Arbeiter:innenmacht

Scheitern der Sondierung offenbart politische Krise

Thesen der Gruppe ArbeiterInnenmacht, 8. Dezember 2017, Neue Internationale 225, Dezember 17/Januar 18

1. Das Scheitern der Sondierungen um eine Jamaika-Koalition lässt eine tiefe politische Krise offen zutage treten. Diese kommt nicht überraschend, wenn auch deren unmittelbare Ursache – der Abbruch der Verhandlungen durch die FDP – verwundert hat.

2. Seither ist auch deutlich geworden, dass der Schritt der Liberalen keineswegs „spontan“ erfolgte, sondern vorbereitet war. Neben parteitaktischen Überlegungen lagen dem Scheitern durchaus reale Differenzen zugrunde, obwohl die Sondierungen knapp vor der Einigung standen. Die Grünen hatten einen weiteren Schritt nach rechts und zum „Patriotismus“ hin gemacht. Bei der Frage der Migration setzte sich die CSU weitgehend durch.

3. Die Verhandlung scheiterte an der FDP, weil sie eine andere, weit stärker neo-liberale Ausrichtung bürgerlicher Politik verfolgt und vor allem in der Europafrage zu weit gehende Zugeständnisse an „Umverteilung“, „Etatismus“ und „grüne Umweltpolitik“ erblickt. Hinzu kommt, dass die FDP stärker auf einen national-liberalen Kurs schwenkt, für den der österreichische ÖVP-Kanzler Kurz teilweise als Vorbild dient. Zweifellos waren alle 4 verhandelnden Parteien „pro-europäisch“ in dem Sinn, dass sie eine globale Stärkung der EU unter deutscher Vorherrschaft anstreben. Aber die Liberalen vertraten eine Linie, den halb-kolonialen Ländern des Südens keine Zugeständnisse in der Frage Schulden und Austerität zu machen und auch Frankreich keinen Spielraum für Investitions- und Konjunkturprogramme zu gewähren. Die Mehrheit der Union und die Grünen verfolgten und verfolgen ähnlich der SPD einen anderen Kurs. Sie gehen davon aus bzw. sehen sich gezwungen anzuerkennen, dass eine Überwindung der EU-Krise und der Aufbau eines schlagkräftigen Blocks im längerfristigen Interesse des Gesamtkapitals auch gewisse Konzessionen an den strategischen imperialistischen Verbündeten Frankreich und selbst an die schwächeren Staaten erfordern. Ansonsten droht die EU und auch die Euro-Zone zu zerbrechen.

4. Auch wenn diese Frage in den öffentlichen Stellungnahmen von denen der „ökologischen Wende“, der Migration, des Soli, … überlagert wurde, so bildet sie den Kern der Probleme und auch der politischen Krise. Die deutsche Bourgeoisie vermochte zwar ihre ökonomische Dominanz über die anderen Länder in Europa zu stärken, aber sie konnte die EU nicht erfolgreich zu einem Block formieren, der federführend um die Neuaufteilung der Welt kämpft. Im Gegenteil, diese ist krisengeschüttelt (Brexit, Lage in Spanien, Italien, …) und die deutsche Vorherrschaft geschwächt. So konnte die Regierung Merkel zwar eine Austeritätspolitik gegenüber Griechenland durchsetzen, aber sie wurde in der sog. „Flüchtlingskrise“ erfolgreich von rechts herausgefordert. Ebenso wenig konnte sie den Brexit Britanniens verhindern. In den meisten europäischen Ländern – und mit dem Wahlerfolg der AfD auch hierzulande – sind rechts-populistische, nationalistische, rassistische, rechts-extreme oder gar (halb)faschistische Gruppierungen auf dem Vormarsch, deren gemeinsamen Nährboden das drohende Scheitern der EU bildet. All das führt dazu, dass die EU trotz eines gewissen konjunkturellen Aufschwungs in einer tiefen, historischen Krise steckt, die auch die anderen Fragen prägt. Der „geschäftsführende Ausschuss“ der herrschenden Klasse und die deutschen Think-Tanks haben keine einheitliche Antwort auf die Frage, ja sie wird in der Regel nicht einmal offen diskutiert. Das „System Merkel“, das die deutsche Vormachtstellung „moderierend“ einführen wollte, sich vor allem auf das wirtschaftliche Gewicht Deutschlands und auf die Dominanz von EU-Institutionen verließ, ist praktisch gescheitert. Das ist die eigentliche Ursache seines „Autoritätsverlustes“. Das hat zugleich reaktionäre Antworten gestärkt – insbesondere in Form der AfD, aber darüber hinaus auch im gesamten übrigen bürgerlichen Lager. Das Scheitern der Sondierungsgespräche schafft für die EU ein weiteres Problem, da ihre Führungsmacht geschwächt wurde und wenig bis gar nicht in Erscheinung treten kann. Daher droht ein weiteres Zurückfallen hinter die USA und China, aber auch Russland.

5. Die Verhandlungen fanden zugleich vor dem Hintergrund einer zunehmenden sozialen Polarisierung im Inneren statt. Seit dem Beginn des Jahrhunderts und vor allem seit Einführung der Agenda-Gesetze wächst die soziale Ungleichheit zwischen den Klassen, aber auch innerhalb ihrer. Auch das schwächte die Bindungskraft von CDU/CSU und SPD in ihren „traditionellen“ Milieus nachhaltig. Da die SPD ohnedies die Politik der herrschenden Klasse administrierte und die Linkspartei zu keiner kämpferischen, sichtbaren Oppositionspolitik fähig war, verschob sich das politische Spektrum nach rechts. Nicht nur die SPD verlor Millionen Lohnabhängige. Immer größere Teile von ihnen fallen permanent durch den Rost „sozialpartnerschaftlicher“ Politik – und jene, die noch davon mäßige Verbesserungen erfahren, fürchten selbst früher oder später zum wachsenden Teil „prekärer“ Sektoren entsorgt zu werden. Die Krise der CDU/CSU führte dazu, dass sie ihre Funktion als vereinheitlichende bürgerliche „Volkspartei“ nicht mehr erfüllen kann. So fürchten AnhängerInnen aus kleinbürgerlichen und Mittelschichten, dass ihnen die CDU/CSU keine Zukunft und Stabilität sichern könne und suchen nach Alternativen. Das offen bürgerliche Spektrum ist heute de facto in fünf Parteien (AfD, CDU, CSU, Grüne, FDP) im Parlament zersplittert. Diese Uneinheitlichkeit des bürgerlichen Lagers spiegelt nicht nur die tiefe Spaltung der Bourgeoisie selbst wider, sondern auch die zunehmende Schwierigkeit, andere Klassen an sie zu binden. Es wird zunehmend schwieriger, eine Regierung des ideellen Gesamtkapitalisten zu bilden, weil schließlich immer mehr divergierende, ja entgegengesetzte bürgerliche Ideologien und Interessensgruppen unter einen Hut gebracht werden müssen.

6. Die herrschende Klasse ist in dieser Situation gezwungen, eine politische Krise offen anzuerkennen. Sie kann von Glück sagen, dass die konjunkturelle Lage zur Zeit noch relativ günstig ist. Das moderate Wachstum wird sich wahrscheinlich 2018 in Deutschland wie in der EU fortsetzen. Das ermöglicht kurzfristig eine Entschärfung der Verschuldungsproblematik auf dem Kontinent und hierzulande auch gewisse Verteilungsspielräume. Andererseits wird der Niedriglohnsektor, der Bereich unsicherer oder prekärer Verhältnisse fortbestehen, wenn nicht sogar anwachsen. Für mehr und mehr RentnerInnen droht Altersarmut. Das Wachstum der Wirtschaft könnte zu entschiedener geführten Tarifrunden führen, weil der Verteilungsspielraum noch günstig ist. Zugleich stellen aber auch drohende Massenentlassungen wie bei Siemens und Thyssen-Krupp Vorbotinnen für kommende Entwicklungen dar.

7. In der aktuellen politischen Krise drängen die herrschende Klasse, bürgerliche Medien, „ExpertInnen“ und alle „respektablen“ bürgerlichen Parteien, also die vier, die an der Sondierung beteiligt waren, auf die „staatspolitische Verantwortung“ der SPD. Neuwahlen sollen vermieden werden. Sie würden wahrscheinlich nicht nur die AfD stärken, sondern gleichzeitig auch keine anderen Koalitionsmöglichkeiten eröffnen. Während die Grünen, Teile der CDU und die SPD die FDP für den hinterlassenen „Scherbenhaufen“ verantwortlich machen, zeigen eine Reihe bürgerlicher Leitartikel oder Kommentare, z. B. in der FAZ, Verständnis für die Liberalen. Diese dürften für das Scheitern nicht allein verantwortlich gemacht werden. Dahinter steht, dass von etlichen bürgerlichen Kreisen der FDP die Rolle einer „respektablen“ Opposition zugedacht wird, die einerseits mehr Neo-Liberalismus einfordern, andererseits der AfD die Rolle der rechten Kritikerin an der Regierung streitig machen soll.

8. Eindeutlich favorisiert wird in der aktuellen Lage von bürgerlicher Seite die Bildung einer erneuten „Großen Koalition“. Diese wird sowohl Neuwahlen wie auch einer Minderheitsregierung von CDU/CSU oder aus Union/Grünen vorgezogen. Auch ein Einbeziehen der Grünen in eine Kenia-Koalition mit CDU/CSU und SPD ist unwahrscheinlich. Daher wurde seit dem Scheitern der Sondierung der Druck auf die SPD massiv erhöht. Noch am Montag, dem 20.11., hatten Parteivorstand und der Vorsitzende eine Große Koalition (GroKo) ausgeschlossen. Dann sollte zumindest darüber gesprochen werden. Der Druck kam dabei nicht nur aus dem offen bürgerlichen Lager. Ein Flügel der SPD forderte offen ein „Überdenken“ der Position. Bundespräsident Steinmeier übernahm eine besonders wichtige und bedeutende Funktion. Er hatte erste Gespräche mit auf den Weg gebracht und wird auch in Zukunft die beträchtliche formelle Macht seines Amtes sowie seine über den Parteien zu stehen scheinende Autorität für die Lösung der politischen Krise in die Waagschale werfen. Die Führungen der Industriegewerkschaften sind eindeutig Treiberinnen für eine neue GroKo, betrachten sie doch die letzte als eine Regierung, in der vieles für die „ArbeitnehmerInnen“ getan worden sei: Nahles-Rente, Mindestlohn, Leiharbeit und – was sie nicht offen sagen – die Einschränkung des Streikrechts für missliebige KonkurrentInnen. Mit seiner Entscheidung, „ergebnisoffen“ in Gespräche mit CDU/CSU einzutreten, ist der SPD-Vorstand dem Druck weitgehend entgegengekommen. Die Parteiführung bemüht sich zwar immer wieder zu betonen, dass „alles offen sei“, dass ein „Maximum“ an sozialdemokratischer Politik in einer etwaigen Koalition sichtbar sein müsse. Dies sind aber vor allem Mittel, die SPD-Mitgliedschaft schrittweise auf eine neue politische Katastrophe einzustimmen. Der Mehrheitsbeschluss des SPD-Parteitages vom 7. Dezember ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.

9. Die Bildung einer Großen Koalition (oder einer GroKo plus unter Einschluss der Grünen) wäre ein politischer Rückschlag für die ArbeiterInnenklasse. Sie würde eine weitere Periode der Klassenkollaboration zwischen der Hauptpartei der Bourgeoisie und der bürgerlichen ArbeiterInnenpartei SPD in Regierungsform bedeuten. Die SPD würde, vermittelt über die Gewerkschaftsbürokratie und deren Apparat, die zumindest in den industriellen Kernbereichen einer Großen Koalition zuneigen, die Lohnabhängigen auf politischer Ebene an die Regierung, an das Kapital binden. Die Gewerkschaftsführungen würden wie schon in den letzten vier Jahren etwaige gewerkschaftliche und betriebliche Auseinandersetzungen immer in Hinblick auf die Stabilität der Regierung führen, sprich beschränken oder hintertreiben. Die drohende Stärkung der AfD würde nicht nur von SPD-Seite als Argument für die Große Koalition verwendet werden, sondern auch für die Gewerkschaften zur Rechtfertigung einer „moderaten“ Politik, die auf Partnerschaft mit Kapital und Kabinett abzielt. In Wirklichkeit wird die Beteiligung der SPD an einer Großen Koalition und die Fortsetzung der Gewerkschaftspolitik der letzten Jahre weitere unzufriedene WählerInnen aus der ArbeiterInnenklasse in Richtung AfD treiben. Der Sozial-Chauvinismus und die Standortpolitik werden sich auch unter einer neuen Großen Koalition nicht als Mittel gegen die Rechten, sondern als deren Wegbereiter erweisen.

10. Die Bildung einer Großen Koalition ist jedoch keine ausgemachte Sache. Schulz und die Mitglieder des SPD-Vorstandes wissen, dass ihre Aufkündigung eine der wenigen populären Entscheidungen seiner Zeit als Parteivorsitzender war. Nun sollen die Mitglieder für eine weitere Große Koalition durch angeblich „offene“ Gespräche, die jedoch auf eine Neuauflage der Katastrophe zielen, weichgekocht werden. Die CDU wird sich dabei vergleichsweise handzahm zeigen, während die SPD-Spitzen so tun werden, als hätten sie „eine neue Situation“ geschaffen. Ähnlich wie bei den Jamaika-Verhandlungen wird es heftigere Konflikte mit der CSU und dem rechten Flügel der Union bei der Frage des Familiennachzugs für geduldete Geflüchtete wie generell in der Migrationspolitik geben (Abschiebungen nach Syrien, Obergrenze). Auf keinen Fall sollte sich irgendjemand auf angeblich „rote Linien“ der SPD-Führung in den Verhandlungen verlassen. Natürlich ist sich die Führung der Partei bewusst, dass eine weitere Große Koalition die deutsche Sozialdemokratie ähnlich ruinieren könnte wie die Politik Hollandes die französische. Daher will sie die Verantwortung für eine solche Katastrophe wie für die Koalitionsbildung insgesamt auf die Mitglieder in Form einer Urabstimmung abwälzen. Zugleich behält sie jedoch die volle Kontrolle über die Verhandlungsführung und auch über die Präsentation des möglichen Ergebnisses von Gesprächen und Koalitionsverhandlungen. Diese pseudo-demokratische Taktiererei muss scharf angegriffen werden.

11. Inner- wie außerhalb der SPD müssen alle, die gegen die Neuauflage einer Großen Koalition sind, eine offensive Kampagne dagegen starten. Sie müssen jedes Zugeständnis, jeden Winkelzug der SPD-Führung entlarven. Alle SPD-Gliederungen sollen dem Beispiel der Jusos folgen, die sich offen gegen eine neue Große Koalition gewandt haben, gegen Sondierungsgespräche und etwaige Verhandlungen. Aber auch die Position der Jusos ist inkonsequent, wenn sie die Unterstützung einer offen bürgerlichen Minderheitsregierung nicht ausschließen. Daher muss die Ablehnung von Koalitionsverhandlungen um die Forderung ergänzt werden, dass die SPD auch keine bürgerliche Minderheitsregierung der Union oder von Union/Grünen tolerieren oder stützen darf. Darüber hinaus sollte der sofortige Rücktritt der SPD und ihrer MinisterInnen aus der „geschäftsführenden Regierung“ gefordert werden. In den Gewerkschaften sollten ebenfalls möglichst viele Gliederungen offen gegen eine Neuauflage der Großen Koalition eintreten. Aktive, klassenkämpferische Mitglieder sollten die Diskussion der Regierungsfrage und eine klare Positionierung der Gewerkschaften auf Versammlungen einfordern. Die Linkspartei sollte ebenfalls eine Kampagne gegen eine neue Große Koalition starten.

12. DER LINKEN käme eine Schlüsselrolle in der aktuellen Lage zu. Sie könnte eigentlich die SPD vor sich hertreiben, von links unter Druck setzen. Doch sie bleibt wesentlich passiv, erklärt, dass sie „vor Neuwahlen keine Angst hätte“ und mit der SPD in der Opposition zusammenarbeiten will. Was das heißen soll, für welche Forderungen und Ziele sie kollaborieren will, lässt sie im Dunkeln. Das Wort Mobilisierung kommt ihr nicht über die Lippen. Stattdessen beharkt sich die Führung der Partei selbst. Oskar Lafontaine greift die Linke von rechts an, wenn er eine „neue Sammlungsbewegung“ propagiert, die – natürlich unter seiner unhinterfragten Führung – Linkspartei- und SPD-übergreifend eine neue „einigende“ Kraft etablieren soll, die ähnlich wie Mélenchons „La France insoumise (Das widerspenstige Frankreich)“ Sozial-Chauvinismus, Patriotismus und Rückkehr zum Sozialstaat verbinden möge. Diese links-populistische Linie vertritt auch Wagenknecht in der Linkspartei. Die Krise der Linken wird dieses Projekt, sofern es über eine Kopfgeburt hinauskommen sollte, nicht lösen, sondern nur vergrößern.

13. Doch auch die Linken in der Linkspartei und links von ihr verharren in eigentümlicher Passivität angesichts der Lage. Ein Teil (z. B. Der Funke) fordert Neuwahlen, von denen angeblich auch die Linkspartei profitieren würde – sei es mit einer anderen Politik, die anscheinend vom Himmel fallen sollte, oder einfach aufgrund des Rechtsrucks der Grünen und der Unfähigkeit der SPD, die der Linken Stimmen quasi-automatisch zutreiben würden. Neuwahlen als solche werden nichts lösen (für Linke). Die Forderung liefert vielmehr einen falschen, elektoralen Fokus auf die politische Krise. Ein großer Teil der „radikalen Linken“ hat sich bis heute zum Ende der Sondierung nicht oder nur sehr knapp geäußert. Die „post-autonomen“ Strömungen widmen sich der politischen Krise erst gar nicht, die MLPD hat noch nichts veröffentlicht, die DKP stellt in einem Absatz gerade mal fest, dass die „Krise der Regierung“ nicht unsere sei. Die AKL veröffentlicht die recht ausführliche SAV-Stellungnahme, die ihren Fokus auf die Vorbereitung der Linken zu Neuwahlen legt. RIO kommentiert auch nur das Zeitgeschehen und fürchtet, dass von allen Entwicklungsmöglichkeiten die Rechten profitieren. Kaum eine Gruppierung fordert von der SPD, keine Große Koalition zu bilden oder eine Minderheitsregierung nicht zu unterstützen. An ehesten findet sich eine Andeutung davon noch bei ISO und der Führung der Linkspartei. Diese unmittelbar zentrale Frage wird beim Gros aber einfach ausgeblendet, womit die „radikale“ Linke (jedenfalls bisher) politisch hinter die Führung der Linkspartei oder die Jusos zurückfällt!

14. Eine Kampagne gegen eine Neuauflage einer Großen Koalition inner- und außerhalb der SPD und vor allem in den Gewerkschaften sollte damit verbunden werden, von SPD, Linkspartei, Gewerkschaften, der radikalen Linken, sozialen Bewegungen zu fordern, die politische Krise zu ihren Gunsten zu nutzen. Dazu braucht es auf der Straße, in den Betrieben, an Schulen und Unis eine Mobilisierung für unmittelbare soziale und politische Forderungen – kurz eine ArbeiterInneneinheitsfront zum Kampf gegen rechts und die zu erwartenden Angriffe auf Errungenschaften unserer Klasse. Für eine solche Einheitsfront schlagen wir folgende Forderungen vor:

  • Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse – Abschaffung der Hartz-Gesetze und aller Zwangsgesetze gegen Arbeitslose! Verbot von Leiharbeit und sachgrundlosen Befristungen! Gesetzliche Mindestpersonalbemessung in der Pflege! Mindestlohn von 12 Euro/Stunde netto! Mindestunterstützung von 1600,- für Arbeitslose und RentnerInnen! Gleicher Lohn für Frauen und MigrantInnen! 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
  • Öffentliche Wohnungsbauprogramme für alle – finanziert aus der Besteuerung der Reichen, Immobilienspekulation und Kapitalgewinne! Enteignung leerstehenden Wohnraums zur unmittelbaren Linderung der Wohnungsnot! MieterInnenkomitees zur Kontrolle der Preise und des Baus!
  • Kampf dem Rassismus! Mobilisierung gegen AfD, rechte, rassistische und faschistische Gruppierungen! Keine Abschiebungen! Nein zur Hetze gegen MuslimInnen! Offene Grenzen für alle, gleiche StaatsbürgerInnenrechte, Recht auf Arbeit und freie Wahl des Wohnortes für alle Flüchtlinge und MigrantInnen!
  • Programme gesellschaftlich nützlicher Arbeiten zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Unis, von Gesundheit und Kultur unter ArbeiterInnenkontrolle! Programm zum ökologischen Umbau von Energiewirtschaft und Verkehr, Enteignung der Großkonzerne in diesem Sektor unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Abschaffung der Schuldenbremse! Finanzierung obiger Maßnahmen durch progressive Besteuerung von Vermögen, Unternehmen und Gewinnen!
  • Nein zur Einschränkung der demokratischen Rechte! Abschaffung aller Geheimdienste! Aufhebung aller sog. „Sicherheitsgesetze“ zur staatlichen Überwachung!
  • Nein zu Militarismus und Auslandseinsätzen! Rückzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland! Keine Aufrüstung der Bundeswehr! Keinen Cent für die Armee!
  • Statt Nationalismus und europäischem Imperialismus: europaweiter gemeinsamer Klassenkampf gegen Austerität und zur Verteidigung der Interessen der ArbeiterInnenklasse!

15. Eine solche Einheitsfront oder selbst der entschiedene Kampf für einzelne Forderungen könnte eine Wende im Klassenkampf bewirken. Auch wenn wir keineswegs die Illusion hegen, dass die SPD-Führung, die Spitzen der Gewerkschaften oder auch die Linkspartei daran teilnehmen würden oder wollen, so schlagen wir allen Organisationen der Linken und ArbeiterInnenbewegung vor, möglichst rasch eine Aktionskonferenz einzuberufen, die nicht nur die aktuelle Lage diskutiert, sondern vor allem auch gemeinsame Aktionen beschließt und zu deren Umsetzung regionale und lokale Mobilisierungsstrukturen aufbaut. Dieser Vorschlag richtet sich insbesondere auch an die anti-kapitalistische Linke. Wenn sie in dieser Situation ihre Kräfte bündelt, zu Absprachen in der Aktion kommt, so kann sie auch auf größere Organisationen, auf Parteien wie die Linke, Gewerkschaftsgliederungen oder auf SPD-Teile, die gegen eine Neuauflage der Großen Koalition sind, realen Druck ausüben. Sie kann so dem näherkommen, was wir angesichts des Rechtsrucks brauchen: einer glaubwürdigen, klassenkämpferischen und mobilisierungsfähigen linken gesellschaftlichen Kraft, die auf alle, die die Schauze voll von Rassismus, Chauvinismus, Billiglohn und der ganzen Scheiße haben, aber keine Perspektive sehen, eine Anziehungskraft ausübt. Versucht die radikale Linke keinen Anstoß in dieser Lage zu geben, so droht eine weitere Schicht von Lohnabhängigen politisch enttäuscht zu werden, in Frust, in Passivität zu verfallen oder gar nach rechts zu gehen.

 

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