kapitalismus eben als absolut unfähig diese selbst hervorgerufene Krise, die das Fortbestehen großer Teile der Menschheit in Frage stellt, in ihren Auswirkungen zu begrenzen.
Nach besagtem, sehr vorsichtigem Bericht, wird jetzt in allen Szenarien von einem weitaus schnelleren Anstieg der Erderwärmung ausgegangen, wie bisher („optimistisches“ Szenario: 1,8 Grad Celsius bis zur Jahrhundertwende; „realistisches“ Szenario: 3,4 Grad Celsius). Dies bedeuted z.B. einen Anstieg des Meeresspiegels um mindestens 19-37 cm und höchstens um 26-58 cm. Ein Anstieg um 40 cm würde dabei den Verlust des Lebensraums von etwa 200 Millionen Menschen bedeuten! Hauptleidtragende dabei wären nicht die Industrieländer – vor allem in Ländern, die jetzt schon durch soziale und ökologische Katastrophen geprägt sind, wie Bangladesch, würden Millionen Menschen zu Opfern des Klimawandels.
Im Angesicht dieser akuten Bedrohung wird noch nicht mal ein ernsthafter Versuch gestartet, das Ruder rumzureißen. Was Medien als manipulatives Sprachrohr der herrschenden Klasse nicht ohne Wirkung unter die Bevölkerung streuen, ist nichts weiter als vernebelnde Lippenbekenntnisse parlamentarischer Vasallen. Aktuellstes Beispiel dafür, der Streit um die CO2 – Reduktionsziele in Deutschland und Europa. Das von Deutschland angekündigte Ziel seine Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 abzusenken, bedeuten zweierlei: zum einen den Griff in die Trickkiste und zum anderen harte Einschnitte primär für den Verbraucher, aber nicht für die industriellen Hauptemittenten. Das Bezugsjahr 1990 ist dabei geschickt gewählt, da zu diesem Zeitpunkt die ostdeutsche Industrie noch flächendeckend mit veralteter und damit emissionsintensiver Technik in Betrieb war. So sparte Gesamtdeutschland nach fast vollständigem Zusammenbruch dieser dadurch rund 19 Prozent an CO2-Emissionen gegenüber 1990 ein (1). Die weiteren Einsparungen gehen zu Lasten der sozial Benachteiligten über höhere Kraftstoffbesteuerung, Ausweitung der Mautgebühr für Pkws und CO2-abhängige Kfz-Steuern. Das die Einsparungen hauptsächlich bei den vergleichsweise eher unbedeutenden Verbrauchern geschehen sollen, haben natürlich einen Grund: aufgrund der permanenten Konkurrenz lassen dem Kapitalismus auf nationaler Ebene keinen Spielraum in teure effizientere Umwelttechniken zu investieren. Ein gutes Beispiel, um diese Unfähigkeit des Systems zu zeigen, mit dieser Krise fertig zu werden, ist das Fiasko Kyoto. Hier sollten die Emissionen um einen kleinen Beitrag reduziert werden. Die osteuropäischen Länder hatten nach der Deindustrialisierung einen „Überschuss“ an Verschmutzungsrechten zum Verkaufen an die hoch industrialisierten Staaten. Deshalb bedeutet die Vereinbarung von Kyoto auch keine wirkliche Verringerung der Emissionen. Aber selbst dieser winzige und billige Schritt war für die Kapitalisten in den USA und Australien inakzeptabel, aus Angst dies könnte erst der Anfang sein, da die USA 25 % aller Treibhausgase erzeugen, fast doppelt so viel wie die Konkurrenten in der EU (2). Folglich würden ihre Profite unverhältnismäßig stark im Vergleich zu den Europäern geschmälert. Der Klimawandel bedarf einer internationalen Zusammenarbeit, die aber aufgrund imperialistischer Rivalitäten nicht möglich ist. Das ist des Pudels Kern.
Der Kapitalismus ist vom Charakter seiner Organisiertheit her zu einer nachhaltig wirtschaftenden Gesellschaft gar nicht fähig. Dies ist gar nicht anders möglich in einer Ökonomie, in der der Arbeitsprozess nicht in Vorhinein, sondern nachträglich, durch die Form des Tauschwerts gesteuert wird. Also Verwertbarkeit und anarchisch hergestellter Gesamtzusammenhang die Berücksichtigung langfristiger sozialer ökologischer Ziele notwendig hintertreiben. Denn die Gesetze der Kapitalakkumulation und erweiterten Reproduktion zeigen die Notwendigkeit von ständigem Wachstum zur Aufrechterhaltung der Profite und folglich auch enormen Ressourcenverschwendung. Die kapitalistische Gesellschaft kann also niemals mit geringer Materialintensität arbeiten. In dieser Situation macht der Staat als ausführendes Organ des Kapitals nur das, was er unter den Rahmenbedingungen einer weltweit funktionierenden verschärften Konkurrenz tun muss: der Schutz seines Standortvorteils für hohe Profitraten und damit „seiner“ Konzerne. Bessere Umweltstandards verbunden mit zum Teil hohen Investitionen, die die Profite der Konzerne schmälern würden, wären hier nur von Nachteil. Somit halten staatliche und europäische Institutionen Grenzwerte- und Schwellenwerte für Schadstoffausstöße, Prüfungsverfahren für neue Produkte und Standards für deren Entsorgung relativ zum Produktionsverfahren und letztlich vom Produkt ausgehenden Gefahrenpotential gering.
Beispiel Braunkohle: obwohl der Energieträger mit dem höchsten Ausstoß an CO2 je Kilowattstunde, wollen Konzerne in den kommenden Jahren 26 neue Kohlekraftwerke in Deutschland ans Stromnetz bringen (3). Werden diese Pläne so umgesetzt, werden diese neuen Kraftwerke 150 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr freisetzten. Ihre Leistung entspräche nur etwa einem Fünftel der in Deutschland installierten Kraftwerksleitung, ihre Kohlendioxid-Emissionen aber mehr als der Hälfte des allen Kraftwerken in den Jahren 2008 bis 2012 zugestandenen Ausstoßes (4). Dass dieser klimapolitische Irrsinn durchaus noch politisch gefördert und voraussichtlich auch umgesetzt werden wird, zeigt beispielsweise eine erst kürzlich bekannt gewordene vom Land Brandenburg in Auftrag gegebene Studie. Sie gibt eine klare Empfehlung ab: 7 neue Tagebaue sollen auch über 2030 die neuen Kraftwerke mit Kohle versorgen, betroffen davon werden allein in Brandenburg mindestens 6000 Einwohner sein, die wegen der Braunkohleförderung zwangsumgesiedelt werden müssten (5). Ganz abgesehen von menschenverachtender Vertreibung, der fast völligen Verwüstung einer ganzen Region und der Verschärfung der Krise der globalen Erwärmung, ist hier die rechtliche Durchsetzbarkeit eines solchen Vorhabens erstaunlich – und diese hat sich das Kapital über bürgerliche Gesetze natürlich geschaffen! Zu nichts Anderen sind bürgerliche Parlamente auch beauftragt, nämlich über gesetzliche Vorraussetzungen der Kapitalverwertung auch in ihrer unmoralischsten Form den Weg zu ebnen. Um auch die richtigen Gesetze für seine Herren zu verabschieden, holt man sich schon mal den Chef von Vattenfall (6) zum „Klimaschutzbeauftragten“ in das Bundesumweltministerium. Hier wird bezüglich des Klimaschutzes der Bock zum Gärtner gemacht. Aber damit der Bock kein Bock mehr bleibt, bügelten PR-Strategen die Weste der Braunkohlenverstromer wieder glatt. Das so genannte „Clean-Coal“-Verfahren zur CO2-Abscheidung soll Braunkohle als Energieträger sauber machen. Der verfahrenstechnische Haken bei dieser Technik ist, dass der mit ca. 42 Prozent sowieso schon geringe Wirkungsgrad der Braunkohle durch die CO2-Abscheidung um satte 10 Prozent zurückgehen würde (7). Dies bedeutet ein Viertel weniger Strom je Tonne Braunkohle und somit auch weniger Profit. Klar, dass diese Technik über das Versuchsstadium kaum hinaus kommen wird. Helfen wird es aber bei der Argumentation, auch weiterhin Landschaften für die Abbaggerung in Anspruch nehmen zu können.
Die Kapitalverwertung in Form der Braunkohleförderung ist gegenwärtig eben, seit die Preise für Öl und Gas und damit die Energiepreise im Allgemeinen explodieren, die profitabelste. Dies führte über Milliardengewinne zur Akkumulation und damit über die Marktbereinigung schwächerer Konkurrenten wie die BEWAG zur Konzentration von Kapital und folglich zum Ausbau einer marktbeherrschenden Position der heute vier großen Stromkonzerne in Deutschland EnBW, Vattenfall, E.on und RWE. Sie teilen sich heute 80 Prozent der Stromversorgung und 100 Prozent der Netze (8). Dieses Monopol ist das Ergebnis der radikalen Liberalisierung. Die Konzerne behielten ihre Stromleitungen, durften sich bei der Regelung des Netzzuganges für Dritte und bei der Preisgestaltung auch noch selbst beaufsichtigen und drängten neue Anbieter vom Markt. Diese Marktmachtposition zumindest auf nationaler Ebene wird in Form illegaler Preisabsprachen, Be- und Verhinderung konkurrierender Technologien und Unternehmen also zur Sicherung der Monopolprofite logischerweise gnadenlos ausgenutzt. Da helfen weder moralische Appelle der Umweltverbände noch politische Umverteilungsstrategien von Organisationen und Parteien keynsianischen Ursprungs, innerhalb des kapitalistischen Systems können Umverteilungsstrategien den Gesetzmäßigkeiten der Akkumulation und Konzentration des Kapitals nicht entgegenwirken. Die Ursachen der kapitalistischen Produktionsweise bleiben dabei unberührt. Vor diesem Sprung eines solch qualitativen Erkenntnisgewinns sind indes die Umweltverbände noch weit entfernt.
Im aktuellen „Schwarzbuch Klimaschutzverhinderer“ der Umweltorganisation Greenpeace wird ganz richtig aufgezeigt, wie Lobbyisten der Energiewirtschaft als Mandatsträger oder Beamte bundesweit dafür sorgen, dass die Interessen des Kapitals in entsprechende Politik umsetzen. Diese verfilzte Normalität parlamentarischer Entscheidungsträger steht im krassen Widerspruch zur sich abzeichnenden existenzbedrohenden Krise der Menschheit. Unverkennbar wurden von Greenpeace die dem Klimaschutz entgegenstehenden Konzerninteressen, die diesen mit allen Mitteln blockieren, freigelegt. Hier werden die Verflechtungen von Energiewirtschaft und Politik in Form allein zehn aktueller Bundestagsabgeordneter sowie zwölf gegenwärtiger Landespolitiker dargestellt, die Nebentätigkeiten wie Beirats- und Aufsichtsratsposten bei großen energiewirtschaftlichen Konzernen ausüben. Bestes Beispiel hiefür der designierte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der bis 2004 Mitglied im Beirat der E.ON Bayern AG war. Bis zu seinem Amtsantritt war er Vorstandvorsitzender der Unterfränkischen Überlandzentrale, die mehr als 89 Prozent ihres Stromes von der E.on Bayern AG bezieht. Dementsprechend betrieb er natürlich auch im Amt Lobbyarbeit für „seinen“ Konzern und seiner Branche, so forderte er vergeblich im Sommer 2006 eine drastische Senkung der Strafgebühren für die Überschreitung genehmigter CO2-Mengen (9). Aktuelles Beispiel ist die für die Energiewirtschaft vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene argumentative Schützenhilfe in Form einer Stellungnahme zum Klimawandel, angefertigt von der Bundesanstalt für Geo-Wissenschaften und Rohstoffe Hannover. Hier wird doch schlichtweg behauptet, dass die Sonne und nicht die Industrieabgase Schuld am Klimawandel seien (10). Warum diese Bundesanstalt diesen eigentlich schon wissenschaftlich bewiesenen Fakt leugnet, versteht man, wenn man sieht, wer die Klimaforschung der Bundesanstalt sponsert: im Kuratorium, das die Behörde maßgeblich „berät“ sitzt die Prominenz der Energiewirtschaft, von Exxon Mobile über Konzerne wie Vattenfall und deutsche Steinkohle AG (11). Trotz der massiven Kritik an dieser dubiosen Stellungnahme, nahm die bürgerliche Presse bereitwillig den Inhalt auf, um gleich wieder Zweifel unter die Bevölkerung zu streuen. Dabei zeigt dieses Beispiel noch ein anderes Problem: die Mär von der unabhängigen Wissenschaft. Technologie und Wissenschaft sind nie wertfrei, sondern interessengeleitet. Über die Fragestellung und das Erkenntnisinteresse entscheiden diejenigen, die Forschung finanzieren und das sind in vielen Fällen eben die Konzerne. Das Kapital greift auch in angeblich freie Forschungsräume ein und bestimmt nicht nur über Lehrstühle und darüber, welche Forschungsansätze für wert befunden werden, also direkt und indirekt Profit versprechen. Das Kapital bestimmt auch, manchmal auf sehr komplexe Weise, welche Projekte zensiert und unterdrückt werden. Verblüffend, wie groß die Einbildung der Forschenden in diesem Land ist, sie Arbeiten „frei.“
Wer Kapitalinteressen nicht (mehr) analysieren kann, wer allumfassende Zensur nicht einmal mehr spürt, ist besonders erfolgreich unterworfen. Schon Karl Marx und Friedrich Engels erfassten diese Unterwerfung der Wissenschaft unter die Interessen des Kapitals im Manifest der Kommunistischen Partei: „Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihren bezahlten Lohnarbeiter verwandelt (MEW, Band 4, Seite 465).“
Doch auch so genannte „Ehemalige“ wie Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder sind anschauliche Beispiele, wer eigentlich die Politik im Lande macht. Ihn zog es 2005 nach dem Regierungswechsel als Aufsichtsratsvorsitzender der NEGP Company in die Energiewirtschaft. In seiner Kanzlerschaft förderte er aktiv das Projekt der Ostseepipeline dieses Konzerns (12). Aber auch die Rolle der Gewerkschaften wird von Greenpeace thematisiert, denn in den Aufsichtsräten der Energieversorger sitzen Dutzende von Gewerkschaften als eigentliche Vertreter der ArbeitnehmerInnen. Hubertus Schmoldt (IG BCE) oder Frank Bsirske (ver.di) sitzen sogar als Bundesvorsitzende in den Aufsichtsräten von E.ON bzw. RWE (13). Logischerweise verdienten sie sich auch ihr Geld als treue Lobbyisten. So mobilisierten die Beschäftigten der Energiewirtschaft für eine Demo Anfang 2007 in Berlin gegen die Zerschlagung der Stadtwerke, Liberalisierung des Strommarktes, aber auch gegen den Klimaschutz. Der deutschen Wirtschaft würden „unfaire Auflagen beim Emissionshandel“ auferlegt (14). Hintergrund ist die geringere Zuteilung von Emissionszertifikaten seitens der EU über 453 Millionen Tonnen (Zertifikate, die sie nicht nur kostenlos erhielten, sondern ihren Ausgabewert ungeniert auf die Strompreise aufschlugen!). Die deutsche Energiewirtschaft liegt aber mit durchschnittlichen 477 Millionen Tonnen jährlichen Ausstoßes an CO2 darüber und wäre somit gezwungen den Ausstoß zu verringern oder Zertifikate teuer zuzukaufen. Diese Reduzierung des Klimaschädlichen CO2 findet ver.di nun unfair, da diese letzten Endes auch Arbeitsplätze kosten würde. Doch ist dieses Argument grundweg falsch und offenbart hier durch ein gekauftes Gewissen den klassischen Interessenkonflikt der Gewerkschaftsbürokraten, denn den gegenwärtigen ca. 100 000 Beschäftigten im Braun- u. Steinkohlenbergbau, in der Atomenergiewirtschaft sowie Erdgas- und Erdölwirtschaft (15) stehen heute schon 170 000 Arbeitnehmer im erneuerbaren Energiesektor (16) bei einem Gesamtanteil an der Primärenergieproduktion von bisher nur 10 Prozent an der Gesamtstromproduktion (17) gegenüber. Nicht auszumalen welches Potential an Arbeitsplätzen in diesem Bereich steckt, wenn er denn nur stärker anwachsen würde. Dies wäre aber ein klassischer Verdrängungswettbewerb zu Ungunsten fossiler Energieträger, bei dem sich die Großkonzerne natürlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen und bei jeder Gelegenheit ihre Monopolstellung bzw. Oligopolstellung am Strommarkt verteidigen. Somit wird es keine nennenswerte Steigerung der Anteile erneuerbarer Energien am Strommarkt geben. Folglich konnte sich von den Unternehmen der erneuerbaren Energien noch keines zu ähnlich großen Konzernen aufschwingen mit einer nur annähernd starken Korrumpiermacht, die lukrative Posten für Politiker und Gewerkschaftsbürokraten verspricht, sonst würde eine Bsirske und Co. heute wahrscheinlich auch Interessen großer Windenergiefirmen oder ähnlichen Firmen Erneuerbarer Energien verteidigen.
Aber was ist die die Antwort von Greenpeace und anderer Umweltorganisationen auf diesem deutschen Energiefilz? Greenpeace fordert angesichts korrumpierter Politiker und Beamten gar schon die Zerschlagung die Energiemonopole („Zerschlagt die Energiemonopole“ (18)). Doch die Hauptstrategie für ihre Mitglieder dabei ist leider immer die alte, wirkungslose: für einen 10-Punkte-Plan zum Klimaschutz stehen 12 Politiker, Institutionen und Firmen zur Verfügung, bei denen man per Aktionspostkarte und auch selbst entworfenen Protestpamphleten mal so richtig Dampf ablassen kann. Bei eben jenen Politikern, die im parlamentarischen Mechanismus der legalen Bestechung eben nicht die Interessen in Punkto Klimaschutz vertreten wollen und Firmen wie RWE und Porsche diese nicht aus Profitinteressen vertreten können (19). Anstatt die 550 000 Fördermitglieder von Greenpeace zum aktiven Widerstand zu mobilisieren, ziehen sich Umweltbewegte nach dem immer wieder erfolglosen anschreiben gegen diese Krise ohnmächtig in ihre eigenen vier Wände zurück. Die Umweltbewegung steckt letztlich in der Krise, denn die Lösung der ökologischen Krise hat sich durch solche Aktionen und auch durch eine radikale Verweigerungsbewegung nicht entschärft. Unter Linken gab und gibt es ernst gemeinte Debatten, hier entstehe ein neues revolutionäres Subjekt, die klassische Modelle der proletarischen Gegenmachtstrategie ablösen sollten.
Die Grenzen solcher auch radikalen Verweigerungsbewegungen wurden spätestens mit den Auseinandersetzungen der Anti-Atombewegungen mit der geballten Macht des bürgerlichen Staates deutlich. Dabei begannen die ideologischen und politischen Kräfte in den Parlamenten und den Medien ihr Ritual der Kombination der Kriminalisierung und Unterdrückung der Radikalität durch Integration in Form von Ausstiegs- und Nachdenkformeln, ohne das System generell in Frage zu stellen. Des Weiteren markierten die von der Gegenseite immer wieder vorgebrachten „Sachzwänge“ die Notwendigkeiten eigene Inhalte und Forderungen entgegenzusetzen. Diese Art der Gegenmacht zeichnete sich nicht durch Radikalität der Aktionsformen oder Eroberung weiterer gesellschaftlicher Bereiche wie der organisierten Arbeiterklasse aus, sondern durch die Entscheidung kleiner bürgerlicher Randkräfte ökologische Parlamentsparteien wie „Die Grünen“ aufzubauen. Ausgerechnet über das Parlament, der für die Bestimmung staatlicher Politik vollkommen überflüssigen Institution, wollte die Umweltbewegung ihren Einfluss erweitern und ihre Kräfte bündeln. Gerade hatte man in den knallharten Auseinandersetzungen mit der bürgerlichen Staatsmacht die Erfahrung gemacht, das parlamentarische Institutionen auf seine Forderungen weder eingehen wollten noch konnten, so wurden die aktivsten Kräfte eben auf diesen „Marsch durch Institutionen“ geschickt. Der Preis dafür war die Umwandlung der Radikalität der „Verweigerungsbewegung“ zur „Wir machen mit“-Initiative im Parlament als einflussloses Areal, das aber umso mehr Kräfte bindet. „Stellvertreterpolitik“ betreibend, ersetzen sie ehemals massenhafte Umweltbewegungen durch parlamentarische Initiativen. Sie täuschen eine Macht und Machbarkeit vor, die nicht annähernd den realen gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen entspricht.
Auch die ehemalige PDS und jetzige „Die Linke“ gab sich in einigen Punkten einen grünen Anstrich. Dabei wurde, obwohl von der bei der PDS angesiedelten „Ökologischen Plattform“ in der Diskussion zum neuen Eckpunktepapier eingeforderten radikaleren Forderungen mit eindeutigerem sozialistischem Profil z. Bsp. nach geplanter Wirtschaft, die Messlatte für zukünftige Koalitionspartner nicht allzu hoch gehangen. In allem verfolgt die „Die Linke“ ebenso wie „Die Grünen“ ein klar reformistisches Politikkonzept mit dem Bemühen, die kapitalistische Gesellschaft durch einen Plan von finanziell abgesicherten Maßnahmen schrittweise aus ihrer ökologischen Krise und zu einer nachhaltigeren Produktionsweise zu führen. Dabei soll mit einem hohen Maß an staatlicher Kontrolle eine autarke Wirtschaft geschaffen werden, also ein Programm, das in die entgegengesetzte Richtung weist, weg von einer internationalistischen Sichtweise, eine Sichtweise die nationale Vorurteile schafft. Aber selbst eine Regierung die mehr staatliche Kontrolle schafft, gerät mit dem weiter bestehenden Markt alsbald in Konflikt, wenn er Wachstum und Profiten im verstärkten Maße im Weg steht. Die Grundlagen der Marktmechanismen sind somit eine klare Absage an einen ökologischen Kapitalismus.
Dies ist klar eine Verdrehung der ursprünglichen Radikalität der Umweltbewegung: statt der Entwicklung gesellschaftlicher Gegenmacht, wird eine Entwicklung der gesellschaftlichen Macht versprochen, die die Bedürfnisse aller einzulösen vorgibt, d.h. die Klassengesellschaft durch einen Konsens zwischen den Klassen aufzuheben. Heute haben diese reformistischen Kräfte grünen Anstriches zu jeder Problemlage und „Politikfeldern“ inflationär Programme und Strategien entwickelt, die anstatt Oppositionskräfte zu stärken sie absorbieren und desorientieren. Diese strategische Fehlentwicklung des Reformismus, hervorgerufen durch die Absage an Radikalität und marxistischer Theorie, führte zu einem untauglichen Konzept der Schadensbegrenzung und endet letztlich beim bloßen Managen der Krise.
Hierzu gehört auch die Phraseologie vom verantwortungsvollen Verbraucher die auch die Umweltverbände und „aufgeklärte“ Bürger immer wieder bemühen. Die Verbraucher seien Schuld, sie sind es letztlich, die nach Autos, Einwegflaschen verlangen und immer noch nicht zum Ökostromanbieter gewechselt sind. Das ist die eigentliche Crux dieses Bildungsbürgertums mit all ihren Umweltbildungsvereinen, das Pferd eigentlich von hinten aufzäumen zu wollen. Anstatt die Realität des Seins, das das Bewusstsein schafft, wird hier versucht, die gesellschaftlichen Realitäten außer acht lassend, über Bewusstseinsbildung die Gesellschaft von innen heraus zu verändern, nicht erkennend, dass man seit Jahrzehnten schon in eigenem Saft schmort. Hier werden die den Menschen permanent umgebenden und prägenden sozialen und kulturellen Verhältnisse im Kindergarten, Schule und am Arbeitsplatz, die sich natürlich auch in den Familien widerspiegeln, die manipulative Kraft der bürgerlichen Medien und Produktwerbungen vollkommen außer Acht gelassen oder total verklärt. Letzteres, die Stimulation der Nachfrage am Markt, entscheiden über Erzeugnisse und nicht der tatsächliche Sinn eines Produktes, sein echter Gebrauchswert, und schon gar nicht eine gesellschaftliche Abwägung von Wünschen und Verträglichkeit. Das jährlich zu wechselnde Mobiltelefon, bei dem die Telefon-Funktion schon zur Nebensache wird, ist beispielhaft für diese Produktion von Bedürfnissen.
Damit pervertiert der Markt: eine Nachfrage muss erst künstlich geschaffen werden, um für ein Angebot Konsumenten zu finden. Somit mündet der Kapitalismus in eine ungeheure Verschwendung nicht aus privater Verschwendungssucht, sondern als Konsequenz des permanenten Zwangs der Kapitalverwertung. Auf der anderen Seite schwindet mit der wachsenden auch absoluten Verelendung für eine größer werdende Zahl überhaupt die Wahlmöglichkeit. Hier bleibt nur noch das Vertrauen in die „ökologische“ Orientierung von Aldi & Co..
Diese Zusammenhänge ausblendend, argumentieren auch die reformistischen Linken der PDS, dass es eine marktwirtschaftliche Neuorientierung zugunsten der Umwelt und zu Lasten bisher befriedigter Individualbedürfnisse geben muss. Mittlerweile gibt es unendlich viele Kataloge und Einkaufsführer, was nicht getan, nicht gekauft und nicht gegessen werden darf. Nun hat dieser Ansatz bisher kaum nennenswerte Massenkraft entwickeln können. Wie auch, wenn sich der Verbraucher in seiner Verweigerungshaltung nicht die Kraft der solidarischen Masse erfahren kann, sein Widerstand somit auf einer rein individualisierten Ebene abläuft. Somit kommen alle potentiell Beteiligten in rationalen Überlegungen zum Schluss, ihr Beitrag sei entweder vergeblich oder überflüssig. Die Folge ist eine rationale Passivität. Zudem wird nicht erkannt, dass der Verbraucher das letzte Glied in der Produktion in Verwertungskette. Zudem sind sie gleichzeitig als Arbeitskräfte in die Kapitalverwertung mit eingebunden, entwickeln also ein Eigeninteresse am Erhalt „ihres Betriebes“, auch wenn er schädliche Produkte erzeugt oder die Umwelt schädigt. Somit sind das Nachfrageverhalten und die Bedürfnisse der Konsumenten im Kapitalismus total deformiert. Wie schon Marx bemerkte: „Nicht nur der Gegenstand der Konsumtion, sondern auch die Weise der Konsumtion, wird daher durch die Weise der Produktion produziert, nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv. Die Produktion schafft auch den Konsumenten“. Daneben schauen eben beim Einkaufen immer mehr in erster Linie auf den Preis – umso mehr in den Zeiten von Lohndumping und Hartz IV.
Diese Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit und deren Produktion führt zum destruktiven Verhältnis gegenüber der Natur. Somit wird der einzelne Ausstieg aus dem vom Kapital diktierten Konsum genauso schwer zu bewerkstelligen sein, wie der individuelle Ausstieg aus der Produktion und Verhältnissen der Lohnarbeit. Auch die Aussteigerprojekte von nach ökologischen Richtlinien lebenden Kommunen, können den Marktgesetzten und der Ausbeutung durch den Markt nicht entkommen. Projekte wie der „Karlshof“ bei Templin, die eine „nicht kommerzielle Landwirtschaft“ betreiben und aus „dem Koordinationssystem von Markt und Staat“ austreten (!) wollen, sowie „gesellschaftlichen Raum wiederaneignen“ wollen (20), haben es noch nicht verstanden, dass die Aneignung gesellschaftlichen Raumes erst durch die Aneignung politischer Macht erfolgen kann. Zumal kann man nicht einfach aus Markt und Staat austreten, da es ein eigenes Himmelsreich auf Erden losgelöst von den permanent wirkenden marktwirtschaftlichen und staatlichen Realitäten nicht geben kann. Der Staat und seine Kommunen treiben in jedem Falle Grundstückssteuern, Abwassergebühren etc. ein. Zwar ist man abgekoppelt von der Ausbeutung durch Lohnarbeit eines Kapitalisten, ihre Mitglieder werden aber entweder selbst zu solchen auch mit dem Resultat der Selbstausbeutung oder sie bleiben gefangen in den Mühlen staatlicher Beihilfen mit entsprechenden sozialrechtlichen Repressionsmöglichkeiten. Somit sind solche „Aussteigermodelle“, so groß ihre Gemeinschaft auch sein mag, in Wirklichkeit gar keine, da die Schaffung gesellschaftlichen Eigentums und damit den einhergehenden Arbeitsbedingungen statt privaten Eigentums erst eines revolutionären Umwälzungsprozesses bedarf. Daher kann es innerhalb des Systems keinen Freiraum für die Herausbildung nicht-kapitalistischer Eigentumsverhältnisse geben.
Diese Logik beinhaltet auch eine Absage an eine Ökologisierung der Marktwirtschaft. Auflagen, Verbote und Grenzwerte passen nicht in die Marktphilosophie und widersprechen der neoliberalen Offensive der Deregulierung. Bestes Beispiel hiefür sind die schon erwähnten Verschmutzungsrechte für CO2-Emissionen. Jedes Unternehmen kauft Zertifikate, die zu einer bestimmten Menge von Schadstoffemissionen berechtigen, dabei sind die Zertifikate wie Aktien zu erwerben und weiterzuverkaufen. Der Staat bräuchte nur noch nach Stand der Technik Grenzwerte für Emissionen festlegen der Rest regelt der Markt. Somit seien stark umweltverschmutzende Unternehmen gezwungen viele teure Zertifikate zukaufen zu müssen, um die Produktion aufrecht halten zu können und seien zukünftig dadurch gezwungen in fortschrittlichere Technik zu investieren oder die Produktion gar aufzugeben. Eine solche Regelung ist erst einmal nichts weiter als eine bloße Verteilung von Umweltverschmutzung über den Markt. Von Umweltsanierung oder gar -schutz kann keine Rede sein. Ein weiteres Problem besteht dabei in der Gefahr des Hortens und Spekulierens der Unternehmen mit solchen Zertifikaten. Konzerne mit viel Kapital könnten durch Zukauf das Angebot von Zertifikaten künstlich verknappen, um Konkurrenten zu behindern.
Dies heißt natürlich nicht, dass der Kampf gegen Umweltzerstörung, -verschmutzung und Emissionen bis zur Überwindung des Kapitalismus aufgeschoben werden soll. Im Gegenteil: Die Klasse, die das zentrale Element der Produktivkraftentwicklung darstellt, die Arbeiterklasse, hat in ihrem Klassenkampf mit dem Kapital auch die Macht und das Interesse zum Widerstand gegen die Destruktivkräfte des Kapitals – etwas, was die kleinbürgerliche Umweltbewegung in den imperialistischen Ländern systematisch ausblendet. Schon seit ihrem Beginn hat die Arbeiterbewegung die zerstörerischen Seiten des kapitalistischen Produktionsprozesses im Kampf um die eigenen Gesundheits- und Lebensbedingungen ins Zentrum der Auseinandersetzungen mit dem Kapital gestellt. Zahllose Sicherheitsbestimmungen, Emissionsbegrenzungen, Schadstoffverbote, Wohngebietssanierungen usw. usf. sind Resultate eines langwierigen Kampfes der Arbeiterbewegung. Mit der Entwicklung des Imperialismus waren jedoch solche Errungenschaften stark auf die imperialistischen Länder konzentriert, und auch hier eher auf die besser gestellten, arbeiteraristokratischen Teile der Arbeiterklasse. Gleichzeitig entwickelte die Einbindung des Reformismus in die imperialistische Staatsmaschinerie eine systematische Ignoranz gegenüber ökologischen Problemen in Gewerkschaften und reformistischen Parteien, sofern es nicht unmittelbar Betroffenheit bei der arbeiteraristokratischen Klientel gab. Die Wiederaneignung der ökologischen Frage durch die Arbeiterbewegung ist daher untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen die bornierte Dominanz der reformistischen Bürokratie.
Mit der drohenden ökologischen Katastrophe muss die Frage des Kampfes um Umweltstandards wieder zu einem einigenden Band werden, das für ArbeiterInnen in imperialistischen Ländern wie in Halbkolonien, in Beschäftigung wie in prekären Verhältnissen in allen ihren Auseinandersetzungen mit dem Kapital wieder einen zentralen Stellenwert einnehmen muss. Von der Energiewirtschaft, der Verkehrspolitik bis zur Gestaltung der Produktionsprozesse müssen Forderungen entwickelt werden, deren nachhaltige Umsetzung notwendig die Kontrolle der Arbeiterklasse über die Produktion bedeuten muss, soll dieser Planet über dieses Jahrhundert hinaus noch bewohnbar sein.
Viele Umweltschützer klammern sich an den scheinbaren CO2-neutralen Strohhalm Erneuerbare Energien. Diese stehen im Kapitalismus aber ebenso unter der Profitlogik. Somit ist der Import von billigerem Palmöl für die Biodieselproduktion rentabler und damit attraktiver als heimische Rohstoffe wie Rapsöl. Dabei spielt es keine Rolle, dass diese Palmölplantagen auf ehemaligem Regenwaldgebiet stehen und auch weiterhin Regenwald zu diesem Zwecke abgeholzt wird. Regenwald ist aber eine wichtige Kohlenstoffsenke. Hier wird unter dem Diktat des Profits, das Prinzip einer gewissen CO2-Neutralität ins entgegensetzte verkehrt. Bio ja, aber nicht mehr Öko. Längst haben die großen Energie- und Gentechnikkonzerne die Marktlücke entdeckt und geben sich nun in zynischer Weise auch noch ein „Bio-Prädiket“.
Anstatt in erster Linie die Energieeinsparpotentiale, die in dieser energieintensiven Gesellschaft enorm sind, zu nutzen, wird versucht oder angestrebt einen Großteil des gegenwärtigen Strom- und Treibstoffverbrauchs durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Dies ist aber bezüglich der zum Einsatz kommenden begrenzten Biomasse gar nicht möglich und zweitens auch gar nicht wünschenswert. Denn mittlerweile hat dieser Boom nachwachsender Rohstoffe weltweit zu einer Flächenkonkurrenz zwischen der Lebens- und Futtermittelindustrie und der Produktion für Biogas, Biodiesel und Bioethanol geführt. In Mexico zum Beispiel haben sich die Maispreise extrem verteuert, da Mais verstärkt in die USA für die Bioethanolproduktion exportiert wird (21). Leidtragende sind wieder mal die Armen, die auf Mais als traditionelles Lebensmittel angewiesen sind. Letztlich wird diese Flächenkonkurrenz zu einer weltweiten Rohstoffverknappung führen, die am Ende die Lebensmittelpreise in die Höhe steigen lassen werden. Somit müssen Menschen in der „dritten Welt“ noch mehr hungern, damit die Oberklasse auch weiterhin auf der Nordhalbkugel nicht zum Stillstand kommt. Zu dieser sich verschärfenden Flächenkonkurrenz kommt zudem, dass es für die Energieerzeugung schlichtweg gegenwärtig zu den bestehenden Techniken keine Alternativen gibt. Hier ist am Horizont neuer Technologien (z. Bsp. Kernfusion) nichts Gangbares in Sicht. Das Marktsystem zeigt sich unfähig, die notwendigen wissenschaftlichen Durchbrüche zu liefern. Zu einem entstehen riesige Kosten für die Entwicklung neuer Ansätze, vor allem sind aber momentan, da Profite immer Köder für Investitionen sind, eben fossile Brennstofftechnologien am profitabelsten.
An dieser Stelle muss das gefordert werden, was Unternehmen natürlich ausdrücklich vorenthalten: die Offenlegung der Emissions- und Schadensbuchführung sowie der Geschäftsbücher und deren uneingeschränkte Kontrolle durch Beschäftigte und Verbraucher. Das Recht zur Kontrolle über Produkte und Produktion muss auf sie ausgedehnt werden. Arbeiter müssen ein Veto-Recht bezüglich gesundheits- und umweltgefährdender Produktion und Produktionsabläufen bei alten und neuen Produkten erhalten. Dieser Kampf um die Machtverhältnisse in den Betrieben ist antikapitalistisch und wird keine Illusionen im Hinblick auf einer möglichen Selbstreparatur des Systems erzeugen. An dieser Stelle muss die Ökologiebewegung von ihrem elitären Ross steigen und die ökologische Frage endlich mit der sozialen verknüpfen, sie kann nur Erfolg haben, wenn sie mit der Arbeiterklasse verschmilzt und ein gemeinsames Ziel erklärt: die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft als einzige Grundlage, Umweltprobleme zu lösen. Sie muss sich ebenfalls an den betrieblichen Kämpfen der Arbeiter beteiligen und selbstbewusst für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft eintreten. Denn ein „ökologisches Gleichgewicht“ bedingt wissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Planung. Privates Eigentum an Produktionsmitteln und private Nutzung der natürlichen Ressourcen führen unter dem Gesetz der Kapitalakkumulation immer wieder zur Verletzung der Ökosysteme. Erst wenn natürliche Ressourcen nicht mehr unter der Prämisse der profitsteigernden Nutzung stehen, kann sich eine systematische Einheit zwischen Mensch und Natur bilden. Somit ist eine geplante Wirtschaft nicht nur eine Bedingung rationaler gesellschaftlicher Produktion, sondern auch Bedingung des biologischen Überlebens. Es ist unmöglich, Umweltprobleme ohne wirksame internationale Planung anzugehen, für die eine Voraussetzung die Beseitigung von Konflikten ist, die aus Knappheit und Mangel entstehen – noch ein Grund mehr dafür, dass die bürokratische, nicht-demokratische „Planwirtschaft“ der degenerierten Arbeiterstaaten nicht mehr als staatliche Verwaltung von Mangel, Unterentwicklung und der vom Kapitalismus geerbten Umweltzerstörung sein konnte.
Hier kann es aber in einer echten, internationalen und demokratischen Planung nicht bedeuten, dass Bedürfnisse sich weiter unbegrenzt ausdehnen werden. Hier kann es primär nur um die Erfüllung der konstanten Grundbedürfnisse der Weltbevölkerung gehen, Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheitsversorgung etc., die die Mehrheit der Konsumausgaben ausmachen und ausmachen werden, dies ist angesichts des Klimawandels und der allgemeinen ökologischen Krise eine objektive Notwendigkeit. Hier muss es hinsichtlich einer Wiederherstellung der natürlichen Lebensbedingungen um eine zeitweilige Zurückstellung individueller Bedürfnisse gehen. Die egozentrischen Gewohnheiten der Einzelnen, die unablässig von der Marktwirtschaft und ihrer Werbung genährt oder erst hervorgerufen werden, werden in einer sozialistischen Gesellschaft mit einem wachsenden Sicherheits- und Solidaritätsgefühl schrittweise verschwinden. Damit aber eine harmonische und wirksame sozialistische Gesellschaft bestehen kann, muss die gesamte Weltbevölkerung einen vergleichbaren Lebensstandard haben, das heißt, dass das Verbrauchsniveau der industrialisierten Welt für alle gelten muss. Dies erfordert eine gewaltige Umgestaltung der gegenwärtigen Methoden der Energie- und Ressourcennutzung. An dieser Stelle besteht ein Risiko bezüglich der biophysischen Grenzen des Planeten. Es ist unmöglich diese vorauszusagen, wo genau diese liegen. Dies hängt von der Möglichkeit des Einsatzes Erneuerbarer Energien, die stark begrenzt ist oder aber eben von der Entwicklung neuer Technologien zur Energiegewinnung ab. Voraussetzung dafür ist die demokratische Kontrolle von Wissenschaft und wissenschaftlicher Einrichtungen von Arbeitern und Verbrauchern. Des Weiteren muss es einen radikalen Umbau von Verkehr und Transport natürlich in absoluter vergesellschafteter Form geben mit der kostenlosen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Auch werden umweltfreundlichere Autos mit geringem Verbrauch zum Einsatz kommen, die eigentlich heute schon entwickelt sind. Kurz- und Mittelstreckenflüge könnten durch Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen ersetzt werden. Hier darf in einer sozialistischen Gesellschaft die Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt werden, um die internationale Solidarität zu schaffen, die auch für eine andere ökologische Zusammenarbeit nötig ist. Der weitaus wichtigere Faktor, das solch eine zukünftige sozialistische Gesellschaft, deren Grundlage Bedürfnisse und nicht Profite sind, eben ungeheure Vorteile in Bezug von Ressourcen- und Energieeinsparung bietet. Es gäbe keine Zerstörungen von Fabriken und Maschinen in Krisenzeiten mehr, keine Überproduktion und damit die sinnlose Vernichtung von Überschüssen oder künstlicher Verschleiß materieller Güter, all diese Vergeudungspraktiken im Dienste der kapitalistischen Konkurrenz und Profitsteigerung haben auf dem sozialistischen Markt keinen Platz mehr. Die Technik würde der Erhaltung von Gebrauchswerten statt der Steigerung des Umsatzes dienen. Hier besteht eben die Möglichkeit die Probleme vor denen die Menschen zukünftig stehen werden, mit einer demokratischen Planung zu lösen, im Unterschied zu der unausweichlichen Zerstörung der Umwelt, die mit der Anarchie der kapitalistischen Produktion verbunden ist. Lässt sich der heutige Kapitalismus als „Wegwerfgesellschaft“ charakterisieren, so wird der Sozialismus die Energien, die heute in die dauernde Erneuerung schnell vernutzter oder veralteter Gebrauchsgüter gesteckt werden, für andere Zwecke einsetzen, wenn die Produktion auf Haltbarkeit umgestellt wird. Dieser Rahmen der Beständigkeit wirkt natürlich auch auf die Verhaltensweisen der Menschen, ethische Normen rücken wieder in den Vordergrund. Somit wird sich auch ein anderer Lebensstil herausbilden.
Das Ausmaß der Aufgabe ist riesengroß, das praktisch alle gegenwärtigen Energiequellen ersetzt werden müssen. Hierbei kommt aber noch ein entscheidender Fakt hinzu: die Befreiung der Kreativität der Arbeiterklasse. Im besehenden Marktsystem gibt es für Arbeiter kaum Anreize für „ihre“ Bosse mit ihrer Kreativität auszuhelfen. In der Situation vergesellschafteter Betriebe und fehlender grundlegender Interessenkonflikten, werden die kreativen Instinkte der Arbeiter befreit. Auch die Aussicht steigender Freizeit, die nicht mehr im Gegensatz zur Arbeit steht, und damit die eigene freie Entwicklung, als zentraler Zweck des Menschen, die Förderung innovativer Weiterbildung bestärken diesen Faktor. Auf der Grundlage einer Bildung, die dem Menschen die Aufnahme und kritische Verarbeitung von Informationen im ganzen Umfang des heute in die Produktionsprozesse eingehenden Wissens, können in freier vernünftiger Diskussion Meinungsbildungsprozesse ablaufen, aus denen für die Umwelt verantwortliche Entscheidungen hervorgehen.
In jedem Falle gilt das alte Wort von Marx auch weiterhin: „…dass also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine andere Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in einer Revolution dahin kommen kann, sich den ganzen alten Dreck von Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden (22).“
(1) Stocker, A.; Türk, A.: Climate change, Science and policy, http://www.accc.gv.at/pub/ClimateScience.pdf, 2002, S.53
(2) Ebenda
(3) Der Tagesspiegel online: EU gegen neue Kohlekraftwerke in Deutschland http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/klimaschutz-kohlekraftwerke/101683.asp, 05.05.2007
(4) Der Spiegel (12/2007): Deutschland: Reise in die Vergangenheit, 19.03.2007
(5) Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg: Studie zur Fortschreibung der Tagebauentwicklung im Lausitzer Braunkohlenrevier (Teil Brandenburg), Oktober 2006
(6) großes Energieunternehmen, das neben etlichen anderen Kraftwerken selbst auch 4 Braunkohlekraftwerke und 2 Kernkraftwerke in Deutschland betreibt
(7) Urgewald: Investition in Ineffizienz und Wahnwitz – Die Geschäfte von RWE http://www.projekt21plus.de/downl/Dossier-Endfassung.pdf, 2007, S.14
(8) Greenpeace: Schwarzbuch Klimaschutzverhinderer – Verflechtungen zwischen Politik und Energiewirtschaft, http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/
Verflechtung_Energiewirtschaft_Politik.pdf, 2007,S.3
(9) Ebenda, S.3
(10) Monitor: Gutes Klima durch geschönte Fakten?,
http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=866&sid=160, 01.03.2007
(11) Ebenda
(12) Greenpeace: Schwarzbuch Klimaschutzverhinderer – Verflechtungen zwischen Politik und Energiewirtschaft, http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/
Verflechtung_Energiewirtschaft_Politik.pdf, 2007, S.5
(13) Ebenda, S.6
(14) junge Welt: Ver.di bremst beim Klimaschutz, 11.12.2006, S.5
(15) Berechnungen des Autors
(16) Energie,http://www.tatsachen-ueber-deutschland.de/fileadmin/festplatte/deutsch/ download/00_startseite/Newsletter_03_2006_DEU_01.PDF, 2006
(17) IPPNW: Erneuerbare Energien können die nuklear-fossilen Energieträger zügig ablösen,
http://www.ippnw.de/Atomenergie/Energiewende/article/
Erneuerbare_Energien_koennen_die_nuklear-fossilen_Energietraeger_zuegig_abloesen.html?
swip=0ffeaa5fffbb4ab32ee71d1f814e5efe, 08.02.2007
(18) Greenpeace Magazin (2/07): So retten wir das Klima: der 10-Punkte-Plan, 2007, S.33
(19) Ebenda, S.36
(20) taz: Kapitalismuskritik auf dem Lande, 13.01.2006, S.23
(21) Wikipedia: Welthunger, Erneuerbare Energien können die nuklear-fossilen Energieträger zügig ablösen, http://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger
(22) Marx, K.: Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 69f.