Arbeiter:innenmacht

Britannien: Für eine Kampagne gegen den Tarifabschluss bei Royal Mail

Workers Power Postal Workers Bulletin, Infomail 1223, 27. Mai 2023

Royal Mail: Baut die Nein-Kampagne auf!

Gegenwehr gegen Angriffe auf unsere Löhne und Arbeitsbedingungen!

Organisiert eine klassenkämpferische Basisbewegung zur Zurückweisung des Abkommens!

Als die Vereinbarung mit Royal Mail (Britische Post) im April veröffentlicht wurde, löste sie eine Gegenreaktion der Gewerkschaftsmitglieder aus, als klar wurde, dass die Führung der CWU (Communication Workers Union) den meisten Forderungen von Royal Mail nachgegeben hatte.

Nach drei Abstimmungen, 18 Tage Lohnverlust an Streiktagen und über 400 suspendierten und entlassenen betrieblichen Gewerkschaftsertreter:innen und Mitgliedern, bedeutet die Vereinbarung einen Rückschlag in Bezug auf Löhne, Tarife und Arbeitsbedingungen.

Grundsätzlich ebnet sie den Weg für einen massiven Anstieg der Arbeitsbelastung, insbesondere für die Beschäftigten im Zustelldienst, und untergräbt die Kampfkraft der Gewerkschaften.

Aus diesem Grund haben einige CWU-Postangestellte und -Vertreter:innen eine Kampagne für die Belegschaft gestartet: Postangestellte sagen, stimmt mit Nein. Macht online mit, ladet das Bulletin herunter, um es an eure Kolleg:innen weiterzugeben, und beteiligt euch: www.tinyurl.com/PostiesSayNo.

Gewerkschaftsführer:innen kapitulieren

Auf den ersten beiden Seiten des Abkommens geht es um die katastrophale Lage von Royal Mail und darum, „das Schicksal des Unternehmens umzukehren“. Die Gier der Bosse hat das Unternehmen in den Ruin getrieben, aber die Vereinbarung stellt sicher, dass die Beschäftigten dafür zahlen, das Unternehmen wieder flottzumachen, und dass sie durch Erhöhungen der Arbeitsbelastung und Umstrukturierungen ihre Gewinne steigern können. Die CWU-Führerung wird die Kürzungen und Veränderungen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Management überwachen – und dann erwarten, dass die betrieblichen Gewerkschaftsvertreter:innen sie umsetzen.

Das Abkommen kann zu Recht als Niederlage bezeichnet werden. Die Führung hat den Streik für viermonatige Gespräche beendet, die zu nichts geführt haben. Für Arbeiter:innen enthält es kaum Positives. Viele begrüßen zwar die Zahlungen, aber bei steigenden Preisen bedeutet das Dreijahreslohnabkommen einen Reallohnverlust von über 10 Prozent. Der Rest akzeptiert, was die Bosse wollten oder hat ihre Forderungen (völlige Flexibilität, Fahrer:innen als Scheinselbstständige) nur dadurch „besiegt“, dass er ihnen auf halbem Wege mit Zugeständnissen bei der Arbeitsbelastung, 30 Minuten „formalisierter Flexibilität“ und saisonalen Arbeitszeiten entgegenkam.

Als eines der schlimmsten Zugeständnisse hat die Gewerkschaft die Zweistufigkeit der Belegschaft akzeptiert, d. h. neue Mitarbeiter:innen erhalten Verträge mit einer Arbeitszeit von mehr als 40 Stunden bei geringerer Bezahlung und Sonntagsarbeit. Persönliche digitale Assistent:innen und andere Daten werden als Anfang von der Geschäftsleitung für Leistungen und bestimmte Verhaltensweisen verwendet und missbraucht. Die Arbeiter:innen müssen die Worte über „unterstützende“ Ansätze für Anwesenheit und Leistung, „gesicherte Garantien“ oder noch schlimmer „gemeinsame Bestrebungen“ für die kürzere Arbeitswoche (wenn sie die Stunden für Neueinsteiger:innen erhöhen) in den Mülleimer werfen, wo sie hingehören, denn sie sind wertlos.

Die geopferten gewerkschaftlichen Vertreter:innen und Mitglieder sind nicht wieder eingestellt worden. Stattdessen wird ein „unabhängiger“ Richter, der selbst kein Freund militanter Gewerkschafter:innen ist, Lord Falconer, der 2016 für die gewerkschaftsfeindlichen Gesetze der Tories gestimmt hat, die Fälle überprüfen.

Das Abkommen trifft die Zusteller:innen besonders hart und wird die körperliche Arbeit im Freien ausweiten und viele aus dem Job drängen. Wie ein Zustellervertreter dies online fragte: „Im schlimmsten Fall kürzt eine Revision Hunderte Außendienststunden zur Erholung von den Gängen und macht sie länger plus 35 Minuten Streichung vom Innendienst und Anrechnung auf den Außendienst plus 2 Stunden länger im Winter plus 30 Minuten ,formalisierter Flexibilität’ an einigen Tagen. Man könnte also im Außendienst bis zu anderthalb Stunden länger als jetzt, um Weihnachten herum vielleicht sogar mehr, arbeiten.“

Einzuberechnen wären spätere Anfangszeiten bis zu 90 Minuten und Flexibilität, was bliebe dann noch übrig von „familienfreundlichen“ Schichten? Wenn man dann noch Anwesenheitszeiten, Verhaltensdaten, Kürzungen bei krankheitsbedingt vorzeitiger Verrentung zurechnet, kann Royal Mail schneller und billiger Arbeitskräfte loswerden, und mit dem zweistufigen Arbeitskräftesystem wird dem Unternehmen das gelingen.

Ein selektiver Ausverkauf

Die CWU-Führung sagt, sie wolle eine informierte Diskussion, damit Mitglieder eine informierte Entscheidung treffen können, aber während sie nicht bestimmte Fragen umgehen kann, sind andere (wie Zweiklassen-Arbeitskräfte, Verhaltensdaten, 20 – 35-minütige Kürzung für Innendienst bei Zustellungen), wenig bis gar nicht angesprochen worden. Die betrieblichen gewerkschaftlichen Vertreter:innen sollten darauf aber Antworten verlangen. Wenn diese nicht gegeben werden, könnte sich Royal Mail aus dem Abkommen herausstehlen, was bedeuten würde, seine Profitabilität auf unsere Kosten wiederherzustellen.

Das Abkommen läuft bis April 2025, doch seine Verpflichtungen zu keinen zwangsweisen Entlassungen sind kaum abzuschätzen angesichts der großen Anzahl von unbesetzten Stellen in Büros und billigen Berufseinsteiger:innen. Royal Mail sagt nur, dass sie „nicht plane“, Briefzentren auszulagern, zu verpachten und rationalisieren oder getrennte Paketgesellschaften zu gründen.

Das sind keine Garantien und neue, einschneidende Änderungen, ein einheitliches Großpaketnetz zu schaffen, wird mehr direkte Konkurrenz mit Anbieter:innen wie Amazon hervorrufen, wenn die Bosse noch sagen, wir seien 40 % überbezahlt und unausgelastet, und das wird  uns immer weiter in einen Dumpingwettbewerb treiben.

Die Gewerkschaftsführer Ward und Furey versuchen uns eine Vision zu verkaufen, wonach wir zum normalen Alltag mit einem stabilen sicheren Arbeitsplatz und ruhigem Leben zurückkehren können. Doch in Wirklichkeit wird es dauerhaft Veränderungen geben, die in der gemeinsamen Arbeitsgruppe vereinbart worden sind. Wenn das Abkommen nicht den Profiterwartungen entspricht, könnte Royal Mail sich sogar Stück um Stück aus der Vereinbarungen herausziehen, wie sie es letztes Jahr getan hat. Günstigstenfalls tickt die Uhr bis 2025 herunter zu einem neuen Kampf, mit untergrabener Kraft unserer Stärke an der Basis.

Die Alternative

Wenn es keine Zustimmung gibt, könnte die Gewerkschaft Royal Mail ein paar Zugeständnisse abringen. Aber die wirkliche Alternative zu diesem faulen Abkommen bedeutet, dass die Streiks wieder aufgenommen werden. Dieses Mal mit einem wirkungsvollen Plan, sie umfassend zu steigern, und Solidaritätskomitees aufzubauen, so wie es Workers Power von Beginn der Auseinandersetzungen an vertreten hat. Jetzt ist es an der Zeit, die Kampagne zur Wiederverstaatlichung von Royal Mail als CWU-Politik zu führen, den Bossen nicht zu gestatten, uns mit der Bankrottdrohung zu erpressen. Wenn wir dieses Abkommen jetzt annehmen, was würden wir tun können, wenn sie uns 2025 oder schon vorher wieder angreifen?

Ein Ablehnungskampagne könnte die Kräfte entfalten, die die CWU seit langem gebraucht hat: eine Basisbewegung, die die Gewerkschaften unter Kontrolle der Beschäftigten bringt, mit Abrufbarkeit und Facharbeiter:innengehältern für alle Funktionär:innen. Streikkomitees sollen an der Basis gebildet werden, um den Gewerkschaften von unten neues Leben einzuhauchen. Das würde uns nicht nur für Kampf und Sieg ausrüsten, sondern auch eine neue Führung aus den militanten Elementen fördern helfen, eine, die die Gewerkschaften am Arbeitsplatz verankert.

Teilt Eure Antworten und Erfahrungen mit oder kontaktiert uns für mehr Information über Workers Power: https://workerspower.uk/contact/. Artikel zur CWU in Workers Power: www.tinyurl.com/WPCWU.

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