Arbeiter:innenmacht

Historische Kämpfe gegen den Krieg

Romina Summ, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung 11, März 2023

Vietnamkrieg

Beginnend mit dem offiziellen Eintritt der USA in den Vietnamkrieg im August 1964 kam es international zu breiten Protesten, auch in Deutschland. Entstanden war die Bewegung zunächst durch Student:innenorganisationen. Die bekannteste war sicherlich die SDS (Students for a Democratic Society), welche sich aus radikalen pazifistischen Gruppen der Antiatombewaffnungsbewegung heraus entwickelte. Angeschlossen hatten sich neben Hippies, liberalen Bürgerrechtler:innen, Akademiker:innen auch Kunstschaffende. Wesentlich beteiligt und um einiges militanter als die „Make Love Not War“-Bewegung waren Frauenorganisationen wie die „Women Strike for Peace (WSP)“, welche sich zunächst erfolgreich gegen Atombombentests einsetzte. Gegründet wurde diese nach einem am 1. November 1961 stattgefundenen eintägigen Streik unter dem Slogan „End The Arms Race Not The Human Race“, an dem schätzungsweise 50.000 Frauen in 60 US-Städten teilgenommen hatten. Der Streik verlief sehr erfolgreich und löste in weiterer Folge eine große Dynamik aus. Die WSP wurde ins Leben gerufen und zog noch mehr Frauen in den Kampf gegen die Bedrohung durch Atomkriege und zur sofortigen Beendigung von Atomtests. Als die WSP bereits nach knapp zwei Jahren mit dem Inkrafttreten des Vertrags über das begrenzte Verbot von Atomtests einen bedeutenden Sieg verbuchen konnte, wurde der Vietnamkrieg zum Hauptanliegen der Bewegung. Initiativen wie „The Jeannette Rankin Brigade“ (1968) brachten Aktivisten:innen zusammen, die sich für Frauenbefreiung, Antirassismus, Armutsbekämpfung und Antikriegspolitik einsetzten. Einige Mitglieder der WSP nahmen sogar an Treffen mit dem Vietkong (Nationale Front für die Befreiung Südvietnams; NFB) in Nordvietnam teil. Sie trugen durch die Organisation dieser Proteste und der daraus entstandenen gesellschaftlichen Ablehnung entscheidend dazu bei, dass die US-Regierung in Nordvietnam keine Atomwaffen einsetzte und sich das Kräfteverhältnis zu Gunsten der Vietkong verschob.

Innerhalb der Antikriegsbewegung gab es allerdings eine große Zersplitterung und keine gemeinsame Dachorganisation. So hatte man zwar ein gemeinsames Ziel, es wurde aber heftig über die anzuwendenden Mittel diskutiert. Die Bewegung, welche von bürgerlichen Kräften dominiert war, konnte jedoch durch den breiten gesellschaftlichen Protest enormen innenpolitischen Druck auf die damalige US-Regierung aufbauen. Diese sah sich 1969 gezwungen, die Zahl ihrer Bodentruppen in Nordvietnam zu minimieren, von rund 480.000 auf 335.000, bis sie 1973 nach dem Abschluss eines Waffenstillstandes (Pariser Abkommen) mit Nordvietnam komplett abgezogen wurden. Zusätzlich wurden eine Reform des Einzugsverfahrens ins Militär durchgesetzt sowie die Wehrpflicht aufgehoben. Dies alles führte zu einer der verheerendsten Niederlagen des US-Imperialismus und einem Sieg der vietnamesischen Befreiungsarmee.

Irakkrieg

Bald 20 Jahre ist es her, als die bis dahin größte Antikriegsbewegung ihren Höhepunkt erreichte. Am 15. Februar 2003 gingen in mindestens 650 Städten weltweit zwischen 25 und 30 Millionen Menschen auf die Straße, um gegen den durch die USA geführten Irakkrieg zu protestieren. Diese Bewegung zeichnete sich besonders durch das Ausmaß der Beteiligung in den westlichen Staaten aus, wo Regierungen den Krieg entweder duldeten oder die USA sogar direkt unterstützten. Getragen wurde die Bewegung von Friedensgruppen, Kirchen, NGOs und Gewerkschaften. Ebenso gab es an Schulen zahlreiche Streiks gegen den Krieg. Auch innerhalb dieser Antikriegsbewegung spielten Frauen wieder eine zentrale Rolle. So hatten beispielsweise am 8. März 2003, dem Internationalen Frauentag, tausende in verschiedenen US-Städten gegen den Irakkrieg demonstriert. Aufgerufen hatte die Organisation „Code Pink: Women for Peace“.

Die Bewegung versuchte, in den einzelnen Ländern durch Proteste und zivilen Ungehorsam (wie Sitzblockaden auf dem Stützpunkt der US-Airbase in Frankfurt) innenpolitischen Druck auf die nationalen Regierungen auszuüben, um damit eine Kriegsbeteiligung zu verhindern. Die Bewegung erreichte, dass sich viele Länder nicht aktiv am Krieg beteiligten, da sie den Widerstand innerhalb der Gesellschaft gegen den Krieg kannten und weitere Proteste befürchteten. Auch verfolgte die Europäische Union unter Führung von Deutschland und Frankreich andere geopolitische Interessen. Dennoch wollte sie keine Eskalation mit den USA riskieren. So gewährleistete Deutschland beispielsweise Transporte und den Schutz von US-Militär. Auch genehmigte sie der NATO sogenannte Überflugrechte über dem Bundesgebiet.

Erster Weltkrieg und Beginn der Februarrevolution

Nachdem in Russland viele Männer für den ersten Weltkrieg von 1914 – 1917 eingezogen wurden, waren Frauen gezwungen, in den Fabriken zu arbeiten, um fehlende Arbeitskräfte zu ersetzen. Gleichzeitig wurden die Arbeitsbedingungen schlechter. Die Preise stiegen und es herrschte ein Mangel an Waren. Am internationalen Frauentag, dem 23. Februar/8. März 1917 organisierten Arbeiterinnen einen großen Streik mit rund 90.000 Teilnehmer:innen in den Fabriken von St. Petersburg, um gegen den imperialistischen Krieg und seine verheerenden Folgen zu protestieren. Obwohl Streiks verboten waren und die Arbeiter:innenbewegung starker Repression ausgesetzt war, organisierten Arbeiterinnen aus dem Wyborger Bezirk in den dort ansässigen Textilfabriken illegale Treffen unter den Thema „Krieg, hohe Preise und die Situation der Arbeiterin“. Sie entschieden sich zu streiken, zogen zu tausenden auf die Straßen und forderten unter den Slogans „Brot, Land, Frieden“ sowie „Gebt uns unsere Männer zurück“ weitere Arbeiterinnen und Männer in nahegelegenen Fabriken zur Teilnahme auf. Diese Aktion war äußerst erfolgreich. Bereits um 10 Uhr waren rund 27.000 Arbeiter:innen am Streik beteiligt. Diese Zahl stieg im Verlauf des Tages auf über 50.000 Menschen an. In den darauffolgenden Tagen umfasste die Streikwelle gar 240.000 Arbeiter:innen. Die Februarrevolution war ausgebrochen.

Dabei spielte die SDAPR-Frauenzeitung „Rabotniza“ und deren Redaktion, welche aus den Organisatorinnen des Streiks bestand, eine wesentliche Rolle. Unter ihnen die Revolutionärin Alexandra Kollontai, die deutlich machte, dass der Krieg, welcher auf dem Rücken der Arbeiter:innen geführt wird, mit Mitteln des Klassenkampfes bekämpft werden muss und es dafür eine Partei der Arbeiter:innenklasse mit einem Kampfprogramm gegen den Kapitalismus braucht. Entsprechend traten sie für Forderungen ein, die sich nicht auf nationale Interessen beschränkten, sondern im Interesse der Klasse waren, wie der 8-Stunden-Tag, die Vergesellschaftung der Wäschereien und höhere Löhne.

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