Arbeiter:innenmacht

Für einen echten Waffenstillstand: Beendigung der Belagerung, Abzug der IDF aus Gaza und dem Westjordanland!

Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 1255, 5. Juni 2024

Nach monatelanger militärischer und diplomatischer Unterstützung Israels für seinen völkermörderischen Krieg im Gazastreifen hat US-Präsident Joe Biden entschlossen, einen weiteren Anlauf zu unternehmen, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu einem neuen Waffenstillstand zu zwingen.

Der nationale Sicherheitssprecher der USA, John Kirby, sagte, der Ball liege bei der Hamas, doch in Wahrheit stellt das vorgeschlagene Abkommen eine Kraftprobe zwischen den Vereinigten Staaten und ihrem widerspenstigen Verbündeten dar.

Da Netanjahu zwischen den Befürworter:innen eines Abkommens in der israelischen Opposition und im Kriegskabinett und den rechtsextremen Parteien, die seine Regierung stützen, hin- und hergerissen ist, liegt das Schicksal des Waffenstillstands in den Händen eines progromistischen Regimes, das von seinem wichtigsten Kriegsziel – der Auslöschung der Hamas als militärisch-politische Kraft in Gaza – nie abgewichen ist.

Der Vorschlag, der angeblich von der Hamas, Katar und Ägypten unterstützt wird, folgt dem Muster früherer Vorschläge, die an der israelischen Unnachgiebigkeit gescheitert sind. Eine sechswöchige Waffenruhe würde den Rückzug der IDF aus „bewohnten Gebieten“, einen Austausch von Geiseln und palästinensischen Gefangenen sowie die Einfahrt von 600 Hilfslieferungen pro Tag vorsehen. In der zweiten Phase sollen die verbleibenden Geiseln ausgetauscht und die Feindseligkeiten dauerhaft eingestellt werden, während die dritte dem Wiederaufbau des Gazastreifens gewidmet ist.

Alles hängt davon ab, wie ernst es der Regierung Biden ist. Nur eine glaubwürdige Drohung mit Sanktionen gegen den israelischen Staat oder das Militär könnte Netanjahu dazu zwingen, den Bruch mit den faschistischen Siedler:innenparteien zu riskieren, auf die er angewiesen ist, um einen politischen Niedergang zu vermeiden, der wahrscheinlich in seiner Verhaftung wegen Korruption gipfelt.

Jede Einstellung der Bombardierungen und der Gräueltaten an den Flüchtlingen wäre eine willkommene Erleichterung. Aber ein „dauerhaftes Ende der Feindseligkeiten“ ist ein Hirngespinst, solange die IDF den Gazastreifen belagert und die Siedler:innenbanden schützt, die derzeit eine blutige Kampagne der ethnischen Säuberung in weiten Teilen des Westjordanlandes betreiben.

Bewegung

Der Weg zur Beendigung der Unterdrückung der Palästinenser:innen durch Israel erfordert jedoch den Aufbau einer Bewegung, die die westlichen Mächte zwingen kann, ihre bedingungslose Unterstützung für den zionistischen Staat zu beenden. Die Solidaritätsbewegung kann mit Recht einen Teil des Verdienstes für Bidens Waffenstillstandsinitiative beanspruchen, die ebenso von der Sorge um seine Wiederwahl motiviert ist und der um die Schädigung des weltweiten Ansehens der USA.

Die Bewegung muss jetzt über Proteste und symbolische direkte Aktionen hinausgehen und Maßnahmen ergreifen, die die Regierungen dazu zwingen, ihre Mitschuld an der dritten Nakba zu beenden. Dies erfordert eine gesellschaftliche Kraft mit dem notwendigen kollektiven Gewicht und der notwendigen Organisation – die organisierte Arbeiter:innenbewegung und die Arbeiter:innenklasse im Allgemeinen.

Bislang haben die meisten Gewerkschaften die Demonstrationen und Besetzungen offiziell oder inoffiziell boykottiert. Selbst die, die sich klar geäußert haben, haben wenig getan, um für eine sichtbare Präsenz der organisierten Arbeiter:innenklasse zu mobilisieren, die den Hunderttausenden von anderen Arbeiter:innnen, die mitmarschieren, als starke Ermutigung und Ansporn dienen könnte.

Unsere ganze Energie muss darauf gerichtet sein, die Gewerkschaften und politischen Organisationen in den Kampf einzubinden, die in der Lage sind, Aktionen – Streiks und Boykotte – in ausreichendem Umfang durchzuführen, um einen Arbeiter:innenboykott gegen Israel durchzusetzen und den wechselseitigen Fluss von Waffen, Handel und Propaganda zu beenden.

Die gesamte Solidaritätsbewegung mit der aktiven Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse, die allein die Macht hat, die Regierungen zum Umdenken zu zwingen, muss die kommenden Tage nutzen, um den Druck zu verstärken:

  • Für einen dauerhaften Waffenstillstand und den vollständigen Abzug aller IDF-Truppen aus dem Gazastreifen und den besetzten Gebieten!
  • Öffnet die Grenzen für Hilfsgüter, Lebensmittel und Wasser!
  • Beendigung des Apartheidregimes in Israel und im Westjordanland. Volle Gleichberechtigung für Palästinenser:innen im israelischen Staat!
  • Beendigung aller Waffenverkäufe, des Geheimdienstaustauschs und der militärischen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit!
  • Vollständiger Abzug aller See-, Luft- und Landstreitkräfte, dauerhafte Schließung der Militärbasen im östlichen Mittelmeer, am Roten Meer und am Golf!
  • Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem zionistischen Staat und Ausweisung der israelischen Botschafter:innen!
  • Strafverfolgung der politischen und militärischen Führer:innen wegen Kriegsverbrechen; Unterstützung der Anklage wegen Völkermordes gegen den zionistischen Staat!
  • Anerkennung eines Staates Palästina, dessen souveräne Regierung und Territorium vom palästinensischen Volk selbst bestimmt wird!
  • Bedingungslose Anerkennung des Rechts auf Rückkehr der Flüchtlinge von 1948 an!

Um unsere Kräfte auf eine Reihe gemeinsamer Ziele zu konzentrieren, müssen die palästinensische und die Antikriegskampagne sowie die Gewerkschaften auf nationaler und internationaler Ebene Delegiertenversammlungen einberufen, um einen Aktionsplan auszuarbeiten – Boykotte, Blockaden, Streiks und Besetzungen von Arbeitsplätzen, Regierungsbüros, Schulen und Unternehmen als Teil einer Kampagne der Arbeiter:innenklasse, die sich gegen die Profite und das normale Funktionieren der Kapitalist:innen und Regierungen richtet, die am israelischen Völkermord beteiligt sind.

Wir appellieren an die Gewerkschaften, die Studierendenorganisationen, die Arbeiter:innenparteien und die Organisationen der sozial und national Unterdrückten, sich dem Aufruf an diese Organisationen anzuschließen, dringend nationale und internationale Versammlungen einzuberufen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Die sozialistische Alternative

Der unvermeidliche und vorhersehbare Ausbruch einer völkermörderischen dritten Nakba, der die Versuche der USA, eine Form von „Ordnung“ in der Region zu schaffen, ernsthaft gestört hat, während sie versuchen, die chinesische und russische Einmischung zu begrenzen und ihre Aufmerksamkeit auf den Pazifik zu richten, hat die USA gezwungen, die Aussicht auf Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung wieder aufleben zu lassen.

Doch obwohl Spanien, Norwegen und Irland zusammen mit 145 von 193 UN-Mitgliedstaaten einen palästinensischen Staat anerkennen, tun dies die USA und ihre Verbündeten – das Vereinigte Königreich, Kanada, Japan, Frankreich und Deutschland – nicht. Trotz ihres demokratischen Anspruchs erkennen sie die Unterdrücker:innen an und unterstützen sie, nicht die Unterdrückten. Indem sie Israels eifersüchtig gehütetes Veto gegen jede Art von unabhängigem palästinensischen Staat akzeptieren, machen sie sich zu Mitbefürworter:innen der zionistischen Kolonisierung, ethnischen Säuberung und des Völkermords.

Sie tun dies aus demselben Grund, der sie dazu veranlasst hat, Israel überhaupt erst ins Leben zu rufen. Israel wurde als „westlicher“ Verbündeter aufgezogen, gleichzeitig als militärischer Schutzwall am Roten Meer und Suezkanal und als verlässlicher Gegner regionaler Mächte, die die britische, französische und vor allem die US-amerikanische Ausbeutung in Frage stellen wollen.

Der israelische Staat wurde auf der Grundlage der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts für die palästinensische Bevölkerung, des Rechts für die Flüchtlinge auf Rückkehr und der Vertreibung der übrigen Bevölkerung gegründet. Er hat kein Recht, als Siedlerkolonie und ethnisch definierter Apartheidstaat zu existieren, der auf der nationalen Unterdrückung eines anderen Volkes beruht. Gerechtigkeit und nationale Befreiung können jedoch nicht auf der Grundlage der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung Israels erreicht werden; eine Perspektive, die die Palästinenser:innen nur in das Spiegelbild ihrer zionistischen Unterdrücker:innen verwandeln würde.

Weder der Gazastreifen noch der von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltete Staat im Westjordanland können als legitimer Ausdruck palästinensischer Selbstbestimmung angesehen werden. Ohne Souveränität über ihre Grenzen und inneren Angelegenheiten – ein Lackmustest, den der Zionismus niemals akzeptieren kann – können die angeblich den Palästinenser:innen zugestandenen Gebiete niemals mehr sein als Bantustans, die je nach Laune der Zionist:innen existieren oder nicht.

Die einzige demokratische Lösung ist ein binationaler, säkularer Staat in Ganz Palästina, mit gleichen Rechten für alle Völker und dem Recht auf Rückkehr für Flüchtlinge, die dies wünschen. Nach mehr als sieben Jahrzehnten des nationalen Kampfes um ein gemeinsames Territorium kann eine gerechte und ausgewogene Lösung jedoch nur auf der Grundlage einer sozialistischen Republik erreicht werden, in der das Land, die Ressourcen, Krankenhäuser, Schulen und Arbeitsplätze als gemeinsames Eigentum der Arbeiter:innen und Bäuer:innen des Staates gehalten werden. Wo auch immer sie beginnt, wird eine solche soziale Revolution notwendigerweise als Teil einer Arbeiter:innenrevolution stattfinden, die die gesamte koloniale und despotische Architektur der Region entwurzelt, mit dem Ziel, einen freien Zusammenschluss von Nationen, eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens, zu schaffen.

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